zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 31.01.2006, 1Ob268/05a

OGH vom 31.01.2006, 1Ob268/05a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Einlagensicherung der Banken und Bankiers Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 100.000 sA, infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 254/04g-19, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 30 Cg 14/04f-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 100.000 samt 4 % Zinsen p.a. seit zu zahlen und die mit EUR 6.524,48 (darin EUR 726,05 USt und EUR 2.168,20 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten erster Instanz zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 6.173,72 (darin EUR 321,12 USt und EUR 4.247 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am wurde über das Vermögen einer Bank, die dem Fachverband der Banken und Bankiers angehörte, der Konkurs eröffnet. Die klagende Partei leistete als gemäß § 93 Abs 2 BWG zuständige Einlagensicherungseinrichtung (auf den vorliegenden Fall ist das BWG in seiner Stammfassung anzuwenden) im gesetzlichen Ausmaß Zahlungen an die betroffenen Anleger, wobei der Gesamtaufwand unter Berücksichtigung der aus der Konkursmasse erlangten Zahlungen insgesamt EUR 10,348.241,15 betrug.

Der Gesellschaftsvertrag der klagenden Partei enthält unter anderem

folgende Bestimmungen:

„§ 2

Gegenstand des Unternehmens

(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von Einlagensicherungsmaßnahmen für die dem Fachverband für Banken und Bankiers angehörenden Institute mit der Berechtigung zur Entgegennahme von Einlagen (im Folgenden 'Banken' genannt) im jeweils gesetzlich vorgesehenen Umfang (§ 31 KWG).

(2) Zu diesem Zweck kann die Gesellschaft insbesondere

1. im Falle der Zahlungseinstellung eines Gesellschafters (Bank) für die unverzügliche Auszahlung von deren gesicherten Einlagen iSd § 31

(1) KWG bis zu einem Höchstbetrag von S 200.000 pro natürlicher Person auf deren Verlangen und nach Legitimierung Sorge tragen.

...

(3) Für den Fall, dass ein Gesellschafter seine Zahlungen einstellt, verpflichtet sich dieser, alle Ansprüche gegen Personen, die den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben, der Gesellschaft abzutreten, unbeschadet des Bestehens sonstiger Rückgriffsansprüche (§ 4 Abs 1).

...

§ 3

Haftungsfall

(1) Die gesetzlich vorgesehenen Zahlungen gemäß § 31 (3) KWG sind zu leisten, wenn eines der in § 5 genannten Institute seine Zahlungen einstellt.

...

§ 4

Regress

(1) Die Gesellschaft hat das Recht, für im Sinne des § 3 Abs 1 geleistete Entschädigungszahlungen von der Bank, für die die Zahlungen geleistet wurden, Ersatz zu begehren (Regress).

(2) Die Gesellschaft ihrerseits ist verpflichtet, gemäß Abs 1 erhaltene Regresszahlungen denjenigen Banken anteilsmäßig zurückzuzahlen, die bei der Aufbringung der Mittel mitgewirkt hatten.

..."

Die Insolvenz der Bank war durch Malversationen und kriminelle Verhaltensweisen von Vorstandsmitgliedern und einer Vorstandssekretärin verursacht worden. Entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten - und obwohl er Gegenteiliges erkannt hatte bzw zumindest hätte erkennen müssen - hatte der von der Bank bestellte Abschluss- und Bankprüfer für das Jahr 1988 und die Folgejahre bestätigt, dass die interne Kontrolle ordnungsgemäß eingerichtet worden sei. Hätte der Bankprüfer ab 1989 die Organe der Bankenaufsicht darauf aufmerksam gemacht, dass die interne Kontrolle der Bank nicht ordnungsgemäß organisiert ist, hätte dies zu Aufsichtsmaßnahmen geführt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Konkurseröffnung verhindert hätten.

Die klagende Partei begehrte nun einen (der Höhe nach unstrittigen) Teilbetrag von EUR 100.000 samt Zinsen und berief sich darauf, dass Amtshaftungsansprüche in diesem Ausmaß von bestimmten Anlegern, denen sie Ersatz geleistet habe, auf sie übergegangen seien. Das schuldhafte Fehlverhalten des Bankprüfers sei der Bankenaufsicht zuzurechnen, wodurch Amtshaftungsansprüche der Anleger in Höhe ihres Ausfalls entstanden seien. Soweit die klagende Partei kraft Gesetzes verpflichtet gewesen sei, Zahlungen an Kunden der Bank zu leisten, sei der Schaden auf sie verlagert worden, sodass ihr die aktive Klagelegitimation zukomme. Dem stehe auch der Umstand nicht entgegen, dass die an die Bankkunden ausgezahlten Beträge von den Mitgliedsinstituten der klagenden Partei aufgebracht wurden. Das im BWG gesetzlich statuierte Umlageverfahren sehe eine Konzentration der Ansprüche auf eine juristische Person, nämlich die Einlagensicherungseinrichtung, vor, wodurch eine ökonomisch sinnvolle, vereinfachte Abwicklung der Ansprüche gewährleistet werde. Der Klageanspruch ergäbe sich auch aus § 896 ABGB.

Die beklagte Partei wandte ein, es träfe sie keine Haftung nach dem AHG für ein Fehlverhalten des Bankprüfers; dieser sei kein Organ. Die bankaufsichtsrechtlichen Normen bezweckten auch keinen Schutz der Einlagensicherungseinrichtung, sodass diese Amtshaftungsansprüche nicht geltend machen könne. Auf die Rechtsfigur der Schadensverlagerung bzw auf die Drittschadensliquidation könne sich die klagende Partei nicht berufen, weil sie wirtschaftlich am (von ihren Gesellschaftern getragenen) Entschädigungsaufwand nicht beteiligt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Legalzessionsnorm des § 93 Abs 2 BWG - diese gewährt der Einlagensicherungseinrichtung „Rückgriffsansprüche" gegen das betroffene Institut in Höhe der geleisteten Beträge und der nachgewiesenen Kosten - verdränge als lex specialis die allgemeine Vorschrift des § 1358 ABGB. Da diese Norm nur Rückgriffsansprüche gegen das insolvente Institut erfasse, sei ein Übergang von Amtshaftungsansprüchen auf die Einlagensicherungseinrichtung auszuschließen. Dies ergebe sich auch aus dem Schutzzweck der aufsichtsrechtlichen Vorschriften des BWG, zumal der Staat gemäß § 93 Abs 5 BWG ohnedies als letztes Schutznetz in das System der Einlagensicherung eingebaut sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es verwarf die Auffassung des Erstgerichts, nach der die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen im Rahmen der Einlagensicherung ausgeschlossen sei. § 93 BWG beziehe sich allein auf die Ansprüche des Einlegers auf Auszahlung des Guthabens. Die Legalzessionsnorm des Abs 2 könne daher auch nur diese Ansprüche, nicht aber allfällige Schadenersatzforderungen erfassen. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass Schadenersatzansprüche gegen dritte Schädiger durch diese Regelung ausgeschlossen werden sollten. Eine Haftungsbefreiung würde ansonsten schließlich nicht nur für die beklagte Partei, sondern etwa auch für kriminell handelnde Vorstandsmitglieder oder Vorstandssekretärinnen gelten. Da dem Einleger von der Einlagensicherungseinrichtung nicht Schadenersatz geleistet, sondern - unabhängig von einem allfälligen rechtswidrigen und schuldhaften Handeln eines Dritten - das Guthaben gegenüber dem betroffenen Bankinstitut ausbezahlt werde, könne eine Schadenersatzforderung des Einlegers auch nicht im Wege einer direkten Anwendung des § 1358 ABGB auf die klagende Partei übergehen; infolge der gesetzlichen Zahlungsverpflichtung der Einlagensicherungseinrichtung sei dem Einleger im Umfang des gesicherten Guthabens letztlich auch kein Schaden erwachsen. Es stelle sich also das Problem der Drittschadensliquidation. Nach herrschender Auffassung werde in Fällen bloßer Schadensverlagerung vom Verletzten auf einen Dritten der Schädiger nicht von seiner Ersatzpflicht befreit. Der verantwortliche Schädiger stehe dem Schaden näher als der Dritte, den kein Vorwurf bezüglich des Schadenseintritts treffe. Die Bedenken gegen die Berücksichtigung des Schadens eines nur mittelbar Geschädigten träfen in den Fällen der Schadensverlagerung nicht zu. Von einer unübersehbaren Ausdehnung der Schadenersatzansprüche könne dann keine Rede sein, wenn es um den Schaden gehe, der typischerweise beim unmittelbar Geschädigten einträte, im besonderen Fall aber durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten überwälzt werde. Es werde also kein Schaden in die Betrachtung einbezogen, der nicht ohnehin normalerweise beim unmittelbar Geschädigten einträte und daher zu ersetzen wäre. Die Rechtsprechung gehe daher in den Fällen der Schadensverlagerung vom Eintritt des Schadens beim unmittelbar Verletzten aus und lasse den Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger in Analogie zu § 1358 ABGB auf den Risikoträger übergehen. Im vorliegenden Fall hätten die Einleger in Ansehung des gesicherten Betrags nur deshalb keinen Schaden erlitten, weil die Einlagensicherung aufgrund des besonderen, in § 93 BWG begründeten Rechtsverhältnisses ihnen gegenüber gesetzlich verpflichtet gewesen sei, in diesem Ausmaß die Auszahlung des gegen das insolvente Kreditinstitut bestehenden Guthabens zu gewährleisten. Der Schaden trete somit im System der Einlagensicherung ein. Diese Einrichtung diene dem Zweck, das Vertrauen des Einlegers in das Kreditsystem zu wahren, solle aber einen schädigenden Dritten nicht entlasten. Der Umstand, dass die Zahlungspflicht der Einlagensicherung als eigenständiger Anspruch unabhängig vom Vorhandensein eines allfälligen Schädigers bestehe, schließe die Geltendmachung des verlagerten Schadens nicht aus, da der vorliegende Fall sich gerade hierin nicht von anderen, allgemein anerkannten Fällen der Drittschadensliquidation unterscheide. Ein Ersatzanspruch des „Einlagensicherungssystems" sei also gegenüber Dritten, die den Schaden rechtswidrig und schuldhaft herbeigeführt haben, grundsätzlich zu bejahen. Auch sei die beklagte Partei nicht als Teil des „solidarischen" Einlagensicherungssystems gegenüber anderen Schädigern zu privilegieren. Das Gesetz sehe in § 93 Abs 5 BWG nur die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung vor, dass die beklagte Partei sich im „Katastrophenfall" am Einlagensicherungssystem in Form der Übernahme von Bundeshaftungen für Anleihen beteiligen könne. Überdies sei dem Gesetz ein Zusammenhang zwischen der Ermächtigung zur Beteiligung am Einlagensicherungssystem und einem allfälligen Aufsichtsverschulden der Organe der beklagten Partei nicht zu entnehmen. Dennoch sei die klagende Partei im vorliegenden Fall nicht aktiv legitimiert. Der verlagerte Schaden sei auf Grund der gesetzlichen und vertraglichen Sonderrechtsbeziehungen letztlich nicht bei der klagenden Partei, sondern bei deren Gesellschaftern eingetreten. Diese trügen das wirtschaftliche Risiko. Es handle sich dabei auch nicht um einen bloßen „Reflexschaden", wie er stets mit der Entwertung von Gesellschaftsanteilen verbunden sei. Vielmehr liege ein bloßes Umlageverfahren vor, sodass es allein entscheidend sei, wer im System den Schaden zu tragen habe, der sonst bei den Einlegern eingetreten wäre.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu den Fragen, ob zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf Grund von Auszahlungen im Rahmen des Einlagensicherungssystems die Sicherungseinrichtung des jeweiligen Fachverbandes oder deren Mitgliedsinstitute berechtigt seien bzw ob der Bund Amtshaftungsansprüchen des „Einlagensicherungssystems" ausgesetzt sei, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Organstellung des Bankprüfers nach § 1 Abs 2 AHG hat der erkennende Senat in der - denselben Konkursfall betreffenden - Entscheidung 1 Ob 188/02g ausführlich Stellung bezogen. Er sieht sich weder durch die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung noch die teilweise kritischen Stellungnahmen in der Literatur veranlasst, von seiner Rechtsauffassung abzugehen (ebenso bereits 1 Ob 226/05z). Soweit die Revisionsgegnerin weiterhin die Auffassung vertritt, § 93 Abs 2 BWG regle als lex specialis die Regressansprüche der Einlagensicherung abschließend, weshalb Amtshaftungsansprüche nicht in Betracht kämen, ist sie auf die grundsätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen, denen sich der erkennende Senat anschließt. Dem Argument, ein dem Sparerschutz dienendes System könne nicht selbst vom Schutzzweck der dieses System „normierenden Norm" erfasst sein, ist zu entgegnen, dass den gesetzlichen Bestimmungen des BWG zur Einlagensicherung in keiner Weise zu entnehmen ist, dass diese beabsichtigten, das Verhältnis zwischen Ansprüchen aus der Einlagensicherung und Amtshaftungsansprüchen wegen mangelhafter Bankaufsicht zu regeln. Dies gilt auch für Ersatzansprüche geschädigter Anleger gegen sonstige Schädiger, etwa gegen Organe der Bank. Die Rechtsauffassung der beklagten Partei liefe - worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat - darauf hinaus, dass sogar ein Mitarbeiter der Bank, der den Konkurs etwa durch größere Veruntreuungen herbeigeführt hat, insoweit nicht auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden könnte, als der den Anlegern entstandene Schaden durch Leistungen aus der Einlagensicherung abgedeckt wird. Die Unrichtigkeit dieser Auffassung liegt auf der Hand. Dass das gesetzliche System der Einlagensicherung den Zweck hätte, andere (etwa auch im Rahmen der Amtshaftung) Ersatzpflichtige im Umfang der zu leistenden Zahlungen zu entlasten, vermag die Revisionsgegnerin nicht zu begründen. Ihr ist schließlich auch entgegen zu halten, dass sie zweifellos endgültig mit Entschädigungszahlungen belastet wäre, nähme ein Anleger von der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Einlagensicherungseinrichtung Abstand und beschränkte sich ausschließlich auf die Verfolgung seiner Amtshaftungsansprüche. Warum die beklagte Partei dem gegenüber haftungsfrei werden sollte, wenn sich der Anleger mit seinen Ansprüchen an die Sicherungseinrichtung wendet, ist nicht zu erkennen.

Übrig bleibt die Frage, ob die Ersatzansprüche der befriedigten Anleger auf die klagende Partei als jene Einlagensicherungseinrichtung, die gesetzlich zur Auszahlung verpflichtet war und dies auch getan hat, übergegangen sind, oder ob die aktive Klagelegitimation (anteilig) bei ihren Mitgliedsinstituten liegt, die die an die Anleger ausgezahlten Beträge aufgebracht und der klagenden Partei zum Zwecke der Auszahlung zur Verfügung gestellt haben. Hier vermag sich der erkennende Senat der Auffassung des Berufungsgerichts, das die Aktivlegitimation der klagenden Partei verneinte, aus folgenden Gründen nicht anzuschließen:

Bereits im Verfahren erster Instanz hat sich die klagende Partei unter anderem auch auf die Bestimmung des § 896 ABGB berufen. Diese ist nach hA auch in den Fällen sogenannter „unechter Solidarität" anwendbar (Gamerith in Rummel ABGB³ § 896 Rz 1; § 888 Rz 4; Reischauer in Rummel aaO § 1313 Rz 4; jeweils mwN). Wie bereits dargelegt wurde, hatten die betroffenen Anleger die Wahl, ihre Ansprüche - bis zum gesicherten Betrag von je S 200.000 -, wenn auch aus unterschiedlichen Rechtsgründen (Amtshaftung bzw Einlagensicherung) sowohl gegen die klagende als auch gegen die beklagte Partei zu richten. Der klagenden Partei steht als Solidarschuldner, der Zahlung geleistet hat, gemäß § 896 Satz 1 ABGB ein Ersatzanspruch zu, der sich in erster Linie nach dem „besonderen Verhältnis" zwischen den Solidarschuldnern bestimmt. Im vorliegenden Fall führt die Beachtung der unterschiedlichen Haftungsgründe der Parteien eindeutig zu einem vollen Ersatzanspruch der klagenden Partei, deren (gesetzliche) Haftung in erster Linie darauf beruht, dass Anleger im Fall eines Bankkonkurses nicht ganz leer ausgehen, sondern in einem bestimmten Umfang durch ein besonderes „Sicherheitsnetz" geschützt werden sollen. Dem gegenüber stehen erheblich stärkere Zurechnungsgründe auf Seiten der beklagten Partei, nämlich schuldhaftes und rechtswidriges, somit insgesamt Schadenersatz begründendes Verhalten eines ihrer Organe. Eine Abwägung dieser ganz unterschiedlichen Zurechnungsgründe ergibt, dass es ganz ungerechtfertigt wäre, die amtshaftungspflichtige beklagte Partei auch nur teilweise zu Lasten der klagenden Partei freizustellen. Die von der Revisionsgegnerin aufgeworfene Frage, ob die klagende Partei durch die an die Anleger geleisteten Zahlungen überhaupt selbst wirtschaftlich belastet ist, stellt sich für den Regressanspruch nach § 896 ABGB nicht. Voraussetzung dafür sind nur das Bestehen einer Solidarverpflichtung und die erfolgte Zahlung, wogegen es unerheblich ist, von wem sich der zahlende Solidarschuldner die Mittel zur Befriedigung der Gläubiger verschafft hat. Der regresspflichtige Solidarschuldner kann jedenfalls nicht einwenden, der erlangte Regressbetrag müsse ohnehin an Dritte herausgegeben werden.

Auch die vom Berufungsgericht bevorzugte Konstruktion des „Rückgriffsanspruchs" der klagenden Partei durch (sinngemäße) Heranziehung des § 1358 ABGB (vgl auch 2 Ob 21/94 = SZ 67/52) führt letztlich zu keinem anderen Ergebnis, zumal auch hier weder an der Mithaftung der klagenden Partei für die Ansprüche der Anleger noch daran gezweifelt werden kann, dass diese zur Zahlung nicht nur gesetzlich verpflichtet war, sondern auch tatsächlich - wenn auch aus den ihr von den Mitgliedsinstituten zur Verfügung gestellten Mitteln - im eigenen Namen geleistet hat. Wer nun auf Grund eigener Verpflichtung und im eigenen Namen eine Zahlung iSd § 1358 ABGB leistet, tritt grundsätzlich selbst in die Rechte des Gläubigers der Hauptverbindlichkeit ein und kann diese somit gegen den „Hauptschuldner" geltend machen; ob er seinerseits dazu verpflichtet ist, das aus der übergegangenen Forderung Erlangte an einen Dritten herauszugeben, ist für sein Rechtsverhältnis zum Schuldner regelmäßig ohne Bedeutung.

Ganz zutreffend verweist die Revisionswerberin darüber hinaus auch auf die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 93 Abs 2 Satz 6 BWG (in seiner hier anzuwendenden Stammfassung), nach der nicht etwa jenen Mitgliedsinstituten, die gemäß § 63 Abs 3 BWG anteilige Beiträge zu den zu erbringenden Zahlungen geleistet haben, sondern vielmehr der Einlagensicherungseinrichtung selbst „Rückgriffsansprüche" gegen das von der Insolvenz betroffene Institut zustehen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass diese klare gesetzliche Regelung eigene, unmittelbare Ansprüche der Mitgliedsinstitute ausschließt (2 Ob 41/97m). Daraus ist - über den explizit geregelten Fall hinaus - der allgemeine Grundsatz abzuleiten, dass die Einlagensicherungseinrichtungen nicht nur eingerichtet wurden, um den Anlegern die Geltendmachung ihrer Sicherungsansprüche zu erleichtern und ihnen einen einzigen Schuldner zur Verfügung zu stellen, sondern dass sie darüber hinaus auch dazu berufen sein sollen, allfällige Ansprüche gegen Dritte im Zusammenhang mit dem Sicherungsfall geltend zu machen, durch die der Vermögensabfluss (teilweise) kompensiert werden soll. In diesem Sinne einbringlich gemachte Zahlungen sind anteilig an die Mitgliedsinstitute weiterzuleiten (2 Ob 41/97m), was der Gesellschaftsvertrag auch explizit vorsieht.

Die gegenteilige Auffassung der Revisionsgegnerin, die Aktivlegitimation der klagenden Partei sei auf „Rückgriffsansprüche" gegen das betreffende Institut - bzw die Konkursmasse - beschränkt, wogegen alle sonstigen Ansprüche nur anteilig von den Mitgliedsinstituten geltend gemacht werden könnten, steht mit dem eindeutigen Gesetzeszweck der „Bündelung" von Verbindlichkeiten und (Regress-)Forderungen bei den Einlagensicherungseinrichtungen in Widerspruch und würde die ersichtlich angestrebte einfache und ökonomische Abwicklung konterkarieren. Der Hinweis der Revisionswerberin auf die beabsichtigte Konzentration auf eine juristische Person zur Realisierung einer ökonomisch sinnvollen Abwicklung stellt somit ein durchaus beachtliches teleologisches Argument und keinesfalls - wie die beklagte Partei meint - eine (unbeachtliche) bloß „ökonomische Erwägung" dar. Dabei ist der Gesetzgeber erkennbar auch davon ausgegangen, dass die Verteilung der von der Sicherungseinrichtung im Nachhinein erlangten Beträge zu erheblich geringeren Schwierigkeiten führt als die Notwendigkeit der Geltendmachung anteiliger Ansprüche durch sämtliche Mitgliedsinstitute gegenüber dem von der Zahlungseinstellung betroffenen Kreditinstitut (bzw der Konkursmasse) oder einem schadenersatzpflichtigen Dritten.

Die angefochtene Entscheidung ist daher im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO: Der Ergänzungsschriftsatz ON 3 und der Überweisungsantrag ON 5 hätte die klagende Partei durch fehlerfreie Klagseinbringung beim zuständigen Gericht ohne weiteres vermeiden können; die für den gemeinsamen Delegierungsantrag ON 9 angefallenen Kosten sind nur zur Hälfte der klagenden Partei zuzuordnen; die (gesonderte) Einbringung des weiteren Schriftsatzes ON 13 war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich. Für die Berufung hat die klagende Partei keine Kosten verzeichnet.