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OGH 05.08.2004, 2Ob176/04b

OGH 05.08.2004, 2Ob176/04b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Wolfgang H*****, 2.) Eberhard M*****, 3.) Herbert P*****, 4.) Friedrich W*****, alle vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, 5.) Rudolf N*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, gegen die beklagte Partei R***** reg.Gen.mbH, vertreten durch Liebscher Hübel & Lang, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 13.997,81 sA, EUR 1.559,09,-- sA, EUR 3.973,75 sA, EUR 13.393,39 sA, EUR 22.656,13 sA und jeweils Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 16/04k-152, womit das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 3 Cg 276/93g-144, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision zugelassen, weil einerseits der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 Ob 510/95 zur Frage des Bankgeheimnisses auf eine (unmittelbare) Geschäftsverbindung mit den Anlagegesellschaften abstelle, während Koziol in seiner Entscheidungsbesprechung ÖBA 1995, 152 seinen Ausführungen die Eigenschaft der Bank als Kreditgeber der Unternehmensgruppe zugrundelege, wobei nach den Feststellungen zumindest von gewissen Verflechtungen der einzelnen Unternehmen untereinander auszugehen sei, und sich die entscheidende Frage stelle, wie weit das Bankgeheimnis reiche. Andererseits habe sich der Oberste Gerichtshof noch nicht mit der Kritik Wilhelms an der Konstruktion des rechtmäßigen Alternativverhaltens im gegebenen Zusammenhang und damit an der Entscheidung 10 Ob 510/95 auseinandersetzen müssen.

Der erkennende Senat hat sich mit der Klage der Erst- und Viertkläger als Zeichner sogenannter Hausanteilsscheine des "W*****-B*****-Imperiums" gegen die den Ankauf finanzierende, schon im Fall von 1 Ob 540/95 = SZ 68/77 beklagte Bank bereits im ersten Rechtsgang zu 2 Ob 195/00s befasst; auf diese beiden Entscheidungen wird verwiesen. An seine in 2 Ob 195/00s geäußerte Rechtsansicht ist der erkennende Senat im zweiten Rechtsgang selbst gebunden (vgl sinngemäß Kodek in Rechberger2 § 511 ZPO Rz 1 mwN). Was die nunmehr als Fünftkläger bezeichnete Partei anlangt (insoweit ist die Verfahrensverbindung erst im zweiten Rechtsgang des führenden Verfahrens nach 2 Ob 195/00s erfolgt), wird an dieser Rechtsansicht festgehalten.

Da das weitere Verfahren zu keinen für die Beklagte günstigeren Sachverhaltsfeststellungen geführt hat, ist davon auszugehen, dass eine - zur Aufklärungspflicht führende - positive Kenntnis der Beklagten von der besonderen Risikolage bestanden hat. Soweit die Rechtsmittelwerberin dies in Abrede stellt, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab. Mit ihren Ausführungen zum Kreditgeber des Fünftklägers vernachlässigt sie die vom Erstgericht festgestellte Fusion.

Zu den vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfragen ist folgendes zu bemerken:

Gemäß § 23 Abs 1 KWG (§ 38 Abs 1 BWG) betrifft das Bankgeheimnis Informationen, die der Bank ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind. Der Anspruch auf Geheimhaltung steht also grundsätzlich nur dem Kunden der Bank und nicht Dritten zu (Avancini in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 2/28, 31; vgl Laurer in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, Handkommentar zum KWG2 § 23 Rz 6 f). Auch in 10 Ob 510/95 = ÖBA 1995, 969/517 (Jabornegg) = ecolex 1995, 482 (Wilhelm) wurde auf eine Geschäftsverbindung mit der Anlagegesellschaft (als Bankkunden) abgestellt. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes (S 43) wurde dort im zweiten Rechtsgang festgestellt, dass die dort klagende Bank mit den beiden Hausanteilsgesellschaften, bei denen der Beklagte Hausanteilsscheine gezeichnet hatte, nicht in Geschäftsverbindung gestanden war, weshalb im zweiten Rechtsgang in der rechtskräftig gewordenen Berufungsentscheidung eine Konkurrenz zwischen Aufklärungspflicht und Geheimhaltungspflicht verneint wurde. Auch im hier vorliegenden Fall hat keine Geschäftsverbindung der Bank zu den Anlagegesellschaften, sondern nur zu den Gesellschaften des Bauträger- und des Touristikbereiches des "Imperiums" bestanden.

Das Berufungsgericht verweist nun darauf, dass Koziol in seiner Glosse zu 8 Ob 649/93 = ÖBA 1995/473 (Seite 152) von der Geschäftsverbindung der Bank mit der "Unternehmensgruppe" spricht. Dem ist aber hinzuzufügen, dass dies im Zusammenhang mit einer Geschäftsbeziehung der Bank zur Beteiligungsgesellschaft selbst geschieht. Die Frage, ob ohne eine solche Geschäftsbeziehung bereits Kundenverbindungen anderer Konzerngesellschaften zur Geheimniswahrung verpflichten würden, kann hier aber auf sich beruhen, weil sich die Beklagte im vorinstanzlichen Verfahren auf den Standpunkt gestellt hat, das "Imperium" habe sich für sie nie als Konzern dargestellt. Damit bestand für sie subjektiv aber auch kein Anlass, die Aufklärung der Anleger wegen eines allenfalls auf Konzerngesellschaften ausgeweiteten (für sie aber gar nicht erkennbaren) Bankgeheimnisses zu unterlassen. Mangels Kenntnis von einem Konzernverhältnis befand sie sich ihrem eigenen Vorbringen nach in gar keiner Konfliktsituation, die zu einer Interessenabwägung führen könnte (vgl hiezu allgemein Iro in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 7/70 ff). Selbst wenn man also das Bankgeheimnis über den Kreis der Bankkunden hinaus ausweiten wollte, wäre hieraus für die Beklagte nichts gewonnen.

Unter diesen Umständen (keine Konfliktsituation) könnte es auch nicht als rechtmäßiges Alternativverhalten (vgl hiezu nur Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 8/60) angesehen werden, statt der gebotenen Aufklärung des Anlegers die Kreditfinanzierung überhaupt zu unterlassen und so den Anleger dem Risiko eines Schadenseintrittes nach hypothetischer Kreditfinanzierung durch eine andere Bank auszusetzen. Es erübrigt sich daher, auf die weitergehende Kritik Wilhelms (ecolex 1995, 461, 483 und 542, sowie 1996, 157) an der Konstruktion des rechtmäßigen Alternativverhaltens und an 10 Ob 510/95 sowie seine Meinungsverschiedenheiten mit Koziol (zu ÖBA 1995/473) und Jabornegg (zu ÖBA 1995/517) näher einzugehen.

Auch in der Revision wird keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00176.04B.0805.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAD-53607