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OGH vom 27.11.2014, 1Ob161/14d

OGH vom 27.11.2014, 1Ob161/14d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Stefan Hoffmann und Dr. Thomas Herzog, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Haberl und Dr. Gotthard Huber, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 54.510,50 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom , GZ 4 R 79/14m 38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 6 Cg 79/12t 34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung von 690 EUR sA unbekämpft blieben, werden im im Übrigen aufgehoben und die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin erbrachte über Auftrag der Beklagten diverse Heizungs und Sanitärinstallations-leistungen beim Bauvorhaben „Umbau ehemaliges Rotes Kreuz Gebäude in *****“. Der Auftrag basierte auf dem Anbot vom , das einen Pauschalbetrag von 141.799,61 EUR, gegliedert in drei Teilpauschalen (Heizungsanlage, Sanitärinstallations und Sanitärausstattung) auswies. Dieses Anbot war aber von den Parteien nur als Kostenschätzung verstanden worden; die Abrechnung wurde nach tatsächlich erbrachten Leistungen und tatsächlichem Aufwand in Regie vereinbart; die ÖNorm B 2110 wurde nicht vereinbart.

Auf die erste Teilrechnung vom in Höhe von 40.000 EUR zahlte die Beklagte 30.000 EUR. Die Schlussrechnung vom listete getrennt in die Bereiche „Sanitärausstattung“, „Montage für Anschlüsse der Küchenspülen“, „Sanitärinstallation“ und „Heizungsanlage“ detailliert das verwendete Material und die verrechneten Regiestunden zu einem Gesamtbetrag von 129.510,50 EUR auf.

Die Klägerin begehrt nach Teilzahlungen den noch offenen Betrag von 54.510,50 EUR an Werklohn.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung brachte vor, es sei ein Pauschalpreis von 83.000 EUR vereinbart worden und die Rechnung nicht prüfbar. Es wäre der aushaftende Betrag vereinbarungsgemäß überhaupt nur dann zu zahlen gewesen, wenn die von der Beklagten im Verfahren 8 Cg 83/09s des Landesgerichts Wels geltend gemachte Schadenersatzforderung (vom dortigen Beklagten DI M***** K*****) erfüllt worden wäre; die Klage sei aber rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beklagte wandte überdies Mängel und die daraus resultierende Mängelbehebungskosten in Höhe von 18.203,78 EUR sowie noch offenen Werklohn aus dem Bauvorhaben „H4“ als Gegenforderung ein. Von dieser Schlussrechnung habe die Klägerin zu Unrecht 54.736,78 EUR abgezogen.

Die Klägerin trat der Behauptung es seien Mängel vorgelegen, soweit sie sie nicht selbst behoben habe, entgegen. Überhöhte Mängelbehebungskosten seien ihr zudem nicht anzulasten. Den Abzug von 28.000 EUR von der Schlussrechnung zum Bauvorhaben „H4“ habe der Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich akzeptiert. Darüber hinausgehende Forderungen aus diesem Bauvorhaben seien ausgehend von der Vereinbarung der ÖNorm B 2110 (Ausgabe ) verjährt.

Das Anbot der Klägerin sei von der Beklagten in einem Telefongespräch bei Verrechnung von Material und Montage nach tatsächlichem Aufwand und in Regie angenommen worden. Eine Pauschalpreisvereinbarung wäre für die Klägerin nicht in Frage gekommen. Dem Geschäftsführer der Beklagten seien sämtliche mit dem gegenständlichen Bauvorhaben im Zusammenhang stehenden Tages /Regieberichte zur Überprüfung zur Verfügung gestellt worden. Die Beanstandung der Schlussrechnung sei nicht erfolgt, sondern der Betrag ausdrücklich anerkannt worden.

Das Erstgericht wies die Klage ab, weil mangels prüfbarer Rechnung die Fälligkeit der Forderung fehle, traf aber Feststellungen zu den Gegenforderungen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung nach Verwerfung der Nichtigkeitsberufung dahin ab, dass es die Klagsforderung mit 54.510,50 EUR sA und die Gegenforderung mit 690 EUR sA feststellte und die Beklagte schuldig erkannte, 53.820,40 EUR sA zu zahlen. Ein Mehrbegehren von 690 EUR sA wies es ab.

Zur im Revisionsverfahren noch relevanten Frage der Prüffähigkeit der Rechnung hob das Berufungsgericht hervor, es genüge bei Werkverträgen in aller Regel, das der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen einzeln anführe und für das Werk ein Gesamtentgelt berechne, das der Besteller auf seine Angemessenheit überprüfen könne (RIS Justiz RS0021908). Die Übermittlung der die Rechnungsprüfung erleichternden Unterlagen, zum Beispiel Aufmaßskizzen und Massenberechnungen, seien nicht erforderlich. Ob eine Rechnung diesem Maßstab entspreche, sei eine Rechtsfrage. Die Schlussrechnung der Klägerin sei in die Gruppen Sanitärausstattung, Montageaufwand für Anschluss der Küchenspülen, Sanitärinstallationen und Heizungsanlage gliedert. In jeder Gruppe würden getrennt die Mengen, die Bezeichnung der verwendeten Materialien samt Stück und Gesamtpreis sowie die notwendigen Arbeitsstunden ausgewiesen. Dass sich die Nachprüfung der Einzelleistungen mehrere Jahre nach Abschluss des Bauvorhabens schwierig gestalten könne, ändere nichts daran, dass diese Rechnung im Lichte der obigen Ausführungen dem Grunde und der Höhe nach als prüffähig anzusehen sei, wenn man davon ausgehe, dass die Parteien die Verrechnung nach tatsächlichem Aufwand und in Regie vereinbart hätten. Diesfalls sei nicht auf das Angebot Bezug zu nehmen. Die detailliert gelegte Rechnung der Klägerin habe es der Beklagten ermöglicht, sowohl die verrechneten Materialpreise als auch die Stundensätze mit ortsüblichen Preisen zu vergleichen und die Anzahl der verwendeten Materialien zu prüfen. Sie hätte dann über einzelne Positionen Erkundigungen einholen können oder in die Rechnungsprüfung erleichternde Unterlagen der Klägerin Einsicht nehmen können. Warum ihr die Prüfung der Rechnung tatsächlich nicht möglich gewesen sein solle, habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe das Vorbringen, die Schlussrechnung sei überhöht und unangemessen, nicht näher ausgeführt. Jede Konkretisierung dieses Vorbringens fehle. Es wäre der Beklagten aber möglich gewesen, darzulegen, welche in der Schlussrechnung genannte Leistung nicht erbracht oder nicht notwendig gewesen sein sollte.

Die Rüge der für die Beklagte nachteiligen Feststellung, dass eine Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand vereinbart war und das Angebot lediglich eine Kostenschätzung hätte darstellen sollen, in der Berufungsbeantwortung, die eine Feststellung eines Pauschalpreises von 83.000 EUR anstrebte, verwarf das Berufungsgericht. Es sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage der Prüffähigkeit einer Rechnung keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1. Im Prozess über offenen Werklohn gehören neben Mängeln die Prüffähigkeit der Rechnung, die tatsächliche Erbringung der verrechneten Leistungen und die Angemessenheit der verlangten Preise zu den häufig strittigen Fragen. Ob die Prüffähigkeit einer Rechnung vorliegt, ist keine reine Tatsachenfeststellung, sondern auch eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl RIS Justiz RS0043348).

Im vorliegenden Verfahren musste der Klägerin ausgehend von den diametral entgegengesetzten Standpunkten der Parteien zur Prüffähigkeit der Rechnung bewusst sein, dass das Rechtsmittelgericht eine vom Erstgericht unterschiedliche rechtliche Auffassung dazu vertreten kann. In der anderen rechtlichen Wertung dieses im Verfahren erster Instanz unübersehbar behandelten Streitpunktes liegt daher keine Überraschungsentscheidung (1 Ob 160/07x = RIS-Justiz RS0037300 [T44]).

1.2. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass die Rechnung für die Beklagte, die die Baumeisterarbeiten an der Baustelle erbrachte, prüfbar war.

Wo die Ermittlung des Entgeltanspruchs nach der Natur des Geschäfts und den Umständen des Falles eine genaue Abrechnung der erbrachten Leistungen und aufgewendeten Kosten voraussetzt, ist die Fälligkeit des Entgelts mit der ordnungsgemäßen Rechnungslegung verknüpft (RIS Justiz RS0017592).

Eine Verpflichtung des Werkunternehmers zu einer genauen Detaillierung des Entgelts für seine zur Erbringung des Werkes erforderlichen Einzelleistungen ist nicht gegeben, weil durch die Übermittlung der Rechnung der Besteller nur über die Höhe des vorher nicht fix vereinbarten vom Unternehmer begehrten Entgelts in Kenntnis gesetzt werden soll. Es genügt, wenn der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen einzeln anführt und für das Werk ein Gesamtentgelt berechnet, das der Besteller auf seine Angemessenheit prüfen kann (RIS Justiz RS0021908). Eine ordnungsgemäße, ausreichend detaillierte Rechnung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs des Werkes sowie des Einblicks des Bestellers dieser ausreichend über die Berechnungsunterlagen informiert wird, sodass er die Möglichkeit der Prüfung der Angemessenheit des verrechneten Entgelts (§ 1152 ABGB) besitzt. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS Justiz RS0021946).

1.3. Ausgehend von der Fachkunde der Beklagten und der Tatsache, dass ihr die Baumeisterarbeiten oblagen, konnte ihr zugemutet werden, anhand der in vier Teilgruppen (Sanitärausstattung, Montageaufwand für Anschluss der Küchenspülen, Sanitärinstallation, Heizungsanlage) aufgegliederten und detaillierten Auflistung der verwendeten Materialien im Einzelnen und der verrechneten Regiestunden die Rechnung insoweit prüfen zu können. Auf Basis des Anbots und der vor Ort ersichtlichen Leistungen musste für sie mit der Rechnungslegung in Verbindung mit den (wenn auch nicht unterfertigten) Regiescheinen nachvollziehbar sein, in welchem Umfang die Klägerin von ihr Entgelt begehrte.

2.1. Mit der Rechnung wird dem Auftraggeber gegenüber aber nur klargestellt, was ihm für das Werk verrechnet wird. Davon ist zu trennen, dass ungeachtet der Prüffähigkeit einer Rechnung der Auftragnehmer, der Werklohn begehrt, den Nachweis für die tatsächliche Verrichtung der Werkleistung, die Erforderlichkeit der Maßnahmen und die Ortsüblichkeit der dafür verrechneten Preise zu erbringen hat, wenn diese Tatsachen im Verfahren von der Gegenseite bestritten werden, weil grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat, also die Behauptungs und Beweislast denjenigen trifft, der aus einem bestimmten Tatumstand für seinen Standpunkt etwas abzuleiten gedenkt (RIS Justiz RS0037797).

2.2. Wird die Abrechnung nach tatsächlich erbrachten Leistungen und tatsächlichem Aufwand in Regie vereinbart, hat demnach die Klägerin den Umfang und die tatsächliche Erbringung nachzuweisen, wenn die Beklagte die Leistungserbringung bestreitet.

Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Beklagte, obwohl ihr als Fachunternehmen die Überprüfung der Orstüblichkeit der Preise der Monteur und Helferstunden sowie der Preise der verrechneten Materialien möglich gewesen wäre, deren Höhe nicht bemängelt hat (§ 267 ZPO). Sie hat aber im Verfahren erster Instanz vorgebracht, die Rechnung sei weit überhöht, die verrechneten Regiestunden seien für das gesamte Bauvorhaben nicht notwendig gewesen, vielmehr habe die Klägerin auch Leistungen verrechnet, die zur Sanierung von Schäden und Mängeln, die sie selbst verursacht habe, gedient hätten, so seien die WC Spülungen an das Warmwasser angeschlossen worden und hätte dieser Mangel saniert werden müssen; zu Unrecht seien Fahrzeit und Manipulationstätigkeiten im eigenen Betrieb verrechnet worden. Es werde daher Sache der Klägerin sein, den entsprechenden Nachweis zu erbringen.

Damit hat sie aber im Hinblick auf die Beweispflicht der Klägerin ausreichend konkret bestritten, dass die verrechneten Leistungen zur Erstellung des Werkes erbracht worden und dafür auch notwendig gewesen seien.

2.3. Das Erstgericht hat zur Erbringung der Leistungen der Klägerin beim Bauvorhaben „Umbau ehemaliges Rotes Kreuz Gebäude in *****“ bloß festgestellt, dass tatsächlich in der Gruppe „Sanitärausstattung“ zwei Wohnungen Typ 1, sechs Wohnungen Typ 3 und eine Wohnung Typ 4 ausgeführt worden seien. Weitere Festellungen zur Leistungserbringung, vor allem aber zur Erforderlichkeit der verrechneten (und erbrachten) Regiestunden für die Erbringung der Werkleistung fehlen.

3.1. Zur Klärung dieser noch offenen Fragen (vgl RIS Justiz RS0042031 [T4]) sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im bekämpften Umfang aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung des Beweisverfahrens im aufgezeigten Sinn an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00161.14D.1127.000