OGH vom 28.11.2019, 2Ob145/19s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach H***** P*****, verstorben am ***** 2018, zuletzt wohnhaft in *****, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. E***** Ö***** und 2. H***** Ö*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Reinhold Gsöllpointner, Rechtsanwalt in Salzburg, sowie 3. H***** L*****, vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in Seekirchen am Wallersee, über den Revisionsrekurs des Erst- und der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 13/19m-65, womit infolge Rekurses der Drittantragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 2 A 36/18h-50, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.
Text
B e g r ü n d u n g:
Der am ***** 2018 verstorbene Erblasser hinterließ mehrere letztwillige Verfügungen. Die Drittantragstellerin gab aufgrund des eigenhändigen Testaments vom die bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass ab. Der Erstantragsteller und die Zweitantragstellerin gaben aufgrund eines fremdhändigen Testaments vom jeweils bedingte Erbantrittserklärungen zur Hälfte des Nachlasses ab.
Im Verfahren über das Erbrecht brachte die Drittantragstellerin vor, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments vom nicht mehr testierfähig gewesen. Es bestehe der Verdacht, dass die Unterschrift des Erblassers gefälscht sei. Das Testament sei auch formal ungültig.
Der Erst- und die Zweitantragstellerin wendeten ein, das Testament vom sei echt und formgültig. Der Erblasser sei auch testierfähig gewesen.
Das Erstgericht stellte das Erbrecht des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin aufgrund des Testaments vom je zur Hälfte des Nachlasses fest und wies die Erbantrittserklärung der Drittantragstellerin ab.
Soweit in dritter Instanz noch wesentlich ging es – zusammengefasst – von folgendem Sachverhalt aus:
Der Erblasser befand sich während des Testiervorgangs wegen eines Bruchs seiner Hüftgelenksprothese im Krankenhaus. Am errichtete er zwei gleichlautende Ausfertigungen eines in einer Rechtsanwaltskanzlei vorbereiteten (auf Computer geschriebenen) fremdhändigen Testaments, in denen er den Erstantragsteller (seinen Cousin) und die Zweitantragstellerin (dessen Ehegattin) je zur Hälfte zu Erben seines gesamten Vermögens einsetzte und alle früher errichteten letztwilligen Anordnungen widerrief. Beide Ausfertigungen bestanden aus jeweils zwei losen Blättern. Auf dem ersten Blatt befand sich auf der Vorder- und Rückseite der Text des Testaments, darunter wurden der Ort und das Datum sowie die handschriftliche nuncupatio mit den Worten „Diese Urkunde enthält meinen letzten [in einer Ausfertigung: 'letzteren'] Willen“ beigefügt. Auf dem zweiten Blatt befand sich jeweils ganz oben die Unterschrift des Erblassers. Darunter war ein Vordruck angebracht, wonach die ersuchten Testamentszeugen bestätigen, dass „der Testator in unserer gleichzeitigen und ununterbrochenen Anwesenheit den vorstehenden Zusatz geschrieben und die letztwillige Verfügung eigenhändig unterschrieben hat“. Unterhalb dieser Bestätigung befanden sich jeweils die Unterschriften der drei Zeugen mit Anführung deren Adresse und dem Zusatz „als Testamentszeuge“, bei zwei Zeugen auch des Geburtsdatums. Die losen Blätter der beiden Ausfertigungen wurden vom anwesenden Rechtsanwalt übernommen, der das Testament am im Testamentsregister der österreichischen Rechtsanwälte registrierte, danach noch am selben Tag eine Ausfertigung dem Erblasser übergab und die zweite Ausfertigung in Verwahrung nahm. Der Erblasser war während des Testiervorgangs völlig orientiert und in psychischer Hinsicht nicht beeinträchtigt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, dass die Testierfähigkeit des Erblassers gegeben gewesen und das Testament vom formgültig sei. Dadurch sei das frühere Testament vom aufgehoben.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass es die Erbantrittserklärungen des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin abwies und das Erbrecht der Drittantragstellerin aufgrund des Testaments vom zum gesamten Nachlass feststellte. Es behielt die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache vor und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht hielt die Behandlung der Mängel- und der Beweisrüge für nicht erforderlich. Nach Erörterung der Entscheidung 2 Ob 192/17z und dazu vorliegender Stimmen in der Literatur gelangte es zu dem Ergebnis, dass das in zwei Ausfertigungen vorliegende Testament vom nach dem zu beurteilenden Sachverhalt formungültig sei. Der Text der letztwilligen Verfügung mit der nuncupatio befinde sich jeweils auf dem ersten Blatt. Das zweite (separate) Blatt enthalte jeweils ausschließlich die Unterschrift des Testators sowie die Unterschriften und die erforderlichen Zusätze der drei Zeugen, jedoch keine Willensäußerung des Testators, aus der sich ein inhaltlicher Zusammenhang mit dem ersten Blatt erschließen würde.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Formwirksamkeit eines Testaments fehle, bei dem sich sowohl die Unterschrift des Testators als auch jene der Zeugen auf einem separaten Blatt befänden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekursdes Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin mit dem Abänderungsantrag, ihr Erbrecht je zur Hälfte des Nachlasses festzustellen und die Erbantrittserklärung der Drittantragstellerin abzuweisen.
Die Drittantragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs zugelassen, weshalb die Rechtsmittelzulässigkeit lediglich davon abhängt, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegt. Einer Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht bedurfte es in diesem Fall nicht (RS0007073 [T5]).
Der Revisionsrekurs ist im Sinne der Ausführungen des Rekursgerichts zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionsrekurswerber machen geltend, die Zeugen hätten in einem einheitlichen Testamentserrichtungsakt mit ihrer Unterschrift auf den vorstehenden vom Testator geschriebenen „Vermerk“, dass diese Urkunde seinen letzten Willen enthalte ausdrücklich Bezug genommen, sodass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden Blättern gegeben sei. Dieser werde auch durch den genannten handschriftlichen Vermerk des Testators auf der einen Seite und seine Unterschrift auf der nächsten Seite hergestellt. Die Zeugenunterschriften seien auch nicht auf einem leeren Blatt erfolgt, sondern unter der Unterschrift des Testators, welche die Urkunde erzeuge. Es sei auch zu berücksichtigen, dass eine Verfälschung von zwei Testamentsausfertigungen unmöglich sei.
Hiezu wurde erwogen:
1. Aufgrund des Errichtungszeitpunkts der zu beurteilenden letztwilligen Verfügung () ist die Rechtslage nach dem ErbRÄG 2015 anzuwenden (§ 1503 Abs 7 Z 5 ABGB).
2. Danach muss gemäß § 579 Abs 1 ABGB eine fremdhändige letztwillige Verfügung vom Verfügenden in Gegenwart dreier gleichzeitig anwesender Zeugen eigenhändig unterschrieben und mit einem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen werden, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Nach Abs 2 dieser Bestimmung haben die Zeugen, deren Identität aus der Urkunde hervorgehen muss, die aber den Inhalt der letztwilligen Verfügung nicht kennen müssen, auf der Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden und eigenhändig geschriebenen Zusatz zu unterschreiben.
3. Mit der Novellierung des § 579 ABGB wurden die Anforderungen an die Form eines fremdhändigen Testaments verschärft (Apathy/Neumayr in KBB5 § 579 Rz 2). Die Änderungen betreffen die Verschriftlichung der Willensbekräftigung des Erblassers (nuncupatio) sowie erhöhte Anforderungen an die Zeugenbeteiligung (gleichzeitige Anwesenheit; eigenhändiger Zeugenzusatz; aus der Urkunde erschließbare Identität der Zeugen), womit der Gesetzgeber, wie die Materialien zum ErbRÄG 2015 mehrfach betonen, die Fälschungssicherheit erhöhen wollte (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 1 und 10; dazu krit A. Tschugguel, Die Testamentszeugen im neuen Erbrecht. Ratio, quo vadebas? FS Bittner [2018], 711; ausführlich zur Neuregelung ders in Klang³ § 579 Rz 16 ff). Für die im vorliegenden Fall zu lösende Rechtsfrage sind die – unstrittig eingehaltenen – neuen Formvorschriften aber nicht von entscheidender Bedeutung. Denn für die Beurteilung der Frage, wo der letztwillig Verfügende und die Zeugen ihre Unterschriften leisten müssen, hat sich die Rechtslage nicht geändert (so auch A. Tschugguel und Welser in Rabl/A. Tschugguel/Welser, Formunwirksamkeit des Testaments, weil die Zeugen auf einem gesonderten Blatt unterschrieben haben. Ein juristischer Trialog, NZ 2018/108, 321 [326]; Umlauft, Das Spannungsverhältnis zwischen dem favor testamenti und den Formvorschriften für letztwillige Verfügungen im Lichte der jüngsten OGH-Judikatur, EF-Z 2019/137, 244 [246]).
4. Einen dem vorliegenden ähnlichen Sachverhalt hatte der erkennende Senat in der zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 ergangenen Entscheidung 2 Ob 192/17z EF-Z 2018/111, 230 (Welser) = iFamZ 2018/180, 308 (Gruber) = JBl 2019, 98 (Mayrhofer) = ecolex 2018/463, 1075(Schoditsch) zu beurteilen, die in der Literatur vielfach kommentiert worden ist (vgl neben den erwähnten Glossatoren auch Rabl/A. Tschugguel/Welser, Trialog, NZ 2018/108; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137; Webhofer, Die Zeugenunterschrift auf einer letztwilligen Verfügung,Zak 2019/227). Im damaligen Anlassfall hatten die Testamentszeugen eine aus zwei losen Blättern bestehende fremdhändige letztwillige Verfügung auf dem zweiten Blatt unterschrieben, auf dem sich weder der Text der Verfügung noch die Unterschrift des Erblassers befand. Der Senat führte dazu aus, für die Formgültigkeit einer solchen letztwilligen Verfügung sei jedenfalls zu fordern, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den mehreren losen Blättern zum Ausdruck komme, wie er in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei Verwendung mehrerer loser Blätter für die Gültigkeit eines eigenhändigen Testaments als notwendig erachtet wird. Da diese Voraussetzung im konkreten Fall nicht vorlag, wurde das Testament als formungültig beurteilt.
An diesen Erwägungen, an denen der erkennende Senat festhält, ist im Folgenden anzuknüpfen.
5. Allerdings unterscheidet sich das hier zu beurteilende Testament vom damaligen dadurch, dass sich die Unterschrift des Erblassers auf dem zweiten losen Blatt befindet, auf dem auch die Testamentszeugen mit den erforderlichen Zusätzen unterschrieben haben. Der vorgedruckte Text der Bestätigung über den Zeugenunterschriften mit dem Verweis auf „den vorstehenden Zusatz“ gibt einen Hinweis darauf, dass es ein erstes Blatt als Träger des Inhalts des letzten Willens geben muss.
Es ist daher zu prüfen, ob diese Tatumstände eine andere Beurteilung der Formgültigkeit des Testaments rechtfertigen, als in dem der Entscheidung 2 Ob 192/17z zugrunde gelegenen Fall.
6. Wie aus der genannten Entscheidung hervorgeht ist es bei einer letztwilligen fremdhändigen Verfügung, die aus mehreren losen Blättern besteht, von denen nur das letzte unterschrieben ist, für die Formgültigkeit der letztwilligen Verfügung erforderlich, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den losen Blättern besteht, sodass von einem einheitlichen Schriftstück (iS einer inneren Urkundeneinheit) gesprochen werden kann. Das gilt nicht nur dann, wenn sich bloß die Unterschrift der Testamentszeugen auf dem letzten Blatt befindet, sondern auch, wenn dort der Erblasser unterschrieben hat (vgl 4 Ob 29/04z; RS0018303; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 247).
Wurde hingegen zwischen den einzelnen Blättern ohnehin bereits die äußere Urkundeneinheit hergestellt (dazu Näheres sogleich), bedarf es nicht auch noch eines zusätzlichen inhaltlichen Zusammenhangs. In diesem Fall ist die letztwillige Verfügung auch dann formgültig, wenn sich die Unterschriften des Erblassers und/oder von allen oder auch nur einzelnen Zeugen (mit den gesetzlich gebotenen Zusätzen) auf dem letzten, sonst keinen Text aufweisenden Blatt der Verfügung befinden (idS auch Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 249).
Beim gegenständlichen Testament besteht jedoch weder äußere noch innere Urkundeneinheit:
6.1 Keine äußere Urkundeneinheit:
(a) An eine allein aus dem äußeren Zusammenhang konstituierte einheitliche Urkunde muss die Anforderung gestellt werden, dass sie Kriterien entspricht, die typischerweise eine äußere Urkundeneinheit herbeiführen. Davon kann ausgegangen werden, wenn die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden werden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile.
(b) Diese Verbindung muss entweder bereits zum Zeitpunkt der Leistung der Unterschriften durch Erblasser und Zeugen vorhanden sein oder während des Testiervorgangs (dh uno actu mit diesem) hergestellt werden. Sollte diese Voraussetzung bei einer äußerlich der Form entsprechenden letztwilligen Verfügung in einem Verfahren über das Erbrecht bestritten werden, so träfe die Beweislast für den Formmangel jene Partei, die ihn behauptet (vgl 5 Ob 552/86 SZ 59/175; 2 Ob 86/15h SZ 2016/34).
(c) Den an die äußere Urkundeneinheit zu stellenden Anforderungen entspricht aber weder das Zusammenfügen der mehreren Blätter mittels einer Büroklammer (vgl 2 Ob 192/17z) noch – wie hier geschehen – die Übergabe der losen Blätter an einen Rechtsanwalt zur Aufbewahrung und Registrierung im Testamentsregister der österreichischen Rechtsanwälte (vgl den in 2 Ob 192/17z wiedergegebenen Sachverhalt). Die äußere Urkundeneinheit ist im vorliegenden Fall daher nicht gegeben.
6.2 Auch keine innere Urkundeneinheit:
(a) Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 2 Ob 192/17z ausgeführt hat, könnte für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein (vgl 5 Ob 52/04i). Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht. Der Zusammenhang muss so deutlich sein, dass er einer tatsächlichen Verbindung der Blätter nahe kommt (vgl A. Tschugguel in Klang³ § 578 Rz 13).
(b) Aus dem Argument, dass erst die Unterschrift des Erblassers die Urkunde beende und erzeuge (so etwa Rabl in Rabl/A. Tschugguel/Welser, Trialog, NZ 2018/108, 323; Umlauft, Spannungsverhältnis, EF-Z 2019/137, 246), ist der geforderte inhaltliche Zusammenhang zwischen den beiden losen Blättern nicht ableitbar.
Zwar ist die Unterschrift des Erblassers bei einem eigenhändigen Testament begrifflich der Vollendungsakt und es kommt ihr abschließende Wirkung zu. Bereits in der Entscheidung 1 Ob 38/68 SZ 41/23 hat der Oberste Gerichtshof – ebenfalls zum eigenhändigen Testament, das aber insoweit nicht anders zu beurteilen ist wie ein fremdhändiges – allerdings ausgesprochen, dass die Unterschrift am Schluss der letztwilligen Anordnung oder doch in einem solchen räumlichen Verhältnis zum Text der Erklärung stehen muss, dass sie als deren Abschluss und nach der Verkehrsauffassung die letztwillige Anordnung deckend angesehen werden kann (vgl auch 2 Ob 528/78 SZ 51/85; RS0012464). Aus dieser Rechtsprechung wurde allgemein der Schluss gezogen, dass die Unterschrift den Text grundsätzlich räumlich abschließen muss, um einem (gesetzlichen oder vereinbarten) Schriftlichkeitsgebot zu genügen (Dullinger in Rummel/Lukas4§ 886 Rz 8; so auch bereits Rummel in Rummel³§ 886 Rz 1). Schriftlichkeit setzt demnach die eigenhändige Unterschrift unter dem von wem auch immer verfassten Text voraus. Die Unterschrift deckt grundsätzlich nur den über (oberhalb von) ihr stehenden Text (Riedler in Schwimann/Kodek4 § 886 Rz 1).
Oberhalb der Unterschrift des Erblassers befindet sich hier aber gar kein Text. Sie steht daher in keiner räumlichen Verbindung zum Text der Willensäußerung, weshalb sie diesen auch nicht deckt.
(c) Schließlich vermag auch der vorgedruckte Text der Bestätigung über den Zeugenunterschriften mit dem Verweis auf „den vorstehenden Zusatz“ die innere Urkundeneinheit nicht zu begründen, ergibt sich doch auch daraus kein inhaltlicher Bezug zum Text der letztwilligen Verfügung auf dem ersten Blatt.
7. Beide „Ausfertigungen“ des fremdhändigen Testaments des Erblassers erweisen sich somit schon deshalb als formungültig (§ 601 ABGB), weil jeweils das Blatt mit der Unterschrift des Erblassers weder in einem äußeren noch in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, steht. Auf die Bewertung der Unterschriften der Testamentszeugen kommt es nicht mehr an.
8. Die zu dieser Beurteilung führenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Ein fremdhändiges Testament ist formungültig, wenn der Erblasser auf einem losen Blatt unterschrieben hat, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht. Ein äußerer Zusammenhang wäre nur dann zu bejahen, wenn entweder vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs (dh uno actu mit diesem) die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile. Für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht (vgl auch die Entscheidung 2 Ob 143/19x vom heutigen Tag).
9. Dem Revisionsrekurs ist aus den angeführten Gründen der Erfolg zu versagen.
10. Die Kostenentscheidung bleibt aufgrund des Kostenvorbehalts des Rekursgerichts gemäß § 78, 185 AußStrG iVm § 52 Abs 3 ZPO dem Erstgericht vorbehalten (vgl 3 Ob 164/14k).
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00145.19S.1128.000 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.