OGH vom 24.11.1998, 1Ob193/98h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christoph E*****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ingrid S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ehrnberger, Rechtsanwalt in Purkersdorf, wegen Anerkennung und Abgabe einer Erklärung (Streitwert 100.000 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgerichts vom , GZ 29 R 24/98s-32, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , GZ 29 R 24/98s-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Purkersdorf vom , GZ 2 C 188/95h-25, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben. Das Berufungsurteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es insgesamt wie folgt zu lauten hat.
"Festgestellt wird, daß die von der beklagten Partei bei der "Grenzverhandlung" vom erteilte Zustimmungserklärung zu dem gemäß Neuvermessung festgestellten tatsächlichen Grenzverlauf zwischen den Grundstücken ***** wie er in dem dem erstinstanzlichen Urteil angeschlossenen Plan des Dipl. Ing. Manfred E***** dargestellt ist, rechtswirksam ist.
Das Mehrbegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung im Grenzkataster erforderlich sind, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.455 S (Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.455 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.086,40 S (darin 1.1014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind jeweils Alleineigentümer benachbarter Grundstücke in Purkersdorf. Der Kläger wollte - im Zuge eines Bauprojekts - sein Grundstück vermessen lassen und in den rechtsverbindlichen Grenzkataster aufgenommen wissen und beauftragte damit einen staatlich befugten und beeideten Ingenieur-Konsulenten für Vermessungswesen (im folgenden Geometer). Am fand über Einladung des Geometers eine "Grenzverhandlung" statt. Die der Beklagten zugestellte Einladung dazu enthielt folgende Rechtsbelehrung:
"Das Vermessungsgesetz ... regelt die Einverleibung von Grundstücken
in den Grenzkataster. Anläßlich einer Grenzvermessung der oben
genannten Liegenschaft ( ... ) werden die einvernehmlich
festgesetzten Grenzen der zur Gänze vermessenen Grundstücke ...
(Liegenschaft des Klägers) rechtsverbindlich und unwandelbar festgelegt. Sie werden als Grundeigentümer der betroffenen oder einer der angrenzenden Liegenschaft höflichst eingeladen, bei der am
Montag, dem ,
Uhrzeit: 15.30,
Treffpunkt: ... (Liegenschaft des Klägers)
stattfindenden Grenzverhandlung teilzunehmen oder einen
Bevollmächtigten zu entsenden. ... Bei Nichterscheinen wird der
Grenzverlauf durch den Vermessungsbefugten nach dem technischen Operat des Grenzkatasters festgestellt und fehlende Grenzzeichen nach § 43 (1) 3 Vermessungsgesetz dauerhaft angebracht. Ist der Grenzverlauf durch Grenzsteine, Eisenrohre, Zäune oder Mauern eindeutig gekennzeichnet und unbestritten, kann im Fall der Verhinderung die umseitige Zustimmungserklärung nach eigenhändiger Unterfertigung auch mit der Post retourniert werden."
Bei dieser "Grenzverhandlung" stellte der Geometer fest, daß die in der Natur ersichtliche Grenze (tatsächlich ist sie im strittigen Bereich [an der breitesten Stelle 0,87 m breit] verwildert und verwachsen und daher nur "bedingt ersichtlich") nicht mit der sich aufgrund der Urkundspläne ergebenden Grenze übereinstimme. Während der "Grenzverhandlung" machte die Beklagte sinngemäß geltend, den fraglichen (schmalen) Grundstücksstreifen ersessen zu haben. Der Geometer erwiderte sinngemäß, daß dies auf seine Grenzfeststellung keinen Einfluß habe. Ein auf Verlangen der Beklagten beigezogener zweiter Geometer des örtlichen Vermessungsbüros bestätigte den vom Geometer ermittelten Grenzverlauf. Die Beklagte unterfertigte sodann ein Formblatt mit der Überschrift "ZUSTIMMUNGSERKLÄRUNG" sowie Spalten für die einzelnen Grundstücke, die einzelnen mit Namen und Anschrift genannten Eigentümer und dem Text "Durch die eigenhändige Unterschrift wird dem Verlauf der gemeinsamen Grenze meines und des von der Vermessung betroffenen Grundstücks zugestimmt" wobei die Spalten Grundstücknummer sowie Name und Anschrift der Beklagten bereits vom Geometer ausgefüllt waren, in der letzten Spalte unter dem genannten Text. Auch die übrigen Anrainer fertigten dieses Zustimmungserklärung.
Mit Schreiben vom - eine Durchschrift erging auch an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen - teilte die Beklagte dem Geometer mit: "Da mir bei obiger Grenzverhandlung die Unterschrift auf der Zustimmungserklärung zum geänderten Grenzverlauf entlang meines Grundstückes ... gegen meine Überzeugung abverlangt wurde und ich mit der Darstellung der Grenze in meinem betroffenen Bereich nicht einverstanden bin, ziehe ich meine Unterschrift zurück."
Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, im Sinn der von ihr bereits anläßlich der "Grenzverhandlung" erteilten Zustimmungserklärung den gemäß Neuvermessung vom festgestellten tatsächlichen Grenzverlauf zwischen den Grundstücken, wie er in dem diesem Urteil angeschlossenen Plan des Geometers dargestellt sei, anzuerkennen und alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung im Grenzkataster erforderlich seien. Dazu brachte er im wesentlichen vor, durch die Zustimmungserklärung der Beklagten sei die in der Natur ersichtliche Grenze nach den Ergebnissen der Vermessung einverständlich berichtigt worden. Die Beklagte weigere sich indes, die Übereinkunft zu erfüllen.
Die Beklagte wendete ein, ihr sei bei der Unterschriftsleistung auf dem Zustimmungserklärungsblatt ein rechtserheblicher Irrtum unterlaufen, sodaß sie ihre Unterschrift zurückgezogen habe. Die in der Natur ersichtliche Grenze sei zumindest seit 60 Jahren unangefochten. Die Unterschriften auf dem Zustimmungserklärungsblatt hätten lediglich dazu gedient, daß der Geometer beim Vermessungsamt die Übernahme in den Grenzkataster beantragen könne. Da das Vermessungsamt bei mangelnder Zustimmung gemäß § 18a VermG eine Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung setzen müßte, handle es sich bei der Zurücknahme der Zustimmungserklärung um vorweggenommene Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung in den Grenzkataster. Die Beklagte habe daher ein ihr durch das Vermessungsgesetz eingeräumtes Recht ausgeübt und könne daher nicht mit Klage dazu gezwungen werden, eine irrtümlich abgegebene Erklärung nochmals abzugeben. Darüber hinaus handle es sich lediglich um eine Wissenserklärung dahin, daß die Vermessungsergebnisse des Geometers technisch richtig seien, die aber bis zur rechtskräftigen Übernahme in den Grenzkataster jederzeit zurückgenommen werden könne. Der Kläger hätte daher eine Klage auf Feststellung des von ihm behaupteten Grenzverlaufs einbringen müsse. Es werde die Ersitzung des in der Natur ersichtlichen Grenzverlaufs eingewendet.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, weil sich die Beklagte mit ihrer Unterschrift auf der Zustimmungserklärung verpflichtet habe, die bei der "Grenzverhandlung" festgestellte Grenze anzuerkennen; es handle sich dabei um ein konstitutives Anerkenntnis des gemeinsamen Grenzverlaufs. Damit habe sie auch auf allfällige Rechte aus einer Ersitzung verzichtet. Der Irrtum der Beklagten betreffe einen streitigen Punkt des Anerkenntnisses, was sie gemäß § 1385 ABGB nicht zur Anfechtung berechtige, wenn kein Irrtum über die Grundlage des Anerkenntnisses vorliege. Aus dem Anerkenntnis resultiere die Pflicht der Beklagten, nicht nur ihre Zustimmung zum festgestellten Grenzverlauf anzuerkennen, sondern auch alle Erklärungen zur Durchführung im Grenzkataster abzugeben.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in Ansehung der Anerkennungsverpflichtung betreffend den Grenzverlauf mit der Maßgabe, daß es einen Hinweis auf den Geometerplan einfügte, und änderte es im übrigen dahin ab, daß es aus im Revisionsverfahren nicht mehr relevanten Erwägungen das Mehrbegehren, die Beklagte sei ferner schuldig, alle Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung im Grenzkataster erforderlich seien, abwies; der abweisliche Teil blieb unangefochten.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die zweite Instanz die Auffassung, die Beklagte habe mit ihrer Unterschrift die Zustimmung zu dem vom Geometer ermittelten Grenzverlauf erteilt, nachdem sie noch während der "Grenzverhandlung" sinngemäß behauptet habe, den fraglichen Grundstücksstreifen ersessen zu haben, und der auf ihr Verlangen beigezogene zweite Geometer den ermittelten Grenzverlauf bestätigt habe. In der Einladung zur "Grenzverhandlung" sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß anläßlich der Grenzvermessung die einvernehmlich festgesetzten Grenzen rechtsverbindlich und unwandelbar festgelegt werden würden. Da die Beklagte, "wenn auch nach Zögern", im Bewußtsein einer für sie unklaren Rechtslage unterschrieben habe, habe sie damit rechtswirksam der vorgesehenen Grenzziehung zugestimmt; damit sei der Grenzverlauf einverständlich festgestellt worden. Diese Vereinbarung stelle einen zivilrechtlichen Vergleich iSd § 1380 ABGB dar. Dem Berufungsvorbringen, der Geometer habe die Beklagte nicht ausreichend belehrt, wenngleich sie ihm nicht vorwerfen könne, sie bewußt in Irrtum geführt zu haben, sei entgegenzuhalten, daß ihr die Tragweite ihrer Unterschrift und Zustimmungserklärung aufgrund der Belehrung in der Einladung zur Grenzverhandlung klar habe sein müssen. Abgesehen davon habe die Beklagte im erstgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz ON 7 nur vorgebracht, daß sie bei Unterschriftsleistung auf dem Zustimmungserklärungsblatt einem rechtserheblichen Irrtum erlegen sei, ohne dieses Vorbringen zu präzisieren. Der weitere Schriftsatz ON 19 sei von ihr nicht vorgetragen worden, sodaß die im Schriftsatz enthaltenen Behauptungen nicht Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens geworden seien. Schließlich berechtige auch ein Rechtsirrtum einer Partei nicht zur Anfechtung eines Vergleichs.
Welche Auswirkungen es im Verwaltungsverfahren des Vermessungsamts haben könne, wenn die Beklagte erkläre, ihre Unterschrift zurückzuziehen, könne dahingestellt bleiben, weil dies im Verwaltungsverfahren zu beurteilen und dafür der Rechtsweg verwehrt sei. Auch mache der Kläger keinen Anspruch aus dem VermG geltend; der Rechtsweg sei nach der bindenden Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zulässig, soweit sich der Kläger auf eine vertragliche Einigung stütze. Das Klagebegehren, den anläßlich der Grenzverhandlung festgestellten Grenzverlauf anzuerkennen, sei auch hinreichend bestimmt. Damit werde die Feststellung der Wirksamkeit der behaupteten Vereinbarung über die Grenzziehung angestrebt. Im Hinblick darauf, daß die Vereinbarung bestritten werde, sei dem Kläger auch ein rechtliches Interesse daran zuzubilligen. Daß der festgestellte Grenzverlauf dem Plan als integrierender Bestandteil des angefochtenen Urteils entspreche, werde von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz im Verfahren nach § 508 ZPO idFd WGN 1997 zugelassene Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
a) Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur (das Wesen) des geltend gemachten Anspruchs an (SZ 66/12, 98 und 177 uva; RIS-Justiz RS0045644; Mayr in Rechberger, vor § 1 JN Rz 6 mwN). Die behauptete Nichtigkeit wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs liegt nicht vor, weil die Klage inhaltlich auf eine einverständliche Grenzberichtigung durch die Parteien, somit auf einen Vertrag, gestützt wird. Auch die Vorschriften der §§ 850 ff ABGB finden darauf keine Anwendung; ein solcher Anspruch ist im Streitverfahren auszutragen (4 Ob 540, 541/69; RIS-Justiz RS0015852). Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung ist § 42 Abs 3 JN hier nicht anwendbar. Zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs liegt keine die Verwerfung einer solchen Einrede durch das Erstgericht bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts vor, dieses hat vielmehr mit seinem Beschluß vom die vom Erstgericht a limine ausgesprochene Klagszurückweisung behoben.
b) In der Sache selbst ist zunächst klarzustellen, daß es sich um einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der grundstücksweise vorzunehmenden Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster nach § 15 Abs 1 Z 1 Vermessungsgesetz (VermG, BGBl 1968/306, idFd § 28 Staatsgrenzgesetz, BGBl 1974/9, Art I des BGBl 1975/238, Art I des BGBl 1980/480 und Art IV der Grundbuchsnovelle 1997, BGBl 1997 I/30). Nach den EB zum Stammgesetz (508 BlgNR 11.GP, 13) sollte die Landvermessung neu geordnet werden und der neue Kataster neben seiner bisherigen Aufgabe, der Finanzverwaltung die Grundlagen der Einheitsbewertung zu liefern, auch der Sicherung der Grundstücksgrenzen dienen. Die besondere Bedeutung des Grenzkatasters liegt darin, daß er ua zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmt ist (§ 8 Z 1 VermG) und ein auf die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstücks gegründeter Anspruch demjenigen nicht mehr entgegengesetzt werden kann, der ein Recht im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen erworben hat (§ 49 VermG; Walter/Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2 528: "Verbindlichkeit der Papiergrenzen"); auch ist die Ersitzung von Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstücks ausgeschlossen (§ 50 VermG). Diese Bestimmungen sind jedoch auf Grenzen, die nur im Grundsteuerkataster enthalten sind, nicht anzuwenden (§ 52 Z 1 VermG). Die Grundbuchsmappe und die Katastralmappe der Vermessungsbehörden schaffen indes keinen Beweis über die Richtigkeit der eingezeichneten Grenzen; erst der in Kraft getretene Grenzkataster schafft umfassenden Vertrauensschutz (SZ 62/59 ua). Bei der Neuanlegung des Grenzkatasters sind demnach, um die erwähnten rechtlichen Wirkungen herbeizuführen, erst zum Zwecke der Festlegung der Grenzen der Grundstücke an Ort und Stelle Grenzverhandlungen durchzuführen, zu denen sämtliche beteiligte Eigentümer zu laden sind (§ 24 VermG).
Dem Eigentümer, der die Umwandlung seines Grundstücks, das heißt dessen Eintragung im Grenzkataster anstrebt, stehen nun zwei nach dem VermG rechtlich zulässige Wege offen:
Der erste Weg besteht darin, an das zuständige Vermessungsamt als Behörde herantreten. Auf das darauf folgende Verfahren der Vermessungsbehörde ist gemäß § 3 Abs 1 VermG das AVG 1991 anzuwenden (EvBl 1992/186, SZ 67/68, je mwN). Einigen sich die Parteien bei der nach § 24 VermG vorgeschriebenen Grenzverhandlung über den Grenzverlauf, ist die Einigung in das Protokoll über die Grenzverhandlung aufzunehmen und damit zu beurkunden (§ 14 AVG). Einigen sie sich nicht, hat die Behörde nach § 25 Abs 2 VermG vorzugehen: Ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Nach § 25 Abs 4 VermG steht den Parteien die Möglichkeit, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen (§ 851 Abs 2 ABGB), nur innerhalb von sechs Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des außerstreitigen Verfahrens offen, wenn ein Eigentümer auf Grund einer solchen Aufforderung durch die Vermessungsbehörde einen Antrag auf Berichtigung der Grenze nach den §§ 850 ff ABGB stellt. Kommt der Eigentümer einer Aufforderung nach § 25 Abs 2 VermG nicht fristgerecht nach oder setzt er ein anhängiges gerichtliches Verfahren nicht gehörig fort, so ist er als dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf oder, wenn eine den Grenzverlauf festsetzende außerstreitige gerichtliche Entscheidung vorliegt, als dem Inhalt dieser Entscheidung zustimmend anzusehen (§ 25 Abs 5 VermG; vgl dazu auch Bauer, Das Verfahren zur Grenzberichtigung, Wiener Richter 1990, 17).
Der zweite Weg kann dadurch beschritten werden, daß der Eigentümer nach § 18 VermG einen Umwandlungsantrag unter Anschluß des Plans eines Vermessungsbefugten iSd § 1 Abs 1 LiegTeilG stellt. Diesen Weg hat der Kläger gewählt, indem er sich als Umwandlungswerber seines Grundstücks an den Geometer als Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen und Vermessungsbefugten wandte. Der vom Kläger beauftragte Geometer hielt nun die nach § 18a VermG vorgeschriebene Vorgangsweise nicht ein, sondern schrieb selbst eine der Behörde vorbehaltene "Grenzverhandlung" aus, die indes mangels Behördenstellung eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen keine solche Verhandlung nach dem AVG 1991 war und sein konnte, aber immerhin die Möglichkeit bot, neben der Vermessung alle nach § 18a VermG einspruchsberechtigten Anrainer zu versammeln. Werden nun bei einer solchen, hier als "Grenzverhandlung" bezeichneten Zusammenkunft mit den Eigentümern der an das umzuwandelnde Grundstück angrenzenden Grundstücke die Grenzen des umzuwandelnden Grundstücks - hier iS der Vermessungsergebnisse des Geometers - einvernehmlich festgelegt und haben alle Anrainer entsprechende Zustimmungserklärungen abgegeben, so verfügt das zuständige Vermessungsamt über Antrag des Eigentümers zufolge dieser einvernehmlichen Grenzberichtigung bescheidmäßig gemäß § 20 Abs 2 iVm § 17 Z 1 VermG die Umwandlung des Grundstücks iSd Eintragung im rechtsverbindlichen Grenzkataster (entsprechend dem im Akt erliegenden Musterbescheid Beilage 5).
Wenn Nachbarn die Grenzerneuerung und -berichtigung einvernehmlich (außergerichtlich) vornehmen, begründet die Vereinbarung einen vollstreckbaren (§ 355 EO) Anspruch auf Duldung der Grenzziehung bzw einen Anspruch gemäß § 36 EO, wenn die Grenzziehung vereinbarungswidrig vorgenommen wird (SZ 40/29; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann2, § 850 ABGB Rz 5). Daß hier nach dem Inhalt der Beilage A die Fertigung durch den Geometer als Vermessungsbefugten noch ausstand, ist bedeutungslos. Er hatte bei der von ihm abgehalteten "Grenzverhandlung" keine behördliche Funktion und daher auch nichts zu beurkunden. Die nunmehrige Revisionsbehauptung der Beklagten, ihre Erklärung sei in einem Verwaltungsverfahren erfolgt, ist unzutreffend, ihr gegenteiliges Vorbringen in erster Instanz, es sei zu dem im VermG geregelten Verfahren (noch) gar nicht gekommen, hingegen richtig.
Die Beklagte erteilte als Anrainerin bei der vom Geometer abgehaltenen "Grenzverhandlung" zwar die entsprechende Zustimmungserklärung, zog diese aber in der Folge zurück; der Geometer hat namens des Klägers offenbar deshalb auch gar nicht bei der Vermessungsbehörde die Erlassung eines Bescheids zur Eintragung des Grundstücks des Klägers in den Grundsteuerkataster beantragt. Die einverständliche Grenzberichtigung ohne Inanspruchnahme des Gerichts durch die Nachbarn ist zulässig (SZ 40/29; 1 Ob 29/80 unter Hinweis auf Spielbüchler, Grundbuch und Grenze in JBl 1980, 170; Klang in Klang2 III 1147; Feil, Liegenschaftsrecht 87). Die Erklärung der Beklagten auf dem vom Geometer bei der "Grenzverhandlung" aufgelegten Formblatt durch Fertigung einer darin vorbereiteten Erklärung ist somit ein außergerichtlicher Vergleich der Streitteile iSd § 1380 ABGB über den vorher strittig gewesenen Grenzverlauf zwischen deren Grundstücken iSd Vermessungsergebnisse des Geometers (SZ 40/29; 3 Ob 150/74; 1 Ob 29/80 zu vergleichbaren Fällen einer Einigung von Nachbarn, die gemeinsame Grundgrenze gemäß dem Stand der Katastralmappe festzustellen und zu vermarken; RIS-Justiz RS0013881; Hofmeister/Egglmeier aaO § 850 ABGB Rz 5; Gamerith in Rummel2, § 850 ABGB Rz 5). Entgegen dem Prozeßstandpunkt der Beklagten ist ihre schriftliche Zustimmungserklärung somit keine bloße Wissenserklärung.
c) Für die Anfechtung eines vor einem Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs zwischen den Eigentümern anrainender Grundstücke über den vormals strittig gewesenen Grenzverlauf wegen Irrtums gelten wegen des Vergleichscharakters der Vereinbarung die Grundsätze der §§ 1385 ff ABGB (GlUNF 5.000; Hofmeister/Egglmeier aaO § 850 ABGB Rz 5; Gamerith aaO § 850 Rz 5; Klang in Klang2 III 1147). Nach § 1385 ABGB kann ein Irrtum den Vergleich nur insoweit ungültig machen, als er die Wesenheit der Person oder des Gegenstands betrifft. Da der Vergleich dem Zweck dient, strittige oder zweifelhafte Rechte einverständlich neu festzulegen (§ 1380 ABGB) und damit die Strittigkeit oder Zweifelhaftigkeit zu beseitigen, kann er nicht angefochten werden, wenn ein Partner beim Abschluß über den wahren Sachverhalt geirrt hat (§ 1387 ABGB), verlöre doch sonst der Vergleich seinen Sinn (4 Ob 510/93 = HS 24.440, 24.699 mwN; Ertl in Rummel2, § 1385 ABGB Rz 1; Wolff in Klang2 VI 279 f). Irrtumsanfechtung nach § 1385 ABGB kommt somit nur insoweit in Betracht, als der Irrtum dasjenige betrifft, was die Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses als sicher, also als unzweifelhaft und unstreitig, angenommen haben (HS 24.440, 24.699 mwN uva; Ertl aaO; Wolff aaO 280), kann sich aber nicht auch auf Umstände erstrecken, die die Parteien der Streitbereinigung unterworfen haben (EvBl 1982/144; SZ 62/102 ua; Ertl aaO; Wolff aaO 279 f). Auch ein Rechtsirrtum einer Partei berechtigt daher nicht zur Anfechtung eines Vergleichs (JBl 1990, 333; 9 ObA 214/92).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den in erster Instanz behaupteten Irrtum zunächst überhaupt nicht konkret begründet und sodann in dem indes in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragenen und damit nicht zum Verhandlungs- und Entscheidungsstoff gewordenen (EvBl 1972/25 uva; Fasching, Lehrbuch2, Rz 1369) vorbereitenden Schriftsatz ON 19 einen aus den obgenannten Gründen hier unerheblichen Irrtum über den der Streitbereinigung unterworfenen Grenzverlauf der beiden Grundstücke geltend gemacht. Das erst im Rechtsmittelverfahren erstattete Vorbringen, die Beklagte habe nicht über den Grenzverlauf, sondern über die Rechtslage, nämlich die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung geirrt, ist unbeachtliche Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO). Ein allenfalls durch den Geometer veranlaßter Irrtum, den sich der Kläger zurechnen lassen müßte, wurde ebensowenig behauptet wie der Umstand, daß der Kläger seine Pflicht zur Aufklärung der Beklagten verletzt habe (vgl dazu 4 Ob 510/93 mwN). Die Beklagte kann daher hier mit ihrer an sich ohnedies nur in eingeschränktem Rahmen zulässigen Irrtumsanfechtung nicht durchdringen.
c) Inhaltlich erhebt der Kläger trotz der Fassung ihres Begehrens "ist schuldig, ... anzuerkennen" kein Leistungs-, sondern ein Feststellungsbegehren. Zutreffend erkannte bereits die zweite Instanz, der Kläger strebe die Feststellung der Wirksamkeit der behaupteten Vereinbarung über die Grenzziehung an; im Hinblick darauf, daß diese bestritten werde, sei dem Kläger auch ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO zuzubilligen. Demgemäß ist der Spruch der Entscheidung diesem Umstand anzupassen.
Demnach ist der Revision nicht Folge zu geben und das Berufungsurteil mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.