Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.11.2009, RV/0973-W/09

Abzinsung eines Wohnbauförderungsdarlehens


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Miterledigte GZ:
RV/0974-W/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Dr. Norbert Zeger, 3500 Krems, Obere Landstraße 34, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Den Berufungen wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt: Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt hinsichtlich des Erwerbsvorganges mit Mag. JW : gemäß § 7 Z. 3 GrEStG 1987 mit 3,5% von der Gegenleistung in Höhe von € 23.026,32 = € 805,92

hinsichtlich des Erwerbsvorganges mit JwV: gemäß § 7 Z. 3 GrEStG 1987 mit 3,5% von der Gegenleistung in Höhe von € 23.026,32 = € 805,92..

Entscheidungsgründe

Am wurde zwischen den Ehegatten Mag. JW und JwV als Verkäufer einerseits und den BW - diese in der Folge Berufungswerber (Bw.) genannt - als Käufer andererseits ein Kaufvertrag betreffend ein gefördertes Wohnungseigentumsobjekt abgeschlossen.

Als Kaufentgelt wurde eine Betrag von € 90.000,- zuzüglich der Übernahme der anteiligen Forderung des Landes Niederösterreich, als persönliche Schuld der Käufer vereinbart, welches mit einem Betrag von € 7.210,54 aushaftete.

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für jeden der vier Erwerbsvorgänge die Grunderwerbsteuer im Betrag von je € 850,59 fest, wobei die Gegenleistung wie folgt ermittelt worden war: anteiliger Barkaufpreis € 22.500,- zuzüglich anteilig übernommener Verbindlichkeiten im aushaftenden Betrag von € 1.802,64.

In den Berufungen wurde im Wesentlichen die Abzinsung des Wohnbauförderungsdarlehens des Landes Niederösterreich und die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer begehrt.

Das Finanzamt wies die Berufungen mit Berufungsvorentscheidungen vom ab.

Mit Schriftsätzen vom begehrten die Bw. die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde II. Instanz und legten gleichzeitig die Zustimmungsurkunde vom vor, mit der das Land Niederösterreich sein Einverständnis zur Eigentumsübertragung und insbesondere auch zur privativen Schuldübernahme durch die Käufer erteilt hatte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

§ 5 Abs. 1 Z. 1 leg.cit bestimmt als Gegenleistung bei einem Kauf den Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1955 (BewG) gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben.

Nach § 14 Abs. 1 BewG sind Kapitalforderungen, die nicht in § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

Auf Grund des § 14 Abs. 3 BewG ist der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.

Der Gegenleistungsbegriff des § 5 Abs.1 Z. 1 GrEStG deckt sich grundsätzlich mit dem Kaufpreisbegriff der §§ 1053 ff ABGB. Demnach muss der Kaufpreis bestimmbar sein und kann wohl auch aus einem nominellen Kaufpreis und zusätzlich aus übernommenen Leistungen des Käufers bestehen.

Dass es sich beim hier gegenständlichen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang um einen Kaufvertrag handelt, ist unbestritten ebenso auch, dass die Schuldübernahme der hypothekarisch sichergestellten Forderung zugunsten des Landes Niederösterreich einen Teil der Gegenleistung darstellt und somit grundsätzlich in die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist.

Streit besteht ausschließlich darüber, mit welchem Wert diese Schuldübernahme anzusetzen ist.

Mit der Frage der Bewertung in Fällen eines Schuldnerwechsels im Zuge von Kaufvereinbarungen hatte sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom , 2007/16/0028 auseinanderzusetzen und hat dabei unter anderem festgestellt:

"Als Gegenleistung ist der nominale Kaufpreis maßgebend. Auch ein nicht sofort fälliger Kaufpreis eines Grundstückes bildet mit seinem Nennbetrag die Gegenleistung. Bei der Ermittlung der Gegenleistung kommt die Abzinsung eines in Teilzahlungen abzustattenden Kaufpreises überhaupt nicht in Betracht, weil die Vorschrift des § 14 Abs. 3 BewG nur für die Bewertung von Forderungen und Schulden und daher dann nicht gilt, wenn als Gegenleistung ein Kaufpreis vereinbart worden ist. Denn nach § 5 GrEStG 1987 bildet der Kaufpreis selbst und nicht etwa die Summe der abgezinsten Teilzahlungen die Bemessungsgrundlage. Eine Bewertung des Kaufpreises ist gar nicht erforderlich, weil dieser mit dem vereinbarten Betrag bestimmt ist. Eine Abzinsung wäre nur dann zulässig, wenn eine schon aus einem anderen Grund bestehende Forderung anstelle oder als Teil der Gegenleistung bzw. des Kaufpreises abtretungsweise oder wenn eine schon bestehende Schuld übernommen worden wäre (vgl. die in Fellner, Grunderwerbsteuer, unter Rz. 37 zu § 5 GrEStG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Grundsätzlich gehören auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung. Zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkt. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistung gehören also neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung nach dem GrEStG 1987. Verpflichtet sich also der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer gegenüber, eine Schuld zu übernehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987, wenn sie ohne Anrechnung auf den Kaufpreis erbracht wird. So bilden übernommene Darlehen als sonstige (zusätzliche) Leistung die Gegenleistung bzw. einen Teil derselben. Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgeblich, d.h., die Schuldübernahme ist dann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, wenn sich der Käufer vertraglich verpflichtet hat, den Verkäufer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten (vgl. wiederum die in Fellner, aaO, unter Rz 69 zu § 5 GrEStG 1987 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes)."

Aus den Ausführungen des Erkenntnisses i.Z. mit der in diesem Erkenntnis angeführten Vorjudikatur läßt sich erkennen, dass als eine der Kernfragen auch zu klären ist, woraus der nominelle Kaufpreis (hinsichtlich dessen eine Bewertung abweichend vom Nennwert nicht zulässig ist) besteht. Nun kann als solcher sicher nicht nur jener Betrag verstanden werden, der im Kaufvertrag ausdrücklich als Kaufpreis bezeichnet ist, sondern es wird dieser vielmehr aus dem gesamten Vertragsgeflecht zu erkennen sein.

Im gegenständlichen Fall erachtet der unabhängige Finanzsenat jedoch die Abzinsung des in Frage stehenden Darlehens (eine Bewertung abweichend vom Nennwert) aus folgenden Gründen für zulässig:

Im Kaufvertrag wurde im Gegenzug für den Erwerb der Liegenschaft die Bezahlung eines Barkaufpreises vereinbart, sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten ohne Anrechnung auf den Kaufpreis.

Nun kennt das ABGB verschiedene Arten des Schuldnerwechsels. Diese werden in den Bestimmungen der §§ 1405 ff ABGB geregelt.

Es sind dies die:

1.) befreiende oder privative Schuldübernahme

2.) kumulative Schuldübernahme, Schuldbeitritt

3.) kumulative Schuldübernahme, Erfüllungsübernahme und die Hypothekenübernahme

(Zivilrecht.online: http://www.uibk.ac.at/zivilrecht/buch/kap14, Zugriff vom )

ad 1.) befreiende oder privative Schuldübernahme

(§§ 1405, 1406 und 1407 ABGB) Den eigentlichen Schuldübernahmsvertrag schließen Alt- und Neuschuldner. Darin wird vereinbart, dass der Neuschuldner an die Stelle des Altschuldners tritt. Das bedarf immer der Zustimmung des Gläubigers. Die Schuld bleibt aber dieselbe (§ 1407 ABGB). Die Einwilligung(serklärung) des Gläubigers ist eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung; Bei der befreienden Schuldübernahme (Rummel, ABGB Kommentar, Rz 1 zu 1405 ABGB) wird der Urschuldner aus der Haftung entlassen und der Übernehmer tritt an seine Stelle.

Ad 2.) kumulative Schuldübernahme, Schuldbeitritt

Der Schuldbeitritt wird in § 1406 Abs. 2 ABGB geregelt. Er "setzt den Übernehmer nicht an die Stelle, sondern an die Seite des Altschuldners, der (dadurch) nicht befreit wird (Gschnitzer). - Der Gläubiger gewinnt einen Schuldner dazu und erlangt dadurch erhöhte Sicherheit, weshalb er nicht zustimmen muss. Altschuldner und beitretender Schuldner haften solidarisch.

Ad 3.) kumulative Schuldübernahme, Erfüllungsübernahme

"Wer einem Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken [EÜ], haftet dem Schuldner dafür, dass der Gläubiger ihn nicht in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht"; § 1409 ABGB.

Der Erfüllungsübernehmer verpflichtet sich dem Schuldner gegenüber für ihn zu erfüllen. Der Schuldner wird nicht (von seiner Schuld) befreit. Die EÜ wirkt nur im Innenverhältnis zwischen Schuldner und Übernehmer. Der Übernehmer wird nicht Schuldner des Gläubigers, Der Gläubiger kann deshalb auch nicht auf den Übernehmer greifen, da dieser ihm ja nichts schuldet.

Im Berufungsfall verpflichteten sich die Bw. hinsichtlich der bestehenden Schuld der Verkäufer diesen gegenüber - zur Erfüllung der bestehenden Verbindlichkeiten und diesbezüglich zur Klag- und Schadloshaltung der Verkäufer.

Seitens des Landes Niederösterreich waren die Verkäufer aus der Haftung entlassen worden, sodass diese mit diesem Zeitpunkt weder Schuldner dieses Darlehens waren, noch für die Rückzahlung dieses Darlehens in irgendeiner Form weitergehaftet hatten.

Dem zu Folge wurden die Bw. Schuldner hinsichtlich des - ihre nunmehr erworbenen Liegenschaftsanteile belastenden - Darlehens ohne dass die ursprünglichen Schuldner weiterhin in irgendeiner Form vom Land Niederösterreich herangezogen werden könnten.

Damit liegt im gegenständlichen Fall eindeutig eine privative Schuldübernahme hinsichtlich der auf die Bw. entfallenden Anteile vor. Ebenso läßt sich aus der gesamten Vertragsgestaltung erkennen, dass die Schuldübernahme eine eigenständige Verpflichtung und somit auch eine sonstige Leistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG darstellt. Diese ist nach den Bestimmungen des BewG zu bewerten und es kommen im gegenständlichen Fall die Bestimmungen zum Tragen, die eine Bewertung abweichend vom Nennwertprinzip zulassen.

Bei dem gegenständlichen Wohnbauförderungsdarlehen handelt es sich um ein geringverzinsliches und auch langfristiges Darlehen (1% Verzinsung, Laufzeit 50 Jahre), das gemäß der Bestimmung des § 14 Abs. 3 BewG zu bewerten ist.

Dem Berufungsbegehren war somit zu entsprechen.

Gemäß der Vorschrift des § 14 Abs. 3 BewG ist der Betrag zu ermitteln, der nach Abzug von Jahreszinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen in Höhe von 5,5 vH des Nennwertes bis hin zur Fälligkeit verbleibt.

Der unabhängige Finanzsenat hat in seiner Berechnung die Summe der einzeln abgezinsten Tilgungsraten unter Zuhilfenahme des vom BMF erstellten und der Allgemeinheit zugänglichen Berechnungsprogrammes "http://www.bmf.gv.at/service/Anwend/Steuerberech/Par14/Par14.aspx" in Höhe von € 249.326,81 - in Bezug auf die gesamte Liegenschaft - (anteilig / Erwerbsvorgang somit jeweils € 526,32) ermittelt.

Diese Berechnungsmethode basiert auf der Neufassung der Bestimmung des § 14 BewG.

Unter Ansatz des abgezinsten Darlehens ermittelt sich der Wert der anteiligen Gegenleistung mit € 23.026,32.

Die Bemessungsgrundlage ermittelt sich daher wie folgt:


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Barkaufpreis
22.500,00
anteilige Verbindlichkeit (abgezinst)
526,32
SUMME
23.026,32 3,5% GRUNDERWERBSTEUER = 805,92

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at