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OGH vom 17.06.2013, 2Ob240/12a

OGH vom 17.06.2013, 2Ob240/12a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** K*****, und 2. J***** P*****, beide vertreten durch Dr. Georg Zimmer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei J***** H*****, vertreten durch Ferner Hornung Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, sowie die Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Partei 1. S***** GmbH, *****, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. R***** OG, *****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, und 3. J*****GMBH, *****, vertreten durch Dr. Paul Vavrovsky und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen jeweils 50.000 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse jeweils 1.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 65/12b 93, womit infolge Berufungen der beklagten Partei sowie der ersten und zweiten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei das Teilzwischenurteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 10 Cg 128/09w 85, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die außerordentliche Revision der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Teilzwischenurteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung über das Leistungsbegehren als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien jeweils 50.000 EUR samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagszustellung zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war Bauherr eines Hotelneubaus in G*****. Er beauftragte die P***** GmbH mit der Durchführung der Heizungs und Sanitärinstallationen. Die Kläger waren Arbeitnehmer dieser GmbH. Des Weiteren beauftragte der Beklagte die erste Nebenintervenientin mit der Lieferung und Montage des Personenaufzugs. Mit den Baumeisterarbeiten und der Baustellenkoordination betraute er die dritte Nebenintervenientin, die ihrerseits die Planungs und Baustellenkoordination an die zweite Nebenintervenientin „weitervergeben“ hatte.

Gegenstand des Prozesses sind die Schadenersatzansprüche der Kläger nach einem Arbeitsunfall, der sich im Zuge der Montage des Personenaufzugs ereignete.

Am versuchten zwei Monteure der ersten Nebenintervenientin den 166 kg schweren Aufzugsmotor unter der Decke des 19 m hohen Liftschachts anzubringen, was nur mit Muskelkraft ohne technische Hilfsmittel möglich war. Dabei befanden sie sich auf der obersten von fünf Arbeitsplattformen des innerhalb des Liftschachts errichteten Montagegerüsts. Sie baten die zufällig gerade in der Nähe gewesenen Kläger, ihnen beim Anheben des Motors zu helfen. Diese erklärten sich aus Gefälligkeit zur Mithilfe bereit. Nachdem die vier Männer den Motor vom Boden der Arbeitsplattform ca einen Meter hoch gehoben hatten, brach eine der die Trittfläche bildenden Bohlen. Es konnte nicht festgestellt werden, ob allein das Gewicht der Arbeiter, verstärkt durch die „dynamischen Effekte“ beim Anheben des Motors, zum Bruch der Bohle führte, oder ob der Motor einem der Arbeiter entglitten war und den Boden durchschlug. Beide Varianten kommen (für sich) als Ursache in Betracht. Die Arbeiter stürzten nach unten, durchschlugen die vier weiteren Plattformen und kamen schließlich auf dem Boden des Liftschachts zu liegen.

Der Beklagte hatte das Montagegerüst gemeinsam mit einer zweiten Person nach den Plänen der ersten Nebenintervenientin selbst gebaut. Die dabei verwendeten Kanthölzer und Bohlen entsprachen nicht den Sortierklassen der DIN 4074 1; sie wiesen gegenüber den darin festgelegten Vorgaben eine Festigkeitsminderung von 10 % (Kanthölzer) bzw 20 % (Bohlen) auf. Die mindere Qualität des verwendeten Bauholzes wäre für einen sachkundigen Prüfer erkennbar gewesen, dem Beklagten war sie nicht aufgefallen. Ein Mitarbeiter der ersten Nebenintervenientin hatte das Montagegerüst nach Fertigstellung am „augenscheinlich“ auf die Übereinstimmung mit dem beigestellten Gerüstplan überprüft und abgenommen. Beanstandet wurde lediglich das Fehlen einer Schachtsicherung, die einen Sturz in den Liftschacht (von außerhalb) verhindern sollte. Auch ein „Gesellschafter der zweiten Nebenintervenientin“ hatte das Gerüst „augenscheinlich“ geprüft.

„Hauptgrund“ für den Bruch der Arbeitsplattform war jedoch die mangelhafte statische und dynamische Auslegung derselben, welche die tatsächliche Belastung durch die Arbeitsgänge nicht berücksichtigte. Die Verwendung minderen Bauholzes stellte nur ein „sekundäres Problem“ dar, das „die Problematik“ zusätzlich verstärkte. Allerdings ist davon auszugehen, dass „die Belastung“ aufgrund der statischen Mängel auch dann zum Bruch geführt hätte, wenn ein den Sortierklassen entsprechendes Bauholz verwendet worden wäre. Aus technischer Sicht wären „bei der Errichtung“ des Gerüsts alle möglichen Arbeitsvorgänge, auch das Aufprallen dynamischer Lasten, zu berücksichtigen gewesen. Nach dem von der zweiten Nebenintervenientin ausgearbeiteten Sicherheits und Gesundheitsschutzplan (SiGe Plan) fiel das Gerüst in den Verantwortungsbereich der ersten Nebenintervenientin.

Die beiden schwer verletzten Kläger begehrten vom Beklagten jeweils 50.000 EUR sA an Schmerzengeld sowie die Feststellung seiner Haftung für sämtliche zukünftige, derzeit nicht vorhersehbare Schäden aus dem Unfall vom . Der Beklagte habe sich zwar an den Montageplan der ersten Nebenintervenientin gehalten, er habe jedoch für den Bau der Arbeitsplattform schadhaftes Holz verwendet und den Unfall dadurch verschuldet. Auch die mangelhafte Statik habe zu dem Unfall geführt. Der vom Beklagten (als Bauherrn) mit der Arbeitgeberin der Kläger abgeschlossene Werkvertrag entfalte Schutzwirkungen zugunsten der Kläger. Er hafte dem „Subunternehmer“ und dessen Leuten für die schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht nach den §§ 1157 und 1169 ABGB. Außerdem stützten sich die Kläger auf die Verletzung von Pflichten nach den §§ 55 ff Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG).

Der Beklagte bestritt jegliches Verschulden. Er habe die Montageplattform mängelfrei errichtet und weder vertragliche Schutz und Sorgfaltspflichten noch ihn nach der BauV oder dem BauKG treffende Pflichten verletzt.

Die erste und die zweite Nebenintervenientin beriefen sich insbesondere darauf, dass dem Beklagten das Dienstgeberhaftungsprivileg nach § 333 ASVG zugute komme. Die dritte Nebenintervenientin wandte ein, dass der Unfall in keinem Zusammenhang mit einer allfälligen Verletzung des BauKG stehe, sondern auf die mangelhafte statische und dynamische Auslegung der Montageplattform zurückzuführen sei.

Das Erstgericht gab mit Teilzwischenurteil dem Leistungsbegehren dem Grunde nach statt.

Es stützte sich im Wesentlichen auf den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt und meinte in rechtlicher Hinsicht, den Beklagten treffe als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag mit der Arbeitgeberin der Kläger diesen gegenüber eine Fürsorgepflicht nach den §§ 1157, 1169 ABGB. Gemäß § 1313a ABGB habe er auch für die Verletzung der Fürsorgepflicht durch die erste Nebenintervenientin einzustehen, der ein Fehler in der Planung des vom Beklagten nach der Montageanleitung errichteten Montagegerüsts unterlaufen sei. Das Gerüst habe weder den technischen noch den gesetzlichen Anforderungen entsprochen, was für den Unfall kausal gewesen sei. Der Beklagte habe den ihm nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis nicht erbracht, dass ihn oder die erste Nebenintervenientin kein Verschulden daran treffe. Die Verwendung schadhaften Holzes sei hingegen nicht schadenskausal gewesen.

Der Haftungsausschluss des § 333 ASVG komme nicht in Betracht, weil die Kläger nur aus bloßer Gefälligkeit gehandelt und sich den Weisungen des Schädigers nicht unterworfen hätten. Sie seien daher in dessen Betrieb nicht eingegliedert gewesen.

Das vom Beklagten, der ersten und der zweiten Nebenintervenientin angerufene Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung des Beklagten, bestätigte im Übrigen die erstinstanzliche Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision (jeweils) nicht zulässig sei.

Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die Kläger seien vom Kreis der geschützten Personen erfasst, wobei sich die Fürsorgepflicht des Beklagten auf die gesamte Baustelle beziehe. Der Beklagte habe auch für die Fehler der ersten Nebenintervenientin bei der Gerüstplanung einzustehen. Eine „gesonderte Vereinbarung“ iSd § 9 BauKG, mit dem er die ihm auferlegten Verpflichtungen einem Projektleiter übertragen habe, habe der Beklagte nicht behauptet. Davon abgesehen hätte er dennoch für Mängel bei der Planung und Herstellung des Montagegerüsts einzustehen.

Auf den Haftungsausschluss nach § 333 ASVG könne sich der Beklagte nicht berufen. Die Kläger seien nicht einmal kurzfristig in den Betrieb der ersten Nebenintervenientin eingegliedert gewesen. Deren Rechtsansicht, die Kläger hätten die Sphäre ihrer Arbeitgeberin verlassen, werde vom Berufungsgericht nicht geteilt.

Gegen die zweitinstanzliche Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionen des Beklagten und der ersten Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Beide Rechtsmittelwerber streben die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens (richtig: Leistungbegehrens) an. Der Beklagte stellt hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision des Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zu I.:

Die Revision der ersten Nebenintervenientin ist mangels Darlegung einer erheblichen, für die Entscheidung des Rechtsstreits auch präjudiziellen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die erste Nebenintervenientin befasst sich ausschließlich mit der ihrer Meinung nach unrichtig gelösten Frage des Haftungsprivilegs nach § 333 ASVG, der jedoch keine entscheidende Bedeutung zukommt. Hierzu ist auf die nachstehenden Ausführungen zur Revision des Beklagten zu verweisen. Es fehlt somit an der für die Zulässigkeit einer Revision erforderlichen Voraussetzung, dass die Entscheidung von der Lösung der angeführten Rechtsfrage abhängig ist (RIS Justiz RS0088931).

Zu II.:

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Der Beklagte macht geltend, er habe bei Vertragsabschluss nicht erkennen können, dass die Kläger in den Gefahrenbereich des Montagegerüsts gelangen könnten. Die erste Nebenintervenientin habe sich der Kläger als Erfüllungsgehilfen bedient, um die dem Beklagten geschuldete Werkleistung zu erbringen. Die Anfertigung ordnungsgemäßer Pläne habe zu den Hauptleistungspflichten der ersten Nebenintervenientin gehört. Eine Verletzung dieser Pflichten könne nicht gleichzeitig ein Verstoß des Beklagten gegen vertragliche Nebenpflichten sein. Im Übrigen habe er seine Fürsorgepflichten der dritten Nebenintervenientin als Baustellenkoordinatorin übertragen.

Hierzu wurde erwogen:

1. Keine Verletzung der Fürsorgepflicht des Werkbestellers:

1.1 Werkvertrag mit der Arbeitgeberin der Kläger:

1.1.1 Die Vorinstanzen vertraten die Ansicht, den Beklagten treffe als Werkbesteller aus dem Werkvertrag mit der Arbeitgeberin der Kläger eine Fürsorgepflicht nach § 1169 iVm § 1157 ABGB, die primär den Schutz des Lebens und die Gesundheit des Unternehmers und seiner Leute, deren er sich bei der Werkherstellung bedient, betrifft. Diese Fürsorgepflicht bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung insbesondere auf die Sicherheit der Arbeitsstätte, die auch eine Baustelle sein kann (vgl 2 Ob 162/08z; 3 Ob 88/09a mwN; RIS Justiz RS0021480 [T4], RS0021602, RS0021827). Dem Werkbesteller obliegt es, dafür zu sorgen, dass der Unternehmer und seine Leute bei der Ausführung des Werks nicht zu Schaden kommen, soweit sich diese Personen in Räumen aufhalten, die im Zusammenhang mit ihren zu erbringenden Leistungen stehen (vgl 8 Ob 30/85 mwN; auch 2 Ob 70/86; RIS Justiz RS0021674; Krejci in Rummel , ABGB 3 § 1169 Rz 6). Die Reichweite der Fürsorgepflicht bestimmt sich danach, wie weit sich der Unternehmer mit seinen Leuten in einen der Sphäre des Bestellers zuzuordnenden Bereich zu begeben hat, in dem er gefährdet ist (2 Ob 79/08v; 3 Ob 158/12z mwN; M. Bydlinski in KBB 3 § 1169 Rz 1).

1.1.2 Die Kläger verunglückten bei der Verrichtung einer Tätigkeit, die mit der Erfüllung der von ihrem Arbeitgeber vertraglich geschuldeten Werkleistung (Heizungs und Sanitärinstallationen) nichts zu tun hatte. Sie hätten diese Werkleistung auch nicht im Liftschacht zu erbringen gehabt. Ein zeitliches und/oder räumliches Zusammentreffen mit der Werkleistung der ersten Nebenintervenientin war bei Abschluss des Werkvertrags für den Bauherrn nicht zu erwarten. Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass sich die Fürsorgepflicht des Werkbestellers auf die „gesamte Baustelle“ beziehe, kann unter diesen Umständen nicht beigepflichtet werden. Entgegen ihrer Auffassung bestand gegenüber den Klägern keine das Montagegerüst im Liftschacht betreffende Fürsorgepflicht des Beklagten, die als Nebenpflicht aus dem Werkvertrag mit der Arbeitgeberin der Kläger abgeleitet werden könnte. Der Beklagte hat daher auch nicht gemäß § 1313a ABGB für die statische Fehlplanung der ersten Nebenintervenientin einzustehen.

1.2 Werkvertrag mit der ersten Nebenintervenientin:

1.2.1 Den Beklagten trafen auch Fürsorgepflichten gegenüber den Arbeitnehmern der ersten Nebenintervenientin, aus dem mit dieser geschlossenen Werkvertrag. Die Kläger waren zwar nicht Arbeitnehmer der ersten Nebenintervenientin, diese hat sich ihrer aber zur Erbringung der dem Beklagten geschuldeten Werkleistung bedient. Unter diesem Aspekt könnte erwogen werden, die Kläger zu den bei der Ausführung des Werks tätigen „Leuten“ zu zählen, auf die sich die Fürsorgepflicht des Beklagten bezog. Dieser Frage muss aber nicht weiter nachgegangen werden.

1.2.2 Der Werkbesteller hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zwar dafür zu sorgen, dass der Unternehmer und seine Leute nicht durch vom Besteller bereit gestellte Gerätschaften verletzt wird (8 Ob 144/06v mwN). Die Fürsorgepflicht des Werkbestellers endet aber dort, wo der Unternehmer oder seine Hilfskräfte die mit der Werkherstellung unmittelbar verbundenen Gefahren aufgrund ihrer Fachkenntnis erkennen können (8 Ob 144/06v; RIS Justiz RS0021808 [T2 und T 3]; M. Bydlinski aaO § 1169 Rz 2).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte das Montagegerüst nach den ihm zur Verfügung gestellten Plänen der ersten Nebenintervenientin gebaut. Verwirklicht hat sich die in der statischen Fehlplanung des Gerüsts gelegene Gefahr, die aufgrund ihrer vorauszusetzenden Fachkenntnis nur von der ersten Nebenintervenientin beherrscht werden konnte und allein ihrer Sphäre zuzurechnen ist. Dass der Beklagte bei der Herstellung des Gerüsts den Planungsfehler erkennen hätte können, haben ihm die Kläger nicht zum Vorwurf gemacht. Die Verwendung schadhaften Holzes war hingegen für den Schadenseintritt nicht kausal, weil die Arbeitsplattform auch dann gebrochen wäre, wenn das Holz den Sortierklassen der DIN 4074 1 entsprochen hätte.

Demnach könnten die Kläger ihre Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf eine aus dem Werkvertrag mit der ersten Nebenintervenientin abgeleitete Verletzung der Fürsorgepflicht des Beklagten stützen.

2. Keine Verletzung der Pflichten nach dem BauKG:

2.1 Das seit in Kraft befindliche BauKG, dessen Ziel die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen ist, begründet (weitere) Pflichten des Bauherrn, die über die gemäß § 1169 ABGB bestehende Fürsorgepflicht hinausreichen (2 Ob 162/08z; 7 Ob 17/09i mwN). Die früher ebenfalls auf die Fürsorgepflicht des Werkbestellers gestützte Koordinationspflicht des Bauherrn wird im Regelungsbereich des BauKG durch dieses als Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB konkretisiert. Das BauKG als lex specialis verdrängt insoweit den bisherigen Ansatz bei § 1169 ABGB (2 Ob 273/03v; RIS Justiz RS0123294).

Gemäß § 3 Abs 1 BauKG trifft den Bauherrn die Verpflichtung, für die Vorbereitungsphase einen Planungskoordinator und für die Ausführungsphase einen Baustellenkoordinator zu bestellen. Dieselbe Person kann Planungs und Baustellenkoordinator sein. Bestellt der Bauherr keine Koordinatoren, so trägt er selbst die Verantwortung für die diesen vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben. Hat er die Koordinatoren bestellt, trifft ihn keine Gehilfenhaftung, weil die Koordinatoren nach zulässiger Übertragung der schutzgesetzlichen Pflichten eigenverantwortlich eigene gesetzliche Pflichten erfüllen. Der Bauherr haftet dann nur für Auswahlverschulden (vgl 2 Ob 272/03v; 8 ObA 6/08b; 2 Ob 162/08z; 7 Ob 211/09v; RIS Justiz RS0015253). Der Koordinationsvertrag ist als Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten der an der Baustelle tätigen Arbeitnehmer zu qualifizieren. Bedient sich der bestellte Koordinator für die Erfüllung seiner Pflichten selbst eines Gehilfen, haftet er für diesen gemäß § 1313a ABGB (vgl 2 Ob 272/03v; 2 Ob 162/08z).

2.2 Die Kläger warfen dem Beklagten in erster Instanz vor, er habe keinen Baustellenkoordinator bestellt. Er habe weder für die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 Arbeitnehmerschutzgesetz (§ 4 Abs 1 BauKG) noch für die Erstellung eines Sicherheits und Gesundheitsschutzplans (§ 7 BauKG) gesorgt.

Diese Vorwürfe erweisen sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen als unberechtigt. Aus diesen geht hervor, dass der Beklagte die dritte Nebenintervenientin zum Baustellenkoordinator bestellte, die ihrerseits die Planungs und Baustellenkoordination an die zweite Nebenintervenientin „weitervergeben“ hatte. Diese erstellte einen Sicherheits und Gesundheitsschutzplan (SiGe Plan), in welchem der ersten Nebenintervenientin die Verantwortung für das Montagegerüst zugewiesen war.

Diese Feststellungen sind bei lebensnaher Auslegung in ihrem Gesamtzusammenhang dahin zu verstehen, dass der Beklagte sowohl seiner Pflicht nach § 3 Abs 1 BauKG als auch jener nach § 7 BauKG (Erstellung eines SiGe Plans) entsprochen hat. Inwieweit der Beklagte bei der Vorbereitung des Bauprojekts die ihn nach § 4 Abs 1 BauKG treffenden Pflichten verletzt haben soll, ist nicht ersichtlich. Hat aber der Bauherr die ihm durch das BauKG auferlegten Pflichten ohnehin selbst erfüllt, ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts irrelevant, ob er diese Pflichten zuvor auf einen Projektleiter übertragen hat (§ 9 BauKG).

2.3 Nach dem SiGe Plan der zweiten Nebenintervenientin kam wie erwähnt die Verantwortung für das Montagegerüst der ersten Nebenintervenientin zu. Es wurde bereits dargelegt, dass die statische Fehlplanung zu deren Lasten geht. Vertreter der ersten und der zweiten Nebenintervenientin haben das Montagegerüst nach Fertigstellung abgenommen. Ob der zweiten oder der dritten Nebenintervenientin ein Verstoß gegen die an sie übertragenen Pflichten nach dem BauKG anzulasten ist, braucht hier nicht geklärt zu werden. Ein Auswahlverschulden des Beklagten wurde nicht behauptet. Dessen Haftung wegen Verletzung der ihn als Bauherrn treffenden Pflichten nach dem BauKG kommt daher nicht in Betracht. Aus diesem Grund kann auch unerörtert bleiben, ob die für den Unfall ursächliche Fehlleistung überhaupt ein Koordinierungsproblem betrifft (vgl 7 Ob 211/09v).

3. Keine Haftung wegen Verletzung der BauV:

3.1 Auch die Bestimmungen der §§ 55 ff BauV sind Schutznormen iSd § 1311 ABGB, die den durch Mängel an Gerüsten hervorgerufenen erhöhten Gefahren vorbeugen sollen. Vom Schutzzweck erfasst sind nicht nur die Bauarbeiten iSd § 1 Abs 1 und 2 BauV ausführenden Arbeitnehmer, sondern alle Personen, die sich befugt auf der Baustelle aufhalten (vgl 8 Ob 84/02i; 2 Ob 276/04h mwN).

3.2 Die Kläger brachten dazu vor, Arbeitsgerüste seien unter Berücksichtigung ausreichender Sicherheit und den anerkannten Regeln der Technik so zu bemessen, dass sie die auftretende Arbeits und Verkehrslast aufnehmen könnten. Der Beklagte habe minderwertiges Holz verwendet. Er habe als Aufsteller des Gerüsts auch dessen Überprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt.

Soweit damit Planungs und Konstruktionsfehler angesprochen werden, ist auf obige Ausführungen zu verweisen, wonach nicht der Beklagte, sondern die erste Nebenintervenientin hierfür die Verantwortung trägt. Im Übrigen ist auszuführen:

3.3 Gemäß § 55 Abs 2 Satz 1 und 2 BauV (in der zum Zeitpunkt des Unfalls geltenden Fassung, BGBl 1994/340) dürfen für Gerüste nur einwandfreie, ausreichend tragfähige Gerüstbauteile verwendet werden. Gerüstbauteile aus Holz müssen aus gesundem, vollkommen entrindetem, im erforderlichen Mindestquerschnitt nicht geschwächtem Holz bestehen.

Diesem Erfordernis wurde bei der Errichtung des Montagegerüsts zwar offensichtlich nicht entsprochen, die Verwendung schadhaften Holzes war aber wie in Punkt 1.2.2 erörtert für das Durchbrechen der Trittfläche nicht kausal.

3.4 Gemäß § 61 Abs 1 BauV sind Gerüste nach ihrer Fertigstellung einer Überprüfung durch eine fachkundige Person des Gerüstaufstellers zu unterziehen. Abs 2 dieser Bestimmung sieht überdies vor, dass Gerüste vor ihrer erstmaligen Benützung und (ua) nach jeder längeren Arbeitsunterbrechung von einer fachkundigen Person des Gerüstbenützers auf offensichtliche Mängel zu prüfen sind. Ehe diese Prüfungen nicht abgeschlossen sind, dürfen Gerüste nicht benützt werden (§ 61 Abs 1 Z 2 BauV).

Es ist auch in diesem Zusammenhang erneut zu betonen, dass nach dem SiGe Plan die (uneingeschränkte) Verantwortung für das Gerüst bei der ersten Nebenintervenientin lag. Ihr Verantwortungsbereich umfasste neben der Planung daher auch die Aufstellung und die Überprüfung des fertiggestellten Gerüsts. Die erste Nebenintervenientin war demnach auch Gerüstaufsteller iSd § 61 Abs 1 BauV. Daran ändert nichts, dass sie sich für die Erfüllung dieses Aufgabenteils des Beklagten als Hilfsperson bediente.

Aber auch bei anderer Sichtweise (Beklagter als Gerüstaufsteller) hätte der Beklagte seiner Pflicht entsprochen, weil er das Montagegerüst nach Fertigstellung von einer fachkundigen Person der ersten Nebenintervenientin überprüfen ließ. Dass bei dieser Überprüfung deren (eigener) Planungsfehler als „offensichtlicher Mangel“ erkennbar gewesen wäre, haben die Kläger nicht behauptet. Gerüstbenützer iSd § 61 Abs 2 BauV war die erste Nebenintervenientin selbst.

3.4 Eine Haftung des Beklagten kommt aus diesen Gründen auch wegen der behaupteten Verletzung der einschlägigen Schutznormen der BauV nicht in Betracht.

4. Ergebnis und Kosten:

4.1 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beklagte für den Schaden der Kläger weder deliktisch noch nach Vertragsgrundsätzen haftet. Die Erwägungen der Vorinstanzen zu § 333 ASVG können deshalb auf sich beruhen. Ihre Zwischenurteile sind in Stattgebung der Revision des Beklagten dahin abzuändern, dass die Leistungsbegehren der Kläger durch Teilurteil abzuweisen sind.

4.2 Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.