OGH vom 07.04.2020, 4Ob234/19v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin H***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte U***** GesmbH, *****, vertreten durch preslmayr.legal Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 44.179,73 EUR sA, Rechnungslegung und Auskunft (Streitwert 10.000 EUR), Vergütung nach Rechnungslegung (Streitwert 5.000 EUR) und Abtretung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 133 R 65/19k-15, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 35 Cg 26/18i-11, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Begründung:
Die Klägerin und die Beklagte sind in der Güterbeförderung tätig.
Die Klägerin behauptet, der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten habe, als er gleichzeitig auch Prokurist der Klägerin gewesen sei, vor Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Klägerin zahlreiche Geschäfte der Klägerin ohne ihr Einverständnis über die Beklagte abgewickelt und so gegen das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG verstoßen. Gemäß § 7 Abs 2 AngG begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung (Leistung vereinnahmter Beträge) von 44.179,73 EUR, Rechnungslegung über sämtliche von der Beklagten gelegten Rechnungen, Auskunft über sämtliche von der Beklagten noch nicht verrechneten Leistungen, Zahlung jenes Betrags, der auf den Verstoß des Geschäftsführers der Beklagten gegen § 7 AngG zurückzuführen sei, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens der Rechnungslegung vorbehalten bleibe, sowie die Abtretung der Geschäfte, die auf einen Verstoß des Geschäftsführers der Beklagten gegen § 7 AngG zurückzuführen seien.
Das Erstgericht wies – nach Erörterung der Schlüssigkeit der Klage – sämtliche Begehren mit Ausnahme des Zahlungsbegehrens von 44.179,73 EUR mittels Teilurteils als unschlüssig ab. Das Teilbegehren sei von der Klägerin auch in der Verhandlung nicht schlüssig gestellt worden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ nachträglich die Revision mit der Begründung zu, sich den Überlegungen der Klägerin nicht zu verschließen, wonach Rechtsprechung dazu fehle, ob die Ansprüche nach § 7 Abs 2 AngG allenfalls zur Vermeidung von Umgehungshandlungen auch gegen eine GmbH gerichtet werden können, deren einziger Gesellschafter und einziger Geschäftsführer der ehemalige Angestellte sei. Es erachtete das Klagsvorbringen ebenfalls, wenn auch mit anderer Begründung als das Erstgericht, für unschlüssig. Das Konkurrenzverbot sei eng auszulegen. Eine Gesetzeslücke, die allenfalls darin gesehen werden könne, dass § 7 AngG keine Haftung (und Passivlegitimation) eines Dritten vorsehe, wäre generell nur anzunehmen, wenn Wertungen und Zweck der konkreten gesetzlichen Regelung die Annahme rechtfertigten, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen. Eine solche Lücke sei nicht zu erkennen. Die sich aus § 7 Abs 2 AngG allenfalls ergebenden Ansprüche des Arbeitgebers richteten sich nur gegen den Angestellten selbst, nicht hingegen auch gegen den (neuen) Arbeitgeber des allenfalls treuwidrig handelnden Angestellten. Ein unmittelbares Eintrittsrecht in ein dem Konkurrenzverbot möglicherweise widersprechendes Rechtsgeschäft, das auf fremde Rechnung (wenngleich unter Mitwirkung des Angestellten) zustande gekommen sei, bestehe ohne Zustimmung des Dritten nicht. Hinzu komme, dass die bloße Erklärung, in sämtliche verbotswidrige vom Angestellten auf seine eigene Rechnung geschlossenen Geschäfte eintreten zu wollen, zu unbestimmt wäre und keinen Eintritt des Arbeitgebers bewirken würde. Deshalb sei der Arbeitgeber auch nicht berechtigt, vom Angestellten Auskunft darüber zu verlangen, ob er noch andere verbotswidrige Geschäfte abgeschlossen habe. Umso weniger bestehe gegenüber einem Dritten, der den Angestellten beschäftige, ein gesetzlicher Anspruch auf die Offenlegung der allenfalls nach § 7 Abs 1 zweiter Fall und Abs 2 AngG verbotswidrigen Geschäfte.
Dagegen richtet sich die – von der Beklagten beantwortete – Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren im Umfang des hier gegenständlichen Teilbegehrens im Wesentlichen (mit der Einschränkung auf Handelsgeschäfte im Geschäftszweig der Klägerin) aufrecht erhält.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts, in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen nicht zulässig.
1.1. § 7 Abs 1 AngG enthält das Verbot, ohne Bewilligung des Dienstgebers ein selbstständiges kaufmännisches Unternehmen zu betreiben oder in dem Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte zu machen. Das Gesetz enthält damit zwei verschiedene Tatbestände: Während das Wettbewerbsverbot im Sinne des § 7 Abs 1 zweiter Tatbestand AngG den Arbeitgeber vor unerwünschter Konkurrenz durch den Arbeitnehmer im eigenen Geschäftszweig schützen soll, zielt das Verbot des Betriebs eines selbstständigen kaufmännischen Unternehmens vor allem darauf ab, dem Arbeitgeber die volle Arbeitskraft seines Angestellten und die uneingeschränkte Vertretung der Interessen des Betriebs zu sichern (RS0027875).
1.2. Was die Sanktionen betrifft, so kommt eine Entlassung des Dienstnehmers nach § 27 Z 3 AngG in Betracht. Weiters sieht § 7 Abs 2 AngG vor, dass der Dienstgeber vom Dienstnehmer Ersatz des verursachten Schadens fordern, oder statt dessen verlangen kann, dass die für Rechnung des Angestellten gemachten Geschäfte als für seine Rechnung geschlossen angesehen werden. Er kann auch die hiefür bezogene Vergütung oder die Abtretung des Anspruchs auf Vergütung begehren. Ansprüche des Dienstgebers gegen Dritte sind der Bestimmung des § 7 Abs 2 AngG – auf die sich die Klägerin allein stützt – nicht zu entnehmen.
2.1. Die Revision macht im Wesentlichen geltend, das vom Angestellten gegründete Unternehmen sei in die Position des Angestellten „eingetreten“.
2.2. Bei einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH muss klar zwischen der juristischen Person und deren Gesellschafter und Organen unterschieden werden (6 Ob 210/15y, 1.3; 6 Ob 244/17a, 1.3). Juristische Person und Gesellschafter sind verschiedene Rechtssubjekte und daher auseinanderzuhalten (6 Ob 82/19f, 2.4). Die Rechtsansicht, bei Gründung einer GmbH trete diese gewissermaßen in die Position des Angestellten ein und sei dann an das Konkurrenzverbot des § 7 AngG gebunden, findet im Gesetz keine Deckung. Der Arbeitsvertrag wurde zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten geschlossen. Es ist aber bereits aus dem klaren Wortlaut des § 7 AngG abzuleiten, dass das Konkurrenzverbot den Dienstnehmer, nicht aber Dritte bindet. Zu den Voraussetzungen für eine mögliche Ausnahme von diesem Grundsatz, wie zum Beispiel das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts oder von Kollusion, hat die Klägerin kein Vorbringen erstattet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich damit im Rahmen der Rechtsprechung und bedarf daher keiner Korrektur.
2.3. Unter Zugrundelegung des Vorbringens der Klägerin lässt sich ihr Rechnungslegungs- und Auskunfts-, Vergütungs- und Abtretungsbegehren materiell-rechtlich nicht aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ableiten (vgl RS0037516). Die Beurteilung dieses Begehrens als unschlüssig ist daher nicht zu beanstanden und keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (grobe) Fehlbeurteilung. Die Revision der Klägerin ist somit in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
3. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 40, 52 ZPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00234.19V.0407.000 |
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