Nichteinbeziehung der Unterhaltsleistungen an minderjährige Kinder bei Gebühr für eine Scheidungsfolgenvereinbarung
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RV/2464-W/10-RS1 | Seit Novellierung der Befreiungsbestimmung des § 33 TP 20 Abs. 2 Z 1 GebG 1957 durch BGBl. Nr. 407/1988 sind vergleichsweise Regelungen über den Unterhalt mj. Kinder von der Gebührenpflicht freizustellen, mögen sie auch im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegt worden sein. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des X, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Gebühren entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid bzgl. der Vereinbarung vom wird abgeändert.
Die Höhe der Abgabe beträgt 3.892,13 €. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Notariatsakt vom wurde eine Privaturkunde, tituliert als Vereinbarung, notariell beglaubigt. Die Vertragspartner waren Herr X., der Berufungswerber (Bw.), und seine Ehefrau Y. In der Einleitung der Vereinbarung wurde ua. Folgendes festgehalten: "Die durch den Ehemann vorgenommene häusliche Trennung ist somit Anlass für die Errichtung und den Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung mit dem Ziel, die wechselseitigen familien- und unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Vertragsteile zueinander zu regeln, wobei diese Vereinbarung nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien vollinhaltlich auch für den Fall der späteren Scheidung der Ehe über diese hinaus gelten soll."
In Punkt I wurde eine Obsorge- und Besuchsregelung für die drei mj. Kinder getroffen. Punkt II beinhaltet die Regelung des Kinderunterhaltes, wobei berücksichtigt wurde, "dass der Kindesvater weiterhin sämtliche Fixkosten für die von den Kindern und der Ehefrau bewohnte Ehewohnung einschließlich Kreditrückzahlungen sowie laufende Betriebskosten trägt."
Punkt III regelt die Unterhaltsleistung an die Ehefrau und lautet auszugsweise: "Der Ehemann ... verpflichtet sich, an seine Ehefrau ...Unterhalt im Umfang des § 94 ABGB zu bezahlen, wobei der Ehemann ausdrücklich auf eine Anspannung der Ehefrau auf ein hypothetisch zu erzielendes Erwerbseinkommen verzichtet.
Festgehalten wird, dass die Ehefrau derzeit ein laufendes Eigeneinkommen in Höhe von € 1.162,70, netto 14-mal jährlich, aus einer Beschäftigung beim Ehemann bezieht. Für den Fall, dass dieses Beschäftigungsverhältnis, aus welchen Gründen auch immer, endet, oder sich der laufende Bezug der Ehefrau, aus welchen Gründen immer, reduziert, verpflichtet sich der Ehemann, Ehegattenunterhalt in dem Ausmaß an die Ehefrau zu bezahlen, dass dieser unter Anrechnung ihres aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Ehemann erzielten Eigeneinkommens insgesamt ein monatlicher Beitrag in Höhe von mindestens € 1.450,-- zur Verfügung steht. Für den Fall der Auflösung dieses Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet sich der Ehemann daher, der Ehefrau einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von zumindest € 1.450,-- zu bezahlen (und den Naturalunterhalt wie bisher weiterhin zu bezahlen).
....Diese Unterhaltsvereinbarung unterliegt der Umstandsklausel, wobei der Ehemann während der kommenden drei Jahre, sohin bis Oktober 2011 auf eine Herabsetzung des Ehegatten- und des Kindesunterhaltes in Folge geänderter Einkommensverhältnisse ausdrücklich verzichtet.
...Die Unterhaltsvereinbarung gilt auch für den Fall einer Scheidung der Vertragsteile aus welchem Grund immer, sodass sich der Ehemann unwiderruflich verpflichtet, der Ehefrau den gesetzlichen Unterhalt im Umfang des § 94 ABGB auch über eine rechtskräftig erfolgte Scheidung der Ehe hinaus zu bezahlen.
Bei obiger Unterhaltsvereinbarung wurde berücksichtigt, dass der Ehemann weiterhin, wie bisher, sämtliche laufenden Kosten für die Ehewohnung einschließlich Kreditrückzahlungen und Betriebskosten bezahlt und die Ehefrau hinsichtlich der Bezahlung der Kreditraten schad- und klaglos hält.
Weiters verpflichtet sich der Ehemann, dies ohne Anrechnung auf den laufenden Ehegattenunterhalt, nachstehende Naturalleistungen für die Ehefrau weiterhin zu erbringen:
Leasingrate für den PKW einschließlich Treibstoff- und Versicherungskosten; nach Ablauf des Leasingvertrages ist der Ehemann verpflichtet, entweder den Restkaufpreis zu entrichten oder der Ehefrau einen neuen gleichwertigen PKW zur Verfügung zu stellen und die Kosten hiefür zu übernehmen
Versicherungsprämie für Krankenzusatzversicherung
Gebühren für Mobiltelefon.
Festgehalten wird, dass bei der "S Versicherung" eine Er- und Ablebensversicherung abgeschlossen wurde, Versicherungsnehmer ist die Firma Z. Der Ehemann verpflichtet sich, binnen vier Wochen ab Abschluss dieser Vereinbarung auf seine KanzleipartnerInnen dahingehend einzuwirken bzw. diese anzuweisen, dass - in Abänderung der bestehenden Partnervereinbarung - die im Ablebensfall von der "S Versicherung" an die Kanzleigemeinschaft ausbezahlte Versicherungssumme mit einem Teilbetrag von € 100.000,-- an Frau Y ausbezahlt wird. ..."
Punkt IV beinhaltet die Regelungen bzgl. der den Parteien je zur Hälfte gehörenden Ehewohnung und lautet auszugsweise:
"Der Ehemann verpflichtet sich auch weiterhin wie bisher sämtliche mit der Ehewohnung zusammenhängende Kosten wie Betriebskosten, Energiekosten (Strom und Gas), Kosten des Internetanschlusses, Telefonfestnetzkosten zu bezahlen, dies ebenfalls ohne Anrechnung auf obige vereinbarte Unterhaltsbeträge."
In Punkt V werden Regelungen bzgl. Schenkungen auf den Todesfall getroffen, Punkt VI bestimmt ua, dass die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird und Punkt VII betrifft die Kostenregelung.
Nach Ermittlungen des Finanzamtes hinsichtlich der Bewertung der zu erbringenden vertraglichen Leistungen, gab der Bw. bekannt, dass die Leasingrate mtl. 389,14 € betrage und bis zum Auslaufen des Leasingvertrages, also bis zum , zu bezahlen sei. Ein weiterer Leasingvertrag werde nicht mehr geschlossen und er werde keine weiteren Zahlungen im Zusammenhang mit einem KFZ leisten. Die Kreditrückzahlung betrage mtl. 1.867,-- €. Sonst leiste er keine Zahlungen für Kosten der Ehewohnung. Das Mobiltelefon und die Krankenzusatzversicherung werden nicht von ihm bezahlt.
Auf Nachfrage des Finanzamts unter dem Hinweis, dass es nicht auf die tatsächliche Bezahlung, sondern auf die beurkundeten Leistungsverpflichtungen ankäme, gab der Bw. Folgendes an:
BK für Wohnung mtl.: € 344,29 Strom u. Gas jährl.: € 2.184,00 Leasingrate mtl.: € 383,62 Mobiltelefon mtl.: € 50,00 Lebensversicherung jährl.: € 487,42 Restwert des Fahrzeuges per : € 11.003,18.
Der Vertrag sei seiner Meinung nach nicht gebührenpflichtig, weil er weder ein Ehepakt noch ein Vergleich im Sinne des Gebührengesetzes sei. Er sei während aufrechter Ehe geschlossen worden - also sei er kein Ehepakt - und es handle sich auch nicht um einen Vergleich um strittige Rechte. Es werde im Vertrag nur das schriftlich festgehalten, was schon vor Abschluss des Vertrages so praktiziert wurde. Die Kreditrate sei keinesfalls in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil er Alleinschuldner sei und keine Änderung der Verbindlichkeit vereinbart worden sei. Bemessungsgrundlage könne allerhöchstens ein Zeitraum bis zum Oktober 2011 sein.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt eine Gebühr nach § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG 1957 in Höhe von 9.984,72 € fest. In die Bemessungsgrundlage wurden die jährlichen Beträge des Kindes- , sowie des Ehegattenunterhaltes, der Kosten der Ehewohnung und des Mobiltelefons kapitalisiert mit dem 9-fachen Betrag, die Leasingraten des PKW für 19 Monate und der Restwert des Fahrzeuges, plus die Änderung der Lebensversicherung im Ausmaß von 100.000,00 € einbezogen.
Gegen diese Vorschreibung richtet sich die Berufung vom . Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des Bescheides, in eventu die Verringerung der Bemessungsgrundlage. Die Regelung des Kindesunterhaltes sei der wesentliche Teil der Vereinbarung und seien Vergleiche über Unterhaltsansprüche nach § 33 TP 20 Abs. 2 GebG gebührenfrei. Die Erhaltung des Leasingfahrzeuges, die Krankenzusatzversicherung und die anteiligen Kosten der Ehewohnung seien Kindesunterhalt zum Wohl der Kinder und komme im Wesentlichen den Kindern zu Gute. Sei die Vereinbarung nicht zur Gänze gebührenbefreit, so müssen die den Kindesunterhalt betreffenden Beträge unberücksichtigt bleiben.
Die Leasingraten seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil der Bw. als Leasingnehmer ohnehin verpflichtet sei, die Raten zu bezahlen und das Fahrzeug bei Ende des Leasingvertrages zu kaufen, was er auch ohne die Vereinbarung täte.
Bekämpft wurde auch die Kapitalisierung mit dem 9-fachen Jahresbetrag. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sei auf eine Vertragsdauer von 3 Jahren abzustellen und der dreifache Jahreswert heranzuziehen.
Die Vereinbarung unterliege der Umstandsklausel. Er habe als Freiberufler kein konstantes Jahreseinkommen, sodass der Unterhalt jährlich immer wieder neu zu berechnen wäre. Es sei nach den signifikant niedrigeren Einkommen der Jahre 2009, 2010 davon auszugehen, dass der Unterhalt 2011 auf Basis der Hälfte des im Vergleich genannten Einkommens neu berechnet werde.
Die in der Vereinbarung enthaltene Verpflichtung, auf seine Kanzleipartner "einzuwirken", dass die zu Gunsten der Kanzleigemeinschaft abgeschlossene Lebensversicherung an seine Ehefrau auszubezahlen sei, sei nicht gebührenpflichtig. Es sei rechtlich unmöglich, dass er die Kanzleipartner verpflichte, einen Anspruch der Kanzlei gegenüber der Versicherung, die von der Kanzlei bezahlt werde, an seine Ehefrau abzutreten.
Die Vereinbarung sei kein Scheidungsfolgenvergleich und kein Ehepakt. Es handle sich um eine bloße Regelung des Kindes- und Ehegattenunterhaltes während aufrechter Ehe, eine Art Festschreibens des finanziellen status quo bei aufrechter Ehe. Der Ehegattenunterhalt sei bedingt, weil die Ehefrau nach wie vor in der Kanzlei angestellt sei und keinen Unterhalt erhalte. Die Ehe sei nicht geschieden. Der Umstand, dass die Vereinbarung auch für den Fall der Scheidung gelten solle, ändere nichts daran. Dazu komme, dass nach 3 Jahren in jedem Fall Änderungen auf Grund der Umstandsklausel vorzunehmen wären.
Bei Berücksichtigung der Gebührenfreiheit des Kindesunterhaltes, der Versicherung, des Leasingfahrzeuges und bei Anwendung des dreifachen Jahreswertes ergebe sich lediglich eine Bemessungsgrundlage von 56.934,-- € (52.200,-- € für Ehegattenunterhalt + 4.734,-- € Ehewohnung).
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob die Vereinbarung vom einen gebührenpflichtigen Vergleich darstellt und wenn ja, wie sich die Bemessungsgrundlage zusammensetzt.
1. Zur Frage der Einordnung der Vereinbarung als Vergleich
§ 33 TP 20 GebG 1957 bestimmt eine Gebühr für außergerichtliche Vergleiche und lautet auszugsweise: " (1) Vergleiche (außergerichtliche), a) wenn der Vergleich über anhängige Rechtsstreitigkeiten getroffen wird 1 vH, b) sonst 2 vH vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen. (2) Gebührenfrei sind 1. Vergleiche über Unterhaltsansprüche Minderjähriger. ..."
Das Gebührengesetz definiert den Begriff des Vergleiches nicht und muss daher auf das bürgerliche Recht zurückgegriffen werden. Nach § 1380 ABGB ist ein Vergleich ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet. Ein Vergleich ist somit die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung streitiger oder zweifelhafter Rechte. Ein Vergleich bereinigt sohin ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis ().
Streitig ist ein Recht dann, wenn die Parteien sich nicht darüber einigen können, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Es ist nicht erforderlich, dass darüber ein Rechtsstreit oder überhaupt ein Verfahren anhängig ist, es genügt, wenn ein solcher zu besorgen ist. Zweifelhaft ist das Recht, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt und Umfang oder auch über das Erlöschen nicht im Klaren sind. Das trifft insbesondere auf bedingte und befristete Rechte zu (Ertl in Rummel, Kommentar zum ABGB, 1992, § 1380, Rz 3). Die Rechtslage wird durch einen Vergleich bereinigt (Dittrich-Tades, ABGB, 1999, § 1380, E3).
Die gegenständliche Vereinbarung regelt im Wesentlichen die Unterhaltsansprüche der mj. Kinder und der Ehefrau und soll aufgrund der Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft einerseits sofort gelten und andererseits auch im Falle einer Scheidung (siehe Einleitung der Vereinbarung) weiterhin wirksam sein. Daneben sind auch andere Fragen der Vermögensauseinandersetzung (zB bezüglich der Ehewohnung) behandelt und ist eine Besuchsregelung festgelegt worden. Damit ist die Grenze eines bloßen Alimentationsvertrages überschritten.
Der Vereinbarung kommt eine Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion zu, weil damit zumindest zweifelhafte Rechte einvernehmlich festgelegt worden sind, zumal es größtenteils der Gestaltungsbefugnis der Ehepartner unterliegt, Unterhaltsansprüche umfangmäßig einvernehmlich festzulegen. Die Vertragsteile hielten die Festlegung der künftigen finanziellen und familienrechtlichen Beziehungen offensichtlich für notwendig, da sonst der Notariatsakt nicht errichtet worden wäre.
Dass die Vereinbarung im Ergebnis den finanziellen status quo festhält, wie dies der Bw. behauptet, ändert nichts daran, dass es zu einer vergleichsweisen Regelung gekommen ist, weil in der Bindung an das im Vertrag vereinbarte Ausmaß der Unterhaltsleistung auch ein Verzicht des Unterhaltsberechtigten auf darüber hinausgehende Ansprüche liegt.
Infolge der Wirksamkeit der Vereinbarung nach einer eventuellen Scheidung ist diese auch als Scheidungsfolgenvereinbarung anzusehen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs. 4 GebG 1957 als bedingter Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG 1957 sofort zu vergebühren ist (siehe die in Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, § 33 TP 20, Rz 13 zitierten VwGH-Erkenntnisse).
Auf die Gebührenschuld ist es ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt (§ 17 Abs. 4 GebG 1957), weshalb es nicht von Relevanz ist, ob die Scheidung bereits vollzogen wurde oder nicht. Die Gebührenpflicht hängt nicht von der Rechtskraft eines Scheidungsurteiles ab (vgl. ).
2. Zur Frage der Bemessungsgrundlage
a.) Kindesunterhalt
Strittig ist, ob die Leistungen für den Kindesunterhalt in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind oder nicht.
§ 33 TP 20 Abs. 2 Z 1 GebG 1957 stellt Vergleiche über Unterhaltsansprüche Minderjähriger gebührenfrei. Dabei ist es unerheblich, wer sie mit wem abschließt (Gaier, GebG, Manz, § 33 TP 20, Rz 38). Vor der entsprechenden Novellierung mit BGBl 407/1988 galt bis zum die Befreiungsbestimmung, wonach nur Unterhaltsvergleiche, die von einer Bezirksverwaltungsbehörde als Amtsvormund abgeschlossen werden, gebührenbefreit waren.
Nach der Novellierung geht die Befreiung über die bisher in der Z 1 enthaltene Regelung hinaus. Die Neufassung war erforderlich, da sich im Kindschaftsrecht einige Änderungen ergeben haben (Fellner, w.o., § 33 TP 20, Rz 34).
Das Finanzamt beruft sich auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/15/0167 und schließt aus ihr, dass auch die Leistungen für den Kindesunterhalt in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, weil der Vergleich als einheitliches Ganzes zu werten sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass auf den Sachverhalt der damaligen Entscheidung die ab geltende Befreiungsbestimmung noch nicht anzuwenden war und es sich dabei um die Frage handelte, ob die vereinbarte Unterhaltsleistung an das mj. Kind - quasi herausgenommen aus dem Vergleich - einen gebührenbefreiten Alimentationsvertrag darstellen könne. Dies wurde verneint, weil der Vergleich rechtlich als einheitliches Ganzes anzusehen war und nicht in einen Alimentationsvertrag gesplittet werden konnte.
Diese Rechtsmeinung in Bezug auf die Qualifikation einer Scheidungsfolgenvereinbarung als Vergleich kann nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates aber nicht dazu führen, dass auch nach Novellierung der Befreiungsbestimmung des § 33 TP 20 Abs. 2 Z 1 GebG 1957 die Unterhaltsleistungen an mj. Kinder in die Vergleichsgebühr einzubeziehen sind, weil dies eine unzulässige Einschränkung des Anwendungsbereiches der Befreiungsbestimmung auf die Fälle zur Folge hätte, in denen ausschließlich der Unterhalt des mj. Kindes festgelegt wird.
Seit Novellierung der Befreiungsbestimmung des § 33 TP 20 Abs. 2 Z 1 GebG 1957 durch BGBl. Nr. 407/1988 sind vergleichsweise Regelungen über den Unterhalt mj. Kinder von der Gebührenpflicht freizustellen, mögen sie auch im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegt worden sein. Sämtliche vereinbarte Leistungen an Unterhalt für die mj. Kinder, inklusive der anteiligen Wohnungskosten und der Krankenzusatzversicherung, sind daher aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden.
b) Ehegattenunterhalt
Die Tatsache, dass der Ehegattenunterhalt bedingt ist, ist gebührenrechtlich unbeachtlich, weil § 26 GebG 1957 besagt, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte zu behandeln sind. Infolge dieser Bedingungsfeindlichkeit des Gebührengesetzes ist es daher auch nicht von Relevanz, ob der Unterhalt erbracht wird. Wesentlich ist, dass die Leistung in der Urkunde festgehalten ist (Urkundenprinzip des § 17 Abs. 1 GebG 1957).
Für die Bewertung der gebührenrechtlichen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 (§ 26 GebG 1957). Nach § 15 Abs. 1 BewG 1955 iZ mit § 26 GebG 1957 ist der Gesamtwert von Nutzungen und Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, die Summe der einzelnen Jahreswerte. Leistungen von unbestimmter Dauer sind nach § 15 Abs. 2 BewG 1955 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.
Die gegenständliche Vereinbarung soll auch für den Fall einer späteren Scheidung der Ehe über diese hinaus gelten und ist nach Punkt VI auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Insofern ist schon aus der klaren Textierung der Vereinbarung zu entnehmen, dass sich die Wirkung des Vergleiches, der nicht nur Unterhaltsfragen behandelt, nicht auf 3 Jahre beschränken soll. Die Tatsache, dass lediglich hinsichtlich der Höhe der Unterhaltsansprüche auf eine Herabsetzung innerhalb der nächsten drei Jahre verzichtet wird (Ausschluss der Umstandsklausel), steht dem nicht entgegen. Die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen sind daher mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten (vgl. ; Fellner, Die Stempel- und Rechtsgebühren, Manz, 9. Aufl., § 33 TP 20, S. 418).
Zum Bewertungsstichtag, dem , war davon auszugehen, dass die Unterhaltsleistung an die Ehefrau 1.450,00 € betragen soll, wenn die Beschäftigung bei ihrem Ehemann - aus welchem Grunde auch immer - beendet oder reduziert werden sollte. Nach § 17 Abs. 3 BewG 1955 ist bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zu Grunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird.
Wird in einer Unterhaltsvereinbarung ein mtl. Unterhaltsbetrag fixiert und soll dieser drei Jahre aufrecht bleiben, kann dieser Wert für eine durchschnittliche Betrachtung herangezogen werden, zumal die Parteien selbst die Umstandsklausel für diesen Zeitraum ausgeschlossen haben. Dass der Bw. in den auf den Vergleich folgenden zwei Jahren ein weit geringeres Nettoeinkommen zu verzeichnen hat, kann daher nicht von Relevanz sein. Eine Betrachtung von drei Jahren erscheint für die Ermittlung eines Durchschnittes im gegebenen Fall als ausreichend.
Die zu erbringende Naturalleistung hinsichtlich des Fahrzeuges ist im Kontext mit der vereinbarten Wahlmöglichkeit (Zurverfügungstellung eines neuen gleichwertigen PKWs) so zu verstehen, dass der Bw. seiner Ehefrau das Leasingauto zur Verfügung stellt und ist eine Bewertung dieser Leistung mit den restlichen Leasingraten und dem Restkaufpreis als gerechtfertigt anzusehen. Eine Unterhaltsleistung an die mj. Kinder kann darin nicht erblickt werden.
Die vom Bw. übernommene Verpflichtung auf seine Kanzleipartner "einzuwirken, bzw. diese anzuweisen", die im Ablebensfall von der "Standard Life Versicherung" an die Kanzleigemeinschaft auszubezahlende Versicherungssumme in einem Teilbetrag von 100.000,00 € an die Ehefrau leisten, bedeutet, dass die bestehende Partnervereinbarung abzuändern wäre, um darin einen Anspruch der Ehefrau auf einen Geldbetrag zu verankern, der im Todesfall an sie auszubezahlen wäre.
Aus der Textierung der diesbezüglichen Bestimmung in der Vereinbarung ist keine verbindliche Leistungsverpflichtung des Bw. zu entnehmen, die schätzbar wäre, weshalb der Anspruch auf einen Teil der Versicherungsleistung im Sinne des § 23 GebG 1957 nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden kann.
Die Bemessungsgrundlage stellt sich wie folgt dar:
Unterhalt d. Ehegattin 1.450,-- € + Mobiltelefon 50,-- € + ¼ Kosten der Ehewohnung 131,57 € = 1.631,57 € x 12 x 9 =...............176.209,56 € Leasingrate PKW: 389,14 € x 19 =...7.393,66 € Restkaufpreis..............................11.003,18 € Gesamt....................................194.606,40 €
Gebühr nach § 33 TP20 Abs.1 lit. b GebG 1957: 2% vom Gesamtwert der übernommenen Leistungen: 3.892,13 € (gerundet nach § 204 BAO)
Aus den angeführten Gründen war der Berufung daher teilweise stattzugeben.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 10/2012, 381 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at