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iFamZ 4, August 2016, Seite 233

„Schuldlose“ Scheidung

Die Problematik verschuldensorientierter Konfliktlösung aus richterlicher Sicht

Gabriela Thoma-Twaroch

Immer wieder wird diskutiert, ob die in Österreich nach wie vor geltende Verschuldensscheidung zeitgemäß ist. Dieser Beitrag beschäftigt sich auf Basis richterlicher Praxis mit grundsätzlichen Überlegungen zur Frage, ob das Verschulden als Maßstab zur Durchsetzung eines Scheidungswunsches und für die Regelung der (unterhaltsrechtlichen) Folgen dem Rechtsschutzbedürfnis – noch – gerecht werden kann.

I. Allgemeine Überlegungen zum Verschulden

Die Frage, ob die Verschuldensscheidung noch zeitgemäß ist, wurde und wird auf internationaler und nationaler Ebene ausführlich diskutiert. Der Europarat hat bereits im Jahr 1989 mit einer Empfehlung zum Ausdruck gebracht, dass Scheidungsfolgen möglichst unabhängig vom Verschulden geregelt werden sollten:

Empfehlung Nr R (89) des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten

„[…] Es soll angestrebt werden, dass nach einer Scheidung jede Partei so weit wie möglich wirtschaftlich unabhängig ist und selbst für ihren Unterhalt sorgt. […] Bei der Bemessung der Leistungen, die eine Partei der anderen schuldet, soll bei keiner Partei ein Verschulden berücksichtigt werden. Das Gesetz kann jedoch bei grobem Verschulden der unterhaltsberechtigten Partei die Möglich...

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