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OGH vom 30.08.2002, 3Ob138/01t

OGH vom 30.08.2002, 3Ob138/01t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Bundesimmobiliengesellschaft m. b. H., Wien 3, Neulinggasse 29, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wider die verpflichtete Partei Landesverband *****, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen zwangsweiser Räumung infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 112/01i-10, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , GZ 3 R 112/01i-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 54 E 14/01w-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahingehend abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss wiederhergestellt wird. Die mit 221,39 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei sind weitere Kosten des Exekutionsverfahrens.

Text

Begründung:

In dem am abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich die verpflichtete Partei als Generalpächterin einer näher bezeichneten Heimgartenanlage gegenüber der Republik Österreich als Verpächterin, näher bezeichnete Pachtgrundstücke zweier Liegenschaften - die in der Anlage A.1 des BundesimmobilienG vom BGBl I 2000/141 (im Folgenden nur BIG-G 2000) enthalten sind - bis zu räumen und der Verpächterin zu übergeben. Aufgrund dieses Vergleichs beantragte die betreibende Bundesimmobiliengesellschaft mbH (im Folgenden auch nur kurz BIG) beim Erstgericht am die Bewilligung der zwangsweisen Räumung dieser Grundstücke und brachte vor, sie habe aufgrund des BIG-G 2000 an den genannten Grundstücken Eigentum erworben und sei daher gemäß § 9 EO antragslegitimiert. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Republik Österreich als Eigentümerin der Grundstücke im Grundbuch eingetragen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab. Eine vom Eigentum abweichende Übertragung des Räumungsanspruchs sei nicht zulässig. Der Bund sei nach dem Grundbuchsstand weiterhin Eigentümer der zu räumenden Grundstücke. Die betreibende Partei habe ihre Rechtsnachfolge nach § 9 EO nicht nachgewiesen, weil § 16 BIG-G 2000 zum Eigentumserwerb der betreibenden Partei die grundbücherliche Einverleibung voraussetze.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 9 EO kann u.a. zugunsten einer anderen als der im Exekutionstitel als berechtigt bezeichneten Person die Exekution nur so weit stattfinden, als durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen wird, dass der im Exekutionstitel anerkannte Anspruch von den daselbst benannten Personen auf diejenige Person übergegangen ist, von welchem die Exekution beantragt wird. Aus dem Eigentum an einer Liegenschaft abgeleitete Ansprüche gehen grundsätzlich auf den Erwerber dieser Liegenschaft über. Dieser kann daher aufgrund des zugunsten des Voreigentümers ergangenen Räumungstitel Exekution führen. Der Räumungsanspruch kann nicht abgesondert vom Eigentum übertragen werden (3 Ob 25/85; 3 Ob 40/88 = JBl 1988, 595; Jakusch in Angst, EO, § 9 Rz 24 mwN).

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des BIG-G 2000 lauten:

1. Abschnitt

Ziel- und Begriffsbestimmmung

...

§ 1 (2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind 1. "Objekte gemäß Anlage A" - die in der Anlage A aufgelisteten, bisher in der Verwaltung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit stehenden bundeseigenen Liegenschaften (Liegenschaftsteile), Baurechte und Superädifikate, die durch dieses Bundesgesetz ins Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft mbH übertragen werden (A.1 BGV-verwaltete Objekte, A.2 BIG-Fruchtgenussobjekte);

...

4. Abschnitt

Übertragung des Eigentums an Immobilienvermögen

Eigentumsübertragung

§ 13. (1) Die Objekte gemäß Anlage A ... gehen in vier Tranchen in

das Eigentum (§§ 353 ff ABGB) der Bundesimmobiliengesellschaft mbH

über, ... mit die restlichen Objekte der Anlage A.1

...

...

Verbücherung

§ 16. Der Eigentumsübergang und die Löschung der bestehenden Fruchtgenussrechte gemäß § 13 ist entweder auf Antrag des Bundes oder auf Antrag der Bundesimmobiliengesellschaft mbH grundbücherlich zu vollziehen. ...

Mitübergang verbundener Rechte und Pflichten

§ 17. Mit dem Übergang der Eigentumsrechte gemäß § 13 tritt die Bundesimmobiliengesellschaft mbH zum Zeitpunkt des jeweiligen Rechtsüberganges, soweit die Rechtsverhältnisse die jeweiligen Objekte gemäß Ablage A betreffen, unbeschadet des § 4 Abs 5, in die Rechtsverhältnisse des Bundes mit Dritten ein, ohne dass es hierzu deren Zustimmung bedarf. ...

Zum Übergang des Räumungsanspruchs gibt § 17 BIG-G 2000 somit lediglich die bereits dargestellten, allgemein gültigen Grundsätze zum Übergang des Räumungsanspruchs wieder. Einen vom Eigentumserwerb losgelösten Übergang von Rechten, wie etwa des Räumungsanspruchs, sieht § 17 BIG-G 2000 daher gerade nicht vor (arg. "Mit dem Übergang der Eigentumsrechte ..."). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten sämtliche Rechte und Pflichten mit dem jeweiligen in § 13 leg. cit. genannten Stichtag einheitlich auf die BIG übergehen, um insbesondere auch ein einheitliches Vorgehen in der Verwaltung der Liegenschaften zu ermöglichen. Gemäß § 431 ABGB und § 4 GBG wird u.a. das Eigentum an unbeweglichen Sachen grundsätzlich durch die bücherliche Eintragung erworben. Entscheidend ist daher hier, ob die betreibende BIG in Durchbrechung des Intabulationsprinzips vor der grundbücherlichen Einverleibung bereits unmittelbar auf Grund des BIG-G 2000 Eigentum an den zu räumenden Liegenschaften erwarb. Vom Intabulationsprinzip bestehen Ausnahmen, in denen die grundbücherliche Einverleibung nur deklarativen Charakter hat. Beispiele sind u.a. (siehe dazu Feil, Grundbuchsgesetz³, § 4 Rz 15) die Fälle der Universalsukzession, der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren (§ 237 EO), die Enteignung, das Bauen auf fremden Grund (§ 418 dritter Satz ABGB), oder auch unmittelbar das Gesetz als Titel; in solchen Fällen bedarf es keines besonderen Verfügungsgeschäfts oder der Vornahme einer Übergabshandlung (3 Ob 594/85; Art 22 des Staatsvertrags zwischen der Republik Österreich und den Besatzungsmächten vom BGBl 1954/152 [RIS-Justiz RS0014134], § 11 1. StVDG, § 5 1. VerstaatlichungsG). Ein solcher Fall des Eigentumsübergangs unmittelbar aufgrund eines Gesetzes liegt auch hier vor, bestimmt doch § 1 Abs 2 Z 1 BIG-G 2000, dass Objekte der Anlage A "durch dieses Bundesgesetz" in das Eigentum der BIG übertragen werden. Aus § 13 BIG-G 2000 (und den Materialien [RV, 298 BlgNR 21. GP, 228 f, 231 f; Bericht des Bautenausschusses, 347 BlgNr

21. GP, 6 f]) geht weiters klar hervor, dass das Eigentum der BIG an den in den Anlagen angeführten Grundstücken schon zu den in § 13 leg.cit. angeführten Zeitpunkten ex lege auf die hier betreibende BIG überging, somit nur der bereits erfolgte Eigentumsübergang durch die Eintragung im Grundbuch zu vollziehen und damit das Grundbuch lediglich den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen anzupassen ist (in diese Richtung bereits 5 Ob 75/02v, wonach die Übereignung, deren Verbücherung angestrebt werde, bereits durch § 13 BIG-G verfügt worden sei, also keines rechtsgeschäftlichen Akts bedurft habe). Nur eine solche Auslegung ist auch mit dem Sinn und Zweck des BIG-G 2000 vereinbar, soll damit doch die Verwaltung von vormals im Bundeseigentum stehenden Liegenschaften effizienter und "flexibler" werden und im Rahmen einer "Großlösung" alle (mit Ausnahmen historischer Objekte) in die Kompetenz des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallende Liegenschaften in einem Zug abgegeben werden (vgl RV, 298 BlgNR 21.GP). Bei etwa 2.000 übertragenen Objekten kann dieser Zweck bei einem sukzessiven, von der jeweiligen Einverleibung abhängigen und daher im Einzelnen kaum überblickbaren Eigentumserwerb, der erneut zu einer temporären Spaltung der Verfügungsbefugnis zwischen der hier betreibenden Partei und dem Bund als ihres Alleingesellschafters führte, wohl nicht erreicht werden. Die zum BIG-G 1992 BGBl 1992/419, insbesondere zu dessen § 2 Abs 2 und § 3 Abs 1, ergangene Rsp (5 Ob 2199/96k = SZ 69/242 u.a.) ist auf dem BIG-G 2000 zu unterstellende Fälle nicht anwendbar, sieht doch das BIG-G 2000 eine neue, vom BIG-G 1992 völlig abweichende Verwaltung und Eigentümerstruktur von (vormals) im Bundeseigentum stehenden Liegenschaften vor. Nach § 3 Abs 1 BIG-G 1992 hatten der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der BIG Fruchtgenussrechte an im Bundeseigentum stehenden, in der Anlage A näher bestimmten Liegenschaften, zu übertragen. Anders als § 13 Abs 1 BIG-G 2000 verlangte § 3 Abs 1 BIG-G 1992 zur Übertragung der Fruchtgenussrechte somit ein noch abzuschließendes Titelgeschäft.

Ist ein erfolgter Rechtsübergang im Spengel des Exekutionsgerichts gerichtsbekannt, bedarf es keiner Vorlage von Urkunden zu dessen Nachweis (3 Ob 151/94 = JBl 1995, 256; Jakusch aaO § 9 Rz 15 mwN), so dass hier der überdies erfolgte Hinweis der betreibenden Partei in ihrem Exekutionsantrag auf das ordnungsgemäß kundgemachte BIG-G 2000 zum Nachweis ihrer Rechtsnachfolge iSd § 9 EO völllig ausreicht. Dem Rechtsmittel ist Folge zu geben und die erstinstanzliche Exekutionsbewilligung wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.