OGH vom 24.11.2011, 6Ob106/11y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj V***** P*****, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Bezirkshauptmannschaft Villach, wegen Unterhalts, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters L***** P*****, vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in Baden, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 59/11w 25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 10 Pu 123/10w 22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).
Ob und in welchem Umfang für Unterhaltsleistungen die Heranziehung des Vermögensstamms des Unterhaltspflichtigen, wozu auch der Verkaufserlös von Liegenschaften gehört, zumutbar ist, ist nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls zu prüfen (RIS Justiz RS0047414 [T1]; RS0047470 [T1]; RS0047494 [T6]) und ist daher nur dann vom Obersten Gerichtshof überprüfbar, wenn dem zweitinstanzlichen Gericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.
Eine solche kann der Rechtsmittelwerber nicht aufzeigen: Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung müssen die Eltern im Rahmen des Zumutbaren zur Erfüllung ihrer Unterhaltsverpflichtungen auch ihr Vermögen angreifen, soweit die erforderlichen Unterhaltsleistungen nicht aus dem laufenden Einkommen bestritten werden können (RIS Justiz RS0047494). Die Vermögenssubstanz ist dann heranzuziehen, wenn das Einkommen nicht zur Deckung des angemessenen Unterhalts ausreicht (RIS Justiz RS0113786). Für die Zumutbarkeit der Heranziehung des Vermögensstamms ist auch zu fragen, wie ein pflichtbewusster Familienvater in aufrechter Ehe bei gleicher Sachlage handeln würde (6 Ob 594/95; vgl auch RIS Justiz RS0047590 [T4, T 5]).
Das Rekursgericht hat ausgeführt, ein monatlicher Unterhalt von 170 EUR zur Versorgung der Antragstellerin, die die 7. Klasse des Gymnasiums besuche, reiche nicht aus, ihren angemessenen Unterhalt zu decken (der Regelbedarfsatz liege bei 399 EUR). Die Heranziehung des Vermögensstamms sei dem Vater (Antragsgegner und Revisionsrekurswerber) zumutbar: Selbst wenn aus dem angelegten Stamm des aus dem Verkauf einer Liegenschaft herrührenden Vermögens von 100.000 EUR jährlich der gesamte Unterhalt von (300 x 12 =) 3.600 EUR für die Antragstellerin ausbezahlt werden müsste, verbliebe dem Vater nach etwa sieben Jahren immer noch ein Kapitalbetrag von rund 75.000 EUR. Dem Vater sei somit die Deckung des Unterhaltsanspruchs seiner Tochter auch unter Berücksichtigung eines „Notgroschens“ zumutbar.
Die Entscheidung des Rekursgerichts hält sich durchaus im Rahmen der zitierten Rechtsprechung.
Der Revisionsrekurswerber releviert weiters, das Rekursgericht habe nicht gewürdigt, dass im Fall des Nichtverkaufs seiner Liegenschaft die Vermögenssubstanz nicht herangezogen hätte werden können, um eine erhöhte Unterhaltsbemessung vorzunehmen.
Diese Rechtsmeinung ist unzutreffend, ist doch in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Unterhaltspflichtige „in allerletzter Linie“ auch die Substanz seines verwertbaren (nicht in Geld bestehenden) Vermögens angreifen muss, soweit ihm dies zumutbar ist (2 Ob 84/97k mwN [Erbhof]; vgl auch 6 Ob 594/95 ua).
Der Revisionsrekurswerber hat somit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb sein Revisionsrekurs zurückzuweisen war.