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OGH vom 26.09.1995, 5Ob508/95

OGH vom 26.09.1995, 5Ob508/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwarz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** W*****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H***** F*****, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (300.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 17 R 59/94-23, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen vom , GZ 14 Cg 327/93y-19, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 13.725 S (darin 2.287,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Außer Streit steht, dass der Kläger eine Eigentumswohnung in *****, eingetragen im Grundbuch ***** unter der EZ ***** mit 76/2285tel-Anteilen mit Vertrag vom 11. und von S***** L***** kaufte und mit Kaufvertrag vom außerbücherlich an F***** T***** weiterverkaufte.

Der Kläger begehrte die Räumung dieser Eigentumswohnung mit dem Vorbringen, dass er Eigentümer der Wohnung sei und der Beklagte diese titellos benütze. Der Kläger habe diese Wohnung mit Kaufvertrag vom an F***** T***** verkauft, der seinerseits mit Kaufvertrag vom den Liegenschaftsanteil an H***** F***** weiterverkauft habe. Keiner der Kaufverträge sei grundbücherlich durchgeführt worden. Der Kläger sei von S***** L***** zur Zahlung von Leibrentenbeträgen in Anspruch genommen worden. Er habe mit F***** T***** im Kaufvertrag vereinbart, dass dieser in die Leibrentenverpflichtung des Klägers eintrete und den Kläger hinsichtlich aller Forderungen schad- und klaglos halte. Der Kläger habe deshalb mit Schreiben vom F***** T***** aufgefordert, dieser vertraglich übernommenen Verpflichtung nachzukommen. Mit dieser Aufforderung sei die Erklärung verbunden worden, dass nach Ablauf der in diesem Schreiben gesetzten Nachfrist zur Erfüllung des Vertrags der Rücktritt vom Kaufvertrag als bewirkt anzusehen wäre. F***** T***** habe in der Kanzlei des Klagevertreters anrufen und erklären lassen, dass er nicht daran denke, irgendwelche Zahlungen an S***** L***** zu leisten. Er habe die Wohnung weiterverkauft und es interessiere ihn die Angelegenheit nicht. Der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag sei rechtswirksam. Der Kläger sei von S***** L***** gerichtlich belangt worden und habe auf deren Leibrentenansprüche Nachzahlungen leisten müssen.

Der Beklagte wendete mangelnde aktive Klagslegitimiation ein. Weiters wurde vorgebracht, dass kein gültiger Rücktritt des Klägers von dessen Vertrag mit F***** T***** zustande gekommen sei. Dieser habe die Wohnung außerbücherlich mit Vertrag vom an H***** F*****, den Vater des Beklagten, weiterverkauft. Dieser habe als außerbücherlicher Eigentümer seinem Sohn ein Benützungsrecht eingeräumt. Im Oktober 1991 hätten zudem keine Leibrentenforderungen von S***** L***** ausgehaftet, weil sie von H***** F***** immer vollständig bezahlt worden seien. Weder H***** F***** noch F***** T***** seien vom Kläger zur Schad- und Klagsloshaltung aufgefordert worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt ausging:

Im Leibrentenvertrag vom 11. und verpflichtete sich der Kläger gegenüber S***** L***** zur Bezahlung einer monatlichen Leibrente von 2.400 S an diese bis an ihr Lebensende. Die Leibrentenforderung wurde durch ein Pfandrecht an den verkauften Liegenschaftsanteilen besichert und nach dem Verbraucherpreisindex 1976 wertgesichert. Der Vertrag wurde zunächst nicht grundbücherlich durchgeführt. Im Vertrag vom vereinbarte der Kläger mit F***** T*****, dass dieser die Leibrentenverpflichtung gegenüber S***** L***** zur Allein- und Selbstzahlung übernehme, dem zwischen dem Kläger und S***** L***** bestehenden Schuldverhältnis als Solidarschuldner unter gleichzeitiger Übernahme der persönlichen Haftung beitrete und den Verkäufer, den Kläger, diesbezüglich schad- und klaglos halte. F***** T***** wurde nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Er schloss am mit dem irakischen Staatsangehörigen H***** F***** F***** einen Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil samt untrennbar damit verbundener Wohnung ab, in welchem der Käufer H***** F***** F***** die Verpflichtung F***** T*****s zur Zahlung der Leibrente zur Allein- und Selbstzahlung übernahm, in das zwischen S***** L*****, dem Kläger und F***** T***** bestehende Schuldverhältnis als Solidarschuldner unter gleichzeitiger Übernahme der persönlichen Haftung eintrat und sich verpflichtete, den Verkäufer F***** T***** diesbezüglich schad- und klagslos zu halten. In Punkt 6. des Vertrags wurde festgehalten, dass der Vertrag aufschiebend bedingt von der Genehmigung durch das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 62, nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz für Wien abgeschlossen werde. Am wurde der Antrag auf Genehmigung des Erwerbs der Eigentumswohnung nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz eingebracht. Dieser Antrag wurde am unerledigt abgelegt, weil vom Antragsteller innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist zur Nachreichung von für das Genehmigungsverfahren benötigten Unterlagen diese Unterlagen nicht vorgelegt wurden. Der Beklagte benutzt die Wohnung mit Zustimmung seines Vaters gemeinsam mit seiner Freundin; zuvor benützte er sie gemeinsam mit seinem Bruder A***** F*****. Leibrente und Betriebskosten wurden von den Brüdern bezahlt. Mit Schreiben vom teilte S***** L***** A***** F***** mit, dass aufgrund der Wertsicherung ein Betrag von 29.215,74 S aushafte. A***** F***** bezahlte daraufhin zwar 5.514,80 S an die Leibrentenberechtigte, doch handelte es sich bei diesem Betrag um eine bereits früher fällig gewesene Wertsicherungsrate. S***** L***** forderte daher durch ihren Rechtsanwalt mit Schreiben vom 32.491,74 S vom Kläger, wobei sich dieser Betrag aus 29.215,74 S an ausständiger Leibrentenforderung aufgrund der Wertsicherungsklausel und 3.276 S an Anwaltskosten zusammensetzt. Der Kläger erklärte daraufhin dem Beklagten, er erwarte von diesem, dass der Rückstand bezahlt werde, ansonsten sehe er sich genötigt, die Wohnung wieder zurückzunehmen. Der Beklagte anwortete, der Kläger müsse erst eine von seinem Vater bezahlte Ablöse von 200.000 S ersetzen, wenn er die Wohnung wieder haben wolle, worauf über den Leibrentenrückstand nicht weiter gesprochen wurde. S***** L***** klagte den Rückstand von 29.217,74 S beim Kläger ein. Letztlich einigte man sich am außergerichtlich auf einen Betrag von 15.679,12 S, welcher vom Kläger am an S***** L***** bezahlt wurde. Mit eingeschriebenem Brief vom erklärte der Kläger durch seinen Anwalt F***** T***** gegenüber seinen Rücktritt vom Vertrag und setzte eine Nachfrist von drei Tagen zur Bezahlung der bereits eingeklagten Rückstände der Wertsicherungsbeträge. Aufgrund dieses Schreibens meldete sich am die Lebensgefährtin des F***** T***** telefonisch beim Klagevertreter und erklärte, die Wohnung gehe F***** T***** „nichts mehr an“, er habe sie weiterverkauft und denke nicht mehr daran, irgendetwas zu bezahlen. Sie wurde daraufhin vom Klagevertreter nochmals auf die im Kaufvertrag enthaltene Schad- und Klagsloserklärung F***** T*****s sowie den angekündigten Vertragsrücktritt hingewiesen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom wurde das Eigentumsrecht des Klägers für die klagsgegenständliche Wohnung einverleibt. Jedenfalls seit bezahlt der Kläger die monatliche Leibrente an S***** L*****.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahingehend, dass gemäß § 366 ABGB der Eigentümer jeden anderen vom Besitz einer Sache ausschließen könne und damit auch das Recht verbunden sei, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch Eigentumsklage gerichtlich zu fordern. Die Räumungsklage des Hauseigentümers gegen den titellosen Inhaber einer Wohnung sei als Eigentumsklage zu beurteilen, bei der der Kläger nur den Beweis zu führen habe, dass der Beklagte die eingeklagte Sache in seiner Macht habe und dass diese Sache im Eigentum des Klägers wäre. Sache des Beklagten wäre es, sein Recht zur Benützung der Wohnung zu beweisen. Es bestehe jedoch kein unmittelbares Klagerecht des Haus- oder Wohnungseigentümers gegen einen Dritten, der sein Recht zum Wohnen vom Miet- oder vom Wohnungsberechtigten ableiten könne. Entscheidungswesentlich sei daher zunächst die Beantwortung der Frage, ob dem Beklagten der Beweis seines Rechts zum Besitz gelungen sei. Da die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht versagt, sondern der Akt als unerledigt abgelegt worden sei, seien die beiden Vertragsparteien F***** T***** und H***** F***** durch einen Vertrag gebunden, das Rechtsgeschäft befindet sich im Schwebezustand und sei nicht völlig wirkungslos. Solange die Bedingung noch eintreten könne, benütze der Beklagte die Wohnung nicht titellos, denn seinem Vater sei die Wohnung vom damals jedenfalls dazu berechtigten F***** T***** zur Benützung übergeben worden. Daran vermöge auch der Rücktritt des Klägers von seinem Vertrag mit F***** T***** im Jahr 1991 nichts zu ändern. Da der Rücktritt des Klägers von seinem Vertrag erst nach Abschluss des zweiten Vertrags zwischen F***** T***** und H***** F***** erfolgt sei, könne dieser Rücktritt keine direkte Wirkung auf den zweiten Vertrag haben. Dem Beklagten sei es daher gelungen, sein Recht zum Besitz nachzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige und dass die Revision unzulässig sei. Das Berufungsgericht führte Folgendes aus:

Das Erstgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag mit F***** T***** wirkungslos sei. Es habe dabei übersehen, dass der Rücktritt vom Vertrag, der schuldrechtlich ex tunc wirke, das Recht zum Besitz beseitige. Auszugehen sei nämlich davon, dass der Beklagte sein Recht zum Besitz aus einer Titelkette ableite, die jedoch durch den Rücktritt des Klägers vom Vertrag mit F***** T***** unterbrochen worden sei. Die vertragliche Beziehung zwischen F***** T***** und dem Vater des Beklagten reiche in keiner Weise, der Eigentumsklage ein Recht zum Besitz entgegenzuhalten. Auch die Bestimmung des § 366 zweiter Satz ABGB stehe dem Klagebegehren nicht entgegen, weil darin bloß eine Konvaleszenz zum Ausdruck komme. Eine „sinngemäße“ Anwendung des § 367 ABGB auf unbewegliche Sachen, wie sie dem Beklagten vorschwebe, entspreche nicht der Rechtsprechung. Auf die Frage der Redlichkeit des Erwerbes sei daher in keiner Weise Bedacht zu nehmen. Auch der Rücktritt vom Vertrag erscheine berechtigt. Nach der Rechtsprechung könne zwar der Verkäufer, der den Vertrag durch Übergabe des Kaufgegenstands erfüllt habe, wegen Zahlungsverzugs des Käufers vom Vertrag nicht zurücktreten. Da jedoch eine Liegenschaft gemäß § 431 ABGB erst durch die grundbücherliche Eintragung übergeben werde und nicht durch die faktische Besitzeinräumung, sei vor der bücherlichen Durchführung eines Kaufvertrags über diese Liegenschaft ein Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Verzugs des Käufers im Sinne des § 918 Abs 1 ABGB möglich. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sei der Kläger vom Kaufvertrag unter Setzung einer Nachfrist von drei Tagen zurückgetreten. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass die dreitägige Nachfrist zu kurz sei - die Angemessenheit der Nachfrist richte sich nach den konkreten Umständen - sei darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Frist nicht gesetzt, sondern bloß gewährt werden müsse und mit der Rücktrittserklärung beginne. Auch bei zu kurz bemessener Nachfrist sei die Leistung innerhalb angemessener Frist zu vollziehen. Im gegenständlichen Fall sei aber die Leistung durch F***** T***** auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht erbracht worden, sodass ungeachtet einer allenfalls zu kurz bemessenen Nachfrist der Rücktritt wirksam geworden sei. Damit ergebe sich aber, dass die Rechtfertigung für eine Sachinnehabung durch F***** T***** nachträglich weggefallen sei; von diesem leitet der Beklagte sein Recht zur Innehabung ab, das damit gleichfalls beseitigt worden sei. Damit ergebe sich aber, dass der Einwendung des Beklagten der Boden entzogen worden sei, sodass der auf § 366 ABGB gestützten Klage stattzugeben gewesen sei.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil die Frage des Rücktrittes wegen Verzugs bei Leibrentenverträgen einer Überprüfung bedarf; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, eine Rücktrittsmöglichkeit müsse ausgeschlossen werden, weil im Verhältnis zwischen dem Kläger und F***** T***** die Erfüllungsübernahme einer Leibrentenverpflichtung die Gegenleistung für eine Wohnung gewesen sei. Es sei der Charakter eines Dauerschuldverhältnisses zu berücksichtigen. Im Verhältnis zwischen dem Kläger und F***** T***** sei eine den Rücktritt ausschließende Übergabe erfolgt. Die Judikatur über die Rücktrittsmöglichkeit bei einem grundbücherlich noch nicht durchgeführten Liegenschaftsverkauf könne in einem Fall, in dem der Käufer selbst nicht bücherlicher Eigentümer sei, nicht in Betracht gezogen werden. Bei der vorliegenden Vertragskonstruktion könne es zu keiner Auflösung ex tunc kommen. Selbst die Aufhebung des Vertrags zwischen dem Kläger und F***** T***** könne nur zu einem Herausgabeanspruch des Klägers gegen diesen, nicht aber gegen den Beklagten führen. § 367 ABGB sei sinngemäß anzuwenden. § 366 zweiter Satz ABGB stehe einer Eigentumsklage des Klägers entgegen.

Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen.

Vorauszuschicken ist, dass es sich bei den Zweifeln des Beklagten an einem Rentenrückstand und bei seiner Behauptung, der Kläger habe die Verbücherung des Eigentumsrechts des F***** T***** vereitelt, um im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerungen handelt, weshalb hierauf nicht weiter einzugehen ist.

Wird eine Liegenschaft gegen Leibrente veräußert, liegt nicht nur ein Leibrenten-, sondern auch ein Kaufvertrag vor; die Leibrente bildet den Kaufpreis. Der Vertrag ist dann nach den für diese Vertragstypen und den allgemein für Verträge geltenden Grundsätzen zu beurteilen (SZ 45/112; RdW 1990, 249; Krejci in Rummel2 §§ 1284 bis 1286 ABGB Rz 5; Binder in Schwimann§ 1284 ABGB Rz 1). Diese Regeln gelten nicht nur für den zwischen S***** L***** und dem Kläger abgeschlossenen Vertrag, sondern entsprechend auch für die folgenden Verträge, mit denen der Vertragsgegenstand gegen Übernahme der Leibrentenverpflichtung weiterveräußert wurde.

Ob bei Verzug des Rentenschuldners ein Rücktrittsrecht gemäß den §§ 918 ff ABGB besteht, war in der älteren Lehre umstritten (vgl Krejci aaO Rz 32 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung ist der Rücktritt - auch außerhalb des Handelskaufsrechts - ausgeschlossen, wenn der Veräußerer die Sache übergeben und den Kaufpreis gestundet hat, wobei Liegenschaften erst mit der grundbücherlichen Einverleibung als übergeben gelten (SZ 52/36; JBl 1988, 108 = AnwBl1988, 167 mwN). Damit verbleibt als problematisch nur mehr der meist kurze, hier freilich jahrelange Zeitraum vor der Einverleibung. Bereits in SZ 45/112 (vgl auch 5 Ob 137/74 und 4 Ob 575/78) wurde ein Rücktritt vom Leibrentenvertrag gemäß § 918 ABGB vor der Verbücherung trotz faktischer Besitzeinräumung zugelassen; die Gründe, aus welchen es noch nicht zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erwerbers gekommen ist, wurden für belanglos erklärt. Hingegen begnügt sich die Rechtsprechung bei bäuerlichen Übergabsverträgen für den Rücktrittsausschluss mit der faktischen Besitzeinräumung (SZ 50/166; JBl 1988, 108; Reischauer in Rummel2 § 918 ABGB Rz 10; Krejci aaO Rz46). Schließlich wurde in SZ 50/113 ausgesprochen, dass der aus dem Leibrentenvertrag Berechtigte grundsätzlich ein Rücktrittsrecht (nur) mit Wirkung ex nunc hat, wenn der andere Teil mangelhaft erfüllt.

In der jüngeren Lehre erwägt Reischauer aaO Rz 10 aE (vgl Rz 19), bei einer Leibrente könnte der Sinn des Vertrags wegen dessen einem Dauerschuldverhältnis zumindest nahen Charakter nach Beginn des Abwicklungsverhältnisses ein Rücktrittsrecht ausschließen. Krejci aaO Rz 32 weist darauf hin, dass die §§ 1284 bis 1286 ABGB keine Sonderregelungen über Leistungsstörungen beim Leibrentenvertrag kennen. Die Leistungspflicht des Rentenberechtigten sei nicht wie ein Dauerschuldverhältnis, sondern wie ein Zielschuldverhältnis konzipiert, was eine problemlose einseitige Auflösung des Leibrentenvertrags ohne Rückabwicklung ex tunc behindere (Rz 34 ff). Unter bestimmten Umständen erscheine es immerhin vertretbar, die einseitige Auflösung im Rahmen des Zulässigen für vertraglich ausgeschlossen zu erachten, sofern die Parteien nicht ausdrücklich anderes vereinbart hätten.

Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht kein überzeugender Grund, Leibrentenverträge (vor Verbücherung des Eigentumsrechts des Erwerbers) vom Anwendungsbereich der §§ 918 ff ABGB, in den sie grundsätzlich fallen, auszuschließen. Die für Dauerschuldverhältnisse vertretene Regel, diese seien nach Abwicklungsbeginn nur mehr ex nunc aufhebbar, ist nicht heranzuziehen, weil eine fortgesetzte oder periodisch wiederkehrende Erfüllungstätigkeit beider Vertragsparteien nicht vorliegt; der Veräußerer erbringt eine einmalige Leistung zB die Hingabe einer Liegenschaft (SZ 45/112; vgl EvBl 1970/223; Krejci aaO Rz 34; Binder aaO Rz 12). Es ist auch nicht anzunehmen, dass eine Rückabwicklung ex tunc (mit Rückstellung der Liegenschaft, der bezahlten Leibrenten und sonstiger Gegenleistungen, allenfalls Ansatz eines Benützungsentgelts) regelmäßig unlösbare Probleme aufwürfe. Die für bäuerliche Übergabsverträge entwickelte Rechtsprechung kommt nicht zum Tragen, weil die Besonderheiten solcher Verträge, wie sie etwa in SZ 50/166 dargestellt wurden, auf Leibrentenverträge typischerweise nicht zutreffen. Auch wenn die Leibrentenverpflichtung pfandrechtlich besichert wurde, bedeutet dies nicht ohne weiteres, dass damit auf das Recht, sich von einem mit der Rentenzahlung säumigen Partner lösen zu können, verzichtet worden wäre (vgl aber Gschnitzer in Klang IV2 455; Reischauer aaO Rz 10 aE).

Somit ist an den in SZ 45/112 vertretenen Grundsätzen festzuhalten. Danach war der Kläger noch zum Rücktritt gemäß § 918 ABGB berechtigt. Aus dem Umstand, dass sein Eigentumsrecht zunächst nicht verbüchert war, ergibt sich keine andere Beurteilung seiner verzugsrechtlichen Rücktrittsberechtigung.

Ist der Kläger aber wirksam vom Kaufvertrag mit F***** T***** zurückgetreten, so bedeutet dies - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat -, dass die Titelkette, aus der der Beklagte sein Benützungsrecht ableitet (vgl Spielbüchler in Rummel2 § 366 ABGB Rz 4; Pimmer in Schwimann§ 366 ABGB Rz 12), unterbrochen wurde: Der Beklagte muss der-zutreffend gegen den Inhaber der Wohnung gerichteten-Räumungsklage des bücherlichen Eigentümers weichen. Dass für ihn weder aus § 366 Satz 2 noch aus § 367 ABGB etwas zu gewinnen ist, wurde bereits vom Berufungsgericht dargelegt.

Der Revision des Beklagten war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.