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OGH vom 15.12.1998, 5Ob312/98p

OGH vom 15.12.1998, 5Ob312/98p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Corazon A*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin F*****, vertreten durch Dr. Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8, 9, 11 und 12 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , 39 R 30/98w, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom , 4 Msch 85/96i-8, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist seit Mieterin der 22,30 m2 großen Wohnung top 315 im Haus *****, das der Antragsgegnerin gehört. Das Mietobjekt umfaßt einen Vorraum mit integrierter kleiner Garderobe, eine Kochnische mit einer Kochplatte, eine Dusche mit WC sowie einen Wohn-Schlafraum mit Bett, Schrank und Kästchen. Die Antragstellerin hat hiefür einen Pauschalmietzins zu zahlen, der sich vereinbarungsgemäß aus Grundzins, Betriebskosten, Verbrauchsgebühren für Strom, Warm- und Kaltwasser sowie aus den Kosten der Zentralheizung zusammensetzt. Seit Mai 1993 belaufen sich die monatlichen Mietzinsvorschreibungen auf den Betrag von S 3.650,--, der nicht weiter aufgeschlüsselt wird. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Aufgliederung und Nachweis des Pauschalbetrages hinsichtlich seiner Zusammensetzung war bereits im Mietvertrag ausdrücklich abbedungen worden.

Das verfahrensgegenständliche Haus steht auf einem Baurechtsgrund der Gemeinde Wien. Es wurde mit Mitteln der Wohnbauförderung errichtet, und zwar mit Förderungsdarlehen und Annuitätenzuschüssen von mehr als S 23,000.000,--, die der Antragsgegnerin von Amt der Wiener Landesregierung mit Bescheid vom zur Errichtung eines Ledigenheimes zugesichert worden waren. Die Fertigstellung des Hauses erfolgte im Jahr 1984.

Die Antragsgegnerin verfolgt ausschließlich gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Sie soll statutengemäß Zuwanderern helfen, unter anderem durch die Förderung einer geeigneten Unterbringung in Form einer höchstens kostendeckenden Vermietung von überwiegend möblierten Unterkünften in Herbergen, auf Wohnplätzen in Ledigenheimen sowie in Startwohnungen und anderen Wohneinheiten.

Auch das verfahrensgegenständliche Haus soll nach den Zielsetzungen der Antragsgegnerin Zuwanderern, die meist noch nicht wissen, ob sie in Wien bleiben, eine kostengünstige Wohnmöglichkeit bieten. Der von ihr den Mietern vorgeschriebene Mietzins setzt sich aus Annuitäten, Baurechtszins, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, Betriebskosten, Verwaltungskosten, Heizungskosten, Kosten für Warmwasser, Strom und Heizung, einem Entgelt für die Möbel sowie der Umsatzsteuer zusammen. Die Reinigung ihrer Unterkünfte besorgen die Mieter selbst. Das Kalkulationsschema soll sich nach dem Willen der Antragsgegnerin nach dem WSG 1984 richten. Die Heimbewohner haben für einen allfälligen Mehrverbrauch von Strom, Wasser und Heizungsenergie keine Zahlungen zu leisten; es bestehen auch keine Beschränkungen im Verbrauch. Eine selbständige Abrechnung jedes Mieters mit den jeweiligen Lieferanten würde einen erheblichen Organisationsaufwand bedeuten. Das Einbringungsrisiko hinsichtlich der Kosten wird von der Antragsgegnerin getragen. Sie wird vom Kontrollamt der Stadt Wien kontrolliert.

Im Haus gibt es insgesamt 90 Zimmer (Wohneinheiten). Von diesen wechseln innerhalb eines Jahres ca 30 bis 40 die Mieter. Aus diesem Grund wird nicht für jeden einzelnen eine Abrechnung iSd MRG erstellt. Es bestehen im Haus außerdem noch mehrere Gemeinschaftsanlagen, nämlich 6 Küchen, Waschküchen und Telefone, die mit Wertkarten benützt werden können.

Mit der Behauptung, das von ihr gemietete Objekt unterliege der Vollanwendung des MRG, hat die Antragstellerin zunächst bei der zuständigen Schlichtungsstelle, dann gemäß § 40 Abs 1 MRG bei Gericht die Überprüfung des Hauptmietzinses beantragt; dazu sollen der Antragsgegnerin noch die Legung und Vorlage der Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 1993 und 1994 aufgetragen, die Betriebskostenabrechnungen überprüft, der Verteilungsschlüssel gemäß § 17 MRG festgestellt und die Antragsgegnerin zur Rückzahlung zuviel bezahlter Beträge verhalten werden.

Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung der Sachanträge, weil das Bestandobjekt gar nicht dem MRG unterliege. Es handle sich um die Unterkunft in einem Heim iSd WWSFG; da die Überwachung der Mietzinsbildung wegen der gewährten Wohnbauförderung im übrigen gemäß § 47 WFG 1984 allein dem Land unterliege, sei eine gerichtliche Überprüfung der Mietzinsbestandteile nicht zulässig.

Das Erstgericht wies auf Basis der eingangs wiedergegebenen Feststellungen alle Sachanträge als unzulässig zurück. Die Überwachung der Mietzinsbildung für das verfahrensgegenständliche Bestandobjekt sei nämlich gemäß § 47 WFG 1984 allein Sache des Landes Wien, sodaß für eine Zuständigkeit des Gerichtes kein Platz bleibe. Im übrigen liege die Wohnung der Antragstellerin in einem hiefür besonders eingerichteten Heim, das ausschließlich wohltätigen Zwecken dienen soll und nicht auf Gewinn ausgerichtet ist, sodaß das MRG nach seinem "1 Abs 2 Z 1 nicht anwendbar sei. Ein Verfahren nach § 37 MRG komme nicht in Frage.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß es die Sachanträge der Antragstellerin abwies. Es führte aus:

Die Antragstellerin vertrete die Ansicht, daß nicht das WFG 1984, sondern das WFG 1968 anzuwenden sei. Gemäß § 60 Abs 8 WFG 1984 seien nämlich für Bauvorhaben, für die - wie im gegenständlichen Fall - eine schriftliche Förderungszusicherung vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilt wurde, die Vorschriften des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 weiterhin anzuwenden; nur hinsichtlich der Mietzinsbildung habe statt des § 32 Abs 3 Z 4 der § 46 Abs 1 Z 4, Abs 3 und 4 des WFG 1984 Anwendung zu finden. Auch nach dem § 79 Abs 4 WWFSG 1989 seien auf Bauvorhaben, für die eine schriftliche Zusicherung gemäß § 28 Abs 4 des WFG 1968 vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt wurde, die Vorschriften der WFG 1968 weiterhin anzuwenden.

Gemäß § 32 Abs 1 WFG 1968 hätten im Falle der Vermietung einer mit Förderungsmitteln nach diesem Bundesgesetz errichteten Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit die Bestimmungen des Mietengesetzes mit den in den nachfolgenden Absätzen 2 bis 6 getroffenen Änderungen zu gelten (Böhm/Schuster in WoBl 1989, 35 f; zustimmend OGH 5 Ob 68/89); sofern Vermieter eine gemeinnützige Bauvereinigung ist, hätten die Bestimmungen des Mietengesetzes hinsichtlich der Mietzinsbildung sowie die nachfolgenden Absätze nicht Anwendung zu finden. Dabei handle es sich ungeachtet der Überschrift "Mietzinsbildung" schon nach dem Wortlaut der Bestimmung um eine im Förderungsrecht übliche Gesamtverweisung auf das MG (vgl 14 ObA 34/87), also im Sinne der Transformationsklausel des § 58 Abs 4 MRG auf das MRG (vgl 5 Ob 1118/91; gemeint ist wohl 5 Ob 118/91 = WoBl 1992, 199/131 = MietSlg 44.662). Zwar vertrete der OGH in seiner Entscheidung 5 Ob 1118/91 (5 Ob 118/91) die Ansicht, daß bei einer Inanspruchnahme von Fondshilfe die Berufung auf einen sonst gegebenen Ausnahmetatbestand des MG (MRG) verhindert werden sollte, doch habe es sich hiebei um einen in seiner Wertigkeit anders gelagerten Fall nach dem WWG gehandelt. Sehe man auf die Vollausnahme des § 1 Abs 2 Z 1 MRG, dann ergebe sich dort das Bild einer einseitig herabgesetzten Schutzwürdigkeit des Mieters. Es wäre nur schwer einzusehen, daß sich diese Schutzwürdigkeit erhöhen sollte, nur weil der Vermieter "zufällig" Förderung genoß; daher seien diese Geltungsbereichsausnahmen in die in § 32 Abs 1 Satz 1 WFG 1968 iVm § 58 Abs 4 MRG ausgesprochene Verweisung auf das MRG einzubeziehen, sodaß das MRG auf die dort genannten Mietverhältnisse auch im Förderungsfall nicht anzuwenden sei (Böhm/Schuster in WoBl 1989, 33 f). Umgekehrt beruhten die Teilausnahmen des § 1 Abs 4 MRG nicht auf einer herabgesetzten Schutzwürdigkeit des Mieters, sondern auf einer vom Gesetzgeber unterstellten erhöhten Schutzwürdigkeit des Vermieters, sodaß § 1 Abs 4 MRG in die Verweisung nicht miteinzubeziehen und das MRG demgemäß jedenfalls zur Gänze anzuwenden sei, wenn das Bestandobjekt in einem Ein- oder Zweifamilienhaus gelegen ist oder an ihm Wohnungseigentum besteht.

Damit sei im gegenständlichen Fall maßgeblich, ob auf das vorliegende Objekt der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG zur Anwendung kommt oder nicht.

Den Ausführungen der Antragstellerin, daß es sich nicht um ein Heim im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 MRG handle und das MRG daher anzuwenden sei, könne nicht gefolgt werden: Gemäß § 1 Abs 2 Z 1 MRG fallen in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes nicht Mietgegenstände, die im Rahmen des Betriebes eines hiefür besonders eingerichteten Heimes für ledige oder betagte Menschen, Lehrlinge, jugendliche Arbeitnehmer, Schüler oder Studenten vermietet werden. Nahezu dieselbe Bestimmung fand sich in § 1 Abs 2 Z 4 MG. Heime iS der genannten Bestimmungen seien Wohnstätten, die außer Unterkunft auch noch andere Vorteile der Heimtätigkeit gewähren; ihnen sei der Mangel eigener Wirtschaft und Haushaltung (und nicht so sehr die Qualifikation der Bewohner, die das Gesetz demonstrativ aufgezählt) eigentümlich (vgl SZ 6/33). Zwar verfüge die Wohnung der Antragstellerin über eine kleine Kochplatte und werde die Reinigung von den Mietern selbst besorgt; das Haus verfüge jedoch über 6 Gemeinschaftsküchen, Waschküchen und Telefone, die mit einer Wertkarte benützt werden können, und biete damit den Bewohnern sehr wohl andere Vorteile der Heimtätigkeit, insbesondere über die Möglichkeit, eben nicht selbst einen Haushalt führen zu müssen (was bei lediglich einer kleinen Kochplatte tatsächlich auch nicht möglich erscheine). Insgesamt sei daher unter dieser Wohnstätte ein Heim im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 MRG zu verstehen.

Da das MRG im Ergebnis daher keine Anwendung finde, seien die Anträge der Antragstellerin abzuweisen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß der OGH die Frage des Verhältnisses des § 32 Abs 1 Satz 1 WFG 1968 zu § 1 Abs 2 Z 1 MRG - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden habe.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs vertritt die Antragstellerin den Standpunkt, daß sich die Frage der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes kraft Verweisungsnorm nur dann stellen könne, wenn ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand iSd § 1 MRG vorliegt (5 Ob 59/98, gemeint wohl 5 Ob 59/88 = MietSlg 40/35 = WoBl 1989, 94/43). Die Annahme, daß eine Verweisungsnorm ins Leere geht, wenn eine Vollausnahme iSd § 1 Abs 2 Z 1 MRG vorliegt, wogegen das Vorliegen einer Teilausnahme nach Abs 4 leg cit der Geltung des MRG kraft Verweisungsnorm nicht schade, sei im Gesetz nicht gedeckt und widerspreche auch der Zielsetzung des MRG (idS Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 40 zu § 1 MRG). Bei der Auslotung der Tragweite einer Verweisung komme es im übrigen nicht auf den Zweck der verwiesenen Norm, sondern auf den Zweck der Verweisungsnorm an. Es sei danach zu fragen, warum der Gesetzgeber auf eine bestimmte Norm verwiesen hat und nicht danach, warum die verwiesene Norm Ausnahmen vorsieht. Wenn ein Gesetz die Geltung eines anderen positiv anordnet, sei der Geltungsbereich des verwiesenen Gesetzes mit dessen allfälligen Ausnahmen nicht relevant, weil die Verweisungsnorm die Bestimmungen über die Anwendung der verwiesenen Norm ersetze und dieser als lex specialis vorgehe. Zudem wären einzelne Bestimmungen des § 32 WFG 1968 über die Mietzinsbildung (etwa hinsichtlich der Betriebskosten) gar nicht anwendbar, würde man über die Ausnahmebestimmungen des MRG dessen Geltungsbereich einengen. Dem Gesetzgeber könne auch nicht zugesonnen werden, daß er die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung des von ihm genau geregelten Mietzinses einengen wollte. Das MRG sei daher auf den vorliegenden Fall auch dann anzuwenden, sollte auf das Mietobjekt - wäre es nicht gefördert worden - die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 1 MRG zutreffen.

Unabhängig davon liege der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG gar nicht vor. Wesentliches Merkmal einer Heimunterkunft sei, daß es den Heimbewohnern an einer eigenen Wirtschaft und Haushaltung mangelt (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 44 zu § 1 MRG). Im gegenständlichen Fall erlaube jedoch das mit einer Kochnische ausgestattete Bestandobjekt ein eigenes Wirtschaften und Haushalten; auch die Reinigung des Bestandobjektes werde von den Mietern selbst besorgt. Daß im Haus zusätzliche Küchen vorhanden sind, reiche nicht aus, um von einem Heim iSd § 1 Abs 2 Z 1 MRG zu sprechen; auch die Waschküchen und Wertkartentelefone könnten eine Ausnahme vom MRG nicht rechtfertigen.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen; in eventu soll einer der Vorinstanzen die Entscheidung aufgetragen werden, ob der außerstreitige Rechtsweg zulässig ist.

Die Antragsgegnerin hat dazu eine Revisionsrekursbeanwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels ausreichender Judikatur zu den aufgeworfenen Rechtsfragen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Rekursgericht die Bestimmung des § 32 Abs 1 WFG 1968 auf das verfahrensgegenständliche Bestandobjekt angewendet, weil die schriftliche Zusicherung einer Förderung des Bauvorhabens gemäß § 28 Abs 4 WFG 1968 bereits vor dem ; dem Inkrafttreten des WFG 1984, erfolgt ist (§ 60 Abs 8 WFG 1984). Sollte es sich also beim fraglichen Objekt um eine mit Förderungsmitteln nach dem WFG 1968 errichteten Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit iSd WFG 1968 handeln, gelten (mit Ausnahme der besonderen Vorschriften der Abs 2 ff des § 32 leg cit über die Mietzinsbildung) "die Bestimmungen des Mietengesetzes", was zufolge der Transformationsklausel des § 58 Abs 4 MRG als dynamische Verweisung auf das MRG zu verstehen ist (immolex 1998, 135/81 ua).

In der Lehre ist umstritten, ob diese Verweisung auch die in § 1 Abs 2 MRG enthaltenen Ausnahmeregelungen erfaßt, ob es also bei Zutreffen eines solchen Ausnahmetatbestandes selbst bei einer dem § 32 Abs 1 WFG 1968 entsprechenden Förderung des Bestandobjektes bei der völligen Unanwendbarkeit des MRG zu bleiben hat oder ob nicht doch das MRG (mit hier nicht zu erörternden Ausnahmen) anzuwenden ist (vgl H. Böhm/Schuster, Probleme der Mietrechtsgeltung, WoBl 1989, 1 ff und 30 ff, sowie H. Böhm, Zur Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes, WoBl 1990, 29 ff, versus Würth, Zur Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes, WoBl 1989, 129 ff, und Würth, Abschließend: "Zur Anwendbarkeit des MRG" - Die wesentlichen Auffassungsunterschiede, WoBl 1990, 33 ff; vgl auch Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 65 zu § 1 MRG). Der OGH neigt in dieser Frage erkennbar der Auffassung von Würth zu, der in Verweisungsfällen nach § 32 Abs 1 WFG 1968 die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs 2 MRG nicht gelten läßt, hat er doch schon mehrmals judiziert, daß die Anwendbarkeit des MRG kraft Verweisung eines Gesetzes auf das MRG überhaupt nur dann und insoweit zu prüfen ist, als einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 bis 4 MRG vorliegt (MietSlg 40/35; WoBl 1992, 199/131). Es wurde auch schon ausgesprochen, daß die Regelungen des § 32 WFG 1968 als leges speciales die damit im Widerspruch stehenden mietzinsrechtlichen Bestimmungen des MRG verdrängen, was "insbesondere" auf den Ausnahmekatalog des § 1 Abs 4 MRG durchschlage (MietSlg 45/27). Das strittige Auslegungsproblem ist jedoch hier nicht abschließend zu lösen, weil gar kein Förderungsfall iSd § 32 Abs 1 WFG 1968 (und damit keine Verweisung auf die Bestimmungen des MRG ungeachtet der in § 1 Abs 2 Z 1 leg cit enthaltenen Ausnahmeregelung) vorliegt.

§ 32 Abs 1 WFG 1968 ordnet die Anwendung der Bestimmungen des MG bzw MRG für den Fall an, daß eine mit Förderungsmitteln nach diesem Bundesgesetz (also mit Darlehen iSd § 11 ff WFG 1968) errichtete Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit vermietet wird. Andere Förderungsmaßnahmen sind mietrechtlich neutral (Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 2 zu § 32 WFG 1968), führen also nicht über die Verweisungsnorm des § 32 Abs 1 WFG 1968 zu einer Anwendung des MRG. Es ist vielmehr gemäß § 1 MRG unter Berücksichtigung seiner Ausnahmeregelungen zu prüfen, ob bzw inwieweit die Vorschriften des MRG auf das betreffende Mietverhältnis anzuwenden sind.

Das WFG 1968 sah den Einsatz der in §§ 11 ff leg cit näher definierten Förderungsmittel für die Errichtung von Klein- und Mittelwohnungen (§ 1 Abs 1 lit a leg cit), von Heimen, insbesondere für Ledige sowie betagte Menschen (§ 1 Abs 1 lit b leg cit), und von Geschäftsräumen in geförderten Baulichkeiten vor (§ 1 Abs 2 leg cit). Als Klein- und Mittelwohnungen waren dabei bestimmt ausgestattete Wohnungen definiert, die für die dauernde Bewohnung bestimmt sind (§ 2 Abs 1 Z 2 und Z 3 leg cit); als Heime galten Baulichkeiten, die neben Wohnräumen für Einzelpersonen gemeinsame Küchen und Aufenthaltsräume, allenfalls auch gemeinsame sanitäre Anlagen sowie Wohn(Schlaf)Räume des Hauspersonals und die für Verwaltungszwecke des Heimes notwendigen Räume enthalten (§ 2 Abs 1 Z 4 leg cit).

Die Verweisungsnorm des § 32 Abs 1 WFG 1968 berücksichtigt nur den Fall einer Förderung von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten, sieht also für die Vermietung von Unterkünften in Heimen, die mit Förderungsmitteln errichtet wurden, die Geltung des MRG (und auch die Geltung der besonderen Bestimmungen der Abs 2 ff des § 32 WFG 1968 über die Mietzinsbildung) gar nicht vor. Im gegenständlichen Fall wurden der Antragsgegnerin Förderungsmittel ausdrücklich für die Errichtung eines Ledigenheimes gewährt, was auch im Sinn dieser Widmung verwirklicht wurde, sodaß die Verweisungsnorm des § 32 Abs 1 WFG 1968 nicht greift. Die Anwendbarkeit des MRG auf das verfahrensgegenständliche Mietverhältnis ist daher allein nach dessen § 1, konkret nach der Ausnahmeregelung des § 1 Abs 2 Z 1 leg cit, zu prüfen. Insoweit bleibt es bei dem schon vom Rekursgericht erzielten Ergebnis, daß die Qualifikation der Wohnung der Antragstellerin als Heimunterkunft iSd § 1 Abs 2 Z 1 MRG allen im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Ansprüchen der Antragstellerin die Rechtsgrundlage nehmen würde, weil das MRG insgesamt keine Anwendung findet, dementsprechend auch keine der bezogenen Gesetzesbestimmungen (§ 16 Abs 2 aF MRG,§ 17 MRG,§ 20 MRG,§ 37 MRG etc).

Da die fragliche Ausnahmeregelung des § 1 Abs 2 Z 1 MRG ihr Vorbild in § 1 Abs 2 Z 4 MG hatte, kann auf die zur alten Rechtslage ergangene Judikatur zurückgegriffen werden. Dementsprechend ist nach den konkreten Umständen des jeweils zur Beurteilung anstehenden Falls zu entscheiden, ob der Bestandgegenstand als Heim iSd der fraglichen Ausnahmeregelung qualifiziert werden kann (vgl 3 Ob 535/79 = RIS-Justiz RS0067184). Dem Rekursgericht, das die Unterkunft der Antragstellerin als Heimplatz wertete, ist bei dieser Beurteilung kein Fehler unterlaufen, obwohl einige Verfahrensergebnisse, so die Ausstattung der Gemeinschaftsküchen als Räume, in denen die Heimbewohner Besucher empfangen können, die Bereitstellung mehrerer Gemeinschaftswaschmaschinen, die kostenlose Hilfe von Hausarbeitern bei kleineren Reparaturen, ständige Anwesenheit einer voll beschäftigten Heimbetreuerin etc (PV der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin, AS 15 ff), in den Feststellungen keine Berücksichtigung gefunden haben. Das maßgebliche Kriterium der Heimunterbringung, der Mangel eigener Wirtschaft und Haushaltung (Würth in Würth/Zingher aaO, Rz 44 zu § 1 MRG mit dem Hinweis auf SZ 6/33), ist trotz der in der Wohnung der Antragstellerin vorhandenen Kochplatte und der langen Dauer ihres Aufenthalts erfüllt, weil es auf die Typizität des zu beurteilenden Falles ankommt und nicht angenommen werden kann, daß eine heimtypische, auf die Überbrückung einer momentanen Wohnungsnot ausgelegte Unterkunft von 22,30 m2 in einem Haus mit 89 anderen derartigen Heimplätzen ein normales ständiges Wirtschaften und Haushalten ermöglicht. Im konkreten Fall spricht außerdem die konkrete Widmung des Hauses und das gänzliche Fehlen normal ausgestatteter Wohnungen für eine dem § 1 Abs 2 Z 1 MRG unterstellbare Heimunterkunft der Antragstellerin. Daß sie diese schon seit Jahren nützt, vermag daran nichts zu ändern (vgl MietSlg 41.171 zum Fall der Unterbringung in einem Beherbergungsbetrieb).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.