OGH vom 16.01.2020, 5Ob187/19i

OGH vom 16.01.2020, 5Ob187/19i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj M*****, geboren am *****, und der mj A*****, geboren am *****, beide wohnhaft bei der Mutter E*****, vertreten durch die Stadt Wien (Wiener Kinder- und Jugendhilfe des Magistrats der Stadt Wien) als Kinder- und Jugendhilfeträger, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 317/19d-40, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom , GZ 6 Pu 62/15y-32, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die derzeit 14 bzw 11 Jahre alten Kinder leben im Haushalt der Mutter und sind einkommens- und vermögenslos. Der Vater war laut einem Beschluss des Erstgerichts vom ausgehend von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von 2.371 EUR zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 420 EUR gegenüber seinem Sohn und 350 EUR gegenüber seiner Tochter verpflichtet, wobei die Anrechnung von Transferleistungen dabei berücksichtigt worden war. Derzeit erzielt der Vater ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 2.603,33 EUR. Seit bezieht er jeweils den halben Familienbonus für beide Kinder, insgesamt daher 125 EUR. Er hat keine weiteren Sorgepflichten.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind nur mehr die Unterhaltsbeiträge des Vaters ab .

Die Kinder beantragten, den Vater ab diesem Zeitpunkt zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von jeweils 500 EUR zu verpflichten. Zum Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters seien die Unterhaltsabsetzbeträge und der halbe Familienbonus Plus somit insgesamt 198 EUR hinzuzurechnen, weil diese Beträge sein Nettoeinkommen erhöhten.

Der Vater erklärte sich mit einer Erhöhung der monatlichen Unterhaltsbeiträge auf 440 EUR pro Kind einverstanden, beantragte jedoch die Abweisung des Mehrbegehrens.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater, beiden Kindern vom 1. 11. bis monatliche Unterhaltsbeiträge von jeweils 440 EUR, ab von monatlich 470 EUR zu leisten, wies hingegen das Erhöhungsbegehren der Kinder für den Zeitraum 1. 1. bis mangels Umstandsänderung ebenso ab wie das Unterhaltsmehrbegehren für den danach liegenden Zeitraum. Nach der Prozentsatzmethode habe der Sohn bis zum Anspruch auf 19 %, die Tochter hingegen auf 16 % des väterlichen Einkommens, ab stehe beiden Kindern 18 % des väterlichen Einkommens zu. Bis zum berücksichtigte das Erstgericht die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltsschuldners nach der „Formel“. Der Familienbonus Plus sei hingegen kein Beitrag des Staats zum Unterhalt des Kindes, er sei als substantielle Steuerentlastung erwerbstätiger Eltern zu sehen und bilde kein weiteres Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der unterhaltspflichtige Vater durch Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus Plus in ausreichendem Maß steuerlich entlastet werde, habe ab keine Kürzung durch Anrechnung von Transferleistungen mehr stattzufinden.

Den gegen diese Entscheidung im Rahmen seiner Rekursbeantwortung erhobenen Rekurs des Vaters wies das Rekursgericht als verspätet zurück. Dem Rekurs der Kinder gab es teilweise Folge und erhöhte die monatlichen Unterhaltsbeiträge des Vaters für den mj M***** für den Zeitraum 1. 1. bis auf 460 EUR, für die mj A***** für diesen Zeitraum hingegen auf 390 EUR. Ohne dies ausdrücklich im Spruch zum Ausdruck zu bringen (der Hinweis, die Kinder hätten die Punkte 1 und 2 des erstgerichtlichen Beschlusses nicht in Beschwerde gezogen, ist diesbezüglich missverständlich) bestätigte es die Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens beider Kinder von jeweils monatlich 30 EUR ab dem .

Da der vom Vater bezogene (halbe) Familienbonus Plus seine ausreichende steuerliche Entlastung bewirke, scheide eine Anrechnung von Transferleistungen aus. Da er grundsätzlich der Steuerentlastung des Unterhaltspflichtigen diene, führe er nicht zur Erhöhung des Unterhaltsanspruchs über die Prozentkomponente hinaus. Die Unterhaltsberechnung des Erstgerichts ab sei daher richtig.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, es liege noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung vor.

Gegen die (implizite) Bestätigung der Abweisung des Mehrbegehrens der Kinder ab wendet sich deren Revisionsrekurs, in dem sie eine Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin begehren, dass ihrem Erhöhungsantrag ab diesem Zeitraum zur Gänze, somit mit jeweils 500 EUR pro Monat stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Kinder vertreten im – vom Vater nicht beantworteten – Revisionsrekurs die Auffassung, der Familienbonus Plus dürfe nicht nur bei der Kürzung der Anrechnung von Transferleistungen von Relevanz sein, sondern müsse – wie die Unterhaltsabsetzbeträge – als das Nettoeinkommen erhöhend auch der Unterhaltsbemessungsgrundlage hinzugerechnet werden. Daher ergebe sich für den Zeitraum ab unter Berücksichtigung der halben Familienboni Plus für zwei Kinder und den Unterhaltsabsetzbeträgen eine Unterhaltsbemessungs-grundlage von 2.801,33 EUR, sodass die ab begehrte Unterhaltserhöhung in vollem Umfang berechtigt sei.

Dieser Argumentation ist nicht zu folgen.

1.1. Der Revisionsrekurs betrifft den „Familienbonus Plus“, den der Gesetzgeber mit in § 33 Abs 3a EStG als neuen Steuerabsetzbetrag eingeführt hat. Der Familienbonus Plus ersetzt den Kinderfreibetrag nach § 106a EStG aF sowie die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Ausdrückliches Ziel war die finanzielle Entlastung von berufstätigen Eltern (5 Ob 92/19v).

1.2. Der Familienbonus Plus beträgt bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat, für jedes Kalendermonat 125 EUR (§ 33 Abs 3a Z 1 lit a EStG), ab diesem Zeitpunkt für jeden Kalendermonat 41,68 EUR (§ 33 Abs 3a Z 1 lit b EStG). Gemäß § 33 Abs 3a Z 3 EStG ist der Familienbonus Plus in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs 4 Z 3 zusteht:

- beim Familienbeihilfeberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfeberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrags.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs 4 Z 3 zusteht:

- beim Familienbeihilfeberechtigten oder dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfeberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrags.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu. Voraussetzung für einen Bezug des Familienbonus Plus ist der Bezug der Familienbeihilfe für das Kind nach dem FLAG 1967. Er kann von jedem Elternteil beantragt oder zwischen ihnen aufgeteilt werden. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass der Familienbonus Plus den Eltern jeweils zur Hälfte zusteht (§ 33 Abs 3a Z 3 lit c EStG). Der in § 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG geregelte Fall betrifft Kinder, für die ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, also solche, für die vom nicht im selben Haushalt mit dem Kind lebenden Elternteil Unterhaltsleistungen erbracht werden. Diesfalls ist der Familienbonus Plus mit dem Unterhaltsabsetzbetrag verknüpft, für den Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige für dieses Kind den gesetzlichen Unterhalt tatsächlich leistet. Der Familienbonus Plus kann entweder im Nachhinein im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung oder im Rahmen der monatlichen Lohnverrechnung durch Antrag beim Dienstgeber geltend gemacht werden.

1.3. Der Familienbonus Plus ist als erster Absetzbetrag von der sich aufgrund des Einkommenssteuertarifs errechneten Steuer abzuziehen (ErläutRV 190 BlgNr 26. GP 8), ein Steuerbetrag unter Null kann durch den Familienbonus Plus selbst nicht zustande kommen (Peyerl, Der steuerliche Familienbonus Plus in der Unterhaltsbemessung iFamZ 2018, 193). Bei steuerpflichtigen Jahreseinkommen bis etwa 11.000 EUR fällt der Familienbonus Plus mangels Einkommenssteuerschuld gänzlich aus (Bräumann, Umfassende Reformen der steuerlichen Familienförderung – der neue Familienbonus Plus und die umstrittene Indexierung familienbezogener Steuererleichterungen bei Kindern im Ausland, [188]). Die volle Ausschöpfung des Familienbonus Plus für ein minderjähriges Kind durch einen Berechtigten erfordert ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen von zumindest 17.000 EUR, bei Unselbständigen daher einen Bruttobezug von etwa 1.960 EUR (Bräumann aaO; Tews – Familienbonus Plus – Ende der Familienbeihilfenanrechnung, EF-Z 2019/3; 5 Ob 92/19v).

1.4. Aufgrund der neuen steuergesetzlichen Regelung stellt sich nunmehr die – in den Vorentscheidungen des erkennenden Senats 5 Ob 236/18v und 5 Ob 92/19v noch offen gelassene – Frage, ob der Familienbonus Plus primär oder sogar ausschließlich der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltsschuldners dient und ob diese dadurch auch erreicht wird. Mit dieser Frage hat sich kürzlich der 4. Senat in seiner Entscheidung vom , 4 Ob 150/19s ausführlich auseinandergesetzt und dazu wörtlich ausgeführt:

„2.Ausgangspunkt für die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen und die damit verbundene Kürzung des Geldunterhalts durch die Anrechnung von Transferleistungen (RS0117015; RS0117023; RS0117084) war die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs.

...

2.4Die verfassungsrechtlichen Vorgaben lassen sich demnach dahin zusammenfassen, dass das Einkommen, aus dem der Geldunterhalt geleistet wird, nicht zur Gänze besteuert werden soll. Vielmehr soll die Hälfte des gesetzlichen Unterhalts steuerfrei bleiben und dies durch eine steuerliche Entlastung der Unterhaltspflicht in der Größenordnung um 20 % bewirkt werden. Dieses Ziel kann entweder durch eine pauschalierende oder sonst sachliche Regelung des Gesetzgebers oder – solange der Gesetzgeber nicht tätig wird – im Rahmen der gerichtlichen Unterhaltsbemessung erreicht werden (B 1285/00 VfSlg 16.226).

3.Im Anschluss an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu G 7/02 ua hat der Oberste Gerichtshof seine unterhaltsrechtliche Judikatur modifiziert (1 Ob 114/02z; 7 Ob 175/02i uva) und zur steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen eine konkrete Berechnungsmethode entwickelt (vgl 5 Ob 37/02f; 9 Ob 94/03v). Dieser Berechnungsmethode liegt die mathematische Formel 'Unterhaltsanspruch = Prozentunterhalt minus (Prozentunterhalt mal Grenzsteuersatz mal 0,004) plus Unterhaltsabsetzbetrag' zugrunde (vglRS0117084 [T8]; 6 Ob 44/07z). Diese Formel wurde im Hinblick auf den mit der Steuerreform 2009 eingeführten Kinderfreibetrag (§ 106 EStG) dahin modifiziert, dass neben dem Unterhaltsabsetzbetrag auch derKinderfreibetrag in Höhe der Steuerersparnis zu berücksichtigen ist und die Formel daher wie folgt lautet: 'Unterhaltsanspruch = Prozentunterhalt minus (Prozentunterhalt mal Grenzsteuersatz mal 0,004) plus Unterhaltsabsetzbetrag plus Steuerersparnis durch Kinderfreibetrag' (vgl 6 Ob 240/17p).

...

5. Aus Anlass der neuen gesetzlichen Regelungen zum Familienbonus Plus ist eine Neu

5.1Wie bereits dargelegt, lauten die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die steuerliche Entlastung des Unterhaltsschuldners dahin, dass das

Wenn der Gesetzgeber auf die Vorgaben durch den Verfassungsgerichtshof reagiert und den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung ein

5.2 Die Frage

Nach der Zielrichtung des Steuergesetzgebers soll der ausschöpfbare Teil

Der Grundsatz, dass es im Unterhaltsrecht auf das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen als die Summe der dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel ankomme (vgl RS0013386) und eine

5.3 Da nach der Zielsetzung des Gesetzgebers durch

5.4 Die substanzielle Steuerentlastung durch den Familienbonus Plus (RV 190 BlgNR 26. GP 1 und 14)

5.5 Der Einwand, dass bei einem Teil der besserverdienenden Unterhaltspflichtigen durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag (ohne Anrechnung von Transferleistungen) weniger als die Hälfte des gesetzlich geschuldeten Unterhalts steuerfrei gestellt werde,

5.6 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der gesetzlich festgelegte monatliche Betrag an ausschöpfbarem Familienbonus Plus deutlich niedriger ist als für jüngere Kinder.

6.Zusammenfassend ist festzuhalten:

6.1Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.

6.2 Diese Grundsätze gelten jedenfalls für die Unterhaltsbemessung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs. Die Frage, wie sich der Familienbonus Plus auf den Unterhaltsanspruch älterer Kinder auswirkt, wird hier unbeantwortet gelassen.“

2.1. Dieser Entscheidung sind mittlerweile mehrere Senate des Obersten Gerichtshofs gefolgt (1 Ob 171/19g; 3 Ob 154/19x; 6 Ob 208/19k; 10 Ob 65/19k). Auch der erkennende Senat schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen an. Die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebene pauschalierende steuerliche Entlastung, die im Weg des Unterhaltsabsetzbetrags bisher noch nicht ausreichend erreicht wurde, ist durch die Einführung des Familienbonus Plus nunmehr als ausreichend gewährleistet anzusehen. Das einzelne Gruppen von Betroffenen gegenüber der bisherigen Rechtslage besser – oder aber auch schlechter – gestellt werden könnten, ist dem Wesen einer Pauschalregelung immanent und spricht nicht gegen das vom 4. Senat gewonnene Auslegungsergebnis. Eine Kombination der Anrechnung auf den (bisherigen) Kürzungsbetrag aufgrund Transferleistungen mit der Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage aufgrund des Familienbonus Plus hat der erkennende Senat zu 5 Ob 92/19v (insoweit zustimmend Kolmasch, ZAK 2019, 333) bereits abgelehnt. Die vom 4. Senat hervorgehobene Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht und der augenscheinliche Zweck der Pauschalierung der nunmehr vom Steuergesetzgeber gewährten Entlastung der Unterhaltsverpflichteten verbieten es aber, weiterhin fiktive Kürzungsbeträge auszurechnen, um einen allenfalls durch den Familienbonus Plus noch nicht erreichten oder aber überschrittenen Kürzungsbetrag zu ermitteln. Es ist daher folgerichtig, sowohl den Familienbonus Plus als auch den Unterhaltsabsetzbetrag als nur der gebotenen Steuerentlastung dienend in die Unterhaltsbemessungsgrundlage gar nicht einzubeziehen. Soweit aus den bisherigen Entscheidungen des erkennenden Senats 5 Ob 238/18v und 5 Ob 92/19v anderes abzuleiten ist, werden sie nicht aufrecht erhalten.

2.2. Vergleichbares gilt für die Entscheidungen 1 Ob 65/03w und 3 Ob 248/09f, wonach der Unterhaltsabsetzbetrag auch dann, wenn er der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen dient, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist; auch diese – in der Literatur mehrfach kritisierte (Schwimann/Kolmasch Unterhaltsrecht9 14; Gitschthaler,Unterhaltsrecht3 Rz 284 mwN) – Auffassung kann nicht aufrecht erhalten werden, zumal der Unterhaltsabsetzbetrag nach der gesetzlichen Regelung ja an die Zahlung des Unterhalts (und deren Nachweis) geknüpft ist und daher zweckgebunden nur deshalb als Steuerabsetzbetrag zusteht, weil (und nicht: damit) der Geldunterhaltspflichtige Unterhaltsbeiträge zahlt.

3. Damit haben die Vorinstanzen den Familienbonus Plus und auch die Unterhaltsabsetzbeträge für beide Kinder zu Recht bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt. Dem Revisionsrekurs der Kinder war daher der Erfolg zu versagen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00187.19I.0116.000

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