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OGH 16.08.2007, 3Ob152/07k

OGH 16.08.2007, 3Ob152/07k

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Wolfgang S*****, geboren am *****, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Jürgen C*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 78/07b-365, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 2 P 236/04m-353, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Beschluss vom ON 239 wurde die Mutter des Betroffenen als Sachwalterin enthoben und für diesen eine Rechtsanwältin zur Sachwalterin bestellt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Anträge der Mutter auf „Nichtigerklärung und Rückübertragung" der Sachwalterschaft an sie sowie mehrere von Jürgen C***** (im Folgenden: Rekurswerber) erhobene Anträge zurück. Der Rekurswerber ist ein Bekannter der Familie des Betroffenen. Seine Anträge waren u. a. darauf gerichtet, das Gericht möge ein bestimmtes Sachverständigengutachten nicht zur Entscheidung heranziehen, näher bezeichnete Zeugen einvernehmen sowie dafür Sorge tragen, dass dem Betroffenen die verordneten Psychopharmaka nicht mehr verabreicht würden. Das Erstgericht erachtete diese Anträge als unzulässig, weil dritten Personen im Sachwalterschaftsverfahren keine Parteistellung zukomme. Solche Personen seien lediglich berechtigt, Anregungen an das Sachwalterschaftsgericht heranzutragen, die dieses im Rahmen des amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen habe. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Rekurswerbers nicht Folge; es sprach dazu aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Den Antrag des Rekurswerbers, das Gericht möge „endlich zum Wohle des Betroffenen tätig werden und einen entsprechenden Autismusfachmann mit der Therapie und Beurteilung beauftragen", überwies das Rekursgericht an das Erstgericht.

Gegen diese Entscheidung brachte der Rekurswerber einen selbstverfassten, an das Rekursgericht adressierten außerordentlichen Revisionsrekurs ein, den er (rechtzeitig) beim Rekursgericht - das eine gemeinsame Einlaufstelle mit dem Erstgericht hat - persönlich überreichte. Am selben Tag langte beim Rekursgericht ein geringfügige inhaltliche Änderungen enthaltender außerordentlicher Revisionsrekurs mittels Telefax ein. Statt der eigenhändigen Unterschrift des Rekurswerbers scheint auf dem Telefax die fernkopierte Unterschrift eines Rechtsanwalts auf. Nach der Aktenlage wurde der Telefaxschriftsatz nicht durch Beibringung einer gleichlautenden und mit der eigenhändigen Unterschrift des Rechtsanwalts vorgesehenen Ablichtung verbessert. Dennoch verfügte das Erstgericht dessen Vorlage als außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist dem Erstgericht zur Verbesserung zurückzustellen.

Am ist das AußStrG BGBl I 2003/111 in Kraft getreten. Gemäß dessen § 203 Abs 7 sind die Bestimmungen über den Rekurs und den Revisionsrekurs anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz - wie hier - nach dem liegt. Gemäß § 203 Abs 1 erster Satz leg. cit. sind die Regeln über die Vertretung im Revisionsrekursverfahren (§ 6 AußStrG) dann anzuwenden, wenn das Datum der angefochtenen Rekursentscheidung nach dem liegt. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Gemäß § 6 Abs 2 AußStrG müssen sich die Parteien im Revisionsrekursverfahren, u.a. im Verfahren über die Sachwalterschaft über behinderte Personen durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertreten lassen. Im vorliegenden Verfahren ist aber derzeit noch nicht klar, ob davon ausgegangen werden kann, dass das Rechtsmittel von einem Rechtsanwalt eingebracht wurde. Scheint - wie hier - auf einem Telefaxschriftsatz nur eine fernkopierte Unterschrift eines Anwalts auf, muss dieser Schriftsatz durch Beibringung einer gleichlautenden mit der eigenhändigen Unterschrift des Einschreiters versehenen Ablichtung verbessert

werden (§ 10 Abs 4 AußStrG iVm § 75 Z 3 ZPO; vgl 3 Ob 569/92 = SZ

65/162; 3 Ob 2194/96k = JBl 1998, 389). Somit ist der nur mit einer

fernkopierten Unterschrift per Telefax eingebrachte Schriftsatz dem Erstgericht zur Durchführung des gemäß § 10 Abs 4 AußStrG gebotenen Verbesserungsverfahrens zurückzustellen. Erst wenn eine gleichlautende, mit der Unterschrift des Rechtsanwalts versehene Ablichtung des Rechtsmittels vorliegt, wird dessen neuerliche Vorlage an den Obersten Gerichtshof zu verfügen sein. Sollte die gebotene Verbesserung des außerordentlichen Revisionsrekurses unterbleiben, wäre dieser gemäß § 67 erster Satz AußStrG bereits vom Erstgericht zurückzuweisen.

Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zur Nachholung der Anwaltsunterfertigung wäre nur dann entbehrlich, wenn ein absolut unzulässiges Rechtsmittel vorläge (RIS-Justiz RS0120029). Das vorliegende Rechtsmittel ist aber nicht jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 5 AußStrG).

Die Akten sind daher dem Erstgericht zurückzustellen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Wolfgang S*****, geboren am *****, vertreten durch die Sachwalterin Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Jürgen C*****, vertreten durch Dr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 78/07b-365, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 2 P 236/04m-353, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Beschluss vom ON 239 wurde die Mutter des Betroffenen als Sachwalterin enthoben und für diesen eine Rechtsanwältin zur Sachwalterin bestellt.

Jürgen C***** (im Folgenden: Rekurswerber) ist ein Bekannter der Familie des Betroffenen. Mit Schriftsatz vom (ON 317) beantragte er, drei näher bezeichnete Zeugen einzuvernehmen, ein bestimmtes Sachverständigengutachten nicht zur Entscheidung heranzuziehen, dafür Sorge zu tragen, dass dem Betroffenen die verordneten Psychopharmaka nicht mehr verabreicht würden, die Sachwalterin anzuhalten, die Mutter in der Öffentlichkeit nicht weiter als Straftäterin darzustellen, einen schriftlichen Bericht bei der „Lebenshilfe" einzuholen sowie zu seiner Erklärung Stellung zu nehmen, er sei zur Übernahme der vorübergehenden Sachwalterschaft bereit.

Das Erstgericht erachtete diese Anträge mit der Begründung als unzulässig, dass dritten Personen im Sachwalterschaftsverfahren keine Parteistellung zukomme. Solche Personen seien lediglich berechtigt, Anregungen an das Sachwalterschaftsgericht heranzutragen, die dieses im Rahmen des amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Rekurswerbers nicht Folge; es sprach dazu aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Den an das Rekursgericht gerichteten Antrag des Rekurswerbers, das Gericht möge „endlich zum Wohle des Betroffenen tätig werden und einen entsprechenden Autismusfachmann mit der Therapie und Beurteilung beauftragen", überwies das Rekursgericht an das Erstgericht.

Rechtliche Beurteilung

In seinem nach Verbesserung durch Einholung der Anwaltsunterfertigung wieder vorgelegten außerordentlichen Revisionsrekurs vermag der Rekurswerber keine für seinen Standpunkt sprechende erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

Beim Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters für eine behinderte Person handelt es sich um ein amtswegiges Rechtsfürsorgeverfahren. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend ausführten, haben Dritte im Sachwalterbestellungsverfahren nur ein Anregungsrecht. Sie sind lediglich berechtigt, Anregungen an das Sachwalterschaftsgericht zu richten, die dieses im Rahmen des amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen hat. Sie erlangen dadurch aber nicht Parteistellung. Selbst mit einer formellen Antragstellung kann somit keine Parteistellung begründet werden, wie dies schon in den Erläuternden Bemerkungen der RV zu § 2 Abs 2 AußStrG hervorgehoben wird (abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG 44 f; 6 Ob 284/05s = Zak 2006/121 S 72). Dem Antrag, dem Gericht möge die Beantwortung der Erklärung des Rekurswerbers aufgetragen werden, zur vorübergehenden Übernahme der Sachwalterschaft bereit zu sein, ist entgegegenzuhalten, dass kein subjektives materielles Recht existiert, zum Sachwalter bestellt zu werden (6 Ob 284/05s). Dritten Personen kommt im Sachwalterbestellungsverfahren kein Anspruch auf eine Entscheidung des Gerichts zu.

Eine Änderung dieser Rechtslage in dem vom Antragsteller gewünschten Sinn wurde auch nicht durch das am in Kraft getretene Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006, BGBl I 92/2006 herbeigeführt (siehe dessen Artikel III, mit dem die §§ 122, 123, 124, 126, 127 und 130 AußStrG geändert wurden).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2007:0030OB00152.07K.0816.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAD-41810