OGH vom 25.04.2018, 2Ob230/17p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. R***** G*****, vertreten durch Appiano Kramer Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** L***** eU, *****, vertreten durch Ing. DDr. Hermann Wenusch, Rechtsanwalt in Rekawinkel, wegen Verbesserung (Streitwert 38.400 EUR) und Feststellung (Streitwert 6.600 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 5 R 90/17t65, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 29 Cg 89/14d58, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird in ihrem Punkt 2 dahin , dass sie als lautet:
„Das Begehren auf Feststellung, die beklagte Partei hafte der klagenden Partei für die angemessenen Kosten einer örtlichen Bauaufsicht bei der Verbesserung des Fenstereinbaus, wird abgewiesen.“
Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil, soweit nicht in Bezug auf die Abweisung eines Teilbegehrens Rechtskraft eingetreten ist, , und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei an das Prozessgericht zweiter Instanz .
Die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ersuchte den Beklagten um ein Angebot für die Lieferung und den Einbau von Fenstern in einem Altbau. Der Beklagte bot eine bestimmte Art der Montage an, die er als „fachlich einwandfrei“ und „seit Jahrzehnten bewährt“ bezeichnete, führte aber ausdrücklich aus, dass diese Montage nicht der „neuesten ÖNORM B5320“ entspreche. Diese könne er zwar ebenfalls anbieten, aber nur zum doppelten Montagepreis. Die Klägerin erteilte auf dieser Grundlage im September 2009 den Auftrag. Strittig ist, ob eine Mitarbeiterin des Beklagten der Klägerin die Unterschiede der Montagemethoden erläutert oder nur pauschal darauf hingewiesen hatte, dass die Methode nach der ÖNORM nur bei Niedrigenergiehäusern sinnvoll sei.
Bei der Ausführung des Auftrags durch einen Subunternehmer wurden angebotene Leistungen teilweise mangelhaft erbracht (mangelnde Stabilität des Putzes; kein Grob- und Feinputz innen). Darüber hinaus entsprach aber schon das Angebot und die darauf beruhende Montage nicht dem (auch damaligen) Stand der Technik. Nach diesem wäre die Baukörperanschlussfuge raumseitig dampfdiffusionsdicht und fassadenseitig wind- und schlagregendicht auszuführen gewesen. Dazu wären insbesondere diffusionsdichte Dichtbänder anzubringen und der äußere Putzanschluss mit „APU-Leisten“ samt angeschlossenem Putzbewehrungsnetz herzustellen gewesen. Dies war auch in der ÖNORM B5320, die insofern den Stand der Technik wiedergab, so vorgesehen. Diese Leistungen hatte der Beklagte nicht angeboten und auch nicht erbracht.
Die tatsächlich durchgeführte Montage führt unvermeidlich zu einer Durchfeuchtung des Mauerwerks, dies verbunden mit Ausbrüchen und einer Herabsetzung der Dämmfunktion. Bei Schluss der Verhandlung waren solche Auswirkungen aber noch nicht feststellbar. Hätte der Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass nur die Montage nach der ÖNORM dem Stand der Technik entspreche und auch bei einem Altbau indiziert sei, hätte sie den Auftrag in dieser Form erteilt und auch die Mehrkosten getragen. Es ist möglich, die Fenster aus- und fachgerecht wieder einzubauen.
Soweit im Revisionsverfahren relevant, begehrt die Klägerin mit der im Jahr 2014 eingebrachten Klage die Verbesserung durch Aus- und Neueinbau der Fenster, wobei näher genannte „oder bautechnisch und bauphysikalisch gleichwertige“ Maßnahmen – insbesondere im Sinn der ÖNORM B5320 – zu setzen seien; dies hilfsweise gegen Ersatz von „Sowiesokosten“ von 12.420 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Hilfsweise zu diesem Leistungsbegehren begehrt sie den Ersatz ihres „Vertrauensschadens“ von 18.109,93 EUR. Weiters beantragt sie die Feststellung, dass der Beklagte für die Kosten einer Bauaufsicht bei den Sanierungsarbeiten hafte. Sie stützt sich darauf, dass der Beklagte die Fenster nicht fachgerecht eingebaut habe; jedenfalls habe er seine Pflicht zur Aufklärung über die Notwendigkeit einer ÖNORM-gerechten Montage verletzt. Die Bauaufsicht sei erforderlich, um eine korrekte Ausführung sicherzustellen und weitere Substanzschäden zu verhindern.
Der Beklagte wendet ein, dass er die Fenster in der vereinbarten Weise eingebaut habe. Die von ihm gewählte Vorgangsweise sei seit Jahren erprobt und objektiv geeignet. Die Kosten für eine Bauaufsicht müsse er keinesfalls tragen; jedenfalls müsse die Klägerin ihm die Sowiesokosten ersetzen. Der Anspruch sei verjährt.
Das Erstgericht wies das auf Leistung gerichtete Hauptbegehren als solches ab, gab ihm aber zum größten Teil im Sinn des ersten Eventualbegehrens Zug um Zug gegen Zahlung der Sowieso-Kosten von 14.904 EUR statt; lediglich ein Teilbegehren im Zusammenhang mit den Fensterbänken wies es – inzwischen rechtskräftig – ab. Weiters stellte es fest, dass der Beklagte für die Kosten der Bauaufsicht hafte.
Das Erstgericht nahm als erwiesen an, dass eine Mitarbeiterin des Beklagten der Klägerin vor Abschluss des Vertrags erläutert habe, dass die „teurere Methode nach der ÖNORM“ zusätzlich den Einbau von speziellen Dichtbändern vorsehe, was aber nur bei einer entsprechenden Wärmedämmung sinnvoll sei. Rechtlich führte es aus, dass zwar Gewährleistung verjährt sei, nicht aber der Anspruch auf Schadenersatz wegen mangelhafter Leistung und Aufklärungspflichtverletzung. Auslegung des Vertrags ergebe, dass der Beklagte nur die angebotene „Mauermontage“ geschuldet habe. Insofern angefallene Mängel beim Verputz habe er daher jedenfalls zu beheben. Die höheren Anforderungen der ÖNORM – also insbesondere die dampfdiffusionsdichte bzw wind- und schlagregendichte Ausführung – seien demgegenüber nicht Vertragsbestandteil gewesen. Hier könne die Klägerin nur verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn der Beklagte sie darüber informiert hätte, dass nur diese Vorgangsweise dem Stand der Technik entspreche und daher fachgerecht sei. Daher könne sie die Verbesserung insofern nur Zug um Zug gegen Zahlung jener Mehrkosten verlangen, die sie bei einem entsprechend erteilten Auftrag zu tragen gehabt hätte. Diese Kosten seien nach § 273 ZPO festzusetzen. Die Kosten der Baufaufsicht seien technisch erforderlicher Teil der Sanierungsarbeiten bzw „Rettungsaufwand“ zur Verhinderung weiterer Schäden.
Gegen diese Entscheidung erhoben beide Seiten Berufung. Die Klägerin bekämpfte insbesondere die Feststellung, wonach eine Mitarbeiterin der Beklagten der Klägerin die alternative Montagemethode (mit Dichtbändern) konkret beschrieben habe.
Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte die Entscheidung über das Verbesserungsbegehren dahin ab, dass die Zug-um-Zug-Einschränkung entfiel. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Der Beklagte habe ein Werk in durchschnittlicher Qualität und Lebensdauer geschuldet, daher insbesondere eine dampfdiffusionsdichte sowie wind- und schlagregendichte Ausführung. Der Umstand, dass die Klägerin infolge Belehrung durch den Beklagten die Vereinbarung der ÖNORM unterlassen habe, führe nicht dazu, dass der Beklagte nicht eine in diesem Sinn fachgerechte Montage zu erbringen gehabt hätte. Daher sei die Klägerin nicht zur Zahlung weiterer Kosten verpflichtet. Auf die Beweisrüge der Klägerin zum Inhalt der Gespräche vor Vertragsschluss komme es nicht an. Die Kosten der Bauaufsicht habe der Beklagte zu tragen, weil es sich dabei um einen durch die Vertragsverletzung verursachten Mangelfolgeschaden handle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich eine außerordentliche Revision des Beklagten, der eine Abweisung der Klage mit Ausnahme der Verpflichtung zur Verbesserung des Verputzes anstrebt. Es sei kein Schaden (Durchfeuchtung, Schimmel) festgestellt worden, die Sowieso-Kosten seien jedenfalls zu ersetzen, und es gebe keine Grundlage für eine Haftung für Kosten der Bauaufsicht.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Rechtsmittelbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben. Der Vertrag habe nur das funktionale Leistungsziel bestimmt, nicht die konkrete Ausführung. Der Beklagte habe daher den Einbau nach dem Stand der Technik geschuldet; das Problem der Sowieso-Kosten stelle sich nicht. Eine Bauaufsicht bei der Verbesserung sei durch die Schlechterfüllung verursacht; sie sei wegen dieser Schlechterfüllung auch erforderlich.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob der Werkunternehmer nach mangelhafter Bauleistung im Fall einer Verbesserung auch die Kosten einer Bauaufsicht zu ersetzen hat. Sie ist sowohl in diesem Punkt als auch – im Sinn des Aufhebungsantrags – beim Leistungsbegehren berechtigt.
1. Von entscheidender Bedeutung für das Leistungsbegehren ist der Inhalt des Vertrags. Insofern ist die Sache noch nicht spruchreif.
1.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum „widersprüchlichen“ Werkvertrag gilt grundsätzlich Folgendes:
(a) Wird eine bestimmte Ausführung des Werks vereinbart, die aufgrund der konkreten Verhältnisse nicht geeignet ist, den (zumindest implizit) bedungenen Zweck zu erfüllen, so muss zunächst – bei Vorliegen der Voraussetzungen – auf irrtumsrechtlichem Weg eine Vertragsanpassung herbeigeführt werden, die unter Umständen mit einer Erhöhung des Entgelts verbunden ist; erst dann greifen die Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts (1 Ob 550/93 ecolex 1993, 518 [Wilhelm] = JBl 1994, 174 [Gruber]; RIS-Justiz RS0016270, RS0016258; zuletzt 4 Ob 96/16w). Dies gilt auch für den Fall einer Warnpflichtverletzung (RIS-Justiz RS0016258; zuletzt etwa 9 Ob 28/12a). Der Besteller ist in einem solchen Fall so zu stellen, wie er stünde, wenn der Unternehmer seiner Warnpflicht entsprochen hätte (8 Ob 75/13g ZVB 2014/148 [Wagner]; RIS-Justiz RS0102085). Der Besteller kann daher nicht jene Kosten begehren, die er bei entsprechender Warnung „sowieso“ zu tragen gehabt hätte (2 Ob 206/16g ZVB 2018/35 [Berl] mwN; RIS-Justiz RS0117792).
(b) Auslegung des Vertrags kann aber ergeben, dass eine bestimmte Leistungsbeschreibung für den Besteller keine Bedeutung hat, weil es für ihn – und zwar für den Werkunternehmer erkennbar – nur auf die (zumindest implizit) vereinbarte Funktionalität ankommt (1 Ob 132/15s ZRB 2015, 110 [Wenusch] = ZVB 2016/10 [Stickler/Peck]; 4 Ob 96/16w; M. Bydlinski in KBB5 § 1167 Rz 3; Kletečka in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 §§ 1165, 1166 Rz 53 f). In diesem Fall stellt sich das Problem der Sowieso-Kosten nicht, weil trotz Leistung im Sinn der vertraglichen, in diesem Fall aber nur deklarativen Leistungsbeschreibung in Wahrheit Schlechterfüllung vorliegt, die zu Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen führen kann (4 Ob 96/16w). Ein widersprüchlicher Vertrag liegt dann nicht vor.
1.2. Im vorliegenden Fall wäre aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts ein widersprüchlicher Vertrag anzunehmen: Einerseits schuldet der Beklagte eine dem Stand der Technik entsprechende Montage der Fenster. Andererseits hatte er aber die Anwendung der insofern einzig möglichen Methode (Dichtbänder) von der Zahlung des doppelten Montagepreises abhängig gemacht, wobei diese letztlich nicht vereinbarte Methode nach einer – allerdings bekämpften – Feststellung des Erstgerichts vor Vertragsabschluss konkret dargestellt worden war. Trifft diese Feststellung zu, wären die Grenzen auch ergänzender Vertragsauslegung erreicht: Sind die Parteien einig, dass eine konkret bezeichnete Methode wegen der damit verbundenen Kosten nicht angewendet werden soll, so kann die ebenfalls vereinbarte Funktionalität nicht aufgrund Auslegung dazu führen, dass diese Methode dennoch geschuldet wird. Eine solche Auffassung führte zum Ergebnis, dass es letztlich keinen widersprüchlichen Vertrag geben kann, weil es immer nur auf die ausdrücklich oder implizit vereinbarte Funktionalität ankäme.
1.3. Die Klägerin hat allerdings die Feststellung, wonach die Mitarbeiterin des Beklagten die teurere Methode konkret geschildert habe, in der Berufung bekämpft. Es sei lediglich erweisbar, dass die Mitarbeiterin und der Beklagte erklärt hätten, die ÖNORM-Methode sei nur bei Niedrigenergiehäusern sinnvoll; in Bezug auf eine konkrete Erläuterung dieser Methode sei nur eine Negativfeststellung möglich. Das Berufungsgericht hat diese Beweisrüge nicht erledigt. Hätte sie Erfolg, führte Vertragsauslegung zur Relevanz ausschließlich der Funktionalität. Denn dann musste der Klägerin der Unterschied zwischen den Methoden nicht klar sein, und der Beklagte konnte daher nicht darauf vertrauen, dass sie sich bewusst (wenngleich aufgrund eines von ihm veranlassten Irrtums) gegen die Montage mit den Dichtbändern entschieden hatte. Vielmehr hätte er dann annehmen müssen, dass es der Klägerin allein um eine – von ihm zugesagte – fachgerechte Montage ging, ohne dass die konkrete Methode Vertragsinhalt geworden wäre. Der Vertrag wäre dann nicht widersprüchlich gewesen.
2. Aus diesen Gründen ist das Begehren auf Aus- und Neueinbau der Fenster noch nicht spruchreif. Die Sache ist insofern – soweit nicht in Bezug auf das Teilbegehren in Zusammenhang mit den Fensterbänken Rechtskraft eingetreten ist – zur Erledigung der Beweisrüge in die zweite Instanz aufzuheben.
2.1. Hat die Beweisrüge Erfolg, so hat es bei Punkt 1. der Berufungsentscheidung zu bleiben. Denn in diesem Fall läge – wie etwa in 4 Ob 96/16w – ein Fall der Schlechterfüllung vor, für den der Beklagte nach § 1298 ABGB einzustehen hätte. Es steht fest, dass der Einbau nicht fachgerecht erfolgte. Der Beklagte hätte diesen Mangelschaden (§ 933a Abs 2 ABGB) zu beheben, was nach den Feststellungen nur durch Aus- und Neueinbau möglich ist. Dass der Mangel möglicherweise noch zu keinen Folgeschäden geführt hat (Schimmel, Durchfeuchtung), ändert an diesem Anspruch nichts.
2.2. Bleibt es hingegen bei der bekämpften Feststellung, so wäre das Urteil des Erstgerichts in diesem Punkt wiederherzustellen, der Anspruch daher von der Zahlung der Sowieso-Kosten abhängig zu machen:
(a) Der Anspruch der Klägerin beruhte in diesem Fall auf einer Aufklärungspflichtverletzung durch den Beklagten. Dieser wäre verpflichtet gewesen, auf die Nachteile der von ihm gewählten Methode sowie darauf hinzuweisen, dass nur der Einbau nach der ÖNORM – also mit Dichtbändern – dem Stand der Technik entsprach. Es steht fest, dass die Klägerin in diesem Fall den Auftrag in diesem Sinn erteilt und die Mehrkosten getragen hätte. Im Weg des Schadenersatzrechts ist sie daher so zu stellen, wie sie stünde, wenn der Beklagte sie ordentlich aufgeklärt hätte. In diesem Fall verfügte sie nun gegen Bezahlung eines höheren Werklohns über sachgerecht eingebaute Fenster. Das Erstgericht hat daher – auf der Grundlage seiner Feststellungen – zutreffend das Leistungsbegehren von der Leistung der bei ordentlicher Aufklärung angefallenen Mehrkosten (dh des erhöhten Werklohns) abhängig gemacht.
(b) Unerheblich ist, dass das Geltendmachen des vom Beklagten verursachten Irrtums über die Funktionalität der vereinbarten Montagemethode wegen des Vertragsschlusses im September 2009 schon bei Erheben der Klage im Jahr 2014 verjährt war (§ 1487 ABGB).
Zwar setzt der Verbesserungsanspruch bei einem widersprüchlichen Vertrag nach der Rechtsprechung dessen irrtumsrechtliche Anpassung (§ 872 ABGB) voraus (1 Ob 550/93; RIS-Justiz RS0016270). Das folgt jedoch daraus, dass es sich beim Verbesserungsanspruch um einen Rechtsbehelf des Gewährleistungsrechts handelt, der nur bei Verletzung einer primären Vertragspflicht in Betracht kommt. Eine solche Vertragspflicht kann aber nur angenommen werden, wenn die Widersprüchlichkeit des Vertrags durch einen Rechtsbehelf des Irrtumsrechts saniert ist. Die Frage der Verjährung der Irrtumsanpassung kann sich hier dann stellen, wenn die Frist des § 933 ABGB mehr als drei Jahre nach Vertragsabschluss (§ 1487 ABGB) abläuft.
Im vorliegenden Fall stützt sich die Klägerin demgegenüber auf Schadenersatz wegen einer Aufklärungspflichtverletzung. In diesem Fall ist der verursachte Schaden zu ersetzen; eine irrtumsrechtliche Anpassung des Vertrags ist dafür nicht erforderlich. Folgerichtig verjährt der Anspruch wegen (auch bloß fahrlässiger) Irreführung – also wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht – ausschließlich nach § 1489 ABGB (3 Ob 259/05t; Bollenberger in KBB5 § 874 Rz 6; Riedler in Schwimann/Kodek4 § 874 Rz 13). Darin liegt auch kein Wertungswiderspruch zur oben dargestellten Rechtsprechung, weil der Schadenersatzanspruch anders als Gewährleistung und irrtumsrechtliche Vertragsanpassung jedenfalls Verschulden voraussetzt. Dieses zusätzliche Zurechnungselement rechtfertigt auch inhaltlich die Anwendung der für den Geschädigten günstigeren Verjährungsbestimmung.
Dieses Ergebnis stimmt mit den Rechtsfolgen einer Warnpflichtverletzung nach § 1168a ABGB überein. Auch eine solche Pflichtverletzung verursacht nur die Mehrkosten der nachträglichen Herstellung, nicht aber jene Kosten, die – etwa wegen der dann anzunehmenden Vereinbarung eines höheren Werklohns – auch bei einer rechtzeitigen Warnung angefallen wären (RIS-Justiz RS0022104, RS0102085 [T1, T2, T3]). Begehrt der Werkbesteller daher Naturalherstellung, was auch beim Schadenersatzanspruch nach § 1168a ABGB möglich ist (M. Bydlinski in KBB5 § 1168a Rz 11), kann das Leistungsbegehren ebenfalls nur Zug um Zug gegen den Ersatz jenes (weiteren) Werklohns zugesprochen werden, der bei rechtzeitiger Warnung zusätzlich vereinbart worden wäre.
2.3. Das Berufungsgericht hat daher im fortgesetzten Verfahren die Beweisrüge zu erledigen. Übernimmt es die Feststellung des Erstgerichts, wird dessen Entscheidung über dieses Teilbegehren zu bestätigen sein; ist die Beweisrüge erfolgreich, hätte es beim Entfall der Zug-um-Zug-Verpflichtung zu bleiben.
3. Ein Anspruch auf die Kosten einer Bauaufsicht besteht demgegenüber jedenfalls nicht.
3.1. Die Klägerin zeigt an sich zutreffend auf, dass das von ihr beabsichtigte Beiziehen einer Bauaufsicht nach der Lehre von der conditio sine qua non im Kausalzusammenhang mit der Aufklärungspflichtverletzung (widersprüchlicher Vertrag) oder Schlechterfüllung (Vereinbarung nur der Funktionalität) stünde. Denn hätte der Beklagte ordentlich aufgeklärt oder geleistet, wäre es nicht zur nun notwendigen Verbesserung und damit auch nicht zu einer damit verbundenen Bauaufsicht gekommen. Allerdings haftet der Beklagte nur, wenn die Kosten dieser Baufaufsicht noch vom Schutzzweck der übertretenen Pflicht erfasst sind. Ob das zutrifft, ist nach dem durch Auslegung ermittelten Vertragszweck – hier unter Umständen nach dem Zweck der vorvertraglichen Aufklärungspflicht – zu ermitteln (RIS-Justiz RS0017850).
3.2. Im konkreten Fall ist dazu Folgendes zu erwägen:
(a) Ein Anspruch auf Kostenersatz wäre jedenfalls dann zu bejahen, wenn nach den Gepflogenheiten auf vergleichbaren Baustellen schon bei der ursprünglichen Montage eine Bauaufsicht bestellt worden wäre.
In diesem Fall hätte dem Beklagten bewusst sein müssen, dass sich die Klägerin (zumindest) bei einer von ihm zu verantwortenden Verbesserung durch eine Bauaufsicht gegen neuerliche Mängel absichern würde. Die Kosten der Bauaufsicht lägen dann im Schutzbereich der übertretenen vertraglichen oder vorvertraglichen Pflicht.
Dass bei vergleichbaren Fenstereinbauten typischerweise eine Bauaufsicht bestellt wird, ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt allerdings nicht. Vielmehr nahm das Erstgericht (nur) als erwiesen an, dass die Beiziehung einer Aufsicht „angesichts der Ausführungsqualität“ des ursprünglichen Einbaus „technisch indiziert“ sei. Auch die Klägerin stützte sich nur darauf, dass der Beklagte die Kosten der Bauaufsicht wegen der mangelhaften Leistung und des Einsatzes nicht ausgebildeter Hilfskräfte tragen müsse. Diese Umstände begründen aber zunächst nur einen Anspruch auf mangelfreie Leistung durch Personen, die dazu fachlich in der Lage sind. Darauf ist ohnehin schon das – insofern jedenfalls erfolgreiche – Leistungsbegehren gerichtet.
(b) Hingegen lässt sich ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Bauaufsicht allein aus der Schlechterfüllung oder Aufklärungspflichtverletzung nicht ableiten.
Hier ist vielmehr – auch im Fall einer Aufklärungspflichtverletzung – auf die Wertung von § 933a Abs 2 ABGB zurückzugreifen: Danach gilt bei einem Anspruch auf Ersatz des Mangelschadens ein Vorrang der Verbesserung (also der Naturalrestitution) durch den Schädiger. Dem Schädiger wird daher wie im Gewährleistungsrecht eine „zweite Chance“ gewährt, die nicht von weiteren Bedingungen abhängt. Anders verhält es sich – soweit hier relevant – zwar dann, wenn die Verbesserung durch den Vertragspartner für den Geschädigten aus „triftigen, in der Person des Schädigers liegenden Gründen unzumutbar“ ist. Dies setzt aber einen qualifizierten Verlust des Vertrauens in die Kompetenz des Vertragspartners voraus. Dafür reicht die Mangelhaftigkeit der Leistung für sich allein im Regelfall noch nicht aus (6 Ob 85/05a SZ 2005/157; 8 Ob 14/08d SZ 2008/87 = ecolex 2008, 881 [Wilhelm] = ZVR 2009/64 [Karner]; RIS-Justiz RS0120247), wohl aber fortgesetztes Fehlverhalten trotz Rüge 6 Ob 113/09z: „erwiesene Unzuverlässigkeit“) oder ein bewusstes oder grob fahrlässiges Fehlverhalten (P. Bydlinski in KBB5 § 932 Rz 16; Zöchling-Jud in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 932 Rz 57).
Trifft Letzteres zu, kann der Geschädigte sofort Geldersatz begehren. Die von der Klägerin angestrebte Zwischenlösung – Verbesserung durch den Schädiger, aber professionelle Überwachung und diesbezüglicher Kostenersatz – sieht das Gesetz demgegenüber nicht vor. Das ist entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung auch sachgerecht: Der Primat der Verbesserung (§ 933a Abs 2 ABGB) soll den Werkunternehmer schützen, da für ihn die Selbstverbesserung in der Regel die wirtschaftlichere Lösung ist (5 Ob 191/05g JBl 2006, 518 [P. Bydlinski] = ecolex 2006/311 [Jud]). Dieser Vorteil könnte sich in sein Gegenteil verkehren, wenn der Werkunternehmer zusätzlich zur Naturalleistung auch die Kosten einer externen Bauaufsicht (oder sonstigen Qualitätskontrolle) tragen müsste. Denn daraus könnte sich eine Ersatzpflicht ergeben, die den Werkunternehmer im Ergebnis stärker belastet als eine Ersatzvornahme durch ein drittes Unternehmen. Dafür fehlte jede sachliche Rechtfertigung.
Bei Verbesserung durch den Vertragspartner könnte ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Qualitätskontrolle daher nur dann erwogen werden, wenn die Verbesserung auch unter Einbeziehung solcher Kosten günstiger wäre als eine Ersatzvornahme durch ein drittes Unternehmen. Denn in diesem Fall könnten die Kosten der Qualitätskontrolle als ersatzfähiger Aufwand zur Schadensminderung angesehen werden (RIS-Justiz RS0022802). Das setzte aber ein entsprechendes Vorbringen voraus, das die Klägerin hier nicht erstattet hat. Damit kann offen bleiben, ob die Leistung im konkreten Fall überhaupt derart mangelhaft war, dass sich die Klägerin auf § 933a Abs 2 Satz 3 ABGB berufen könnte.
3.3. Aus diesen Gründen hat die Revision in diesem Punkt Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist dahin abzuändern, dass das Feststellungsbegehren zu den Kosten einer Bauaufsicht mit Teilurteil abgewiesen wird.
4. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Hätten die Vertragspartner bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Werkunternehmer weitere oder andere Leistungen vereinbart, so besteht ein auf Schadenersatz wegen Aufklärungspflichtverletzung gestützter Anspruch auf Verbesserung (gegebenenfalls durch Neuherstellung) nur Zug um Zug gegen Ersatz jenes weiteren Werklohns, der bei ordnungsgemäßer Aufklärung zusätzlich vereinbart worden wäre.
Der Werkunternehmer hat bei einer aufgrund Schadenersatzes zu leistenden Verbesserung (gegebenenfalls Neuherstellung) eines Werks die Kosten einer professionellen Bauaufsicht dann zu ersetzen, wenn ein Werkbesteller schon bei der ursprünglichen Werkleistung typischerweise eine solche Aufsicht bestellt hätte. Sonst käme der Zuspruch solcher Kosten nur in Betracht, wenn der Besteller nach § 933a Abs 2 Satz 3 ABGB Geldersatz begehren könnte und die dennoch begehrte Verbesserung für den Unternehmer auch unter Einbeziehung solcher Kosten günstiger ist als eine Ersatzvornahme durch ein drittes Unternehmen.
5. Die Kostenentscheidung zum Teilurteil gründet sich auf § 52 Abs 4 ZPO, jene zum Aufhebungsbeschluss auf § 52 Abs 2 Satz 3 ZPO.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00230.17P.0425.000 |
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