OGH vom 21.04.1998, 4Ob101/98a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, Wien 1, Lugeck 4, vertreten durch Dr.Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. D***** Filmproduktionsgesellschaft mbH, 2. Rudolf D*****, 3. Hannes R*****, alle vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Urteils- veröffentlichung, Rechnungslegung und Beseitigung (Streitwert im Provisorialverfahren S 150.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 227/97b-35, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 10 Cg 170/95w-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 9.625,50 (darin S 1.604,25 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Zwischen der durch das Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vertretenen Republik Österreich als Auftraggeberin und der Klägerin als Auftragnehmerin wurde am ein Werkvertrag über die Konzeption und Durchführung einer "AIDS-Kampagne 1994" geschlossen. Die Konzeption und Produktion der TV- bzw. Videoclips sollte in Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten erfolgen, und zwar gemäß den präsentierten Vorschlägen (§ 1 Punkt 2. des Werkvertrages Beilage ./A). § 2 des Werkvertrages lautet: "Mit der vollständigen Begleichung der vereinbarten Vergütung sind alle Leistungen des Auftragnehmers in der Planung, der Gestaltung und Durchführung der Werbung für die in diesem Vertrag vorgesehenen Aufgaben abgegolten und gehen alle erforderlichen urheberrechtlichen Verwertungs- und Leistungsschutzrechte für Österreich auf den Auftraggeber über." Nach § 4 des Werkvertrages sollte die Kampagne in der Zeit vom 1.9. bis stattfinden. § 10 des Werkvertrages erklärt die "Allgemeinen Vertragsbedingungen" des Bundesministeriums in der Fassung vom zum Bestandteil des Vertrages; Punkt 7. dieser Allgemeinen Vertragsbedingungen lautet: "Das Recht, das vereinbarte Werk und alle damit zusammenhängenden Arbeitsergebnisse auf welche Art auch immer zu benützen, steht ausschließlich dem Auftraggeber zu." Die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen wurden im § 1 des Werkvertrages im einzelnen angeführt; die Erstellung eines Pressespiegels ist in dieser Aufzählung nicht enthalten. Dr.Peter B*****, der unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Abteilungsleiter im Ministerium, wirkte an der Formulierung und Ausgestaltung des Werkvertrages mit; er erwartete bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, daß nach Abschluß der AIDS-Kampagne 1994 ein Pressespiegel mit Reaktionen auf die AIDS-Kampagne 1994 durch die Klägerin erstellt werde. Seiner Ansicht nach entspricht es auch dem Wesen einer in sich geschlossenen Kampagne, daß sämtliche Printprodukte oder Unterlagen eine äußerlich ähnliche Gestaltung aufweisen.
Nach Abschluß des Werkvertrages zwischen der Republik Österreich und der Klägerin schloß die Klägerin am als Auftraggeberin einen Produktionsauftrag mit der Erstbeklagten ab (Beilage ./B), wonach diese mit der Herstellung von acht TV-Clips und sechs Kino-Clips für die AIDS-Kampagne beauftragt wurde. In diesem Vertrag wurde vereinbart, daß sämtliche urheberrechtlichen Verwertungs- und Leistungsschutzrechte für Österreich, soweit sie nicht über den ursächlichen Zweck (TV und Kino) hinausgingen, auf das Bundesministerium übergehen. Weiters wurde vereinbart, daß die Allgemeinen Vertragsbedingungen des Bundesministeriums in allen Punkten Bestandteil des Produktionsauftrags seien, abbedungen wurde jedoch unter anderem deren Punkt 7). Zwischen dem Ministerium und der Erstbeklagten wurde kein Vertragsverhältnis begründet. Die Klägerin zog zur Mitarbeit an der AIDS-Kampagne 1994 die B***** GesmbH heran und erteilte ihr unter anderem einen Auftrag zur Herstellung einer Vorlage für Pressemappen und Hüllen von Videokassetten, die die Abbildung eines AIDS-Virus aufweisen sollte. Die B***** GesmbH nahm diesen Auftrag an und führte ihn auch durch; sämtliche ihr zustehenden Urheberrechte übertrug sie gegen Zahlung eines Entgelts an die Klägerin. Für die Informationskampagne 1994 wurde eine Pressemappe (Beilage ./F) und ein Beiheft mit Informationen über AIDS (Beilage ./J) hergestellt, welche beide ein mit demselben Foto gestaltetes Deckblatt aufweisen. Es handelt sich dabei um eine Bearbeitung von Aufnahmen eines AIDS-Virus; das Bild weist auf rotem Untergrund vier dünne schwarze Querlinien und einen in oranger Farbe gehaltene, aus verschiedenen Lichtbildern zusammengesetzte Darstellung eines solchen AIDS-Virus auf. Die graphische Gestaltung stammt von der B***** GesmbH. Das Bild wurde durch Zusammenfügen einer Reihe von Lichtbildern hergestellt und zuletzt vor Verwertung durch die Klägerin mittels eines Lichtbildes zum Druck befördert. Vor der Pressekonferenz vom wurden etwa 100 Stück der Pressemappe Beilage ./F hergestellt. Während der Konferenz lagen die Mappen in einer Kiste auf und wurden an dort anwesende Journalisten verteilt. Vom Informationsbeihefter (Beilage ./J) wurden auftragsgemäß 360.000 Stück der Zeitschrift "W*****" beigelegt. Noch im Dezember 1994 wurde vom Ministerium ein Nachdruck von weiteren 100.000 Stück in Auftrag gegeben. Von der Pressemappe Beilage ./F blieben nach der Pressekonferenz, an der unter anderem der Zweitbeklagte, der Drittbeklagte sowie der Geschäftsführer der Klägerin teilgenommen hatten, einige Exemplare übrig. Aus diesen Restbeständen, die in der Folge an das Ministerium gelangten, wurden einige Mappen der Erstbeklagten ausgefolgt. Ebenso wurde mit übriggebliebenen Informationsbeiheftern (Beilage ./J) verfahren. Die Beklagten haben weder das Bild in Beilage ./F noch jenes in Beilage ./J in der Folge kopiert.
Im Dezember 1994 ersuchte das Ministerium als Auftraggeberin der AIDS-Kampagne den Zweitbeklagten um die Erstellung eines Pressespiegels, der die Reaktionen auf die Kampagne enthalten sollte. Außerdem sollten auch Videokassetten zum Gebrauch in Schulen hergestellt werden. Aus diesem Grund wandte sich der Zweitbeklagte an Lo B*****, einen Gesellschafter der B***** GesmbH, und ersuchte telefonisch unter Hinweis auf die Anfrage des Ministeriums betreffend Pressespiegel und Videokassetten um die rasche Übersendung des Originalfotos des Virus. Nach Rücksprache mit der Klägerin erklärte sich Lo B***** bereit, dem Zweitbeklagten das Foto per Taxi zukommen zu lassen. Ohne daß dafür ein Honorar gezahlt worden wäre, gelangte das Lichtbild so in die Hände des Zweitbeklagten. Der Zweitbeklagte hatte deshalb um die Übermittlung des Originals ersucht, weil die Qualität der herzustellenden Abzüge bei Verwendung des Originals besser ist. Die Erstbeklagte stellte von dem Lichtbild Abzüge für fünf Pressespiegel her und verwendete diese als Deckblatt für den Pressespiegel Beilage ./E. Das Originalfoto bzw. die Diskette wurden wieder an Lo B***** zurückgestellt. Das vom Ministerium angefragte Exemplar des Pressespiegels wurde noch im Dezember 1994 der zuständigen Ministerin übergeben; die restlichen etwa vier oder fünf Stück Pressespiegel, die nunmehr über dem Foto den Titel "Pressespiegel AIDS-Clips 1994 - eine D*****-Produktion Stand " trugen, wurden zusammen mit weiteren Materialien und einem Begleitschreiben von der Erstbeklagten an vier bis fünf ausgewählte Adressaten versendet. Dies geschah im Zuge der Vorbereitungen der AIDS-Kampagne 1995, die die Erstbeklagte im Auftrag des Gesundheitsministeriums durchführen sollte. Der Zweitbeklagte sprach für diese AIDS-Kampagne 1995 einige prominente Persönlichkeiten an; Andreas Herzog, Udo Jürgens, die Gruppe "Schürzenjäger" und Thomas Muster waren Adressaten eines Schreibens (Beilage ./D), in dem die Genannten um ihre Mitarbeit ersucht wurden. Diesem Ersuchsschreiben waren Exemplare der Beilagen ./E, ./F und ./J sowie eine Videokassette angeschlossen.
Das Erstgericht erließ auf Antrag der Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches ohne Anhörung der Beklagten eine einstweilige Verfügung, die vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom , 4 Ob 2093/96i-14, in folgendem Umfang aufrechterhalten wurde: "Den beklagten Parteien wird ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung des über die Klage ergehenden Urteils geboten, es zu unterlassen, jenes Lichtbild, das zur Herstellung des Covers des Informationsbeiheftes für die AIDS-Kampagne 1994 von der klagenden Partei hergestellt wurde, zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten." Als anspruchsbegründend hatte die Klägerin dazu vorgebracht, sie habe von der B***** GesmbH sämtliche Urheberrechte an dem Foto, das als Cover des Informationsbeiheftes für die AIDS-Kampagne 1994 Verwendung gefunden habe, übertragen erhalten, weshalb ihr das ausschließliche Nutzungsrecht daran zustehe. Die Beklagten hätten das Beiheft einschließlich des Covers und die von der Klägerin gestaltete Pressemappe aus der AIDS-Kampagne 1994 kopiert und weiters das Cover als Deckblatt für einen Pressespiegel über die Kampagne 1994 verwendet, wobei sie das rechtswidrig vervielfältigte Cover mit "Pressespiegel AIDS-Clips 1994 - eine D*****-Produktion Stand " bezeichnet hätten. Der Klägerin stehe ungeachtet einer dem Bundesministerium eingeräumten Werknutzungsbewilligung das von ihr erworbene Nutzungsrecht am bezeichneten Cover zu.
Die Beklagten erhoben gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch. Aufgrund des zwischen der Klägerin und dem Ministerium abgeschlossenen Werkvertrages seien alle erforderlichen urheberrechtlichen Verwertungs- und Leistungsschutzrechte für Österreich auf den Auftraggeber, die Republik Österreich, übergegangen. Damit sei naturgemäß auch das Recht zur Verwertung des von der B***** GesmbH gestalteten Covers von Pressemappe und Informationsbeiheft auf die Republik Österreich übergegangen. Das Bundesministerium für Gesundheit habe daher die Beklagten anweisen dürfen, die Pressereaktionen auf die Kampagne 1994 in einer Pressemappe zu sammeln, die zur Wahrung eines einheitlichen Erscheinungsbildes der Kampagne 1994 das Cover von Pressemappe und Informationsbeiheft aufgewiesen habe. Gleichermaßen habe das Ministerium den Beklagten einige Exemplare der Informationsbeihefte über die Kampagne mit dem Ersuchen zur Verfügung stellen dürfen, diese Beihefte bei Einladungen an Prominente zur Mitarbeit an der Kampagne 1995 zu verwenden; die Beklagten hätten die bezeichneten Unterlagen nicht vervielfältigt, sondern in dieser Form vom Ministerium erhalten. Insgesamt hätten die Beklagten damit weder Leistungsschutzrechte der Klägerin verletzt, noch eine sittenwidrige Ausnützung fremder Leistungen durch sklavische Nachahmung gemäß § 1 UWG zu verantworten. Überdies habe die Erstbeklagte auf Wunsch des Ministeriums einen Pressespiegel in einer Auflage von nur etwa fünf Stück hergestellt, um eine Übersicht über die Kampagne 1994 zu verschaffen. Das dabei verwendete Coverphoto habe die B***** GesmbH der Erstbeklagten selbst zur Verfügung gestellt, um eine bestmögliche Qualität des Covers zu gewährleisten. Der Drittbeklagte habe im übrigen mit Versendung der Schreiben an einige Prominente mit der Bitte um Mitwirkung bei der Kampagne 1995 nichts zu tun.
Die Klägerin bestritt dieses Vorbringen. Nach der im österreichischen Urheberrecht herrschenden Zweckübertragungstheorie sei davon auszugehen, daß dem Ministerium Rechte nur für die Durchführung der Kampagne 1994 übertragen worden seien. Jede Vervielfältigung und Verwertung außerhalb dieses Zwecks bleibe daher rechtswidrig. Die Beklagten hätten daher einen Eingriff in die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin zu vertreten. Im übrigen komme es auf die Anzahl der hergestellten Vervielfältigungen dann nicht an, wenn diese zum Zweck der Verbreitung und zu geschäftlichen Zwecken hergestellt worden seien.
Die Beklagten hielten dem entgegen, daß die Herstellung einer Pressemappe über die Kampagne 1994 selbstverständlich noch Bestandteil der Werbekampagne 1994 sei. Selbst unter Zugrundelegung des Zwecks der Übertragung der Rechte an die Republik Österreich sei durch die Herstellung einer Pressemappe und Verwendung des inkriminierten Bilds durch die Beklagten nicht in Werknutzungsrechte der Klägerin eingegriffen worden. Überdies seien nur fünf Exemplare weitergegeben worden, womit der Tatbestand des Verbreitens nicht erfüllt sei.
Das Erstgericht hob die einstweilige Verfügung in ihrem verbliebenen Umfang auf. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht den Standpunkt, daß das Schutzrecht an dem in Frage stehenden Lichtbild (AIDS-Virus) gemäß § 74 Abs 1 UrhG dem Hersteller zukomme, also zunächst Lo B***** von der B***** GesmbH. Dieser habe das ausschließliche Recht gehabt, das Lichtbild zu verwerten, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Gegen Zahlung eines Honorars habe dieser der Klägerin sämtliche Verwertungsrechte an dem Bild übertragen. Er habe ihr also ein Werknutzungsrecht gemäß § 24 Abs 1 Z 2 UrhG eingeräumt. Dies habe die Klägerin wiederum berechtigt, Werknutzungsbewilligungen zu erteilen oder das ihr zustehende Werknutzungsrecht als solches zu übertragen. Die Übertragung dieses Rechts sei mit § 2 des zwischen der Klägerin und der Republik Österreich abgeschlossenen Werkvertrages in Verbindung mit Punkt 7. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt. Der Republik Österreich sei damit von der Klägerin das ausschließliche Werknutzungsrecht in Ansehung dieses Lichtbildes übertragen worden. Da der Zweitbeklagte das fragliche Lichtbild auf Wunsch des Ministeriums für einen Pressespiegel verwendet habe, sei ihm damit schlüssig vom Ministerium eine Werknutzungsbewilligung gemäß § 24 Abs 1 UrhG erteilt worden. Er habe damit nicht rechtswidrig gehandelt. Wenn man jedoch davon ausgehe, dem Ministerium sei nur eine Werknutzungsbewilligung eingeräumt worden, der Klägerin stehe nach wie vor das Werknutzungsrecht und damit auch das Recht zu, im Falle eines Verstoßes Dritte gemäß § 81 Abs 1 UrhG in Anspruch zu nehmen, sei zu prüfen, ob ein solcher Verstoß durch die Erstbeklagte überhaupt vorliege. Diesfalls komme den Beklagten § 42 Abs 1 und 2 UrhG zugute, wonach die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch gedeckt sei. Eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch sei stets dann zulässig, wenn der Zweck nicht darin bestehe, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstücks der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Daß damit berufliche Zwecke verfolgt würden, schade nicht. Der Zweitbeklagte habe diesfalls das Foto nur für eine für den ministeriumsinternen Gebrauch vorgesehene Zusammenstellung von Pressestimmen verwendet. Diese Vorgangsweise sei durch § 42 Abs 1 UrhG gedeckt. Im Versenden des Pressespiegels samt Informationsbeiheft und Pressemappe an nicht mehr als vier oder fünf ausgewählte Adressaten liege auch kein Veröffentlichen im Sinn der §§ 8, 16 Abs 1 UrhG. Damit sei auch die Weitergabe der Vervielfältigungsstücke erlaubt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 52.000.-, nicht aber S 260.000.- übersteige, und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine höchst- gerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt vorliege. Die Klägerin habe der Republik Österreich ein Werknutzungsrecht im Sinne des § 24 Abs 1 2.Satz UrhG - welche Bestimmung auch auf Leistungsschutzrechte nach § 74 Abs. 7 UrhG anzuwenden sei - eingeräumt. Damit habe die Klägerin der Republik Österreich das Werknutzungsrecht auch an dem in Frage stehenden Bild - jedenfalls für die AIDS-Kampagne 1994 - übertragen. Die beanstandete Verwendung durch die Beklagten bei Herstellung des Pressespiegels mit Reaktionen auf die Kampagne 1994 beziehe sich ohne Zweifel noch auf diese Kampagne; jedenfalls in diesem Umfang - weil für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich - habe das unbeschränkte Werknutzungsrecht der Republik Österreich bestanden. Diesfalls könne aber nur der Inhaber des Werknutzungsrechts gegen die unbefugte Benützung des Werks im eigenen Namen vorgehen; der Klägerin sei insoweit das Klagerecht nach § 81 UrhG versagt. Durch Versenden des Pressespiegels nur an eine kleinere Anzahl von Empfängern werde noch nicht die "Öffentlichkeit" im Sinne der §§ 8, 16 Abs 1 UrhG erreicht, falle doch unter diesen Begriff nur die "Allgemeinheit" oder ein "breites Publikum"; ein Verstoß gegen Urheberrechte der Klägerin sei damit nicht bescheinigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig (dem höchstgerichtlichen Beschluß im ersten Rechtsgang lag ein teilweise anderer Sachverhalt zugrunde); er ist aber nicht berechtigt.
Das ausschließliche Verwertungsrecht an seinem Werk steht nur dem Urheber zu (§ 14 Abs 1 UrhG). Der Urheber kann anderen (und damit auch seinem Auftraggeber) ein Werknutzungsrecht oder eine Werknutzungsbewilligung einräumen (§ 24 UrhG). Im Zweifel erwirbt der Werknutzungsberechtigte dabei nicht mehr Rechte, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint (ÖBl 1982, 52 = GRURInt 1982, 138 - Hiob; ÖBl 1997, 38 = MR 1997, 33 - Buchstützen). Nach Verbreiterung des Sachverhaltes im Widerspruchsverfahren steht nunmehr (für den Obersten Gerichtshof bindend) fest, daß die B***** GesmbH als Urheberin des Coverphotos der Pressemappe, das identisch mit dem Foto auf dem Umschlag des Informationsbeiheftes ist, sämtliche ihr zustehenden Rechte an ihrer im Auftrag der Klägerin erbrachten Leistungen der Auftraggeberin gegen Zahlung eines Entgelts übertragen hat. Die Klägerin ihrerseits hat mit der Republik Österreich als Auftraggeberin der AIDS-Kampagne 1994 vereinbart, daß das ausschließliche Nutzungsrecht am vereinbarten Werk und allen damit zusammenhängenden Arbeitsergebnissen der Republik Österreich zusteht (Punkt 7 der Allgemeinen Vertragsbedingungen). Diese Vertragslage bewirkt, daß auch sämtliche urheberrechtlichen Verwertungsrechte am Coverphoto von Pressemappe und Beiheft, soweit ein Zusammenhang mit der AIDS-Kampagne 1994 besteht (was auf den von den Beklagten hergestellten Pressespiegel 1994 jedenfalls zutrifft), nicht mehr der Klägerin zustehen. Eine Verletzung des Urheberrechtes kann aber nur durch den Urheber oder den in einem Ausschließungsrecht Verletzten abgewehrt werden (3 Ob 75/88); beide Positionen kommen der Klägerin in Ansehung des für den Pressespiegel verwendeten Fotos nicht (mehr) zu. Die Vorinstanzen haben deshalb die auf § 81 UrhG gestützte Aktivlegitimation der Klägerin in diesem Punkt (Verwendung des fremden Coverphotos bei Herstellung von einem Stück Pressespiegel 1994 für das Ministerium) zutreffend verneint.
Zum Sachverhalt des Versendens von mehreren Exemplaren von Pressespiegeln der Kampagne 1994 (die unter Verwendung eines fremden Coverphotos hergestellt worden sind) als Beilage von Briefen an Prominente mit der Bitte um Mitarbeit bei der Kampagne 1995 ist festzuhalten, daß in diesen Fällen ein direkter Zusammenhang mit der AIDS-Kampagne 1994 nicht mehr bestand, weshalb die Nutzungsrechte an den derart verwendeten Coverphotos nach der oben dargestellten Vertragslage auch nicht auf das Ministerium übergegangen sind, sondern weiterhin der Klägerin zustehen. Dazu ist nunmehr bescheinigt, daß es sich dabei um vier bis fünf solcher Pressespiegel gehandelt hat, die unter Verwendung je eines von der B***** GesmbH nach Rücksprache mit der Klägerin zur Verfügung gestellten Original-Coverphotos hergestellt worden waren. Der noch im ersten Rechtsgang als bescheinigt erachtete Vorwurf, die Beklagten hätten den Umschlag eines Informationsbeiheftes kopiert, geht nunmehr jedenfalls ins Leere. Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel den Standpunkt, ein Eingriff in Ausschließlichkeitsrechte liege auch bei zunächst zulässiger freier Werknutzung iS des § 42 Abs 1 UrhG jedenfalls immer dann vor, wenn zur Vervielfältigungshandlung eine Verbreitungshandlung hinzutrete, durch die das geschützte Werk solchen Dritten zugänglich gemacht werde, die dem Unternehmen des (berechtigten) freien Werknutzers nicht mehr zugerechnet werden könnten. Dies folge aus der Bestimmung des § 42a UrhG, die andernfalls entbehrlich wäre. Dem ist folgendes zu erwidern:
Das Vervielfältigungsrecht des Urhebers ist durch die freie Werknutzung des Vervielfältigens zum eigenen Gebrauch eingeschränkt. Nach § 42 Abs 1 UrhG darf jedermann von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch herstellen. Auf Bestellung dürfen - außer in bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Fällen, in denen auch eine entgeltliche Herstellung nicht schadet - unentgeltlich einzelne Verwertungsstücke auch zum Gebrauch eines anderen hergestellt werden (§ 42a UrhG idF UrhG-Nov 1996). Das galt für Werke der bildenden Künste auch bereits vor der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1996 (§ 42 Abs 3 UrhG aF). Die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste durch einen anderen fiel demnach auch nach der alten Rechtslage nur dann unter § 42 UrhG, wenn sie unentgeltlich erfolgte (4 Ob 80/98p); insoweit ist durch die UrhG-Nov 1996 keine neue Rechtslage eingetreten.
Da das Gesetz keinen "persönlichen" Gebrauch fordert, sondern "jedermann" die Freiheit der Vervielfältigung zum "eigenen Gebrauch" zugesteht, kommt die freie Werknutzung nach § 42 Abs 1 UrhG nicht nur physischen, sondern auch juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften zugute. Der österreichische Gesetzgeber wollte mit dem Begriff "einzelne" erkennbar keine absolute zahlenmäßige Obergrenze festlegen; vielmehr ist im Einzelfall nach dem Zweck der Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum eigenen Gebrauch zu beurteilen, ob es sich hiebei noch um "einzelne" Vervielfältigungsstücke handelt. Die einzelnen freien Werknutzungen sind nicht grundsätzlich einschränkend auszulegen (SZ 66/6 = MR 1993, 65 [Walter] = WBl 1993, 233 = ÖBl 1993, 136 - Null-Num- mer II). Der Vervielfältigende darf das Vervielfältigungsstück (innerhalb der "Privatsphäre") auch weitergeben, solange das Werk damit nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird; der Gebrauchszweck muß nicht privater Natur sein, sondern kann auch beruflichen Zwecken des Vervielfältigers dienen (SZ 68/25 = MR 1995, 106 = ÖBl 1995, 184 - Ludus tonalis).
Das bei Zanger, Urheberrecht und Leistungsschutz im digitalen Zeitalter 117, angeführte Beispiel einer (noch) zulässigen freien Werknutzung durch Präsentation neuer Werbemittel bei potentiellen Kunden unter Verwendung fremder Fotos oder Grafiken läßt sich zwanglos auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, wo die Beklagten vier oder fünf potentiellen Mitwirkenden der AIDS-Kampagne 1995 einen Pressespiegel der vorjährigen Kampagne als Muster in der Absicht präsentiert haben, sie zur Mitarbeit zu gewinnen: Weder wurden mit dieser Nutzung zu beruflichen Zwecken der Beklagten mehr als "einzelne" Vervielfältigungs- stücke hergestellt, noch hat das geschützte Werk auf diese Weise die "Öffentlichkeit" iS der §§ 8, 16 Abs 1 UrhG erreicht, worunter nur die "Allgemeinheit" oder ein "breites Publikum" fallen (ÖBl 1986, 132 - Hotel-Video; MR 1996, 188 [tw. abl. Walter] = ÖBl 1997, 199 - AIDS-Kampagne).
Die Vorinstanzen haben deshalb schon aus diesen Gründen die einstweilige Verfügung aufgehoben, ohne daß auf das weitere Argument der Revisionsrekursbeantwortung eingegangen werden mußte, die Klägerin habe ja ohnehin einer Verwendung des Coverphotos durch die Beklagten dadurch zugestimmt, daß dessen Hersteller Lo B***** das Photo nach Rücksprache mit der Klägerin den Beklagten im Original zukommen habe lassen. Ebenso war nicht weiter zu prüfen, ob nicht das Provisorialbegehren, das ausdrücklich auf ein von der Klägerin hergestelltes Lichtbild abstellt, schon deshalb verfehlt ist, weil das strittige Coverphoto nicht von der Klägerin stammt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.