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OGH vom 14.07.2005, 6Ob128/05z

OGH vom 14.07.2005, 6Ob128/05z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria F***** , vertreten durch Mag. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Josef F*****, vertreten durch Dr. Axel Fuith, Rechtsanwalt in Innsbruck, Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei Dr. Helge Moosheimer, Notar, Wilhelm-Greil-Straße 14, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 241/04v-97, womit über die Berufungen beider Parteien das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Telfs vom , GZ 1 C 277/98d-89, aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die Mutter des Beklagten. Ihre Ehe mit dem Vater des Beklagten wurde mit Urteil vom aus dem Alleinverschulden des Vaters des Beklagten geschieden; gleichzeitig wurde dieser schuldig erkannt, der Klägerin rückständigen Unterhalt von 152.867,90 S und ab einen laufenden monatlichen Unterhaltsbetrag von 8.340 S zu zahlen.

Mit vom Nebenintervenienten verfasstem Notariatsakt vom übergab der Vater des Beklagten den von ihm bewirtschafteten Hof EZ 90063 GB ***** an den Beklagten "samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör, einschließlich der Einrichtung, den landwirtschaftlichen Geräten, dem Viehbestand und Baulichkeiten". Im Übergabsvertrag verpflichtete sich der Beklagte zu folgenden Gegenleistungen: Er räumte seinen Eltern das lebenslange unentgeltliche sowie betriebs- und instandhaltungsfreie Wohnrecht an der bisherigen Ehewohnung ein; er verpflichtete sich, die Beerdigungskosten seiner Eltern zu tragen und zwei Darlehen in Höhe von zusammen ca 600.000 S zur Rückzahlung zu übernehmen; er räumte seinen Geschwistern Marianne und Klaus ein befristetes entgeltliches Wohnungsrecht an je einem Zimmer ein und verpflichtete sich, ihnen sowie dem weiteren Bruder Franz je eine Teilfläche von 290 m² - 300 m² aus dem Hof zu übertragen.

Mit Klage vom begehrte die Klägerin zuletzt, den Beklagten zur Zahlung der Unterhaltsrückstände laut Zuspruch im Scheidungsurteil und zur Zahlung von monatlich 8.340 S ab Mai 2000 zu verpflichten. Der Beklagte habe den Übergabsvertrag abgeschlossen, obwohl er gewusst habe, dass damit seinem Vater jegliche Einnahmequelle abgeschnitten sei und der Vater damit seiner Mutter auch keinen Unterhalt mehr bezahlen könne. Dementsprechend sei die Klägerin durch die Übergabe des Hofs an den Beklagten in ihren Unterhaltsansprüchen verkürzt worden und sei berechtigt, vom Beklagten jene Unterhaltszahlungen zu verlangen, die auf Grund dieser Vermögensübertragung von ihrem geschiedenen Gatten nicht mehr einbringlich gemacht werden könnten. Darüber hinaus sei der Beklagte als Sohn der Klägerin ihr gegenüber unterhaltspflichtig.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Notariatsaktes und in der Folge der Übergabe des geschlossenen Hofs weder Kenntnis davon gehabt, noch seien ihm Umstände bekannt gewesen, dass die Ehe seiner Eltern geschieden werde und sein Vater Unterhaltsleistungen gegenüber der Klägerin zu erbringen haben werde. Der Beklagte habe den Hof nur deshalb übernommen, um ihn im Familienverband zu erhalten. Dass die Klägerin durch die Hofübergabe im Hinblick auf allfällige künftige Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Ehemann verkürzt werden könnte, sei kein Thema bei der Errichtung des Notariatsaktes gewesen.

Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin ab September 1996 monatliche Unterhaltsleistungen zu erbringen, dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es traf umfangreiche Feststellungen, von denen folgende hervorzuheben sind:

Der Übernahmswert des übergebenen Hofs (Summe aus Ertragswert der Land- und Forstwirtschaft sowie des Verkehrswerts der abzutretenden Baugrundstücke) zum betrage 256.147 EUR. Folgende Gegenleistungen habe der Übernehmer nach dem Vertrag zu erbringen:

Wohnungsrecht und freie Station 134.833 EUR

Wert der Baugrundstücke 124.200 EUR

Darlehensverbindlichkeiten 36.336 EUR

Bestattung und Friedhofsgebühren 10.152 EUR

305.521 EUR

Berücksichtige man als Gegenleistung beim Wohnungsrecht nur die Betriebskosten, ergäbe sich ein Betrag zwischen 7.380 EUR und 21.402 EUR je nach Bewertung.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, es liege ein typischer bäuerlicher Übergabsvertrag mit entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen vor. Bei Abschluss des Übergabsvertrags habe der Übergeber keinen Schenkungswillen gehabt, weil es ihm darauf angekommen sei, seinen bäuerlichen Hof an den Sohn zu übergeben. Alle Belastungen, die der Beklagte zu übernehmen gehabt habe, seien als wertmindernd anzusetzen; darunter fielen die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten, die Verpflichtung zur Übergabe von Baugründen an die weichenden Geschwister und die Einräumung des lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechts, welche zusammen mit 273.967 EUR bis 287.989 EUR zu bewerten seien. Aus dem Vermögen des Übernehmers erbrachte Leistungen seien hingegen als Gegenleistungen zu veranschlagen; dazu zählten die Bestattungs- und Friedhofsgebühren in Höhe von 10.152 EUR und das zwischen 7.380 EUR und 21.402 EUR zu bewertende, betriebskostenfreie Wohnrecht. Nach dieser Rechnung mindere sich der Wert des Hofes auf einen Betrag noch unter dem Übernahmswert; der Übergabsvertrag sei daher nicht als Schenkung zu beurteilen. Der Beklagte könne daher nicht zur Leistung des Unterhalts nach § 950 ABGB herangezogen werden. Er schulde der Klägerin jedoch Unterhalt nach § 143 ABGB. Demnach habe ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt zu leisten, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande sei, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt habe. Letzteres sei nicht einmal behauptet worden. Die Unterhaltspflicht der Kinder setze voraus, dass die Deckung des Unterhalts eines Elternteils bei seinem vorleistungspflichtigen Ehegatten nicht gefunden werden könne. Solches sei hier der Fall, sodass der Beklagte dem Grunde nach zu einer Unterhaltsleistung an die Klägerin verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass das Verfahren erster Instanz „erst nach eingetretener Rechtskraft dieser Entscheidung fortzusetzen" sei; den Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erachtete das Berufungsgericht deshalb für zulässig, weil Rechtsprechung zu den Fragen fehle, ob § 796 ABGB und § 78 EheG auf Unterhaltsansprüche von Ehegatten bei bäuerlichen Übergabsverträgen unter Lebenden analog anzuwenden seien, und wie bei einem bäuerlichen Übergabsvertrag und der Bewertung des Hofs mit dem Übernahmswert ein Wohnrecht wertmäßig in Ansatz zu bringen sei.

Die erstgerichtlichen Feststellungen zum Übernahmswert und den Gegenleistungen seien nicht nachvollziehbar und erörterungsbedürftig. So habe der Sachverständige das Wohnrecht einerseits schon bei der Ertragswertberechnung berücksichtigt, indem er die davon betroffenen Räumlichkeiten nicht berücksichtigt habe, andererseits sei das Wohnrecht auch noch als Gegenleistung und nicht als wertmindernd in Ansatz gebracht worden. Gleiches gelte für die Darlehensverbindlichkeiten, die Bestattungskosten und die Friedhofsgebühren für Übergeber und Klägerin. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass der Sachverständige offenbar den Ertragswert des geschlossenen Hofs mit dem Übernahmswert gleichsetze. Nach § 21 Abs 1 Tiroler Höfegesetz sei bei der Ermittlung des Übernahmswerts der Ertragswert des Hofs angemessen zu berücksichtigen, er sei jedoch nicht der einzig entscheidende Orientierungspunkt. Darüber hinaus könne dann, wenn für einen geschlossenen Hof der Übernahmswert im Sinne des § 21 Tiroler Höfegesetz heranzuziehen sei, das Wohnrecht nicht mit dem rechnerischen Wert von 134.833 EUR als wertvermindernd in Abzug gebracht werden. Es sei in einem solchen Fall vielmehr gerechtfertigt und entspreche der Billigkeit, die vom Wohnrecht betroffenen Räumlichkeiten bei der Ertragswertberechnung unberücksichtigt zu lassen. Selbst wenn daher nur der Ertragswert zu ermitteln wäre, würde sich dieser zum Stichtag (auf den bei der Beurteilung, ob eine Schenkung vorliege, abzustellen sei), wie folgt errechnen:

Ertragswert Landwirtschaft EUR 138.875,--

Ertragswert Forstwirtschaft EUR 6.608,--

abzgl Reallast Todfallskosten

N. Fleckinger - EUR 3.384,--

abzgl zu übernehmende Darlehen

- EUR 36.336,41

Ertragswert EUR 105.762,--

Diesem Wert stünden sodann die Todfallskosten und Friedhofsgebühren betreffend die Eltern des Beklagten von 10.152 EUR, die Betriebskostenfreiheit des Wohnrechts (zwischen 21.402 und 7.380 EUR), die Zahlung von monatlich 2.000 S sowie ein Schwein und ein Kalb jährlich und landwirtschaftliche Produkte vom Hof als Gegenleistung gegenüber. Die vom Übernehmer zu übergebenden Baugrundstücke hätten hingegen auf die Gegenleistung keinen Einfluss, weil sie weder aus dem Vermögen des Übernehmers stammten, noch den Hofwert minderten; der landwirtschaftliche (Ertrags-)Wert der Liegenschaft sei vom Sachverständigen ohnehin so ermittelt worden, dass diese Grundstücke nicht mehr berücksichtigt worden seien. Keinesfalls könne der Ertragswert mit dem Übernahmswert des § 21 Tiroler Höfegesetz gleichgesetzt werden. Schon aus diesem Grund sei das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Sachverständigengutachtens dazu aufzutragen.

Derzeit könne noch nicht abschließend beurteilt werden, ob ein krasses Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege, welchem Umstand gerade dann, wenn - wie hier - schutzwürdige Interessen Dritter berührt würden, besonderer Indizienwert für das Vorliegen einer Schenkung zuzumessen sei. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass mangels Vorliegens einer Schenkung keine Unterhaltspflicht des Beklagten nach § 950 ABGB bestehe, führe dies noch nicht dazu, dass nur mehr ein Unterhaltsanspruch nach § 143 ABGB zu prüfen wäre. Es habe nämlich immer dem Prozessstandpunkt der Klägerin entsprochen, dass der Beklagte deshalb verpflichtet sei, ihr Unterhalt zu leisten, weil ihm der Hof übergeben worden sei; auch habe die Klägerin ihr Begehren auf alle erdenklichen Rechtsgründe gestützt. Da im vorliegenden Fall ein bäuerlicher Übergabsvertrag betreffend einen geschlossenen Hof vorliege, müsse bei der Beurteilung, ob eine Schenkung vorliege, vom Übernahmswert des § 21 Abs 1 Tiroler Höfegesetz ausgegangen werden, wonach der Übernehmer am Hof "wohl bestehen" können müsse. Mit dieser "Privilegierung" des Hofübernehmers werde auch der zu billigenden Absicht des Gesetzgebers Rechnung getragen, dass geschlossene Höfe nicht zerschlagen, sondern von den nachfolgenden Generationen weiterbewirtschaftet würden. Bei der Übergabe eines bäuerlichen Guts an Fremde bestehe kein Grund für eine derartige Privilegierung des Übernehmers. Wenn nun aber schon auf der einen Seite damit auf eine Bewertung wie bei einer Erbteilung abzustellen sei, wäre es unbillig, nicht auch die Ansprüche der Klägerin so zu beurteilen, als wäre der Erbfall eingetreten. Insbesondere sei der vorrangige Zweck eines bäuerlichen Übergabevertrags immer auch die Vorwegnahme der Erbfolge. Im Erbfall besäße die Klägerin Unterhaltsansprüche gegenüber dem Nachlass (§ 796 ABGB bzw im Anlassfall nach § 78 EheG), während einem Ehegatten bei einer Hofübergabe unter Lebenden keine derartigen Ansprüche (außer jene des § 950 ABGB) zustünden. Hier bestehe ein Regelungsdefizit und eine Lücke, die durch Analogie zu schließen sei. Für das fortgesetzte Verfahren sei daher für den Fall der Verneinung eines Anspruches nach § 950 ABGB von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 78 EheG per analogiam gegenüber dem Beklagten auszugehen, der nach den darin genannten Kriterien festzustellen und der Höhe nach (allenfalls nach Billigkeit) auszumitteln sei. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass sich der Ehegatte in den Unterhaltsanspruch einrechnen lassen müsse, was er an öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Leistungen erhalte. Das eigene Einkommen der Klägerin aus der von ihr in unbekannter Höhe bezogenen Sozialhilfe wäre aber auch bei einer Unterhaltsfestsetzung nach § 143 ABGB zu berücksichtigen. Die Anspruchsvoraussetzungen nach der genannten Bestimmung stünden noch nicht abschließend fest, insbesondere seien noch Feststellungen zur Leistungsfähigkeit der anderen subsidiär unterhaltspflichtigen Personen erforderlich. Auch aus diesem Grund sei der Aufhebungsantrag berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen, ist zulässig, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

In seiner Rechtsrüge releviert der Beklagte zusammengefasst einer Ergänzung des Sachverhalts über den Wert des übernommenen Hofs unter Berücksichtigung des Grundsatzes des „Wohlbestehenkönnens" bedürfe es nicht. Es sei vom Ertragswert als dem entscheidenden Orientierungspunkt auszugehen. Die von ihm erbrachten Leistungen überstiegen den Übernahmswert. Für den Fall der Verneinung eines Anspruchs der Klägerin nach § 950 ABGB sei hier auch nicht eine analoge Anwendung des § 78 EheG zu prüfen, weil die Klägerin sich auf einen solchen Rechtsgrund gar nicht gestützt habe. Ihr Bezug auf alle erdenklichen Rechtsgründe reiche nicht aus. Im Übrigen liege die vom Berufungsgericht angenommene Rechtslücke nicht vor. Der Übergeber eines landwirtschaftlichen Hofes disponiere zu Lebzeiten über sein Vermögen, um eine Weiterbewirtschaftung durch die nachfolgende Generation zu sichern. Auf einen solchen Sachverhalt könne eine für den Erbfall vorgesehene gesetzliche Regelung nicht analog angewendet werden. Die Privilegierung bei der Bewertung gemäß § 21 Abs 1 Tiroler Höfegesetz führe nicht dazu, dass fiktiv von einem Erbfall auszugehen sei. Der Gesetzgeber habe den Unterhaltsanspruch des überlebenden Ehegatten im § 796 ABGB und im § 78 EheG geregelt. Erbrechtliche Bestimmungen könnten nur dann zum Zug kommen, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten keine Regelung der Rechtsnachfolge getroffen habe. Die den bäuerlichen Übergabsvertrag innewohnenden Elemente der Erbfolge könnten nicht in das Erbrecht so weit eingreifen, dass eine analoge Anwendung der erbrechtlichen Bestimmungen gerechtfertigt wäre. Auf den Unterhaltsanspruch gemäß § 143 ABGB habe sich die Klägerin erstmals in der Tagsatzung vom gestützt. Der Beklagte habe die Verfristung bzw Verjährung eingewendet. Schon deswegen sei das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Zu diesem Rekursvorbringen ist auszuführen:

I. Zur Anspruchsgrundlage des § 950 ABGB:

Obwohl das Berufungsgericht einerseits die Feststellung des Erstgerichts über eine fehlende Schenkungsabsicht übernahm, hielt es dennoch eine Sachverhaltsergänzung zum Wert des übergebenen Hofs für erforderlich, um das krasse Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung beurteilen zu können. Danach könne allenfalls doch der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf eine Verkürzung des schuldigen Unterhalts durch die Schenkung an den Sohn des Übergebers gestützt werden. § 950 ABGB scheidet hier jedoch schon nach den getroffenen Feststellungen als Anspruchsgrundlage aus:

1. Ganz allgemein gilt für die gemischte Schenkung, dass es auf den Parteiwillen ankommt, ob ein Teil der Leistung als geschenkt angesehen werden kann. Eine gemischte Schenkung kann keinesfalls schon deshalb angenommen werden, weil die Leistung der einen Seite objektiv wertvoller ist als die der anderen, wenn das Entgelt für eine Leistung bewusst niedrig, unter ihrem objektiven Wert angesetzt wurde und sich ein Vertragspartner mit einer unter dem Wert seiner Leistung liegenden Gegenleistung begnügte oder sich die Partner des objektiven Missverhältnisses der ausgetauschten Werte bewusst waren (RIS-Justiz RS0019293).

2. Übergabsverträge im bäuerlichen Bereich sind Verträge sui generis mit familien- und erbrechtlichen Elementen zum Zwecke der vorgezogenen Erbfolge im Interesse der Erhaltung des Betriebes in der Familie und in einer Hand (so schon SZ 51/25). Die weichenden Geschwister werden regelmäßig mit einem dem Anteil am Verkehrswert nicht entsprechenden, niedrigeren Betrag abgefunden, wie dies dem Anerbenrecht und dem Höferecht entspricht. Aus dem günstigen Übernahmspreis ergibt sich der Charakter als Mischvertrag. Die Gegenleistungen entsprechen nicht dem Wert des übernommenen Gutes. In der Wertdifferenz kann ein Schenkungsteil oder unentgeltlicher Teil des Übergabsvertrags erblickt werden. Bei unentgeltlichen Geschäften wird eine Zuwendung aus Freigebigkeit, d.h. ohne Gegenleistung, gemacht. Gemischte Geschäfte setzen sich aus einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil zusammen. Sie setzen voraus, dass die Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollen (§ 935 ABGB). Voraussetzung ist die Freigebigkeit des Leistenden, der seine Leistung von keiner Gegenleistung abhängig macht (SZ 58/209; 3 Ob 44/00p; 6 Ob 175/01f).

3. Dem Berufungsgericht ist zwar einzuräumen, dass ein krasses Missverhältnis der Gegenleistung im Vergleich zum Übernahmswert ein Indiz für das Vorliegen einer Schenkungsabsicht darstellt (so schon 6 Ob 3/83 uva), eine Schenkungsabsicht setzt aber immer ein entsprechendes Schenkungsbewusstsein voraus. Ein solches wurde hier aber gerade nicht festgestellt. An diese Tatsachenfeststellung ist der Oberste Gerichtshof, der nur Rechtsinstanz ist, gebunden. Im übrigen ist aber auch schon nach den bisher getroffenen Feststellungen zumindest indiziert, dass kein krasses Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen vorliegt, blieben doch bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen Gegenüberstellung des Ertragswerts (auf den es nach höferechtlichen Grundsätzen jedenfalls primär ankommt) und der Gegenleistungen die mündlich vom Beklagten weiters übernommenen Ausgedingsleistungen völlig unberücksichtigt. Im Hinblick darauf ist die im Rekursverfahren ohnehin nicht weiter anfechtbare Feststellung über ein fehlendes Schenkungsbewusstsein nicht weiter bedenklich und ausschlaggebend dafür, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht auf § 950 ABGB gestützt werden kann. Zu diesem Punkt bedarf es keiner Verfahrensergänzung.

II. Für eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 78 Abs 1 EheG über den Übergang der Unterhaltspflicht auf die Erben als Nachlassverbindlichkeit auf den Fall einer vorweggenommenen Erbfolge durch Übergabe eines bäuerlichen Hofs schon zu Lebzeiten des Übergebers fehlt es am Erfordernis einer planwidrigen Gesetzeslücke:

1. Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten geht mit dem Tod des Unterhaltsverpflichteten nicht unter. Die Verlassenschaft bzw die eingeantworteten Erben haften bis zum Wert der Verlassenschaft (§ 796 ABGB;§ 78 Abs 1 EheG für den Unterhaltsanspruch nach Scheidung, ausgenommen die Beitragspflicht nach § 68 EheG).

2. Das Anerbenrecht und die Höferechte normieren Versorgungsansprüche des überlebenden Ehegatten auf angemessenen Unterhalt (§ 14 AnerbenG; § 24 Tiroler HöfeG; § 18 Kärntner ErbhöfeG 1990).

3. Zu Lebzeiten des unterhaltspflichtigen Ehegatten ist dieser primär unterhaltspflichtig, die Kinder schulden Unterhalt nur subsidiär (§ 143 ABGB).

4. Gegen Schenkungen und die dadurch verursachte Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch § 950 ABGB geschützt. Der Beschenkte haftet für die Unterhaltsverkürzung. Eine Vermögensverschleuderung zur Umgehung der Unterhaltspflicht könnte überdies als rechtsmissbräuchlich anfechtbar sein. Bei anfechtungsfesten unentgeltlichen Verfügungen des Unterhaltsverpflichteten verbleibt die oben angeführte subsidiäre Unterhaltspflicht der Kinder.

5. Die vom Berufungsgericht erwogene Gesetzeslücke liegt wegen der zitierten Rechtsschutzeinrichtungen nicht vor. Eine Analogie zu § 78 EheG bedeutete im Ergebnis eine fiktive Vorverlegung des Erbfalls und Durchführung einer fiktiven Abhandlung mit der Folge einer Unterhaltsverpflichtung des nach § 143 ABGB bloß subsidiär unterhaltspflichtigen Sohnes anstelle des noch lebenden Ehegatten. Für ein solches Ergebnis kann nicht mit den für bäuerliche Übergabsverträge in der Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen argumentiert werden. Wohl wird in der Übergabe eins bäuerlichen Hofs zu Lebzeiten des Übergebers eine vorweggenommene Erbfolge erblickt. Auch außerhalb des Geltungsbereichs des AnerbenG oder der Höfegesetze von Tirol und Kärnten gilt der dem bäuerlichen Gewohnheitsrecht entstammende Grundsatz des Wohlbestehens mit der Auswirkung, dass der Übernehmer sich für die Pflichtteilsberechnung, der Schenkungsanrechnung und der Herausgabepflicht des Beschenkten (§§ 785, 786, 794 ABGB) bei der Schätzung des Hofes auf den für ihn nach höferechtlichen Grundsätzen günstigen (niedrigeren) Übernahmswert berufen kann (RIS-Justiz RS0008269; RS0012971; RS0111354; RS0019322). Der Wohlbestehensgrundsatz wird jedoch stets erst nach dem Ableben des Übergebers im Pflichtteilsprozess relevant und analog angewendet und nicht schon - geradezu selbstverständlich - noch zu Lebzeiten. Bis zum Tod des Übergebers stehen keine Pflichtteilsansprüche gegen den präsumtiven (fiktiven) Erben zu. Es wäre ein Wertungswiderspruch, dies beim Unterhaltsanspruch des Ehegatten anders zu sehen und im Wege der Rechtsfindung eine Verpflichtung des Hofübernehmers (Sohnes) zur Zahlung des Ehegattenunterhalts anstelle des noch lebenden unterhaltspflichtigen Ehegatten in den Rechtsbestand einzuführen. Der Übergeber kann über sein Vermögen im Wege der Privatautonomie frei verfügen. Diese ist über die im Gesetz normierten Beschränkungen hinaus nicht noch weiter zu beschränken. Wenn anlässlich der Hofübergabe keine abschließende Vereinbarung unter Einbindung aller Pflichtteilsberechtigten sowie der versorgungsberechtigten Ehegattin des Übergebers geschlossen wird und diese Ansprüche nicht oder nur partiell geregelt werden, vermag dies ein vorzeitiges Entstehen des Unterhaltsanspruchs der Ehegattin sowie die Fälligkeit eines solchen Unterhaltsanspruchs schon zu Lebzeiten des Übergebers nicht zu begründen. Gegen die Unterhaltsverkürzung steht § 950 ABGB zur Verfügung. Ein weiterer Bedarf an einem Vorziehen des Unterhaltsanspruchs vor Eintritt des Erbfalls besteht aus den schon erläuterten Gründen nicht. Ob der Ehegattenunterhalt nach dem Ableben des Unterhaltspflichtigen gegen den Hofübernehmer (Sohn) genauso wie die Pflichtteilsansprüche der Beschränkung (Begünstigung des Übernehmers) nach dem Wohlbestehensgrundsatz unterliegt, ist wohl naheliegend, braucht hier aber nicht weiter untersucht zu werden.

III. Zu Lebzeiten des geschiedenen früheren Ehemanns kann daher die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch gegen den Hofübernehmer nur auf dessen Sohneseigenschaft gemäß § 143 ABGB stützen:

Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, dass zu den Anspruchsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle keine ausreichenden Feststellungen getroffen wurden. Es wurde auch nicht der Verjährungseinwand des Beklagten geprüft. Erstmals in der Tagsatzung vom (ON 26) stützte sich die Klägerin konkret auch auf § 143 ABGB. Mit dem Verjährungseinwand kann der Beklagte allerdings die angestrebte gänzliche Klageabweisung nicht erreichen, begehrt doch die Klägerin auch den Zuspruch eines laufenden Unterhalts. Ein Unterhaltsrückstand kann nach ständiger Rechtsprechung über einen Zeitraum von drei Jahren vor erstmaliger Geltendmachung verlangt werden. Ob der subsidiäre Unterhaltsanspruch aber überhaupt zusteht, ist auch dem Grunde nach im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht zu beurteilen. Zur notwendigen Verfahrensergänzung ist schon an dieser Stelle auf nachstehende, dem Gesetzeswortlaut des § 143 ABGB folgenden Grundsätze hinzuweisen:

Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten. Es wird ein angemessener und nicht nur der notdürftige Unterhalt geschuldet (RIS-Justiz RS0107948). Die Unterhaltshöhe richtet sich nach den Lebensverhältnissen des Kindes und des Elternteils; der Unterhaltsanspruch nach § 143 ABGB ist subsidiär (5 Ob 1592/94) und setzt voraus, dass die Eltern nicht imstande sind, sich selbst zu erhalten. Der Unterhalt des Elternteils ist vom Kind auf das nötige Ausmaß zu ergänzen (so schon SZ 12/150); für die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit kann der Richtsatz für die Ausgleichszulage als Orientierungshilfe dienen (RS0047514; 7 Ob 14/02p).

Dem Rekurs ist aus den dargelegten Gründen im Ergebnis nicht Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.