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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 27.06.2013, RV/2705-W/11

Verlängerung der Verjährungsfrist durch Vorhalt

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/13/0086 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7104199/2016 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Berufungssenat XXX über die Berufung der Bw, vertreten durch S, gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Körperschaftsteuer 2004 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Nach der Aktenlage wurde von der Berufungswerberin am im Zuge einer bei der Berufungswerberin durchgeführten (Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2001 bis 2003, Umsatzsteuer 1-12/2004 und Umsatzsteuer 1-8/2005 betreffenden) Betriebsprüfung eine Umsatzsteuererklärung für 2004 in Papierform der Prüferin persönlich überreicht. Am langte die Körperschaftsteuererklärung für 2004 auf elektronischem Wege im Finanzamt ein. Am langten weiters die Erläuterungen zur Körperschaftsteuererklärung 2004, ein Exemplar des WP-Berichtes zum und eine Beilage zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie 2004 in Papierform im Infocenter des Finanzamtes ein. Die elektronische Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2004 wurde in der Folge storniert. Am erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2004. Die Erlassung eines Körperschaftsteuerbescheides für 2004 ist jedoch zum damaligen Zeitpunkt unterblieben.

Die Körperschaftsteuer für 2004 wurde vom Finanzamt erst mit Bescheid vom (zugestellt am ) festgesetzt. Die Steuerfestsetzung erfolgte erklärungsgemäß. Der Bescheid führte zu einer Abgabennachforderung in Höhe von 218.001,78 Euro.

Gegen diesen Bescheid erhob die Berufungswerberin Berufung mit folgender Begründung:

Für die Körperschaftsteuer 2004 sei gemäß §§ 207 ff BAO bereits mit die Festsetzungsverjährung eingetreten.

Die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beginne gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Körperschaftsteueranspruch für 2004 sei mit Ablauf des Jahres 2004 entstanden, womit die Verjährung am zu laufen beginne. Unter Berücksichtigung des Laufes der fünfjährigen Frist ende sie somit gemäß § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres 2009.

Bei der am erfolgten Akteneinsicht seien keine die Verjährungsfrist gemäß § 209 BAO verlängernden Handlungen der Abgabenbehörde erkennbar gewesen. Die Verjährungsfrist betrage daher, wie bereits geschildert, fünf Jahre.

Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2004 beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wird Folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist für Körperschaftsteuer fünf Jahre.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um 1 Jahr.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist jede nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches eine relevante Verlängerungshandlung.

Im Zuge der Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2001 - 2003 wurde am ein Vorhalt an Sie ausgefertigt. Im Zusammenhang mit den Aufwandsbelegproben 2001 wurden Sie aufgefordert, eine Auflistung aller Provisionszahlungen an Herrn A 2001 - 2004 mit Belegkopien vorzulegen (Pkt. 8 des Vorhaltes).

Da es sich bei diesem Vorhalt eindeutig um eine nach außen erkennbare Maßnahme handelt, die unter anderem auch auf den Körperschaftsteueranspruch 2004 gerichtet ist, wurde die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert.

Die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2004 mit Bescheid vom (Anmerkung des UFS: gemeint offenbar ) erfolgte daher fristgerecht innerhalb der verlängerten Verjährungsfrist."

Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte die Berufungswerberin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag), in welchem sie Folgendes ausführte:

Bei dem in der Berufungsvorentscheidung angeführten, als "Vorhalt" bezeichneten Schriftstück der Betriebsprüfung handle es sich um eine schriftliche Auflistung von Fragen, die im Rahmen der Betriebsprüfung einer Klärung zugeführt worden seien. Hinsichtlich des Ersuchens nach einer Auflistung der Provisionszahlungen für die Jahre 2001 bis 2004 an Herrn A werde jedoch eindeutig angeführt, dass es sich hierbei um eine Kontrollmitteilung handle. Im Zuge der Betriebsprüfung sei weder die Empfängerbenennung noch die Abzugsfähigkeit der Provisionszahlungen an Herrn A strittig gewesen. Die Kontrollmitteilung habe vielmehr dazu gedient, die Abgabepflicht bzw. die Besteuerung der an Herrn A geleisteten Provisionszahlungen in dessen Ansässigkeitsstaat sicherzustellen.

Da das Ersuchen der Betriebsprüfung zur Auflistung aller Provisionszahlungen an Herrn A samt Vorlage der Belegkopien weder der Geltendmachung des Abgabenanspruches gegenüber der Berufungswerberin in Österreich noch der Feststellung der Berufungswerberin als Abgabepflichtige gedient habe, sei der Tatbestand des § 209 Abs. 1 BAO nicht erfüllt. Das Ersuchen des Finanzamtes um Beibringung verschiedener Unterlagen vom sei daher nicht geeignet, die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2004 um ein Jahr zu verlängern. Das oben Gesagte gelte analog für die in Punkt 11 des Schreibens verlangte Auflistung der Provisionszahlungen an die Firma B für die Jahre 2001 bis 2004 samt Vorlage der Belegkopien. Auch bei diesem Punkt sei ausdrücklich angeführt, dass die Information nicht auf die Geltendmachung des Abgabenanspruches gegenüber der Berufungswerberin abgezielt habe, sondern dass es sich hierbei um eine Information zur Erteilung einer Kontrollmitteilung gehandelt habe.

Darüber hinaus sei festzuhalten, dass Vorhalten nur hinsichtlich jener Abgaben Unterbrechungswirkung zukomme, auf die das Schreiben Bezug nehme (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 209 Rz 22). In dem Schreiben der Betriebsprüfung vom werde weder bei Punkt 8 noch bei Punkt 11 angeführt, auf welche Abgabenerhebung (Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Abzugssteuern ...) die Frage abziele. Vielmehr sei - wie bereits erwähnt - durch den Hinweis "Kontrollmitteilung" eindeutig klar, dass die Information nicht für die Feststellung des österreichischen Abgabenanspruches erhoben werde, sondern auf die Feststellung des ausländischen Abgabenanspruches abgezielt werde.

Der in der Berufungsvorentscheidung vertretenen Ansicht, dass es sich bei dem "Vorhalt" eindeutig um eine nach außen erkennbare Maßnahme handle, die unter anderem auch auf den Körperschaftsteueranspruch 2004 gerichtet und somit geeignet sei, die Verjährungsfrist um ein Jahr zu verlängern, könne aus den oben angeführten Gründen nicht gefolgt werden. Da der Körperschaftsteuerbescheid 2004 nach Ablauf der Verjährungsfrist erlassen worden sei, sei dieser rechtswidrig ergangen und somit ersatzlos aufzuheben.

Das in der Berufungsvorentscheidung und im Vorlageantrag angeführte Schreiben der Betriebsprüfung vom lautet nach der Aktenlage des Finanzamtes auszugsweise folgendermaßen:

"Um Beantwortung folgender Fragen bzw. Beibringung noch fehlender Unterlagen bis zum wird ersucht:

...

...

...

8. Privatadresse von A, Chef der Firma T, Bukarest - Kten 76250/01 und 44200000/02

Auflistung aller Provisionszahlungen an ihn 2001 - 2004 mit Belegkopien (Scheck, Überweisung, ...).

...

...

...

11. payable commissions - Kto 44200000

Auflistung aller Provisionszahlungen an B 2001 - 2004 mit Belegkopien (Scheck, Überweisung, ...).

...

...

..."

Im Antwortschreiben wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

...

...

...

Ad 8.)

Es wurde im Jahr 2002 an Herrn A eine einmalige Überweisung in Höhe von 6.792,21 € getätigt. Die Überweisung ist auf ein österreichisches Konto durchgeführt worden. In den Jahren 2001, 2003 und 2004 (sowie laufend 2005) wurden keinerlei Zahlungen an Herrn A getätigt. Eine Privatadresse von Herrn A ist uns nicht bekannt. Wir sind lediglich im Besitz der Firmenadresse (Firma T in Rumänien).

...

...

...

Ad 11.)

Die Zahlungen an Herrn P (Slowenien) sind der beiliegenden Liste zu entnehmen.

...

...

...

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend Folgendes ausgeführt:

Seitens der steuerlichen Vertreterin der Berufungswerberin wurde vorgebracht, dass im Schreiben (E-Mail) der Großbetriebsprüfung vom unter den Punkten 8 und 11 ausdrücklich der Hinweis "Kontrollmitteilung" angebracht sei. Überdies sei das in der E-Mail angeführte Jahr 2004 nicht vom Prüfungszeitraum mitumfasst gewesen. Die Berufungswerberin habe weiters zur Vermeidung von Anspruchszinsen nach § 205 BAO eine Abschlagszahlung geleistet, die am Konto stehengeblieben und im April 2009 wieder gutgeschrieben worden sei. Danach sei wiederum vom Finanzamt keine Amtshandlung gesetzt worden, bis schließlich im Jahr 2010 - nach Ablauf der Verjährungsfrist - der Körperschaftsteuerbescheid 2004 erlassen worden sei. Die E-Mail der Großbetriebsprüfung sei auch deswegen nicht geeignet gewesen, die Verjährungsfrist zu verlängern, weil in dieser nicht auf die Körperschaftsteuer 2004 Bezug genommen werde.

Auf Hinweis der Referentin, dass nach der Aktenlage des Finanzamtes im Schreiben vom kein Vermerk "Kontrollmitteilung" aufscheint, legte die steuerliche Vertreterin einen Ausdruck der an die Berufungswerberin ergangenen E-Mail vom , in welchem bei den Punkten 8 und 11 der Vermerk "Kontrollmitteilung" angefügt ist, vor.

Seitens der Vertreterin des Finanzamtes wurde ausgeführt, das Finanzamt bleibe bei seiner Ansicht, dass die gegenständliche Mail eine Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 BAO darstelle. Es treffe zwar zu, dass im Schreiben nicht ausdrücklich "Körperschaftsteuer 2004" angeführt ist, jedoch komme es keineswegs auf die Bezeichnung, sondern nur auf den Inhalt des Schreibens an. Aus der E-Mail sei klar erkennbar, dass eine Anfrage betreffend den Körperschaftsteueranspruch 2004 gestellt werden sollte, dies ungeachtet des Zusatzes "Kontrollmitteilung".

Die steuerliche Vertreterin verwies abschließend auf die Judikatur des VwGH und des UFS, derzufolge eine Verlängerungshandlung nur dann gegeben sei, wenn im betreffenden Vorhalt auf konkrete Abgaben, hinsichtlich derer Ermittlungen durchgeführt würden, Bezug genommen werde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 207 Abs. 2 BAO verjährt das Recht, die Körperschaftsteuer festzusetzen, nach fünf Jahren.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO).

Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO für das Berufungsjahr 2004 von der Abgabenbehörde eine Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO gesetzt wurde, durch welche sich die Verjährungsfrist um ein Jahr - bis zum - verlängert hat.

Nach der Rechtsprechung muss eine Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein (; ; ). Die Fristverlängerung setzt die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl. ; ; ; ). Auch "prophylaktische" Amtshandlungen (wie zB die Zusendung einer Abgabenerklärung) verlängern die Verjährungsfrist (vgl. ). Es ist weder erforderlich, dass der Amtshandlung eine zutreffende Rechtsansicht zugrunde liegt (), noch dass die behördlichen Schritte zum Beweisthema etwas beizutragen vermögen (vgl. ; ). Auch nicht notwendige (; ; ) oder gesetzwidrige Verwaltungsakte (, 0094; ; ) haben diese Wirkung (vgl. Ritz, BAO4, § 209 Tz 2 - 9).

Abgabenbehördliche Prüfungen stellen die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen dar (vgl. ; ; ). Eine Außenprüfung hat diese Wirkung auch dann, wenn kein Prüfungsauftrag vorliegt (vgl. ; ; ).

Anfragen (Vorhalten) der Abgabenbehörde an den Abgabepflichtigen kommt hinsichtlich jener Abgaben Verlängerungswirkung zu, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz, BAO4, § 209 Tz 22 - 23, sowie die dort zitierte Judikatur).

Im Schreiben der Betriebsprüfung vom wird die Berufungswerberin unter Punkt 8 um Aufgliederung der Provisionszahlungen an Herrn A und Vorlage von Belegkopien für die Jahre 2001 bis 2004 ersucht. Unter Punkt 11 wird die Berufungswerberin um Aufgliederung der Provisionszahlungen an die Firma B und ebenfalls um Vorlage von Belegkopien für die Jahre 2001 bis 2004 ersucht. Da die betreffenden Provisionszahlungen von der Berufungswerberin als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, stellte die Frage der Betriebsprüfung nach deren Zusammensetzung eine Kontrolle der Höhe und betrieblichen Veranlassung der Zahlungen dar. Die von der Betriebsprüfung verlangte Vorlage von Belegkopien hat zweifellos der Kontrolle der tatsächlichen Entrichtung der geltend gemachten Provisionszahlungen gedient. Damit liegt aber eindeutig eine nach außen erkennbare Amtshandlung, die unter anderem auch auf die Geltendmachung des Körperschaftsteueranspruches 2004 gerichtet war, vor.

Daran ändert auch der (in der in den Finanzamtsakten befindlichen Ausfertigung des Schreibens vom nicht aufscheinende) Hinweis "Kontrollmitteilung" nichts, da im Falle der Rückmeldung, dass die Provisionsempfänger nicht existieren oder die Provisionszahlungen nicht erhalten haben, eine Nichtanerkennung der geltend gemachten Betriebsausgaben erfolgen hätte müssen.

Das Schreiben vom hat den obigen Ausführungen zufolge die Verjährungsfrist der Körperschaftsteuer 2004 um ein Jahr, somit bis zum , verlängert.

Der (am zugestellte) Körperschaftsteuerbescheid 2004 vom ist daher noch innerhalb der Verjährungsfrist ergangen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at