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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 16.11.2010, RV/0272-F/10

Verstoß von § 122 WKG gegen Art. 168 MWSt-Systemrichtlinie (EU-Widrigkeit der Kammerumlage 1)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0214 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., Gde., Adr., vertreten durch die ECL Wirtschaftsprüfung- und Steuerberatungs GmbH, 1010 Wien, Kohlmarkt 8 - 10, vom , vom und vom gegen die (Sammel)Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom , vom und vom betreffend die Abweisung der Anträge auf Festsetzung und Rückzahlung von Kammerumlage gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz 1998 für den Zeitraum Jänner 2003 bis März 2010 entschieden:

1) Die Bescheide betreffend Abweisung der Anträge auf Festsetzung und Rückzahlung von Kammerumlage gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz 1998 für den Zeitraum Jänner 2003 bis September 2008 werden gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufgehoben.

2) Die Berufungen betreffend Abweisung der Anträge auf Festsetzung und Rückzahlung von Kammerumlage gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz 1998 für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2010 werden als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsätzen vom , vom und vom beantragte die Berufungswerberin die Kammerumlage I für den Zeitraum Jänner 2003 bis März 2010 mit Null festzusetzen und die für diesen Zeitraum gemeldete und gezahlte Kammerumlage I zurückzuzahlen.

Das Finanzamt wies die Anträge mit (Sammel)Bescheiden vom , vom und vom ab und zwar mit folgender Begründung: "Gemäß § 201 BAO kann eine Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben u.a. erfolgen, wenn sich die Selbstberechnung wegen Widerspruchs mit zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als nicht richtig erweist. Der ausgesprochen, dass die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern einer Abgabe mit den Merkmalen der Kammerumlage I nicht entgegensteht. Im gegenständlichen kommt u.a. zum Ausdruck, dass die Vorschreibung der Kammerumlage I das Umsatzsteuersystem als solches und damit den durch das UStG 1994 eingeräumten Vorsteuerabzug nicht beeinträchtigt (vgl. auch ). Es ist daher davon auszugehen, dass entgegen den Bedenken der Antragstellerin die Vorschreibung der Kammerumlage gemäß § 122 WKG nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Da somit die Voraussetzungen für eine Festsetzung der Kammerumlage nicht vorliegen, war der Antrag abzuweisen."

Gegen diese Bescheide vom , vom und vom wandte sich die steuerliche Vertretung der Berufungswerberin mit Berufungen vom , vom und vom . Begründend führte sie Folgendes aus: ""1. Die Gesellschaft ist eine Steuerpflichtige im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("MWSt-Systemrichtlinie").2. Einer der wichtigsten Grundsätze dieser Richtlinie und somit des gesamten europäischen Umsatzsteuerrechts ist der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer. Die zentrale Bestimmung, die diesen Grundsatz gewährleisten soll, ist das Recht auf Vorsteuerabzug. Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ist der Unternehmer berechtigt, die von anderen Unternehmen in einer Rechnung gem. § 11 UStG 1994 an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abzuziehen. Diese Bestimmung beruht auf Art 17 Abs. 1 bis 3 der Sechsten MWSt-Richtlinie bzw. Art 168 der MWSt-Systemrichtlinie, welche ausdrücklich dieses Recht auf Vorsteuerabzug einräumen.3. In seiner Rechtsprechung hat der EuGH bereits mehrmals festgehalten, dass das Recht auf Vorsteuerabzug als wesentliches Element der Kostenneutralität gilt, welches durch Maßnahmen der Staaten nicht beeinträchtigt werden soll: Die Neutralität der Mehrwertsteuer darf durch Einschränkung des Vorsteuerabzuges grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden, weil sie ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (siehe dazu , HE, Rn 80; bis C-147/98, Gabalfrisa u.a.). Weiters folgt aus dem Mehrwertsteuersystem, dass die Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung sofort ausüben dürfen, sofern es keine Vorschrift gibt, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Recht gestattet. Da derartige Einschränkungen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten müssen, sind Ausnahmen nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (Vgl.  C-94-90 Lennartz, Rz 28 und , Kommission/Frankreich, Rn 16 und 17).4. Nach § 122 WKG ist die Bemessungsgrundlage der Kammerumlage I insbesondere die Summe aus den Vorsteuerbeträgen für Lieferungen und sonstige Leistungen, den Erwerbsteuern auf innergemeinschaftliche Erwerbe, aus Einfuhrumsatzsteuern und jener Umsatzsteuerschuld, die auf die Gesellschaft übergegangen ist (Reverse Charge-Beträge). Wirtschaftlich betrachtet wird durch § 122 WKG das Recht auf Vorsteuerabzug eingeschränkt bzw. teilweise rückgängig gemacht.5. Die Gesellschaft beruft sich auf den Verstoß von § 122 WKG gegen Art 17 Abs. 1 bis 3 der sechsten MWSt-Richtlinie bzw. gegen Art 168 MWSt-Systemrichtlinie. Der Verstoß liegt darin, dass Art 17 Abs. 1 bis 3 Sechste MWSt-Richtlinie bzw. Art 168 MWStSystemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsieht, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterzieht und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränkt, die nach der MWSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen ist.6. Weiters verletzt Art 122 WKG den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer.7. Da die Kammerumlage I von Vorsteuerbeträgen für Lieferungen und sonstige Leistungen, den Erwerbsteuern auf innergemeinschaftliche Erwerbe, aus Einfuhrumsatzsteuern und den Reverse Charge-Beträgen der Gesellschaft berechnet wird, beruft sich die Gesellschaft weiters auf einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art 7 BVG bzw. gem. dem EU-rechtlich gebotenen Gleichheitssatz auf Grund der Rechtsprechung des EuGH (Vgl. zB C36/ 99, Ideal Tourisme SA; , Societé financière d'investissements SPRL (SFI) u.a.), da die Kammerumlage I derzeit nicht Rücksicht auf die Leistungskraft der Kammermitglieder nimmt und derzeit viele Kammermitglieder trotz vorhandener Leistungskraft umlagenfrei gestellt werde, während andere Kammermitglieder durch sehr hohe Umlagen belastet werden (Vgl. Beiser, Rechtfertigung und Grenzen der Umlagenfinanzierung der Wirtschaftskammern - eine verfassungsrechtliche Analyse des Status quo und Vorschläge de lege ferenda, SWK 9/2008.)8. Die Gesellschaft wird nämlich im Vergleich zu anderen Unternehmern verhältnismäßig stärker mit Kammerumlagen belastet, was zu einem Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz führt."" Da die Kammerumlage gemeinschaftswidrig sei, solle die Kammerumlage mit Null festgesetzt und zurückgezahlt werden.

Das Finanzamt legte die Berufungen vom , vom und vom ohne Erlassen von Berufungsvorentscheidungen dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über die Berufungen wurde erwogen:

Gemäß § 122 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz 1998 (in der Folge kurz: WKG) kann zur Bedeckung nicht gedeckter Aufwendungen von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden.

Nach § 122 Abs. 5 WKG ist die Umlage von den Abgabenbehörden des Bundes zu erheben. Dabei sind die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften mit Ausnahme des § 20 Abs. 1 vierter Satz und des § 21 UStG 1994 sinngemäß anzuwenden.

Der zu entrichtende Umlagebetrag ist kalendervierteljährlich selbst zu berechnen und spätestens am fünfzehnten Tag des nach Ende des Kalendervierteljahres zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten.

Aus § 201 Abs. 1 BAO ergibt sich, dass erstmalige Festsetzungen von Selbstberechnungsabgaben von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zu erfolgen haben bzw. erfolgen können. Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist oder dass der Abgabepflichtige, obwohl er hiezu verpflichtet ist, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt.

Gemäß § 201 Abs. 2 BAO idF vor dem Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl I 2009/20 (in der Folge kurz: AbgVRefG), kann die Festsetzung erfolgen, - von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages (Z 1), - wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist (Z 2), - wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden (Z 3), - wenn sich die Selbstberechnung wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als nicht richtig erweist (Z 4), oder - wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b BAO oder des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden (Z 5).

Gemäß § 201 Abs. 3 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, - wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist (Z 1), oder - wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden (Z 2).

Dem § 201 Abs. 2 und 3 BAO zufolge ist die Festsetzung in einigen Fällen stets antragsgebunden. Die Antragsbefugnis steht dem Abgabepflichtigen im Sinne des § 77 BAO zu.

Fristen zur Antragstellung ergeben sich aus: - § 201 Abs. 2 Z 2 BAO: ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages, - § 201 Abs. 3 Z 1 BAO: ein Monat ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages; bei Wahrung dieser Frist liegt die Festsetzung der Abgabe nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, - § 201 Abs. 3 Z 2 BAO: drei Monate ab nachweislicher Kenntnis des "Wiederaufnahmsgrundes", sofern der Antrag innerhalb der für Wiederaufnahme auf Antrag maßgebenden Frist des § 304 BAO eingebracht wird (vgl. Ritz, BAO³, § 201 Tz 25).

Mittelbar ergeben sich weitere Fristen aus § 201 Abs. 2 Z 3 BAO und aus § 201 Abs. 2 Z 4 BAO. In beiden Fällen ergibt sich die Antragsfrist de facto aus der jeweils maßgebenden Verjährungsfrist (vgl. Ritz, BAO³, § 201 Tz 26).

Dabei ist aber zu beachten, dass die Z 4 ("Berufung" auf einen Widerspruch mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht) mit dem AbgVRefG aus dem Rechtsbestand entfernt wurde. Ab gilt auch in diesen Fällen die Einjahresfrist (so.). Gegenständlich ist die Änderung des § 201 BAO ab relevant, weil die Anträge auf Festsetzung am , am und am , also nach der Gesetzesänderung gestellt wurden. Damit ist nicht (mehr) auf die Verjährungsfristen (Bemessungsverjährung) abzustellen (vgl. ).

Die der Berufungswerberin vom Gesetz längstens eingeräumte Antragsfrist beträgt - im Hinblick darauf, dass kein Wiederaufnahmegrund genannt wurde - entsprechend der oben dargestellten Regelungen ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages. Die Berufungswerberin stellte ihre Anträge (für den Zeitraum Jänner 2003 bis September 2008) am . Damit wurden diese Anträge für den Zeitraum Jänner 2003 bis September 2008 verspätet gestellt, weil - wie aus der Buchungsabfrage des Finanzamtes ersichtlich ist - deren Selbstberechnung bereits vor dem bekannt gegeben wurde. Aus diesem Grund sind die Anträge auf Festsetzung der Kammerumlage I auf Null für den Zeitraum Jänner 2003 bis September 2008 als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.

Ein nicht fristgerecht eingebrachter Antrag auf Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben ist zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO3, § 201 Tz 29). Da das Finanzamt die Anträge betreffend Jänner 2003 bis September 2008 abgewiesen anstatt zurückgewiesen hat (siehe die oben zitierte Begründung), waren die angefochtenen Bescheide vom insoweit aufzuheben.

Für den Zeitraum Oktober 2008 bis März 2010 bedeuten die obigen Ausführungen, dass die Anträge zwar fristgerecht gestellt wurden (die Anträge wurde alle innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages gestellt), aber aus den im Folgenden angeführten Erwägungen dennoch keine Festsetzungsbescheide zu ergehen hatten:

Der Unabhängige Finanzsenat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Kammerumlage I (§ 122 Wirtschaftskammergesetz; in der Folge kurz: WKG) gemeinschaftsrechtskonform ist (auf die umfangreichen Berufungsentscheidungen wird an dieser Stelle verwiesen; vgl. zB ; ; ; ). Der Unabhängige Finanzsenat kam in seinen Entscheidungen zum Schluss, dass die Einforderung der Umlage keine "Rückgängigmachung" der gemäß Art. 168 MWSt-Systemrichtlinie gewährten Vorsteuer darstellt, dass ein Verstoß gegen Art. 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (neu Art. 401) nicht gegeben ist, weil die Kammerumlage keine der Mehrwertsteuer ähnliche Abgabe ist und dass auch die Niederlassungsfreiheit und das Beihilfenrecht durch das WKG in diesem Zusammenhang nicht verletzt werden. In seinen Entscheidungen (die Berufungsvorbringen sind mit dem gegenständlichen Berufungsvorbringen, nämlich, dass § 122 WKG gegen Art. 17 Abs. 1 bis 3 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bzw. gegen Art. 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie verstoße, wobei der Verstoß darin liege, dass Art. 17 Abs. 1 bis 3 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bzw. Art. 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art. 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei, ident) hat der Unabhängige Finanzsenat zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (vgl. dazu auch Laudacher in SWK 2009, T 145, und die dort zitierte Lehre und EuGH-Rechtsprechung):

""2.1. Regelung der KammerumlageMit Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 661/1994, wurde die Kammerumlage (KU 1) nach dem Auslaufen des Gewerbesteuergesetzes in § 57 Abs. 1 bis 8 Handelskammergesetz (HKG) neu geregelt. Die Kammerumlagen sind seither Abgaben i.S.d. § 3 BAO, deren Erhebung dem Bund obliegt. Mit trat das Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl. I Nr. 103/1998, in Kraft; das Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946, trat außer Kraft. In § 2 Abs. 1 WKG ist die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer geregelt. § 122 Abs. 1 WKG normiert die Erhebung einer Umlage (KU 1), die von jenen Beträgen berechnet wird, die- aufgrund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen aufgrund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden (Z 1);- aufgrund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitgliedes oder aufgrund des innergemeinschaftlichen Erwerbes für das Unternehmen des Kammermitgliedes vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden (Z 2).

Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 2,2 v. T. und für alle Landeskammern einheitlich 2,1 v. T. der Bemessungsgrundlagen (gem. Z 1 und 2). Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen. Für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern können abweichende Bemessungsgrundlagen bestimmt oder Teile der Bemessungsgrundlagen außer Ansatz gelassen werden.

{Anmerkung der Referentin: Die vorzitierte bis gültige Fassung des § 122 Abs. 1 WKG unterscheidet sich von der ab gültigen Fassung erstens in der Weise als die Inhalte der Z 2 in Z 3 wieder zu finden sind und Z 2 "neu" folgendermaßen lautet: "als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist" [zur Bemessungsgrundlage gehören zunächst alle dem Kammermitglied in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge. Hinzu kommen unter Umständen die vom Mitglied geschuldete Einfuhrumsatzsteuer bzw. Erwerbssteuer sowie seit auch die auf das Kammermitglied übergegangene Umsatzsteuerschuld (Reverse Charge System)] und zweitens als der Tausendsatz für die Bundeskammer 1,3 v. T. und für die Landeskammern einheitlich 1,9 v. T. beträgt. Diese Änderungen haben jedoch keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Ausführungen des Unabhängigen Finanzsenates für den gegenständlichen Berufungsfall}.

Gemäß § 122 Abs. 5 WKG sind die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 126 Abs. 2 WKG sind Kammerumlagen Abgaben i.S.d. BAO, deren Verfahrensvorschriften insoweit anzuwenden sind, als das WKG nichts Abweichendes normiert.

2.2. Vergleich zwischen der 6. MwSt-RL und der MwStSyst-RLAus einem Vergleich zwischen der 6. MwSt-RL und der MwStSyst-RL ergibt sich Folgendes: Art. 17 Abs. 2 wurde durch Art. 168 und Art. 33 Abs. 1 durch Art. 401 ersetzt. Ein Wortvergleich der bezeichneten Bestimmungen zeigt auf, dass jeweils nur einzelne Worte ersetzt, der Sprachgehalt verbessert und teilweise die Reihenfolge der Absätze geändert wurde, der Sinngehalt jedoch gleichgeblieben ist. Ebenso besteht zwischen § 57 HKG und § 122 WKG kein inhaltlicher Unterschied.

2.3. Zuständigkeit bei BerufungenDie Regelung des § 122 Abs. 5 Z 5 WKG zur Zuständigkeit bei Berufungen ist praktisch wortident mit der ursprünglichen Regelung in § 57 Abs. 1 Z 3 HKG. Wie im Erkenntnis des , ausgeführt wird, war § 57 Abs. 1 Z 3 HKG so zu verstehen, dass Rechtsmittel über die persönliche Umlagepflicht in die Zuständigkeit des Präsidenten der Landeskammer fallen (Rechtsmittel im Zusammenhang mit der Frage der Kammerzugehörigkeit und der daraus abgeleiteten Umlagepflicht an sich), also Rechtsmittel, mit denen bestritten wird, dass eine bestimmte Tätigkeit die Kammermitgliedschaft dem Grunde nach oder im angenommenen Umfang begründet hat. Dies gilt nicht für Rechtsmittel, die sich auf eine behauptete Verfassungswidrigkeit der Kammerumlage stützen; in diesen Fällen wird die Festsetzung der Abgabe bestritten. Auch bei Geltendmachung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kammerumlage ist die Finanzbehörde zuständig.

2.4. Prüfung des Vorliegens einer umsatzsteuerähnlichen Abgabe: Art. 33 der 6. MwSt-RL bzw. Art. 401 der MwStSyst-RL2.4.1. Zulässigkeit anderer Abgaben/Steuern neben der MehrwertsteuerDie bezeichneten Artikel regeln die Zulässigkeit anderer Abgaben und Steuern neben der Mehrwertsteuer. Ein Mitgliedstaat kann Steuern, Abgaben und Gebühren beibehalten oder einführen, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, sofern diese im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Die KU 1 ist keine Abgabe i.S.d. Finanzverfassung, weil die Wirtschaftskammer keine Gebietskörperschaft ist. Da eine Prüfung der österreichischen Kammerumlage am Maßstab des Art. 33 bereits mit , Spar, erfolgte, geht der UFS davon aus, dass derartige Geldleistungen von Art. 33 der 6. MwSt-RL (bzw. Art. 401 der MwStSyst-RL) auch miterfasst werden. Mit der Mehrwertsteuer konkurrierende Regelungen sind grundsätzlich zulässig, nationale Gerichte prüfen Verstöße gegen Art. 33.

2.4.2. Vier charakteristische MerkmaleDer EuGH hat in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, in welcher Form der Umsatzsteuercharakter nationaler Abgaben, Steuern und Gebühren zu untersuchen ist. Er unterscheidet vier wesentliche Merkmale, die charakteristisch für eine der Mehrwertsteuer gleiche Abgabe oder Steuer sind:- eine allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte;- die Festsetzung der Höhe der Steuer proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung erhält;- die Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe;- der Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer (d. h. Bezug auf den Mehrwert und die Belastung des Verbrauchers).

Schon das Fehlen zweier Merkmale kann dazu führen, dass ein Verstoß gegen Art. 33 der 6. MwSt-RL nicht vorliegt. Seine Judikaturlinie hat der EuGH in weiteren grundlegenden Judikaten bestätigt. Die KU 1 weist mehrere dieser wesentlichen Merkmale nicht auf: Weder wird sie von den Umsätzen der Gegenstände und Dienstleistungen des umlageverpflichteten Kammermitglieds bemessen, noch kann eine proportionale Zuordnung zum Preis von Gegenständen und Dienstleistungen vorgenommen werden. Die Abgabe wird auch nicht auf der Einzelhandelsstufe erhoben und belastet nicht den (Letzt-)Verbraucher. Diese Einstufung entspricht der bereits vom EuGH getroffenen Einschätzung zur Kammerumlage.

2.4.3. GesamtbetrachtungAnzustellen ist - neben der Prüfung der vier Merkmale - auch eine Gesamtbetrachtung. Auch diese führt nicht zur Auffassung einer mehrwertsteuergleichen Abgabe. Die Belastungskonzeption der Kammerumlage zielt nicht - wie dies eindeutige Intention der 6. MwSt-RL bzw. der MwStSyst-RL ist - auf den Letztverbraucher. Auch die Besteuerungstechnik der Bemessung von den an das Unternehmen erbrachten Umsätzen weist nicht auf eine von Art. 33 der 6. MwSt-RL verbotene Abgabe hin. Soweit darauf einzugehen ist, ob die Kammermitglieder durch die Abgabe Nachteile im gemeinsamen Markt haben, ist darauf zu verweisen, dass die Dienstleistungen der Kammer sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Kammermitglieder auswirken und auch in anderen EuGH-Verfahren ähnliche (angebliche) Wettbewerbsnachteile verneint wurden. Die Abgabe wird zudem auch in anderen Ländern erhoben, sodass eine das Funktionieren des Binnenmarktes beschränkende Belastung nicht erkennbar ist.

2.4.4. Kein Verstoß gegen Art. 33 der 6. MwSt-RL bzw. Art. 401 der MwStSyst-RLDa die Abgabe auch nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden ist, verstößt die Kammerumlage nicht gegen Art. 33 der 6. MwSt-RL. Da Art. 33 unverändert in Art. 401 der MwStSyst-RL übernommen wurde, gelten die Ausführungen betreffend 2002 bis 2006 auch für das Jahr 2007.

2.5. Verstoß gegen Art. 17 Abs. 2 der 6. MwSt-RL bzw. Art. 168 der MwStSyst-RL?Die Berufungswerberin geht infolge der Umlageverpflichtung von einer "Einschränkung des Vorsteuerabzuges" aus und hat damit Teile der Argumentation des VwGH aus dem Vorlagebeschluss zur Kammerumlage übernommen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung zur Rs. Spar den Aspekt der Beeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems nicht direkt aufgegriffen und eine von Art. 33 getrennte Betrachtung des Art. 17 der 6. MwSt-RL abgelehnt. Dem Urteil des EuGH kann nach Ansicht des UFS entnommen werden, dass eine Abgabe nicht per se zu einer Einschränkung des Vorsteuerabzuges nach Art. 17 der 6. MwSt-RL (Art. 168 der MwStSyst-RL) führen kann, sondern diese Frage nur dann einen Sinn erhält, wenn gleichzeitig Art. 33 (Art. 401 der MwStSyst-RL) geprüft und bejaht wird. Weist eine Abgabe die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht auf, so zieht sie auch keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach sich. Weist sie diese Merkmale nicht auf, kann von vorneherein keine Einschränkung des Vorsteuerabzugs i. S. d. Art. 17 der 6. MwSt-RL (Art. 168 der MwStSyst-RL) vorliegen.

2.6. Kumulierung mehrerer SteuernSoweit die Kritik der Lehre und die Argumente der Berufung darauf abstellen, dass ein Belastungscocktail mehrerer Steuern einen Verstoß gegen das Mehrwertsteuersystem darstellen könnte, d.h. Umsatzsteuer und Kammerumlage und eventuell weitere Abgaben im Gesamten betrachtet werden sollten, so hat der EuGH mehrfach klargestellt, dass eine gehäufte Belastung durch mehrere Steuern zulässig ist. Auf die Frage der Wettbewerbsverzerrung durch die zusätzliche Steuer ging der EuGH dabei i.d.R. nicht ein.

2.7. Funktionsbeeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems und Einheitlichkeit der RechtsordnungDie in der Vorabentscheidung zur Kammerumlage intendierte Einheitsbetrachtung der Umsatzsteuer auch mit nicht mehrwertsteuerähnlichen Abgaben und Steuern kommt nach Ansicht des UFS nicht in Betracht, ist doch Ziel der Mehrwertsteuerrichtlinie die Harmonisierung der Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und indirekten Steuern. Der EuGH ist einer solchen Auffassung bisher nicht nähergetreten. Sie würde auch einen erhöhten Prüfungsmaßstab bedingen, der über die bisher in der Rechtsprechung des EuGH angewandten Maßstäbe - wesentliche Merkmale und Gesamtbetrachtung - weit hinausgehen würde. Für die Notwendigkeit eines solchen erhöhten Prüfungsmaßstabs sind aber keine Gründe erkennbar.

2.8. Sonstige unmittelbar anwendbare Bestimmungen des GemeinschaftsrechtsAufgrund des Prinzips des Vorrangs des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts hatte der UFS auch sonstige mögliche Verstöße gegen das EU-Recht zu prüfen.

2.8.1. Keine Verletzung der NiederlassungsfreiheitEr kommt dabei zum Schluss, dass die Niederlassungsfreiheit nicht verletzt sein kann, da auf die Nationalität der Unternehmen im WKG nicht abgestellt wird. Die Zahlungsverpflichtung betrifft Mitglieder der Wirtschaftskammer bzw. Unternehmen, die der Gewerbeordnung unterliegen oder in der Anlage zum WKG angeführt sind. Ausländische Unternehmen werden nicht schlechter gestellt als inländische.

2.8.2. Keine Verletzung des BeihilfenrechtsDas Beihilfenrecht ist nicht verletzt. Der UFS untersucht auch diesen Aspekt und geht in Bezug auf die Kammerumlage (siehe dazu auch Klage der Strabag SE vor der Wettbewerbsbehörde vom , allerdings zur Zwangsmitgliedschaft) grundsätzlich von einer Altbeihilfe aus, da die Kammerumlage unverändert in § 122 WKG übernommen wurde, sodass sich die Berufungswerberin nicht auf Art. 87 EGV berufen kann.

3. Anmerkungen3.1. Keine Änderung der Rechtsfolgen gegenüber der bisherigen EuGH-RechtsprechungDer UFS kommt zum Schluss, dass die von der Berufungswerberin eingewendete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit nicht vorliegt, da Art. 17 der 6. MwSt-RL (Art. 168 der MwStSyst-RL) nur im Zusammenhang mit Art. 33 (Art. 401) geprüft werden kann und schon die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Rs. Spar diesbezüglich Klarheit geschaffen hat. Da eine Änderung der Rechtslage weder im System der MwSt-RL noch beim Übergang vom HKG zum WKG eingetreten ist, haben auch die Rechtsfolgen keine Veränderung erfahren.""

Die Referentin schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

Aufgrund der vorzitierten Ausführungen (siehe näher Punkt 2.5.) erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob § 122 WKG den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verletzt.

Bezüglich der Bedenken betreffend Verletzung des verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatzes, die die Berufungswerberin in ihrer Berufung vorbringt, ist zu sagen, dass sich der Unabhängige Finanzsenat nach Art. 18 Abs.1 B-VG bei der Entscheidungsfindung an bestehenden Gesetzen zu orientieren und bei Vorliegen der darin normierten Voraussetzungen diese anzuwenden hat. Einwendungen verfassungsrechtlicher Natur können im Abgabenverfahren nicht berücksichtigt werden und sind daher nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens. Im Übrigen aber hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 1933/94, festgestellt, dass der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat, wenn er neben anderen Kriterien unter anderem auch den Umsatz als Bemessungsgrundlage heranzieht, um die Höhe der von den einzelnen Mitglieder zu leistenden Beiträge zu bestimmen.

Soweit ein Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Gemeinschaftsrecht behauptet wird, nämlich insofern als die Kammerumlage I nicht Rücksicht auf die Leistungskraft der Kammermitglieder nehme und viele Kammermitglieder trotz vorhandener Leistungskraft umlagenfrei gestellt würden während andere Mitglieder durch sehr hohe Umlagen belastet würden, ist Folgendes zu sagen: Die Wirtschaftskammer ist die Interessenvertretung der Wirtschaft und Dienstleistungsorganisation für ihre Mitglieder. Entsprechend umfangreich und vielfältig sind die Aufgaben der Wirtschaftskammerorganisation. Um die im Wirtschaftskammergesetz normierte Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme der Mitglieder zu wahren bzw. auch aus Vereinfachungsgründen oder weil eine Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht möglich ist, wird für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern bzw. für bestimmte Branchen die Bemessungsgrundlage oder überhaupt die Kammerumlage I auf andere Weise ermittelt. Von Kammermitgliedern, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, jährlich 150.000,00 € nicht übersteigen, wird die Umlage nicht erhoben (vgl. § 122 Abs. 5 Z 4 WKG). Zum einen hat der EuGH aber bereits in seinem Urteil vom , Rs C-318/96, ausgeführt, dass "die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere ihre Artikel 17 Absatz 2 und 33, es nicht verbietet, von den Mitgliedern der Kammern der gewerblichen Wirtschaft, deren Umsatz einen bestimmten Betrag übersteigt, eine Abgabe wie die Kammerumlage nach § 57 Absätze 1 bis 6 des österreichischen Handelskammergesetzes zu erheben, die grundsätzlich auf der Grundlage der im Preis der den Kammermitgliedern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen enthaltenen Mehrwertsteuer festgesetzt wird und nicht von der von ihnen für ihre Umsätze geschuldeten Mehrwertsteuer abgezogen werden kann". Zum anderen sind auch die Überlegungen, die die Mehrheit des Handelsausschusses zur sachlichen Rechtfertigung der Kammerumlage I auf Umsatzbasis nach § 57 Abs. 1 HKG (idF. BGBl. Nr. 958/1993) angestellt hat, zu berücksichtigen (vgl. SWK 9/2008, T 51). Der Handelsausschuss hat ua. Folgendes erwogen: "Mit der Umstellung ist tendenziell eine stärkere Orientierung am Äquivalenzprinzip verbunden: Bei der Finanzierung beruflicher Selbstverwaltungskörper geht es primär um die Verteilung der Kosten bestimmter Aufgaben, die durch die Ansätze der genehmigten Voranschläge determiniert sind, auf die Kammermitglieder. Insofern sind die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zu den kommunalen Benützungsgebühren heranzuziehen, der das Äquivalenzprinzip einerseits aus dem Wesen der Gebühr (keine Überschreitung der Kosten), andererseits aus einem sachgerechten Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auf individueller Ebene argumentiert.Eine Finanzierung nach dem Äquivalenzprinzip (Nutzen bzw Kostenaspekte) bedeutet, dass die Heranziehung der einzelnen Kammermitglieder an Hand des jeweils aus der Mitgliedschaft zu ziehenden Nutzens bzw der vom Mitglied verursachten Kosten einen sachgerechten Verteilungsmaßstab bildet. Diesem Prinzip zufolge sind Anknüpfungen zu wählen, die auf die Betriebsgröße Bedacht nehmen, weil dies ein Kriterium ist, das typischerweise mit Nutzen und Kosten einer Kammermitgliedschaft zusammenhängt.Eine ertragsbezogene Umlagenbemessungsgrundlage - wie zB die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 oder Zuschläge zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Mitglieder - berücksichtigt wohl, so wie die bisherige Kammerumlage in Form des Gewerbesteuerzuschlages, die Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder, doch würden wesentliche Merkmale des Äquivalenzprinzips vernachlässigt: Der Nutzen aus der Interessenvertretung oder aus der Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Wirtschaftskammern ist unabhängig von der relativen Ertragsstärke eines Kammermitglieds zu sehen; bei Vorliegen von Verlusten würden Nutzen überhaupt nicht abgegolten werden.Bei der Beurteilung der Sachgerechtigkeit des steuerbaren Umsatzes mit seiner starken Äquivalenzorientierung als Umlagenbasis ist auch maßgeblich, dass die neue Umlage neben der in einem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleich bestehenden Kammerumlage 2 eingehoben wird: Diese Kammerumlage ist zum Teil äquivalenzorientiert - wenn ein direkter Nutzenzusammenhang zwischen der Interessenvertretung und dem Dienstleistungsangebot in den Bereichen des Arbeits- und Sozialrechtes hergestellt wird -, zum Teil leistungsfähigkeitsorientiert, wenn man die Tatsache in Rechnung stellt, dass durchschnittlich rund zwei Drittel der betrieblichen Wertschöpfung der Kammermitglieder auf Löhne und Gehälter einschließlich der Lohnnebenkosten entfällt. Durch die Anknüpfung an den steuerbaren Umsatz werden in typisierender Weise andere Kriterien für die Betriebsgröße herangezogen, sodass die Kombination aus den beiden Kammerumlagen eine im Sinne der Verhältnismäßigkeit gleichmäßigere Inanspruchnahme der Kammermitglieder bewirkt.Eine unmittelbare Anknüpfung der neuen Kammerumlage an die betriebliche Wertschöpfung - sei es in Form einer für Zwecke der Kammerfinanzierung neu zu gestaltenden Selbstberechnungsumlage, sei es in Form eines von der Umsatzsteuerzahllast ausgehenden vereinfachten Verfahrens - würde im Vergleich zur Umlagenbasis des steuerbaren Umsatzes zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Wertschöpfungskomponente Löhne und Gehälter führen: nahezu 90 % des Aufkommens an Umlagen für die Wirtschaftskammern würden dann mittelbar und unmittelbar auf die Löhne und Gehälter abstellen.Was den aus der Sicht der Wirtschaftskammer besonders gebotenen Grundsatz der Verwaltungsökonomie betrifft, so ist eine an den steuerbaren Umsatz anknüpfende Umlage am vorteilhaftesten: Die Erhebung durch die für die Umsatzsteuer zuständigen Finanzbehörden im Zuge der monatlichen Voranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärung bedarf nur eines geringen Ermittlungsaufwandes seitens der Kammermitglieder.Die Freigrenze von 2 Millionen Schilling soll bewirken, dass Kammermitglieder mit geringen Umsätzen von der Umlagepflicht befreit werden.In Analogie zum bisherigen Umlagenrecht wird die Festlegung der Hebesätze der neuen Umlage dem Beschlussrecht des Kammertages der Bundeskammer vorbehalten, die im Rahmen der Selbstverwaltung - dem Bedarfsdeckungsprinzip entsprechend - Hebesätze bis maximal 0,45 Promille vorsehen kann. Die Umlage ist nach dem Degressionsprinzip gestaltet, sodass der Hebesatz für die niedrigeren Umsatzbeträge höher ist als der Hebesatz für die höheren Umsatzbeträge. Für die gleichen Umsatzbeträge hat aber jedenfalls auch die Umlage (der Umlagenteil) gleich hoch zu sein (degressiver Anstoßtarif). Mit der degressiven Gestaltung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in typisierender Weise bei Durchschnittsbetrachtung mit höheren Umsätzen die Wertschöpfungsquote als Indikator der Leistungsfähigkeit sinkt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass mit steigender Betriebsgröße Nutzen und Kosten im Sinne des Äquivalenzprinzips nur unterproportional ansteigen."

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt ist. Dieser allgemeine Gleichheitsgrundsatz gilt sowohl gegenüber der Gemeinschaft als auch gegenüber den Mitgliedstaaten und wirkt sich als Verbot unterschiedlicher Behandlung ohne objektive Rechtfertigungsgründe aus (vgl. zB SWK 2004, S 647 und die dort genannte EuGH-Judikatur). Der Gleichheitssatz verlangt verhältnismäßige Gleichheit und erlaubt - unter Berücksichtigung des Gerechtigkeitsgedankens - die Orientierung an sachlich vertretbaren, vernünftigen oder einleuchtenden Gründen für eine Differenzierung. Die im konkreten Fall vom Gesetzgeber vorgenommenen Differenzierungen erscheinen dem Unabhängigen Finanzsenat (angesichts der vorherigen Ausführungen) sachlich gerechtfertigt.

Bescheide nach § 201 BAO über die Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben hätten nur dann ergehen können, wenn von der Selbstberechnung der Berufungswerberin abzuweichen gewesen wäre. Da dies nach den obigen Ausführungen nicht der Fall ist, kommt eine Festsetzung der Kammerumlage I nach § 201 BAO ebenso wenig in Betracht wie eine Rückzahlung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Art. 168 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Art. 401 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1

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