OGH vom 28.11.2013, 3Ob168/13x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am verstorbenen D*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Witwe W*****, wohnhaft ebendort, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 159/13w 34, womit infolge Rekurses der Witwe der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom , GZ 7 A 61/11v 22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Der Erblasser verstarb am . Er hinterließ die Witwe und zwei großjährige Töchter. Alle drei gesetzlichen Erben gaben eine bedingte Erbantrittserklärung aufgrund des Gesetzes zu je 1/3 des Nachlasses ab. Während die Töchter ausdrücklich die Einantwortung beantragten, stellte die Witwe, die am eine Erbteilungsklage gegen ihre Töchter, die nur einen nachlasszugehörigen 1/3 Liegenschaftsanteil und einen PKW betraf, eingebracht und dem Gerichtskommissär vorgelegt hatte, am beim Gerichtskommissär den Antrag, „den Gerichtsakt dem Verlassenschaftsgericht unter Hinweis auf die […] Erbteilungsklage vorzulegen zwecks Klärung der Frage, ob das Verlassenschaftsverfahren bis zur Beendigung dieses Klagsverfahrens unterbrochen wird“ , dem der Gerichtskommissär entsprach.
Das Erstgericht erließ am den Einantwortungsbeschluss entsprechend der abgegebenen Erbantrittserklärungen. Darin bestätigte es, dass aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung ob dem nachlasszugehörigen Liegenschaftsanteil das Eigentumsrecht für die drei gesetzlichen Erben zu je 1/3 einverleibt werden könne (ON 22).
Dagegen erhob die Witwe Rekurs (ON 23), mit dem sie auf das mittlerweile rechtskräftige Urteil im Erbteilungsprozess, das eine Zivilteilung anordnete, hinwies und eine Kopie einer Ausfertigung vom vorlegte, die mit als rechtskräftig und vollstreckbar bestätigt wurde; dazu stellte das Rekursgericht unbekämpft fest, dass die Rechtskraft des am verkündeten Erbteilungsurteils erst nach dem eintrat. Nach Erstattung einer Rekursbeantwortung durch die Töchter (ON 28) brachte die Witwe eine „Mitteilung zur Rekursbeantwortung“ vom ein, in der sie ua vorbrachte, Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien seien nicht gescheitert; vielmehr hätten die Töchter ein weiteres Anbot vom unterbreitet, das sie in Kopie vorlegte. Dort wird eine Bindungsfrist bis genannt (ON 30).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und wies die Mitteilung ON 30 zurück. Den Wert des Entscheidungsgegenstands nahm es mit 30.000 EUR übersteigend an und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu). Da die Rechtskraft des Erbteilungsurteils erst nach der Fassung des Einantwortungsbeschlusses eingetreten sei, habe für das Erstgericht keine Grundlage für eine Berücksichtigung einer Erbteilung bestanden; der Abschluss eines im § 178 Abs 1 Z 3 AußStrG erwähnten Erbteilungsübereinkommens während des erstinstanzlichen Verfahrens sei gar nicht behauptet worden. Da strittige Fragen der Erbteilung die Einantwortung nicht hinderten, sei der Nachlass als einantwortungsreif anzusehen gewesen. Ein Unterbrechungsantrag sei dem am gestellten Begehren der Witwe gar nicht zu entnehmen, sodass das Unterbleiben einer ausdrücklichen Beschlussfassung darüber keinen wesentlichen Verfahrensmangel bilde. Es werde auch die Durchführung der im Urteil angeordneten Zivilteilung nicht gehindert.
Mit „Gemeinsamer Mitteilung“ vom teilten die drei gesetzlichen Erben mit, dass sie am ein (gleichzeitig vorgelegtes) Erbteilungs-übereinkommen unterfertigt hätten; sie stellten den Antrag, das Rekursgericht möge den Einantwortungsbeschluss aufheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Beschlussfassung unter Berücksichtigung des Erbteilungsübereinkommens zurückverweisen (ON 36). Diesen Antrag wies das Rekursgericht mit Beschluss vom zurück (ON 41); weder aus dem Akt noch aus dem VJ Register ist eine Zustellung dieses Beschlusses zu ersehen.
Das Erstgericht ergänzte den Einantwortungsbeschluss mit Beschluss vom , ON 40, dahin, dass es bestätigte, dass aufgrund des Erbteilungsübereinkommens vom ob dem nachlasszugehörigen Liegenschaftsanteil das Eigentumsrecht der Witwe einverleibt werden könne. Dagegen erhoben die Töchter Rekurs (ON 43), über den noch nicht entschieden wurde.
Gegen die Rekursentscheidung ON 34 richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Witwe (ON 38), mit dem sie die Abänderung im Sinn einer Stattgebung ihres Rekurses ON 23 begehrt, in eventu die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung unter Bedachtnahme auf Erbteilungsurteil und -übereinkommen. Sie macht dem Rekursgericht zum Vorwurf, dass es den Einantwortungsbeschluss nicht aufgehoben und die Ergänzung des Verfahrens unter Bedachtnahme auf die Erbteilung nicht aufgetragen habe, obwohl sie im Rekurs auf die Rechtskraft des Erbteilungsurteils und in der Mitteilung ON 30 auf laufende Vergleichsverhandlungen, also vor Erlassung der Rekursentscheidung hingewiesen habe; es habe sich dabei um zulässige Neuerungen iSd § 49 Abs 3 AußStrG gehandelt. Das Rekursgericht habe über den Antrag der Witwe im Rekurs, „das rechtskräftige Urteil über die Teilungsklage als präjudiziell für die Einantwortung zu erkennen“, nicht entschieden und damit „dem Antrag“ das rechtliche Gehör verweigert. Die Einantwortung sei somit ohne jede Berücksichtigung sowohl dieses rechtskräftigen Urteils als auch der vor Zustellung der Rekursentscheidung und damit jedenfalls vor Rechtskraft der Einantwortung vereinbarten Erbteilung erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Der Witwe gelingt es mit ihren Ausführungen nicht, eine unvertretbare Fehlbeurteilung des Rekursgerichts aufzuzeigen, weshalb ihr außerordentlicher Revisionsrekurs als nicht zulässig zurückzuweisen ist. Das ist wie folgt zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG):
1. Nach § 177 AußStrG hat das Gericht den Erben die Verlassenschaft einzuantworten, wenn die Erben und ihre Quoten feststehen und die Erfüllung der übrigen Voraussetzungen nachgewiesen ist. Sie erfordert somit die Erbantrittserklärung und den Erbrechtsausweis (§§ 799, 800 ABGB), die hier unbestritten von allen drei Erben, deren Erklärungen einander nicht widersprechen, vorliegen. Die weitere Voraussetzung, die in der Erbringung der erforderlichen Abhandlungsnachweise iSd § 176 AußStrG besteht ( Ferrari in Ferrari/Likar-Peer Erbrecht 475) kommt hier nicht zum Tragen, weil andere Personen als die drei Erbinnen nach der Aktenlage hier nicht zu berücksichtigen sind. Selbst wenn man entgegen dem Wortlaut des § 177 AußStrG einen Antrag auf Einantwortung für notwendig erachten wollte, läge auch diese Voraussetzung hier vor, weil eine solche Antragstellung schon in der positiven Erbantrittserklärung zu sehen ist (vgl Bittner in Rechberger AußStrG² § 177 Rz 1; Welser in Rummel ³ §§ 799, 800 ABGB Rz 1); die Witwe ist weder den ausdrücklichen Anträgen der Töchter auf Einantwortung vom entgegengetreten noch hat sie ihre (schlüssige) Antragstellung widerrufen. Die Auslegung ihrer Prozesserklärung vom durch das Rekursgericht dahin, dieser sei ein Unterbrechungsantrag nicht zu entnehmen, ist nämlich durchaus vertretbar und bedarf deshalb keiner Korrektur.
2. Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB, die durch Erbteilung aufgehoben werden kann (RIS Justiz RS0012313). Sie kann von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden, wird aber erst mit dieser dinglich wirksam. Die Erbteilung erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen oder mangels Einigung durch Erbteilungsklage (RIS Justiz RS0012311; zuletzt 3 Ob 79/13h).
Angesichts vergleichbarer Rechtslage ist an der Judikatur zum AußStrG aF festzuhalten, wonach strittige Fragen der Erbteilung die Einantwortung ebenso wenig hindern (RIS Justiz RS0008145) wie die Absicht einer Erbteilung vor der Einantwortung (6 Ob 158/64). Präjudizialität in diesem Sinn, dass erst eingeantwortet werden könnte, wenn eine Erbteilung zustande gekommen ist, besteht daher nicht. Entscheidend ist nur, ob der Nachlass iSd § 177 AußStrG einantwortungsreif ist (vgl 1 Ob 599/91). Das bejahte das Rechtsgericht in jedenfalls vertretbarer Weise.
3. Die von der Witwe ins Zentrum ihrer Argumentation gerückte Bestimmung des § 178 AußStrG, die den Inhalt und die formelle Gestaltung des Einantwortungsbeschlusses regelt, ordnet in Abs 1 Z 3 lediglich an, dass der Beschluss ein „allfälliges Erbteilungsübereinkommen“ zu enthalten hat (vgl dazu RIS Justiz RS0124538), nicht jedoch ein allenfalls bereits ergangenes (rechtskräftiges) Teilungsurteil. Damit wird aber keine Aussage dazu getroffen, (ab) wann die Einantwortung zulässig oder vorzunehmen ist, sondern festgelegt, dass auf ein allenfalls bereits vorhandenes Erbteilungsübereinkommen zwingend hinzuweisen ist. Diese Bestimmung eignet sich daher nicht als Grundlage für die von der Witwe vertretene Rechtsansicht, das Verlassenschaftsgericht (Rekursgericht) müsse bei der Fassung (Bestätigung) des Einantwortungsbeschlusses auf ein allenfalls erst in der Zukunft mögliches Erbteilungsübereinkommen Bedacht nehmen; dem entsprechend tragen auch die von der Witwe als Beleg zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs diese Rechtsansicht nicht.
Ein Erbteilungsübereinkommen, das schon vor der Beschlussfassung der Vorinstanzen zustande gekommen wäre, behauptet die Witwe aber gar nicht, sodass eine Hinweispflicht nicht bestanden haben konnte.
4. Die im Rekurs an die zweite Instanz vorgetragene und allenfalls auch nach § 49 Abs 3 AußStrG zulässige Neuerung über ein schon ergangenes, rechtskräftiges Teilungsurteil kann schon deshalb nicht zur angestrebten Aufhebung der Einantwortung führen, weil nur eine Zivilteilung ausgesprochen wurde, durch die sich bis zur Vollziehung (§ 351 EO) an der gesetzlichen Miteigentumsgemeinschaft nichts änderte (RIS Justiz RS0113831; RS0013261).
5. Auch im Außerstreitverfahren gilt der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, weshalb Nachträge prinzipiell unzulässig sind (RIS Justiz RS0007007 [T12]). Daher müssen auch allenfalls zulässige Neuerungen, die weder im Rekurs noch in dessen Beantwortung vorgetragen wurden, unbeachtet bleiben ( Fucik/Kloiber AußStrG § 49 Rz 2), also auch der Inhalt der Mitteilung der Witwe ON 30. Deren Zurückweisung durch das Rekursgericht war zutreffend. Abgesehen davon bildet der Umstand eines erst in der Zukunft möglichen Erbteilungsübereinkommens keinesfalls die Grundlage für die Aufhebung der Einantwortung durch das Rekursgericht.
6. Auf das erst nach der Rekursentscheidung geschlossene und vorgelegte Erbteilungsübereinkommen ist im Revisionsrekursverfahren wegen des Neuerungsverbots nicht Bedacht zu nehmen (§ 66 Abs 2 AußStrG; RIS Justiz RS0119918). Die der bekämpften Entscheidung nachfolgende neue Tatsache ist selbständiger (jedoch unzulässiger) Rechtsmittelgrund und nicht eine einen anderen Revisionsrekursgrund unterstützende Tatsache.