OGH vom 02.03.2006, 2Ob261/05d

OGH vom 02.03.2006, 2Ob261/05d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith sowie durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Familienrechtssache der Antragstellerin Renate M*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer und Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwalts-OEG in Liezen, gegen den Antragsgegner Dr. Michael Kropiunig, Rechtsanwalt in Leoben, als Masseverwalter im Konkurs des Andreas M*****, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom , GZ 3 R 126/05v-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Liezen vom , GZ 1 C 73/04y-12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Liezen vom , 1 C 121/01b, bestätigt durch Entscheidung des Landesgerichtes Leoben vom , 2 R 197/03z, geschieden. Eine gegen letztere Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 9 Ob 15/04b, zurückgewiesen.

Am wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben zu 17 S 64/04m über das Vermögen des Ehemannes das Konkursverfahren eröffnet.

Mit einem am beim Erstgericht eingelangten Antrag beantragte die Ehefrau die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Sie begehrte die Zuweisung einer dem Ehemann gehörenden Liegenschaftshälfte, auf der sich die Ehewohnung befinde, in eventu die Zahlung eines Ausgleichsbetrages von EUR 80.000.

Am selben Tage hatte die Ehefrau ihren Aufteilungsanspruch auch als Konkursforderung im Konkursverfahren angemeldet. Diese Forderung wurde in der Prüfungstagsatzung vom vom Masseverwalter bestritten. Die Ehefrau brachte daraufhin beim Landesgericht Leoben eine Prüfungsklage ein. Das diesbezügliche Verfahren zu 26 Cg 15/04f des Landesgerichtes Leoben ruht derzeit.

In der Tagsatzung vom brachte der Masseverwalter vor, der geltend gemachte Aufteilungsanspruch beziehe sich auf zur Konkursmasse gehörendes Vermögen; das gegen den Gemeinschuldner eingeleitete Verfahren sei nichtig. Es werde beantragt, das bisherige Verfahren als nichtig zu beheben; in eventu werde die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 7 Abs 1 KO begehrt.

Die Ehefrau erklärte hiezu, das Aufteilungsverfahren werde nach Bestreitung der Forderungsanmeldung im Konkurs als Prüfungsverfahren fortgeführt; ein Unterbrechungsgrund liege nicht vor.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zurück und hob das bisherige Verfahren als nichtig auf. Der Aufteilungsanspruch über ein in die Konkursmasse fallendes Vermögen sei erst nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner bei Gericht geltend gemacht worden. Nach Konkurseröffnung könnten aber Ansprüche gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht, noch fortgesetzt werden.

Das von der Ehefrau angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es führte aus, dass gemäß § 6 Abs 1 KO Rechtsstreitigkeiten, die die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezweckten, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner nicht anhängig gemacht werden könnten. Eine Berichtigung der Parteienbezeichnung vom Gemeinschuldner auf den Masseverwalter sei nur bei Geltendmachung von Aus- und Absonderungsansprüchen bzw bei nicht der Anmeldung unterliegenden Konkursforderungen zulässig. Die vom Aufteilungsbegehren umfasste Liegenschaft falle in die Konkursmasse; der Aufteilungsanspruch begründe keine Aussonderungs- oder Absonderungsrechte im Sinne der §§ 44, 48 KO. Dieser Anspruch habe vielmehr der Anmeldung im Konkurs bedurft, weshalb der Schutzzweck der Prozesssperre des § 6 Abs 1 KO einer Berichtigung der Parteibezeichnung vom Gemeinschuldner auf den Masseverwalter entgegenstehe. Der schon vor Konkurseröffnung entstandene Aufteilungsanspruch sei nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner geltend gemacht worden, weshalb eine Fortsetzung des Verfahrens gegen den Masseverwalter nur unter bestimmten, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen, zulässig wäre. Der ordentliche Revisionsrekurs sei unzulässig, weil das Rekursgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei.

Die Ehefrau beantragt in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben und ihr eine Ausgleichszahlung zuzusprechen. Hilfsweise wird der Antrag gestellt, es möge den Vorinstanzen aufgetragen werden, über den Aufteilungsantrag unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund abzusprechen.

Der Ehemann beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Rechtslage verkannt haben; er ist auch im Sinne des Eventualantrages berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin macht geltend, das von ihr angestrebte Aufteilungsverfahren sei seit der Bestreitung ihrer Forderungsanmeldung im Konkursverfahren als Prüfungsprozess fortzuführen.

Dazu ist auszuführen:

Die Frage, welchen Einfluss die Konkurseröffnung über das Vermögen eines Ehegatten auf ein Aufteilungsverfahren hat, hängt vom Zeitpunkt des Entstehens des Aufteilungsanspruches ab. Der Aufteilungsanspruch entsteht durch die Rechtskraft der die Ehe auflösenden Entscheidung (2 Ob 184/03b mwN; vgl Stabentheiner in Rummel ABGB³ § 81 EheG Rz 2).

Hier erfolgte die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Ehemannes nach rechtskräftiger Scheidung, also nach Entstehung des Aufteilungsanspruches.

Aufteilungsansprüche gehören zur Konkursmasse und sind nach den Grundsätzen der Konkursordnung zu behandeln. Sie sind daher, soweit sie nicht von vornherein auf Geldleistungen gerichtet sind, von der konkursrechtlichen Leistungsstörung betroffen und können unter Ehegatten - unter Bedachtnahme auf § 5 Abs 3 KO iVm § 105 EO - gemäß § 14 Abs 1 KO nur als Geldforderungen zum Schätzwert angemeldet werden (SZ 63/56; SZ 67/18; RIS-Justiz RS0008504). Die Forderung wird entweder als Konkursforderung gemäß § 109 KO oder im Wege des Prüfungsprozesses nach § 110 KO festgestellt. Dieser Prüfungsprozess ist im Außerstreitverfahren beim bisher zuständigen Gericht, also bei dem für die Aufteilung zuständigen Außerstreitrichter, abzuführen. Die Entscheidung hat dann analog der Erledigung eines Prüfungsprozesses gemäß § 110 Abs 1 KO auf Feststellung der im Konkurs zu berücksichtigenden Forderung des anderen Ehegatten zu lauten (SZ 63/56).

Grundsätzlich ist bei Konkurseröffnung nach Scheidung der Aufteilungsanspruch als Konkursforderung gemäß § 102 ff KO anzumelden und im Bestreitungsfall gemäß § 110 KO das außerstreitige Aufteilungsverfahren einzuleiten (Stabentheiner aaO § 85 EheG Rz 4; vgl allerdings SZ 59/90).

Im vorliegenden Fall wurde der Aufteilungsanspruch als Konkursforderung im Konkursverfahren des Ehemannes angemeldet und gleichzeitig das Aufteilungsverfahren eingeleitet.

Die Unzulässigkeit des Aufteilungsverfahrens wegen des anhängigen Konkursverfahrens wurde erst nach der Bestreitungserklärung in der Prüfungstagsatzung wahrgenommen. Wenngleich die Prozessvoraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein müssen, wird ihr früheres Fehlen unbeachtlich, wenn sie noch im Laufe des Verfahrens eintreten (RIS-Justiz RS0039748). Dies gilt auch für den nachträglichen Wegfall des Prozesshindernisses der Unzulässigkeit des Rechtsweges (9 ObA 105/04p).

Im Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz bestand somit kein Hindernis gemäß § 6 KO, das außerstreitige Aufteilungsverfahren fortzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht sinngemäß auf § 52 ZPO (§ 234 AußStrG aF, § 203 Abs 9 AußStrG nF).