OGH vom 22.06.1995, 6Ob15/95

OGH vom 22.06.1995, 6Ob15/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Firmenbuchsache der D***** Privatstiftung mit dem Sitz in W***** infolge Revisionsrekurses der Privatstiftung, vertreten durch die Mitglieder des ersten Stiftungsvorstandes 1) Norbert D*****; 2) Franz R*****; 3) Mag. Siegfried M*****; 4) Dr. Maximilian E*****, diese vertreten durch Dr.Maximilian Eiselsberg, Rechtsanwalt und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 3 R 48/95 (ON 5), womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ FN 130823m-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der erste Stiftungsvorstand meldete die mit Abgabe der im Notariatsakt vom beurkundeten Stiftungserklärung errichteten "D***** Privatstiftung" zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Die §§ 9 und 21 Abs 2 der Stiftungsurkunde lauten wie folgt:

"§ 9

Stiftungsprüfer

(1) Auf Lebzeiten des Stifters Kommerzialrat Norbert D***** obliegt ihm die Bestllung und Abberufung des Stiftungsprüfers; nach dessen Ableben wird der Stiftungsprüfer von den Stiftern Irina S***** und Stefan D***** gemeinsam bestellt und abberufen; nach dem Ableben einer von ihnen, erlischt dieses Recht der Stifter.

(2) Der im Zeitpunkt des Erlöschens der Stifterrechte nach den vorstehenden Absätzen im Amt befindliche Stiftungsprüfer bleibt bis zur Prüfung des vierten Jahresabschlusses nach diesem Zeitpunkt weiter im Amt. Ergeben sich jedoch in dieser Zeit beim Stiftungsprüfer Änderungen (wie beispielsweise das Ausscheiden der mit der Prüfung betrauten Gesellschafter, Geschäftsführer oder Sachbearbeiter) oder liegt ein objektiver Grund vor, so kann der Stiftungsvorstand die Bestellung des Stiftungsprüfers vorzeitig widerrufen.

(3) Danach wird der Stiftungsprüfer über Vorschlag des Beirates vom Stiftungsvorstand jeweils zur Prüfung von höchstens fünf aufeinanderfolgenden Jahresabschlüssen bestellt.

.....

§ 21

Bestellung der ersten Stiftungsorgane

(1) ......

(2) Zum Stiftungsprüfer wird Doktor Alexander R*****, bestellt".

Das Erstgericht lehnte die Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch mit der Begründung ab, daß die Regelung der Stiftungserklärung über die Bestellung des Stiftungsprüfers der zwingenden Vorschrift des § 20 Abs 1 PSG widerspreche. Danach müsse der Stiftungsprüfer vom Gericht, gegebenenfalls vom Aufsichtsrat bestellt werden. § 9 Abs 2 Z 2 PSG lasse demgegenüber in der Stiftungserklärung nur Regelungen "organisatorischer Natur" über die Bestellung des Stiftungsprüfers zu.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Schon der Wortlaut des § 20 Abs 1 PSG sei eindeutig und daher keiner weiteren Interpretation zugänglich. Danach könne niemand anderer als das Gericht oder - gegebenenfalls - der Aufsichtsrat, den Stiftungsprüfer bestellen. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber der Kritik Rechnung getragen, auf die noch der Ministerialentwurf gestoßen sei, weil er die Bestellung des Stiftungsprüfers primär durch den Stiftungsvorstand und nur subsidiär durch das Gericht vorgesehen hatte. Die Vorschrift sei nicht nur zwingend, sondern sie entspreche auch der in den Gesetzesmaterialien geäußerten Absicht des Gesetzgebers, werde doch dort ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine unmittelbare Bestellung des Stiftungsprüfers in der Stiftungserklärung nicht möglich sei. § 20 Abs 1 PSG nehme der Vorschrift des § 9 Abs 2 Z 2 PSG auch nicht jeglichen Anwendungsbereich. Danach habe der Stifter bei der Regelung über die Bestellung des Stiftungsprüfers immer noch weitgehend freie Hand. Er müsse nur die zwingenden Bestimmungen über die Bestellung, Unvereinbarkeit und Abberufung dieses Stiftungsorgans beachten. Im vorliegenden Fall hätten sich aber die Stifter in der Stiftungserklärung über die zwingende Bestellungsvorschrift des § 20 Abs 1 PSG hinweggesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Firmenbuch ist gemäß § 2 Z 11 FBG auch zur Eintragung von Privatstiftungen bestimmt, welche gemäß § 7 Abs 1 PSG erst mit der Eintragung in das Firmenbuch entstehen. Die gemäß § 12 Abs 1 PSG vom ersten Stiftungsvorstand vorgenommene Anmeldung einer Privatstiftung zur Eintragung in das Firmenbuch unterliegt daher auch der materiellen Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichtes (dazu Schenk in Straube, HGB2 Rz 14 zu § 8). Danach ist aber die Eintragung von Privatstiftungen in das Firmenbuch jedenfalls dann zu versagen, wenn die Stiftungserklärung gegen zwingende Rechtsvorschriften verstößt. Das trifft entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerber auf die vorliegende Stiftungserklärung zu:

Gemäß § 14 Abs 1 PSG muß eine Privatstiftung zwingend zumindest zwei Organe, nämlich den Stiftungsvorstand und den Stiftungsprüfer, haben,

Der Stiftungsprüfer ist gemäß § 20 Abs 1 PSG vom Gericht, gegebenenfalls vom Aufsichtsrat zu bestellen. Da die vorliegende Stiftungserklärung nur fakultativ die künftige Bestellung eines Aufsichtsrates vorsieht (§ 5 Abs 2), obliegt kraft Gesetzes die Bestellung des Stiftungsprüfers ausschließlich dem Gericht. Die Vorschrift des § 20 Abs 1 PSG ist zwingend. Die Stiftungserklärung kann daher kein anderes Organ und keine Stelle wirksam mit der Bestellung des Stiftungsprüfers betrauen. Auch der erste Stiftungsprüfer kann nicht von den Stiftern selbst bestellt werden (E.Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG Rz 2 zu § 20; vgl Nowotny in GesRZ 1994, 8 und Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, HdBzPSG 163; Hofians in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, HdBzPSG 244). Mit der Bestellung durch das Gericht wurde der Kritik Krejcis (in RdW 1993, 137) und Böhlers (in WBl 1993, 172) zum Ministerialentwurf Rechnung getragen, welcher noch eine Bestellung des Stiftungsprüfers durch den Stiftungsvorstand und nur bei Verzug durch das Gericht vorgesehen hatte (Hofians aaO; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG Rz 1 Einl). Die bei Fehlen eines Aufsichtsrates zwingend angeordnete Kompetenz des Gerichtes zur Bestellung des Stiftungsprüfers ist demnach Ausdruck einer gewollten stiftungsexternen Kontrolle (Kalss aaO Rz 18 Einl). Abgesehen davon, daß die primäre Bestellungskompetenz des Gerichtes in § 20 Abs 1 PSG klar und unmißverständlich angeordnet ist, war sie vom Gesetzgeber auch in dieser Form ausdrücklich beabsichtigt, heißt es doch in den EB zur RV des PSG zu dieser Gesetzesstelle (1132 BlgNR 18. GP, abgedruckt bei Doralt/Nowotny/Kalss, PSG 574 f) wie folgt:

"Der Stiftungsprüfer ist vom Gericht zu bestellen. Wenn ein Aufsichtsrat eingerichtet ist, von diesem. In der Stiftungserklärung können Anordnungen hinsichtlich der Bestellung des Stiftungsprüfers enthalten sein. Auf diese Regelungen ist bei der Bestellung Bedacht zu nehmen. Eine unmittelbare Bestellung des Stiftungsprüfers in der Stiftungserklärung ist nicht möglich. ..."

Damit hat aber der Gesetzgeber auch bereits auf die von den Rechtsmittelwerbern ins Treffen geführte Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 2 PSG und deren Verhältnis zu § 20 Abs 1 PSG Bezug genommen. In die Stiftungserklärung können demnach zwar Regelungen über die Bestellung des Stiftungsprüfers aufgenommen werden, die Gestaltungsfreiheit des Stifters ist aber durch das Gesetz eingeschränkt: "Wenn eine Bestimmung (hier: § 20 Abs 1 PSG) keinen Vorbehalt für eine Regelung in der Stiftungserklärung enthält, kann diese nichts Entgegenstehendes anordnen" (EB zu § 9 aaO 570). Das bedeutet, daß die Stiftungserklärung zwar gemäß § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 PSG Erklärungen über die Bestellung und Abberufung sowie Funktionsdauer und Vertretungsbefugnisse der Stiftungsorgane enthalten kann, wobei dem Stifter weitgehend freie Hand gelassen ist; er muß jedoch in diesem Zusammenhang die zwingenden Bestimmungen des PSG über Bestellung, Zusammensetzung, Unvereinbarkeit und Abberufung einhalten (EB zu § 9 Abs 2 aaO 571). Ungeachtet der Einschränkung durch zwingende Bestimmungen des PSG bleibt dabei dem Stifter immer noch ein ausreichender Spielraum für zulässige Regelungen in der Stiftungserklärung (vgl E.Gruber aaO Rz 66 f zu § 9). Es kann daher der von den Rechtsmittelwerbern im Anschluß an Cerha/Eiselsberg/Kirschner/Knirsch, PSG 56 vertretenen Meinung, gemäß § 9 Abs 2 Z 2 PSG in der Stiftungserklärung getroffene Regelungen über die Bestellung des Stiftungsprüfers hätten Vorrang vor der Regelung des § 20 Abs 1 PSG, weshalb der Stifter den "ersten" Stiftungsprüfer auch selbst in der Stiftungserklärung bestellen könne, nicht gefolgt werden. Da die Kompetenz zur Bestellung des Stiftungsprüfers in § 20 Abs 1 PSG zwingend geregelt ist und die Bestimmung keinen Vorbehalt für eine abweichende Regelung in der Stiftungserklärung enthält, darf diese insoweit auch nichts Entgegenstehendes anordnen (E.Gruber aaO Rz 63 zu § 9).

Die Vorinstanzen haben daher zutreffend erkannt, daß die Regelung des § 9 der Stiftungserklärung über die Bestellung des Stiftungsprüfers und die in § 21 Abs 2 vorgenommene Bestellung des ersten Stiftungsprüfers durch die Stifter gegen die zwingende Bestimmung des § 20 Abs 1 PSG verstößt. Schon aus diesem Grund konnte dem Eintragungsgesuch nicht stattgegeben werden. Es muß daher nicht mehr geprüft werden, ob nicht auch die Regelung des § 11 der Stiftungserklärung über die Bestellung und Abberufung des fakultativ vorgesehenen künftigen Aufsichtsrates gegen zwingende Bestimmungen des PSG verstößt (§§ 24 Abs 1, 27).

Diese Erwägungen führen bereits zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.