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OGH vom 23.02.2016, 6Ob237/15v

OGH vom 23.02.2016, 6Ob237/15v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts S***** zu FN ***** eingetragenen M***** Privatstiftung mit dem Sitz in A***** über den Revisionsrekurs 1. der Privatstiftung, 2. des Mag. J***** E*****, 3. R***** C*****, sowie 4. Mag. J***** G*****, alle vertreten durch Hasch Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 175/15w 7, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 68 Fr 916/15d 4, bestätigt wurde in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass dem Antrag auf Eintragung der Auflösung der Privatstiftung aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom stattgegeben wird.

Das Erstgericht hat die erforderlichen Veranlassungen vorzunehmen.

Text

Begründung:

J***** M***** errichtete mit Stiftungserklärung vom die M***** Privatstiftung. Die Zweit , Dritt und Viertrechtsmittelwerber sind derzeit Vorstandsmitglieder der Privatstiftung. § 2 der Stiftungsurkunde lautete in der Fassung vom :

§ 2

Stiftungszweck, zulässiger Tätigkeitsbereich

(1) Zweck der Stiftung ist

a) die Erhaltung und Pflege des Schlosses A ***** und des dazugehörigen Schlossparks;

b) die Unterstützung und wirtschaftliche Förderung der Begünstigten im weitesten Sinn;

c) die Sicherstellung der Übertragung und die ungeteilte Übertragung des Schlosses A ***** und des dazugehörigen Schlossparks an einen direkten Nachkommen des Stifters.

(2) Der Stiftungszweck soll durch einheitliche Erhaltung und Vermehrung des der Stiftung gewidmeten Vermögens erreicht werden. Die Stiftung erhält die Mittel zur Erfüllung des Stiftungszwecks aus den Erträgen des Stiftungsvermögens. Wenn der Stiftungszweck durch die Erträge des Stiftungsvermögens nicht erreicht wird, kann auch die Vermögenssubstanz zur Deckung des durch den Stiftungszweck vorgegebenen Mittelbedarfs herangezogen werden.

(3) Die Stiftung ist, soweit in der Stiftungserklärung in der jeweiligen Fassung nicht anders bestimmt ist und soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen, berechtigt, alle Geschäfte und Maßnahmen vorzunehmen, die zur Erreichung des Stiftungszwecks notwendig oder nützlich erscheinen, insbesondere Zuwendungen entgegenzunehmen, Verbindlichkeiten einzugehen und Darlehen zu gewähren, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen, das Stiftungsvermögen (auch das Schloss A ***** und den Schlosspark) ganz oder teilweise zu veräußern, sowie bewegliche und unbewegliche, materielle und immaterielle Vermögenswerte jeder Art zu erwerben, zu verwalten, in Bestand zu geben oder in Bestand zu nehmen, zu belasten oder zu veräußern, all dies im In und Ausland.

(4) Der M ***** Privatstiftung ist es gestattet, in oder ausländische Stiftungen, Trusts oder sonstige Rechtsträger, einschließlich Privatstiftungen nach dem Privatstiftungsgesetz, zu errichten, auch gemeinsam mit anderen Stiftern, und auf diese Rechtsträger das Vermögen der M***** Privatstiftung ganz oder teilweise zu übertragen. Die Übertragung des Vermögens der M***** Privatstiftung gemäß Absatz 4 (vier) bedarf eines einstimmigen Beschlusses des Stiftungsbeirats.

Am meldeten die Vorstandsmitglieder Änderungen der Stiftungsurkunde vom in den §§ 2 und 5 sowie die Stiftungszusatzurkunde vom an. Mit Beschluss vom , 45 Fr 6546/12m 2, bewilligte das Erstgericht die beantragten Eintragungen. Die Absätze 1 und 2 des § 2 der Stiftungsurkunde in der Fassung vom lauten:

(1) Zweck der Stiftung ist die Unterstützung der Begünstigten, insbesondere durch Verteilung des nach Auflösung der Stiftung verbleibenden Vermögens an die Letztbegünstigten, welche mit den Begünstigten ident sind.

(2) Es werden hiermit folgende Maßnahmen genehmigt:

a) Die Errichtung der Stiftungsurkunde der F ***** Privatstiftung (FN *****) vom 15. (fünfzehnten) Dezember 2011 (zweitausendelf) durch die M***** Privatstiftung als Mitstifter, (…), einschließlich der Zuwendung eines Barvermögens von EUR 69.700,00 (Euro neunundsechzigtausendsiebenhundert) durch die M***** Privatstiftung an die F***** Privatstiftung gemäß § 4 Abs 1 dieser Stiftungsurkunde;

b) die Errichtung der Stiftungszusatzurkunde der F ***** Privatstiftung vom 15. (fünfzehnten) Dezember 2011 (zweitausendelf) durch die M***** Privatstiftung als Mitstifter, (…);

c) der Abschluss der Vereinbarung über eine Nachstiftung vom 15. (fünfzehnten) Dezember 2011 (zweitausendelf) zwischen M ***** Privatstiftung und der F***** Privatstiftung unter Beitritt von J***** M***** (…) und von E***** M***** (…);

d) der Abschluss der Vereinbarung über eine Nachstiftung vom 1. (ersten) März 2012 (zweitausendzwölf) zwischen der M ***** Privatstiftung und der F***** Privatstiftung, (…);

e) der Abschluss eines Kaufvertrages über Wertpapiere zwischen M ***** Privatstiftung und der F***** Privatstiftung unter Beitritt von Dr. J***** P***** (…), und von E***** M***** (…), vom 1. (ersten) März 2012 (zweitausendzwölf) und der Abschluss der Ergänzungsvereinbarung zu diesem Kaufvertrag vom 12. (zwölften) April 2012 (zweitausendzwölf).

Es ist der Wille des Stifters der M ***** Privatstiftung, dass das Vermögen M***** Privatstiftung im größtmöglichen Umfang auf die F***** Privatstiftung übertragen wird. Die Stiftungsorgane (zu ergänzen erkennbar: der) M***** Privatstiftung werden hiermit beauftragt, sämtliche dafür allenfalls noch erforderlichen Maßnahmen zu setzen, einschließlich Änderungsvereinbarungen zu den in lit c bis lit e genannten Vereinbarungen abzuschließen.

Die Absätze 3 und 4 des § 2 Stiftungsurkunde blieben unverändert.

Die weiteren entscheidungsrelevanten Passagen der Stiftungsurkunde lauten in der aktuellen Fassung:

§ 4

Zuwendung von Stiftungsvermögen

(1) Der Stifter hat der Stiftung anlässlich ihrer Errichtung ein Barvermögen von ATS 1,000.000,00 (Schilling eine Million) gewidmet. (…).

§ 8

Begünstigte

(1) Begünstigte der Stiftung sind der Stifter und seine Familie. Die nähere Bestimmung der Begünstigten sowie die Bestimmung weiterer Begünstigter erfolgen in der Stiftungszusatzurkunde.

§ 9

Änderung der Stiftungserklärung

(1) Der Stifter behält sich das Recht vor, die Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde) in allen Punkten zu ändern.

§ 11

Auflösung der Stiftungserklärung

(1) Wenn sich die Verhältnisse, die für die Errichtung maßgeblich waren, dergestalt dauerhaft ändern, dass der Zweck der Privatstiftung bei Abwägung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf die Interessen der Begünstigten und Letztbegünstigten nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll erreicht werden kann, hat der Stiftungsvorstand in seinem pflichtgemäßen Ermessen und im Einvernehmen mit dem Stiftungsbeirat die Stiftung aufzulösen.

(2) Als Grund für die Auflösung gelten insbesondere die Einführung von gesetzlichen Bestimmungen, die Änderung der Rechtsprechung oder die Einfügung oder Erhöhung von Abgaben und Steuern, welche die Privatstiftungen im Vergleich zu der im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung geltenden Steuerrechtslage wesentlich schlechter stellen.

§ 12

Schlussbestimmungen

(2) (…)

Die Auslegung der Stiftungserklärung hat entsprechend dem ausdrücklichen oder vermuteten Stifterwillen zu erfolgen.

Mit Notariatsakt vom errichteten J***** M***** (Stifter 1), E***** M***** (Stifter 2), die M***** Privatstiftung (Stifter 3) und die G***** GmbH Co KG (Stifter 4) die F***** Privatstiftung, welche mit Beschluss des Erstgerichts vom im Firmenbuch eingetragen wurde. Die Stiftungsurkunde der F***** Privatstiftung lautet in ihren entscheidungsrelevanten Passagen:

§ 2

Stiftungszweck, zulässiger Tätigkeitsbereich

(1) Zweck der Stiftung ist

a) die Erhaltung und Pflege des Schlosses A ***** und des dazugehörigen Schlossparks;

b) die Unterstützung und wirtschaftliche Förderung der Begünstigten im weitesten Sinn;

c) die Sicherstellung und Übertragung und die Übertragung des Schlosses A ***** und des dazugehörigen Schlossparks an einen direkten Nachkommen der Stifter 1 und 2.

§ 4

Zuwendung von Stiftungsvermögen

(1) Der Stifter 1 widmet der Stiftung anlässlich ihrer Errichtung ein Barvermögen von Euro 100,00 (Euro einhundert).

Der Stifter 2 widmet der Stiftung anlässlich ihrer Errichtung ein Barvermögen von Euro 100,00 (Euro einhundert).

Der Stifter 3 widmet der Stiftung anlässlich ihrer Errichtung ein Barvermögen von Euro 69.700,00 (Euro neunundsechzigtausendsiebenhundert).

Der Stifter 4 widmet der Stiftung anlässlich ihrer Errichtung ein Barvermögen von Euro 100,00 (Euro einhundert). (…).

§ 8

Begünstigte

(1) Begünstigte der Stiftung sind die Stifter 1 und 2 und ihre Familien. Die nähere Bestimmung der Begünstigten sowie die Bestimmung weiterer Begünstigter erfolgen in der Stiftungszusatzurkunde. (…).

§ 9

Änderung der Stiftungserklärung

(1) Die Stifter behalten sich das Recht vor, die Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde) in allen Punkten zu ändern.

(2) Zu Lebzeiten des Stifters 1 liegt das Änderungsrecht gemeinsam bei den Stiftern 1, 2 und 4. Nach dem Ableben oder dem Eintritt der dauernden Handlungsunfähigkeit des Stifters 1 liegt das Änderungsrecht gemeinsam beim Stifter 2 und Stifter 4. Nach dem Ableben des Stifters 2 oder dem Eintritt der dauernden Handlungsunfähigkeit hat allein der Stifter 4 das Änderungsrecht.

Keine der Stiftungsurkunden enthält einen Widerrufsvorbehalt.

Mit Notariatsakt vom übertrug die M***** Privatstiftung das Schloss A***** samt Teilen des Schlossparks (EZ 6, GB *****) in Form einer eine Nachstiftung darstellenden Schenkung an die F***** Privatstiftung. Das Eigentum der F***** Privatstiftung an der Liegenschaft EZ 6 GB ***** wurde zu TZ ***** des Bezirksgerichts S***** einverleibt.

Am wurde eine außerordentliche Vorstandssitzung der M***** Privatstiftung abgehalten, über welche ein notarielles Protokoll erstellt wurde. Punkt 2. des Protokolls lautet in den entscheidungswesentlichen Teilen:

Zweitens: (…). Der Stiftungsvorstand der M ***** Privatstiftung hat in Erfüllung des Stiftungszweckes eine Zuwendung von EUR 50.000,00 (Euro fünfzigtausend) an den Hauptbegünstigten vorgenommen. Das Eigenkapital der Stiftung weist nach dem finalen Entwurf der Bilanz zum (einunddreißigsten Dezember zweitausendvierzehn) einen Stand von EUR 88.348,11 (Euro achtundachzigtausend dreihundertachtundvierzig Euro Cent elf) aus, sodass nach der oben genannten Zuwendung ein Betrag von rund EUR 38.000,00 (Euro achtunddreißigtausend) verbleibt. Aufgrund der jährlich laufenden Kosten der Stiftung von rund EUR 10.000,00 (Euro zehntausend) können keine weiteren Zuwendungen erfolgen, da das Stiftungsvermögen in absehbarer Zeit zur Gänze aufgebraucht sein wird. Weitere Zuwendungen sind nicht mehr möglich, da die Gefahr besteht, dass die Kosten für die Liquidation das Restvermögen übersteigen würden.

Eine Verbesserung der Vermögenslage der Privatstiftung ist aus Sicht des Stiftungsvorstandes ausgeschlossen, da der Stifter keine Nachstiftungen in Aussicht gestellt hat und Zustiftungen sehr unwahrscheinlich sind.

Der Stiftungszweck der Unterstützung der Begünstigten kann somit nicht mehr erreicht werden.

Der Stiftungszweck kann daher nur noch durch Verteilung des nach Auflösung der Stiftung verbleibenden Vermögens an die Letztbegünstigten erfüllt werden, in welchem Fall der Stiftungszweck endgültig erreicht wäre. Letztbegünstigter ist E ***** M***** (…). Da der Stiftungszweck im Falle der Auflösung erreicht wäre und ohne Auflösung nicht mehr erreichbar erscheint, sind die Voraussetzungen des § 35 Abs 2 Z 2 PSG , (...) die es dem Stiftungsvorstand gebieten, einen Auflösungsbeschluss zu fassen, erfüllt. Der Stiftungsvorstand hat vorab auch den Stiftungsprüfer, L***** GmbH, zu einer Stellungnahme aufgefordert und liegt nunmehr dem Stiftungsvorstand die Stellungnahme der L***** GmbH vom (dritten Juli zweitausendfünfzehn) vor, die ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass die Stiftung aufzulösen ist. Würde der Stiftungsvorstand den Auflösungsbeschluss nicht fassen, so würde der Stiftung in absehbarer Zukunft die Insolvenz drohen. Um eine Insolvenz zu vermeiden, ist eine geregelte Abwicklung und Liquidation notwendig und der einzig rechtlich korrekte Weg, um den Stiftungszweck zu erfüllen. Sämtliche bestehenden Verbindlichkeiten können beglichen werden. (…).

Der Stiftungsvorstand beschließt somit einstimmig die Auflösung gemäß § 35 Abs 2 Z 2 PSG in Verbindung mit § 11 der Stiftungsurkunde. Festgehalten wird, dass mit dem Stiftungsbeirat ein Einvernehmen gemäß § 11 (...) der Stiftungsurkunde über die Auflösung besteht.

Die gefertigten Stiftungsvorstände (…) fassen nachfolgende einstimmige Beschlüsse:

1) Die Privatstiftung wird mit Wirksamkeit der Protokollierung im Firmenbuch aufgelöst und tritt in das Stadium der Abwicklung.

2) Gemäß § 2 Abs 1 der Stiftungsurkunde ist das nach Auflösung der Stiftung verbleibende Vermögen an die Letztbegünstigten, welche mit den Begünstigten ident sind, zu verteilen.

Am beantragte der Stiftungsvorstand unter Vorlage des Protokolls über die außerordentliche Vorstandssitzung vom , der Stellungnahme der Stiftungsprüferin vom und des Jahresabschlusses zum die Eintragung der Auflösung der Privatstiftung.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Dabei ging es im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Im Jahr 2012 wurde weiteres Vermögen der M***** Privatstiftung in Höhe von rund 21,2 Mio EUR auf die F***** Privatstiftung übertragen. Dabei handelte es sich insbesondere um das liquide Vermögen wie Wertpapiere. Dadurch erhöhte sich der Bilanzverlust auf 39 Mio EUR.

Im Jahr 2013 wurden Zuwendungen in Höhe von 200.000 EUR an Begünstigte der M***** Privatstiftung geleistet, wodurch sich der Bilanzverlust zum auf 39.133.864,08 EUR erhöhte. Der Jahresabschluss zum weist einen Bilanzverlust von 39.409.320,58 EUR und ein verbleibendes Eigenkapital von 88.348,11 EUR aus.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass Stiftungszweck die Unterstützung der Begünstigten sei. Der Stifter habe in der Änderung der Stiftungsurkunde festgehalten, dass das Stiftungsvermögen im größtmöglichen Umfang auf die F***** Privatstiftung übertragen werden solle. Bei dieser Änderung habe es sich um eine widerrufsgleiche Änderung gehandelt. Die nachträgliche Aufnahme eines Widerrufsvorbehalts sei aber unzulässig.

Die Errichtung einer Sub , Tochter oder Folgestiftung setze die Wahrung des Stiftungszwecks der Mutterstiftung voraus. Zur Auflösung der Privatstiftung führende Vermögensübertragungen entsprächen nicht dem Stiftungszweck, selbst wenn das Vermögen einer Privatstiftung mit identen Stiftungszweck zugewendet werde. Mit dem sich von den Stiftern der F***** Privatstiftung in verschiedenen Varianten vorbehaltenen Änderungsrecht sei § 33 Abs 2 PSG umgangen worden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Auflösungsbeschluss des Stiftungsvorstands halte einer Schlüssigkeitsprüfung nicht stand. Die angeführten jährlichen laufenden Kosten der Stiftung von 10.000 EUR könnten mangels näherer Detaillierung nicht nachvollzogen werden. Hinzu komme, dass die vorgelegte Bilanz zum Rückstellungen für Prüfungs und Beratungskosten in Höhe von 15.000 EUR enthalte. Außerdem seien der Privatstiftung nach den Erläuterungen zur Bilanz per noch 818.411,04 EUR an verrechenbaren Zwischensteuern zur Verfügung gestanden. Dieser Betrag könne zur Deckung der nach Auflösung der Privatstiftung noch entstehenden Kosten verwendet werden.

Im Auflösungsbeschluss fehle eine Stellungnahme zu einer allfälligen Erstattung von Zwischensteuern aus einer im Jahr 2015 vorgenommenen Zuwendung von 50.000 EUR. Aus dem vorgelegten Jahresabschluss ergebe sich, dass die Privatstiftung den Stiftungszweck derzeit auch ohne Tätigkeit von Zuwendungen an Begünstigte erfülle. Daher bedürfe es keiner weiteren Erhebungen zum Vorliegen des vom Stiftungsvorstand geltend gemachten Auflösungsgrundes.

Mangels Vorliegens des Auflösungsgrundes des § 35 Abs 2 Z 2 iVm § 35 Abs 1 Z 4 PSG bedürfe es keines Eingehens auf die vom Erstgericht herangezogenen Abweisungsgründe.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Inhaltserfordernissen eines Auflösungsbeschlusses nach § 39 Abs 2 Z 2 PSG, insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis einer nachvollziehbaren Darstellung des Auflösungsgrundes, und zum Umfang der Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts in einem Verfahren nach § 35 Abs 5 PSG, somit außerhalb eines Verfahrens nach § 35 Abs 4 PSG, insbesondere im Fall einer vom Stiftungsvorstand geltend gemachten, nicht mehr gegebenen Erreichbarkeit des Stiftungszwecks, vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.

1. Die Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts beschränkt sich in der Regel auf eine Plausibilitätsprüfung dahin, ob die begehrte Eintragung schlüssig dargelegt und nach der Lebens und Praxiserfahrung des Entscheidungsorgans glaubwürdig ist ( Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer , FBG § 15 Rz 20; 6 Ob 195/10k; 6 Ob 101/11p). Sofern das Firmenbuchgericht aber aufgrund eigener Erhebungen oder aufgrund anderer Umstände Kenntnis von der Eintragung entgegenstehenden Umständen hat, sind diese bei der Entscheidung über das Eintragungsbegehren zu berücksichtigen.

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 108/15y eingehend zur Zulässigkeit der Errichtung von Substiftungen Stellung genommen. Demnach ist der Vorstand der Privatstiftung bei der Errichtung einer Substiftung an den ursprünglichen Stiftungszweck gebunden; der Stiftungszweck muss daher kongruent sein (6 Ob 108/15y Pkt 6.3). In dieser Entscheidung wurde es als problematisch bezeichnet, wenn bei der Substiftung weitere Mitstifter auftreten, denen ein Änderungs oder Widerrufsrecht zukommt. Dies würde zu einer deutlichen Schwächung des Vorstands der „Hauptstiftung“ führen. Damit wäre aber der Zweck der „Hauptstiftung“ gefährdet (6 Ob 108/15y Pkt 6.5).

2.2. Der Vorstand der Hauptstiftung müsste dafür Sorge tragen, dass deren Stiftungszweck auch in der Substiftung gewahrt bleibt. Dies bedeutet, dass dann, wenn auch Mit bzw Nebenstifter an der Substiftung beteiligt sind, diesen keine Gestaltungsrechte eingeräumt werden dürfen, die dem Stiftungszweck der Mutterstiftung widersprechen könnten. Andernfalls gäbe der Stiftungsvorstand der Mutterstiftung die ihm zentral übertragene Aufgabe, nämlich die Vermögensverwaltung unter Beachtung des Stiftungszwecks, aus der Hand. Der erkennende Senat hat außerdem klargestellt, dass steuerliche Zweckmäßigkeitserwägungen kein Abgehen von den dargelegten zivilrechtlichen Grundsätzen rechtfertigen (6 Ob 108/15y Pkt 8).

3.1. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich von dem der Entscheidung 6 Ob 108/15y zugrunde liegenden Sachverhalt jedoch wesentlich dadurch, dass in letzterem Fall der Stifter bereits verstorben war, sodass es durch die Errichtung der Substiftung zu einer Perpetuierung der mit seinem Tod erloschenen höchstpersönlichen und unübertragbaren Gestaltungsrechte bzw zu einer unzulässigen Erweiterung des nur in den engen Schranken des § 33 Abs 2 PSG erlaubten Änderungsrechts des Stiftungsvorstands käme. Auch wurde im vorliegenden Fall die Änderung des Stiftungszwecks, der nunmehr die Errichtung der Substiftung und die Vermögensübertragung ausdrücklich umfasst, vom lebenden Stifter noch tatsächlich im Rahmen des vorbehaltenen Änderungsrechts vorgenommen (anders 6 Ob 108/15y Pkt 6.4)

3.2. Es entspricht die Errichtung der Substiftung sowie die Übertragung des Stiftungsvermögens „im größtmöglichen Umfang“ auf die F***** Privatstiftung der geänderten Stiftungsurkunde. Damit kommt es aber auf die Kongruenz des ursprünglichen Stiftungszwecks mit dem Stiftungszweck der neu errichteten (Sub )Stiftung nicht an, stünde es doch dem Stifter bei Vorbehalt eines Änderungsrechts jederzeit frei, auch den Zweck der ursprünglichen Stiftung (Hauptstiftung) zu ändern (RIS Justiz RS0120753).

3.3. Bei einem Änderungsrecht ist grundsätzlich jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig. Die Änderungsbefugnis des Stifters umfasst etwa auch Änderungen des Stiftungszwecks, der Zahl und der Personen der Begünstigten und Letztbegünstigten sowie auch der Höhe und der Fälligkeit und des Gesamtausmaßes der Zuwendungen (1 Ob 214/09s; 3 Ob 217/05s; 6 Ob 210/14x).

3.4. Im Hinblick auf das umfassende Änderungsrecht ist auch nicht bedenklich, wenn bei der Errichtung der Substiftung im vorliegenden Fall weitere Mitstifter beteiligt waren. Darin liegt auch keine unzulässige Umgehung des § 33 PSG.

4.1. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts liegt auch keine unzulässige widerrufsgleiche Änderung vor:

4.2. Bei Verzicht auf das Widerrufsrecht oder bei Fehlen eines Widerrufsrechts sind nach herrschender Auffassung auch widerrufsgleiche Änderungen unzulässig ( Arnold , PSG³ § 33 Rz 45 mwN; OLG Wien 28 R 307/10p). Die Aufnahme eines Widerrufsrechts durch Ausübung des Änderungsrechts ist unzulässig (6 Ob 72/11y).

4.3. Die Ausübung des Widerrufsrechts stellt einen Auflösungsgrund iSd § 35 Abs 2 Z 1 PSG dar, welcher den Stiftungsvorstand zur Fassung eines Auflösungsbeschlusses gemäß § 35 Abs 1 Z 4 PSG verpflichtet. Die Auflösung der Privatstiftung führt zur Abwicklung nach § 36 PSG. Dies führt in weiterer Folge dazu, dass der Stiftungsvorstand nach Ablauf der Sperrfrist des § 36 Abs 2 PSG iVm § 213 AktienG das verbleibende Vermögen der Privatstiftung an die Letztbegünstigten zu übertragen hat.

4.4. Im vorliegenden Fall erfolgte aber gerade keine Übertragung an den Letztbegünstigten. Vielmehr bleibt das Stiftungsvermögen wenn auch in modifizierter Form zweckgebunden. Anders als bei einem Widerruf, der dazu führt, dass das seinerzeitige Stiftungsvermögen wieder in die freie Verfügbarkeit des Letztbegünstigten bzw des Stifters fällt, führte daher die Errichtung der Substiftung im vorliegenden Fall zu einer Fortdauer der Vermögensbindung. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass sämtliche Stifter der neu errichteten Substiftung sich von Beginn an kein Widerrufsrecht vorbehalten haben.

4.5. Die Errichtung einer Substiftung bei entsprechender Deckung im Stiftungszweck der Mutterstiftung stellt grundsätzlich keine widerrufsgleiche Änderung dar (vgl Arnold , PSG³ § 33 Rz 45; Zentrum für Stiftungsrecht, Resumé Protokoll, GesRZ 2012, 345 [349]; Kalss in FS Woschnak [2009] 235 [241f]).

5.1. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist die Angabe des Vorstands, dass die Verwaltung der Privatstiftung jährlich rund 10.000 EUR erfordere, durchaus plausibel. Die für die Honorierung der Stiftungsorgane anfallenden Beträge sind auch nicht direkt proportional zur Höhe des Stiftungsvermögens. Der Umstand, dass dieses nur mehr 38.000 EUR beträgt, steht daher der Nachvollziehbarkeit der Angaben des Stiftungsvorstands nicht entgegen.

5.2. Die Rückstellungen für Prüfungs und Beratungskosten betreffen iSd § 198 Abs 8 UGB Verbindlichkeiten die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind. Diese Rückstellungen betreffen ersichtlich im Wesentlichen die Kosten für die Wirtschaftsprüfung 2013 und 2014 und die Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses 2014.

5.3. Auch kann eine allfällige Gutschrift nach § 24 Abs 5 Z 6 KStG der Auflösung schon deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil sie erst eine der Folgen der Auflösung ist und erst später zur Auszahlung gelangt. Im Übrigen wird die Frage, ob die Gutschrift der Zwischensteuer gemäß § 24 Abs 5 Z 6 KStG im letzten Veranlagungszeitraum zu erfolgen hat, unterschiedlich beantwortet (in diesem Sinn Brugger in Lang/Rust/Schuch/Staringer , KStG § 24 Rz 127; aA Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer , Stiftungssteuerrecht² Rz II/580f; Lechner , Ausgewählte Fragen zum Stiftungswiderruf, in FS W. Doralt 256; vgl auch die Erläuterungen zum Entwurf des Abgabenänderungsgesetzes 2015 Art 2 Änderung des Körperschaftssteuergesetzes 1988). Dieses ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das „Sperrjahr“ (§ 36 Abs 2 PSG iVm § 213 AktienG) wohl frühestens das Jahr 2018.

6. Zusammenfassend erweist sich der gefasste Auflösungsbeschluss daher als nicht zu beanstanden. Daher war in Stattgebung des Revisionsrekurses dem Eintragungsbegehren stattzugeben. Der Auftrag an das Erstgericht zur Vornahme der entsprechenden Veranlassungen gründet sich auf § 20 Abs 2 FBG.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00237.15V.0223.000