OGH vom 27.11.2007, 3Ob185/07p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Ö***** AG, *****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der antragstellenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 346/07m-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom , GZ 11 Nc 1/07a-20, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin hat auf einer Teilfläche eines Grundstücks der Antragsgegnerin, deren alleinige Aktionärin die ÖBB-Holding AG und deren Gesellschafterin die Republik Österreich ist, eine Tankstelle errichtet und betreibt diese (unstrittig ein Superädifikat) auf der Grundlage eines Bestandvertrags vom . Im § 14 des Vertrags wurde ein Kündigungsrecht der Bestandgeberin u.a. für den Fall vereinbart, dass die „überlassenen bahneigenen Grundflächen ganz oder teilweise für Eisenbahnbetriebszwecke benötigt werden". Für die Beendigung des Vertrags wurde Folgendes vereinbart:
„Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses gehen die vom Betriebsinhaber auf den Bahngrundflächen gemäß § 1 errichteten Baulichkeiten und sonstigen Anlagen über Verlangen der ÖBB ohne Entschädigung in deren Eigentum über". Wenn die ÖBB davon (vom Eigentumsübergang) nicht Gebrauch machen, hat die Bestandnehmerin die Bahngrundflächen „in jenem Zustand zurückzustellen, in welchem sie dem Betriebsinhaber übergeben wurden, widrigenfalls die ÖBB berechtigt sind, die Beseitigung der Anlage und die Wiederherstellung des früheren Zustands auf Kosten und Gefahr des Betriebsinhabers selbst zu besorgen" (Beilage C).
Die in Bestand genommene Grundfläche wird für das (aus Zeitungsberichten bekannte) Bahnprojekt „Lainzer Tunnel" benötigt. Am brachte die Antragsgegnerin zu AZ 8 C 496/04t des Bezirksgerichts Hietzing eine gerichtliche Aufkündigung ein und stützte sich dabei auf den vereinbarten Kündigungsgrund, die Grundfläche für ein Eisenbahnprojekt zu benötigen (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG), das im überwiegenden Interesse der Republik Österreich liege (Kündigungsgrund nach der Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG) und berief sich „vorsichtshalber" auch auf den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs iSd § 30 Abs 2 Z 9 MRG. Am trat in diesem Verfahren Ruhen des Verfahrens ein.
Mit dem Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom , MA 64-1986/2004 (Beilage A), wurde gemäß §§ 2 und 6 Abs 1 des Bundesgesetzes über Eisenbahn-Hochleistungsstrecken 1989 (Hochleistungsstreckengesetz - HlG), BGBl 1989/135 idgF iVm § 2 Abs 2 Z 3 letzter Teilsatz des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes - EisbEG 1954, BGBl 1954/71 idgF die Enteignung zugunsten der (dortigen) Antragstellerin (Antragsgegnerin im Entschädigungsverfahren) dahin verfügt, dass das Bestandrecht der (nunmehrigen) Antragstellerin aufgehoben und diese verpflichtet wurde, die enteigneten Grundstücke „samt darauf befindlichen Superädifikaten zu räumen, die Superädifikate zu entfernen und der Antragsgegnerin frei von allem Inventar, Steuern, Abgaben und Versicherungen geräumt zu übergeben". Die Antragsgegnerin wurde verpflichtet, der enteigneten Antragstellerin eine Entschädigung von 23.000 EUR (Übersiedlungskosten) zu bezahlen. Die Verwaltungsbehörde ging bei der Festsetzung der Höhe der Entschädigung nicht von dem im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten aus, das folgende Bewertungen enthielt: Wert des Mietrechts 132.342 EUR; Kosten der Übersiedlung verwendbarer Gegenstände 23.000 EUR; Zeitwert der Baulichkeiten 36.500 EUR; Anspruch des Unterpächters 39.950 EUR. Sie erachtete vielmehr nur den Anspruch auf Übersiedlungskosten für berechtigt, weil in mittelbarer Anwendung des MRG von einem Ausgleich auszugehen sei, wie er einem wegen Eigenbedarfs des Vermieters gekündigten Mieter zustehe. Wegen der vertraglichen Regelung bestehe über die Übersiedlungskosten hinaus kein weiterer Anspruch. Mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl. BMVIT-820.109/0001-II/SCH2/2006, wurde die Berufung der Antragstellerin gegen den Enteignungsbescheid abgewiesen (Beilage B).
Am stellte die Antragstellerin beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (das Verfahren wurde in der Folge richtigerweise dem BG Hietzing überwiesen) den Antrag, die Enteignungsentschädigung mit 231.792 EUR festzusetzen. Der Bestandvertrag und das Superädifikat stünden unter dem Schutz der Bestimmungen des MRG. Dessen Kündigungsbestimmungen seien analog anzuwenden. Gemäß § 32 MRG sei die Antragsgegnerin zur Ersatzbeschaffung verpflichtet. Der Ersatz müsse gleichwertig sein. Ersatzfähig seien nicht nur die Übersiedlungskosten, sondern auch der Wert des Bestandrechts, der Zeitwert der Baulichkeiten und der Anspruch des Unterpächters für den Verlust seiner Erwerbsquelle. Entsprechende Werte seien dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten zu entnehmen.
Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, dass nach den Bestimmungen des Bestandvertrags die Tankstellenanlage ohne Entschädigung in ihr Eigentum übergehe. Es liege kein kündigungsgeschütztes Vertragsobjekt vor. Die Kündigung des Bestandverhältnisses wäre wegen qualifizierten öffentlichen Interesses am Eisenbahnprojekt gerechtfertigt.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Festsetzung der Entschädigung im begehrten Ausmaß ab. Auf den Bestandvertrag und das Superädifikat seien die Bestimmungen des MRG analog anzuwenden. Die Parteien hätten im Bestandvertrag vereinbart, dass das Bestandverhältnis unter Einhaltung einer halbjährlichen Kündigungsfrist außergerichtlich aufgekündigt werden könne, wobei die ÖBB von ihrem Kündigungsrecht innerhalb der ersten zwanzig Jahre keinen Gebrauch machen werde. Sie hätten weiters vereinbart, dass das Bestandverhältnis mit sofortiger Wirksamkeit aufgelöst werden könne, wenn die Grundfläche für Eisenbahnbetriebszwecke benötigt werde. Dieser Umstand sei eingetreten. Der Bau des Lainzer Eisenbahntunnels sei ein wichtiger, die Auflösung des Mietverhältnisses rechtfertigender Umstand. Eine Ersatzbeschaffung durch den Vermieter sei beim Kündigungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 13 MRG nicht vorgesehen. Im Übrigen hätten die Parteien im § 14 des Bestandvertrags festgehalten, dass die Anlage über Verlangen der ÖBB ohne Entschädigung in deren Eigentum übergehe und dass die ÖBB zu keiner Entschädigung verpflichtet sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es verneinte die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz und teilte ohne weitere eigenständige Begründung die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Antragstellerin die Stattgebung ihres Entschädigungsantrags.
Mit der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Antragsgegnerin, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig. Das Rechtsmittel ist auch iS einer Aufhebung zur Verfahrensergänzung berechtigt.
I. In formeller Hinsicht ist Folgendes vorauszuschicken:
1. Die Antragstellerin ist nicht Nebenberechtigte (Bestandnehmerin) eines Enteigneten iSd § 5 EisbEG, der kein unmittelbarer Anspruch gegen den Enteigner zusteht. Die Schadloshaltung des Nebenberechtigten ist aus der Entschädigung, die der Enteignete erhält, zu decken (RIS-Justiz RS0057988). Hier stehen sich die enteignete Bestandnehmerin und Eigentümerin des Superädifikats als Enteignete und die Bestandgeberin als Enteignerin gegenüber. Die Aktivlegitimation der Antragstellerin ist gegeben.
2. Der gerügte Verfahrensmangel (Unterbleiben einer Verhandlung vor dem Erstgericht) wurde vom Rekursgericht verneint, woran der Oberste Gerichtshof nach stRsp grundsätzlich gebunden ist (RIS-Justiz RS00042963). Hier langte der Antrag auf Enteignung am bei der Verwaltungsbehörde ein, weshalb gemäß § 48 Abs 3 letzter Satz EisbEG idgF das Verfahren nach den Bestimmungen des EisbEG vor der Novelle durch das Außerstreitbegleitgesetz zu führen ist (vgl dazu 2 Ob 282/05t). Nach dieser Rechtslage war aber eine mündliche Verhandlung, wie sie nun § 24 Abs 2 EisbEG idgF vorsieht, nicht zwingend vorgeschrieben. Im Übrigen zeigt die Revisionsrekurswerberin die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung auch gar nicht auf. Entscheidungswesentlich sind die vorgetragenen Rechtsargumente.
II. Zutreffend und nicht bekämpft ist die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass ein Bestandverhältnis über eine Grundfläche verbunden mit dem Recht auf ein Bauwerk (Superädifikat) den zwingenden Kündigungsbestimmungen des MRG unterliegt (stRsp, 6 Ob 88/05t = JBl 2006, 35 = wobl 2006, 147 [Hausmann] mit umfassender Auseinandersetzung mit der ggt. Meinung des jüngeren Schrifttums uva; RIS-Justiz RS0069261).
III. Zum Einfluss der vertraglichen Bestimmungen des Bestandvertrags auf die Höhe der nach § 4 Abs 1 EisbEG zu bestimmenden Schadloshaltung:
1. Für den hier nicht vorliegenden Regelfall der Enteignung des Vermieters hat der Mieter (Nebenberechtigter iSd § 5 EisbEG) Anspruch auf Ersatz aller durch die Enteignung entstehenden Nachteile und nicht nur derjenigen Nachteile, wie sie bei einer Kündigung durch den Vermieter entstünden (SZ 33/73, SZ 42/95; 1 Ob 574/86). Alle Nachteile des Mieters sind zu berücksichtigen, ohne Rücksicht darauf, ob der Mieter gegen den (enteigneten) Vermieter Ansprüche hat (SZ 52/26, SZ 53/51, SZ 55/175).
2. Die fehlende Relevanz der Bestimmungen des Bestandvertrags für die Höhe der Entschädigung kann dort nicht gelten, wo - wie hier - der Vermieter selbst der Enteigner ist. Es ist im Ergebnis zweifellos richtig, dass ein Vermieter, der selbst enteignet, nicht mehr an Entschädigung zu zahlen hat, wie dies bei einer rechtmäßigen Kündigung der Fall wäre. Dies ergibt sich schon aus der Überlegung, dass ein Bestandrecht eines jederzeit kündbaren Mietvertrags, bei dem Ersatzansprüche des Mieters rechtswirksam ausgeschlossen wurden, keinen wirtschaftlichen Wert hat und beispielsweise der Vermieter, der von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht, auch nicht verpflichtet ist, dem gekündigten Mieter dessen allfälligen Aufwand gegenüber seinem Untermieter zu ersetzen. Bei einem jederzeit kündbaren Mietverhältnis verliert der Mieter durch eine Enteignung höchstens einen Mietzinsvorteil für die restliche Bestanddauer und hat durch die Vorverlegung der Räumung aufgrund der Enteignung allenfalls höhere Übersiedlungskosten, die im Entschädigungsverfahren berücksichtigt werden könnten (in diesem Sinne Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 225). Die Vorinstanzen haben in der Frage der Bewertung des Verlusts des Bestandrechts daher grundsätzlich richtig die Bestimmungen des Bestandvertrags miteinbezogen. Grundsätzlich richtig ist auch die Ansicht, dass ein Bestandverhältnis, das - wie hier - schon aufgekündigt wurde oder dessen rechtswirksame Aufkündigung mit absehbarer Sicherheit in Kürze eintreten wird, keinen Marktwert hat und deshalb wegen einer zuvorkommenden Enteignung keine Entschädigung zusteht (Brunner aaO 221, 225). Die Vorinstanzen haben jedoch die Vertragsbestimmungen und die Rechtslage zu den hier relevanten Kündigungsgründen unrichtig ausgelegt:
IV. Zu den einzelnen Kündigungsgründen:
1. Zum vertraglichen Kündigungsgrund des Eigenbedarfs „für Eisenbahnbetriebszwecke" (§ 30 Abs 2 Z 13 MRG):
Hier verlangt die ständige Rsp - wie die Revisionsrekurswerberin schon im Kündigungsverfahren einwandte - neben den Voraussetzungen der Bedeutsamkeit für den Vermieter und dem Nahekommen des vertraglichen Kündigungsgrunds zu einem gesetzlichen Kündigungsgrund auch, dass der Kündigungsgrund schon im Mietvertrag bestimmt und konkret bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0070752). Es geht nicht an, nur einen allgemeinen Tatbestand (beispielsweise den Verkauf oder den Eigenbedarf des Vermieters) zu nennen und die Konkretisierung der Kündigung zu überlassen (RIS-Justiz RS0070739). Mit der Vertragsformulierung „... für Eisenbahnbetriebszwecke benötigt" wird nur ganz allgemein der Eigenbedarf des Eisenbahnunternehmens angeführt, also im Kern und überflüssig nur der gesetzliche Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 9 MRG. Ein davon abweichender vertraglicher Kündigungsgrund hätte nach der zitierten Judikatur und im Einklang mit dem Schrifttum (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 30 MRG Rz 59) „entsprechend bestimmt angeführt" werden müssen. Mit der bloß allgemeinen Formulierung wurde im Bestandvertrag nur der gesetzliche Kündigungsgrund des Eigenbedarfs angeführt, sodass eine Kündigung iSd § 30 Abs 2 Z 9 MRG nur mit Ersatzbeschaffung in Frage kommt. Die Unbestimmtheit des vertraglichen Kündigungsgrundes nach der Z 13 leg. cit. schlägt auf die weitere Vertragsbestimmung über den Entfall von Entschädigungen durch, weil diese Vertragsbestimmung der zwingenden gesetzlichen Anordnung über die Ersatzbeschaffung zuwiderläuft.
2. Zum Kündigungsgrund des qualifizierten öffentlichen Interesses (am Lainzer Tunnel) nach der Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG:
Die Antragsgegnerin ist, obwohl Privatrechtssubjekt, zur Kündigung aus öffentlichem Interesse berechtigt (dazu 2 Ob 211/03y = SZ 2005/112), steht sie doch nach den gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten im wirtschaftlichen Eigentum der Republik Österreich. Die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG hat nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG zu ersetzen, sondern dient dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber an Gewicht den Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen (RIS-Justiz RS0070192). Da im § 30 Abs 2 Z 11 MRG das öffentliche Interesse ohnehin als gesetzlicher Kündigungsgrund normiert ist, verlangt die Rsp für das Vorliegen eines Kündigungsgrunds nach der Generalklausel ein qualifiziertes öffentliches Interesse, das dann vorliegt, wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben ohne Kündigung geradezu unmöglich oder unerträglich erschwert wäre (RIS-Justiz RS0070221; RS0070216; so schon 7 Ob 527/78 = MietSlg 30.363/13). Bei der Kündigung wegen (einfachen) öffentlichen Interesses nach § 30 Abs 2 Z 11 MRG trifft den kündigenden Vermieter die Pflicht zur Ersatzbeschaffung (§ 32 Abs 1 MRG). Nichts anderes kann für die Kündigung nach der Generalklausel gelten, andernfalls es zu einem verfassungsrechtlich bedenklichen Enteignungsvorgang ohne Entschädigung käme (vgl dazu 3 Ob 277/06s). Ein Sonderopfer, also eine Ungleichbehandlung gekündigter Mieter, bedürfte einer besonderen sachlichen Begründung.
3. Dass die Eigenbedarfskündigung nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG die Ersatzbeschaffung vorsieht, wurde schon ausgeführt.
V. Die dargelegte Rechtslage nach dem Mietrecht führt im Entschädigungsverfahren zum Ergebnis, dass eine Kündigung des Bestandverhältnisses aus öffentlichem Interesse zwar zulässig ist, die Bestandgeberin aber Ersatzpflichten treffen, die für die Bewertung der durch die Enteignung verursachten Nachteile von Einfluss sind. Wegen der erschwerten Kündigungsmöglichkeiten kann nicht mehr davon die Rede sein, das Bestandrecht der Antragstellerin samt Superädifikat hätte keinen Geldwert. Im fortgesetzten Verfahren werden daher die Nachteile der antragstellenden Bestandnehmerin festzustellen und unter Beachtung der einschlägigen Rsp (RIS-Justiz RS0053657; RS0053616; RS0010844 u.a.) zu bewerten sein. Die Kostenentscheidung ist der Endentscheidung vorzubehalten (§ 78 AußStrG iVm § 44 EisbEG).