Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 14.08.2013, RV/1180-W/12

Anerkennung von Aufwendungen für Pflege des Großvaters als außergewöhnliche Belastung, welche der gemäß ABGB unterhaltsverpflichtete Enkel bezahlt hat.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1180-W/12-RS1
Übernimmt der unterhaltsverpflichtete Enkel Aufwendungen für die Pflege des Großvaters, sind diese, soweit sie einerseits die finanziellen Möglichkeiten des Großvaters überstiegen und andererseits nicht von anderen Unterhaltspflichtigen zu tragen waren, als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 anzuerkennen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Susanne Osinger, Friedrich Nagl und Mag. Johannes Denk über die Berufung des X, vertreten durch Y, gegen die Bescheide des Finanzamtes Z vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 und 2010 nach der am am Finanzamt Z durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 und 2010 werden abgeändert.

Die getroffenen Feststellungen sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe und den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog in den Streitjahren 2009 und 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Rahmen seiner Steuererklärung für das Jahr 2009 beantragte der Bw. einen Betrag von € 9.333,91 und in der Steuererklärung für das Jahr 2010 einen Betrag von € 16.552,16 als außergewöhnliche Belastung für Kosten der Pflege seines Großvaters XY zu berücksichtigen.

Als Nachweis der angefallenen Aufwendungen legte der Bw. Honorarbestätigungen von Frau RC über den Betrag von € 8.190,- und von Frau MP über einen Betrag von € 8.370,- für das Jahr 2009, sowie Honorarbestätigungen von Frau RC über einen Betrag von € 8.100,- und von Frau MP über einen Betrag von € 8.550,- für das Jahr 2010 vor. Diese beiden Pflegekräfte haben den Großvater des Bw. Herrn XY in den Jahren 2009 und 2010 im Rahmen einer 24 Stunden Pflege betreut.

Der Bw. gab bekannt, dass er nach dem Aufbrauchen der Ersparnisse seines Großvaters an dessen Stelle die Pflegekräfte bezahlt habe und hiefür einen Betrag von € 9.333,91 im Jahr 2009 und von € 16.552,16 im Jahr 2010 bezahlt habe.

Das Finanzamt erließ am die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 und berücksichtigte die vom Bw. beantragte außergewöhnliche Belastung für die übernommenen Pflegekosten seines Großvaters Herrn XY nicht.

Zur Begründung wurde seitens des Finanzamtes ausgeführt, dass eine steuerlich zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastung nur vorliege, wenn die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachse und er sich ihr aus rechtlichen Gründen nicht entziehen könne. Zivilrechtlich sei ein Enkelkind zur Übernahme der Pflegekosten seines Großvaters nur insoweit verpflichtet, als diese nicht durch eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen des Unterhaltsberechtigten gedeckt seien. Für die Jahre 2009 und 2010 sei der zumutbare Anteil des Unterhaltsberechtigten und die anteilige Unterhaltsverpflichtung vom Finanzamt wie folgt ermittelt worden:


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2009
2010
wirtschaftl. Einkommen Unterhaltsberechtigter
16.493,78
16.673,92
abzügl. laufender Unterhalt Unterhaltsberechtigter
-11.000,00
-11.000,00
Zumutbarer Anteil Pflegekosten
5.493,78
5.673,92
Unterhaltszahlung Bw. laut Erklärung
9.333,91
16.552,16
abzügl. Zumutbaren Anteil Unterhaltsberechtigter
-5.493,78
-5.673,92
Zivilrechtl. Unterhaltsverpflichtung gesamt
3.840,13
10.878,24
Anteilige Unterhaltsverpflichtung (2 Enkel)
1.920,07
5.439,12

Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 vom erhob der Bw. Berufung. Die Berufung richtet sich gegen die als nach Ansicht des Bw. zu niedrig bemessene Höhe des zumutbaren Anteiles an Pflegekosten betreffend Herrn XY und die Aufteilung der Unterhaltsverpflichtung auf den Bw. und seine Schwester Frau B.

Der Bw. teilte zum Sachverhalt ergänzend mit, dass Herr XY, der im Jahr 1913 geborene Großvater des Bw., ab Juni 2008 die 24 Stunden Pflege in Anspruch genommen habe und ihm ab Juli 2008 Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 2 zuerkannt worden sei.

Die Kosten der Pflege seien aus den vorhandenen Ersparnissen des Großvaters von € 17.859,12 in den Jahren 2008 (€ 9.489,39) und 2009 (€ 6.776,68) vom diesem getragen worden. Die restlichen Kosten habe der Bw. übernommen.

Für die Schwester des Bw. sei aufgrund der eigenen Unterhaltsverpflichtung für ihre beiden Kinder und mangels entsprechenden Einkommens eine Übernahme der Hälfe der restlichen Pflegekosten wirtschaftlich undenkbar gewesen.

Vom Finanzamt sei als Existenzminimum ein jährlicher Betrag von € 11.000,- angenommen worden und die restlichen € 5.493,78 als zumutbarer Anteil an den Pflegekosten angenommen. Gegen diese Annahme spreche jedoch, dass Betriebskosten für das Wohnhaus und einen PKW, sowie erhöhte Aufwendungen durch die Anwesenheit der Pflegekräfte angefallen seien, sodass dem Großvater kein Anteil an den Pflegkosten aufgebürdet werden könne.

Die monatliche Nettopension habe € 1.155,89 betragen und das Pflegegeld € 273,40.

Betreffend die Unterhaltsverpflichtung der Enkel für den Großvater führte der Bw. aus, dass diese Verpflichtung nach seiner Ansicht nicht zivilrechtlich, sondern höchstens sittlich begründet sei.

Die sittliche Verpflichtung zur Tragung von Aufwendungen bestehe jedoch nur insoweit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten nicht wesentlich überstiegen werden. Bei Vorliegen mehrerer Unterhaltsverpflichteter könne derjenige die Aufwendungen geltend machen, der sie tatsächlich getragen habe.

Der Bw. erklärte, dass seine Schwester Frau B. Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder habe und als Kindergartenpädagogin über kein zur Abdeckung der aliquoten Pflegekosten ausreichendes Einkommen verfüge. Auch die Mutter des Bw. Frau AS habe über kein ausreichendes Einkommen verfügt, um Pflegekosten zu tragen.

Ergänzend gab der Bw. bekannt, dass die Entlohnung der Pflegekräfte entsprechend der Vereinbarung in den Werkverträgen bei den regelmäßigen Besuchen des Bw. beim Großvater mittels Barzahlung erfolgt sei.

Der Bw. legte außerdem Kopien seiner Kontoauszüge vor, aus denen hervorgeht, dass von diesem die Beiträge betreffend die Pflegekräfte an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft überwiesen wurden.

Die Berufung wurde der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt und langte am beim Unabhängigen Finanzsenat ein. Der Bw. wurde der Inhalt des Vorlageberichtes des Finanzamtes zur Kenntnis gebracht.

Das Finanzamt geht in diesem Bericht gestützt auf Wanke in Wanke/Wiesner/Grabner, MSA EStG, § 34 Anm 31 davon aus, dass wenn die Höhe einer Verpflichtung rechtlich normiert sei, eine darüber hinaus gehende sittliche Verpflichtung zu verneinen sein werde.

Gemäß ABGB stehe die Unterhaltspflicht eines Enkelkindes der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach.

Der Unterhaltsanspruch eines Großelternteils mindere sich insoweit, als ihm die Heranziehung eigenen Vermögens zumutbar sei. Ein (Enkel)Kind habe nur Unterhalt zu leisten, soweit durch die Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten der eigene Unterhalt nicht gefährdet sei.

Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch eines Großelternteiles sei eine zumindest teilweise fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit, also die Unfähigkeit, die angemessenen Lebensbedürfnisse aus eigener Kraft zu decken. Orientierungshilfe für die Bestimmung der Selbsterhaltungsfähigkeit könne der Richtsatz für Ausgleichszulagen bieten.

Den Ausführungen des Bw. betreffend die nicht ausreichende Bemessung des Betrages für den laufenden Unterhalt des Großvaters in Höhe von € 11.000,- könne vom Finanzamt nicht gefolgt werden, liege dieser doch weit über der für 2009 mit € 772,40 monatlich zu bemessenden Richtsatz für die Ausgleichzulage. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Betrag von € 11.000,- für eine 96 jährige Person - bei unentgeltlichem Wohnrecht - für die Deckung der übrigen Bedürfnisse neben der 24 Stundenbetreuung nicht ausreiche.

Betreffend die Verpflichtung der Schwester des Bw. verwies das Finanzamt darauf, dass auch der Bw. Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder habe.

Der Bw. hat am beim Verwaltungsgerichtshof Säumnisbeschwerde eingereicht und bezugnehmend auf den Vorlagebericht ergänzend ausgeführt, dass gemäß § 234 ABGB ein Unterhaltsanspruch von Großeltern gegenüber Enkelkindern nur dann bestehe, wenn hierdurch der eigene angemessenen Unterhalt nicht gefährdet werde.

Der Bw. vertritt die Ansicht, dass eine Aliquotierung der Unterhaltsverpflichtung weder aus der Rechtslage noch aus der Verwaltungspraxis ableitbar sei und seine Schwester Frau B über kein für die Abdeckung der aliquoten Übernahme der Pflegekosten ausreichendes Einkommen verfügt habe. Die tatsächliche Tragung der Pflegekosten durch den Bw. sei auch daraus ableitbar, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Pflegekräfte von den Konten des Bw. überwiesen worden seien. Die außergewöhnliche Belastung sei daher zur Gänze beim Bw. zu berücksichtigen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass der Großvater XY in den Streitjahren ein unentgeltliches Wohnrecht im Haus seiner beiden Enkel hatte.

Der Bw. gab bekannt, dass außer Kleidung und Hausrat, sowie einem vom Großvater für Einkaufsfahrten benötigten und benutzten PKW und dem Sparbuchrestguthaben, welches 2009 teilweise zur Abdeckung der Pflegekosten verwendet wurde, dieser in den Streitjahren über kein Vermögen verfügt habe.

Das am Todestag im Jahr 2011 vorhandene Kontoguthaben von ca. € 9.000,- sei für das Begräbnis angespart worden.

Der Bw. stellte den vom Finanzamt an notwendigen Lebenshaltungskosten angenommenen Betrag von jährlich € 11.000,- außer Streit.

Der Bw. legte Bestätigungen seiner Mutter und seiner Schwester Frau B vor, aus denen hervorgeht, dass diese in den Jahren 2009 und 2010 keine für die Pflege von XY anfallenden Aufwendungen übernommen haben.

Zwischen dem Finanzamt und dem Bw. wurde außer Streit gestellt, dass die Verpflichtung des Bw. zur anteiligen Kostentragung für die Pflege des Großvaters XY 80% der Gesamtkosten und die seiner Schwester Frau B 20% der Gesamtkosten ausmacht.

Die Höhe der vom Bw. getragenen Kosten der Pflege von XY wurde mit € 9.333,91 im Jahr 2009 und € 16.552,16 im Jahr 2010 festgestellt.

Der Bw. schränkte sein Berufungsbegehren insoweit ein, als unter Anerkennung der vom Finanzamt angenommenen jährlichen Lebenshaltungskosten von XY in Höhe von € 11.000,- er einen Anteil von 80% der von ihm bezahlten Pflegegekosten als außergewöhnliche Belastung in den Jahren 2009 und 2010 anzuerkennen begehrt

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ob und wenn ja in welcher Höhe die vom Bw. geltend gemachten Aufwendungen für Pflegekosten seines Großvaters XY in den Jahren 2009 und 2010 im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Der Unabhängige Finanzsenat geht im vorliegenden Fall von folgendem Sachverhalt aus:

Der im Jahr 1913 geborene Großvater des Bw. Herr XY wurde ab Juni 2008 von Pflegkräften im Rahmen einer 24 Stunden Pflege in einem Haus in K betreut. Das Haus wurde im Jahr 1996 von XY seinem Sohn Ing.AB aufgrund eines Vertrages unter Zurückbehaltung des lebenslangen Wohnrechts geschenkt. Ing. AB verstarb 2006 und im Zuge der Verlassenschaft wurde das Eigentum an dem Haus dem Bw. und dessen Schwester eingeantwortet. Pflegeverpflichtungen wurden nicht überbunden.

In den Jahren 2009 und 2010 entstanden aufgrund der Pflege des Herrn XY folgende Kosten:


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Jahr
Pflegekräfte laut Honorarbestätigung
Sozialversicherungsbeiträge
2009: 19.522,19
16.560,00
2.962,19
2010: 18.873,76
16.560,00
2.313,76

Herr XY bezog in den Jahren 2009 und 2010 eigene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Pensionist in Höhe von € 14.887,17 (2009) und € 15.410,32 (2010), sowie Pflegegeld von € 3.411,60 in beiden Jahren.

XY bezahlte selbst im Jahr 2009 € 6.776,88 für seine Pflegekosten.

Tatsächlich bezahlt wurden die Pflegekosten aufgrund der erhobenen Nachweise wie folgt:


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2009
2010
XY
6.776,68
Bw.
9.333,91
16552,16

Für die Zahlungen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wurden Kopien der Kontoauszüge des Bw. vorgelegt, die Barzahlungen an die Pflegekräfte wurden durch die Bestätigungen der Pflegekräfte und die Angaben des Bw. glaubhaft nachgewiesen.

XY verfügte in den Streitjahren 2009 und 2010 - abgesehen vom für Pflegekosten verwendeten Sparguthaben - über kein verwertbares Vermögen.

Unstrittig zwischen den Parteien wurde die Höhe der lebensnotwendigen Unterhaltskosten mit € 11.000,- jährlich festgestellt.

Außer Streit gestellt wurde außerdem zwischen den Parteien des Verfahrens, dass der Anteil des Bw. an den Gesamtpflegeaufwendungen, nach Abzug des Pflegegeldes und des im Jahr 2009 tatsächlich getätigten und für 2010 errechneten Eigenanteiles von XY 80% des angefallenen Restbetrages ausmacht.

Der Bw. hat seine Berufung dementsprechend eingeschränkt.

In rechtlicher Hinsicht wird erwogen:

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Ermittlung der Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die außergewöhnliche Belastung muss folgende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllen:

Sie muss außergewöhnlich sein.

Sie muss zwangsläufig erwachsen.

Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist, als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs.3).

Die Belastung beeinträchtigt die wirtschafltiche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung zu berechnenden Selbstbehalt gemäß § 34Abs. 5 EStG 1988 übersteigt.

In § 34 Abs 7 EStG 1988 ist geregelt, dass Unterhaltsaufwendungen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen.

Unter diese Bestimmung fallen Krankheitskosten oder Pflegekosten, welche für einkommensschwache unterhaltsberechtigte Angehörige übernommen werden.

Aufwendungen, welche durch die Pflegebedürftigkeit eines Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich und erwachsen aus tatsächlichem Grund zwangsläufig.

Wenn an Stelle einer Heimunterbringung eine kostenpflichtige häusliche Pflege organisiert wurde, stellen die Kosten hierfür beim Steuerpflichtigen eine außergewöhnliche Belastung dar.

Verfügt der Steuerpflichtige selbst über eigene Einkünfte, wird der Teil, der seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht, ihm als außergewöhnliche Belastung im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung anerkannt.

2009:

Im vorliegenden Fall wird im Einkommensteuerverfahren des XY für das Jahr 2009 ein Betrag von € 6.776,68 als vom ihm selbst getragenen Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt (RV/1167-W/12).

Vom im Jahr 2009 angefallenen Gesamtbetrag von € 19.522,19 wurde das erhaltene Pflegegeld in Höhe von € 3.411,60, und der von XY bezahlte Betrag von € 6.776,68 abgezogen, sodass ein als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen beantragter Restbetrag von € 9.333,91 übrig bleibt.

Hinsichtlich dieses Restbetrages von € 9.333,91 entfällt ein Betrag von € 7.467,12 (entspricht 80% der Restsumme) auf den Bw.

2010:

XY bezog in diesem Jahr eigene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 15.410,32, sowie Pflegegeld in Höhe von € 3.411,60.

Zur Berechnung des Herrn XY zumutbaren Eigenanteils an den Pflegekosten 2010 wird ein Betrag von € 11.000,- (entspricht dem 14 mal berechneten Ausgleichzulagenrichtsatz gemäß ASVG in Höhe von € 772,- = € 10.808,- gerundet auf € 11.000,-; (von den Parteien außer Streit gestellter Betrag) von dem ihm zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Einkommen in Höhe von € 15.410,32 abzogen (vgl. etwa ). Der XY als zumutbar zuzuschreibenden Eigenanteil an den Pflegekosten beträgt daher € 4.410,32.

Herr XY hatte den ihm zugeschätzten Betrag von € 11.000,- im Jahr 2010 zur Verfügung um Betriebskosten für Haus und PKW, sowie Nahrung und Kleidung zu finanzieren. Die Wohnung stand ihm unentgeltlich zur Verfügung. Seitens des Bw. wurden keine konkreten Angaben über sonstige extra höher angefallenen Kosten vorgebracht.

Es war nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates Herrn XY wirtschaftlich zumutbar, den Betrag der € 11.000,- überstiegen hat, selbst für seine Pflegekosten aufzuwenden. Dieser Betrag wurde in der Berufungsverhandlung außer Streit gestellt.

Von den für 2010 mit € 18.873,76 angefallenen Gesamtpflegekosten abzüglich Pflegegeld in Höhe von € 3.411,60 und Eigenanteil des XY in Höhe von € 4.410,32 verbleibt ein Betrag von € 11.051,84, welcher als außergewöhnliche Belastung im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung anzuerkennen beantragt wurde.

Aufgrund der Außerstreitstellung der Tatsache, dass auf den Bw. im Verhältnis zu seiner Schwester 80% der Restsumme entfallen, beträgt der Anteil des Bw. im Jahr 2010 € 8.841,47

Gemäß § 143 Abs. 1 ABGB in der für die Streitjahre geltenden Fassung (BGBL 403/1977) schuldet ein Kind den Eltern unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse den Unterhalt, insoweit der Unterhaltsberechtigte selbst nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten.

Gemäß § 143 Abs. 2 ABGB steht die Unterhaltspflicht der Kinder der eines Ehegatten von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

Gemäß § 143 Abs. 3 ABGB mindert sich der Unterhaltsanspruch eines Großelternteiles insoweit, als ihm die Heranziehung eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei der Berücksichtigung der sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

Zu prüfen ist im vorliegenden Fall, ob der Bw. überhaupt und wenn ja ob er allein rechtlich und allenfalls sittlich unterhaltsverpflichtet gegenüber dem Großvater XY war.

Der Unterhaltsanspruch der Vorfahren gegenüber den Nachfahren ist ein Anspruch auf ergänzenden Unterhalt und kommt in der Regel nur ausnahmsweise in Betracht. Dieser Unterhaltsanspruch setzt mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit, vorrangige Heranziehung eigenen Vermögens des Vorfahren, sowie Berücksichtigung der eigenen Sorgepflichten des Nachfahren voraus.

Mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit liegt bei Nicht-Imstande-Sein der Abdeckung der Pflegekosten vor (Schwimann ABGB Rz 1 zu § 143).

Mehrere unterhaltspflichtige Nachkommen gleichen Ranges sind nach ihren Kräften zur Unterhaltsleistung anteilig verpflichtet (Schwimann/Kodek ABGB Kommentar zu § 143 ABGB, Rz 12, ebenso Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kommentar zu § 143 ABGB, ; ; ; VwGh , 2006/10/0028, /4Ob192/06y).

Im Jahr 2009 hat XY aus eigenem Geld € 6.776,68 als Pflegekostenanteil bestritten.

Eigenes Vermögen des Großvaters war im Jahr 2010 nach Aufbrauchen der Ersparnisse im Jahr 2009 nicht mehr vorhanden. Der vorhandene PKw wurde von XY benötigt und benutzt.

Es war ihm jedoch zuzumuten nach Abzug eines für den eigenen Unterhalt aufzuwendenden Betrages in Höhe von € 11.000,- den restlichen ihm zur Verfügung stehenden Betrag seiner Einkünfte für seine Pflege im Jahr 2010 zu entrichten. Die Höhe dieses Betrages errechnet sich mit € 4.410,32.

Die Ehegattin und der Sohn des XY sind vorverstorben.

Laut Angaben des Bw. in der Verhandlung sind außer ihm selbst, seiner Schwester Frau B. und seiner Mutter Frau CD keine weiteren Verwandten vorhanden.

Zivilrechtlich und sittlich sind die Enkel des XY gemäß der zitierten Judikatur und Kommentarmeinungen, Frau B. und der Bw., gegenüber diesem anteilig unterhaltsverpflichtet.

Dies jedoch nur insoweit sie durch Unterhaltszahlungen ihren eigenen angemessenen Unterhalt nach Berücksichtigung ihrer Sorgepflichten nicht gefährden.

Auch wenn bei Krankheitskosten eine über die rechtliche Verpflichtung hinausgehende sittliche Verpflichtung bestehen kann, verlangt auch die Sittenordnung nicht die Gefährdung des eigenen Unterhalts und jene der unterhaltsberechtigten anderen Angehörigen.

Die Parteien des Verfahrens haben außer Streit gestellt, dass die Aufteilung der Kosten zwischen den beiden unterhaltsverpflichteten Enkeln im Verhältnis 80% Bw. und 20% Frau B. zu erfolgen hat.

Der vom Bw. anteilig zu bezahlende Beitrag an den Pflegekosten errechnet sich mit € 7.467,12 (2009) und € 8.841,47 (2010). Die außergewöhnliche Belastung des Bw. wird in dieser Höhe in den Streitjahren als außergewöhnliche Belastung nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt.

Der Berufung wird im vom Bw. in der Berufungsverhandlung eingeschränkten Ausmass Folge gegeben.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

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Wien, am

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