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Verletzung des rechtlichen Gehörs; Voraussetzung einer psychischen Krankheit
iFamZ 2012/225
§§ 3 Z 1, 19 Abs 1 UbG, § 15 AußStrG
LG Salzburg , 21 R 147/12g
Da ein Gespräch mit der Patientin anlässlich der Erstanhörung aufgrund der verabreichten sedierenden Medikamente nicht möglich war – die Patientin war damit de facto von der Tagsatzung ausgeschlossen –, haftet dem erstgerichtlichen Verfahren „ein schwer sanktionierter Verfahrensverstoß“ (eine Nichtigkeit) iSd § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG an. Obwohl in diesem Fall die Viertagesfrist des § 19 Abs 1 UbG noch offen war [Anm: zwei weitere Tage], wurde die Tagsatzung zur Anhörung der Patientin nicht erstreckt. Unabhängig davon also, ob in diesem Fall die die Anhörung beeinträchtigende „Behandlung“ der Patientin vertretbar iSd § 19 Abs 1 war (oder nicht), wurde hier durch die unterbliebene Erstanhörung das rechtliche Gehör der Patientin verletzt (vgl Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts3, Rz 335).
Zudem handelt es sich bei einer, wie hier diagnostizierten „Persönlichkeitsbeeinträchtigung“ um keine psychische Krankheit iSv § 3 Z 1 UbG. Dies umso mehr, wenn selbst „psychische Störungen, die einer psychischen Krankheit gleichkommen“, eine Unterbringung nicht rechtfertigen können (vgl Hopf/Aigner, Unterbringungsgesetz, § 3 Anm 6).