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Obsorgekriterium ist das Kindeswohl im Einzelfall; keine generalpräventiven Überlegungen
iFamZ 2015/212
§ 138 ABGB; § 62 Abs 1 AußStrG
Die Vorinstanzen übertrugen dem Vater die vorher der Mutter zustehende Obsorge für seine 16 bzw 14 Jahre alten Töchter, weil dies bei Gesamtabwägung aller Umstände des Falls dem Kindeswohl und dem ausdrücklichen Wunsch der Töchter entspreche. Generalpräventive Erwägungen – der Vater habe die Kinder vor zwölf Jahren widerrechtlich der Mutter entzogen und jahrelang den Kontakt unterbunden – hätten bei der Obsorgeentscheidung keinen Platz.
Obsorgeentscheidungen sind jeweils solche des Einzelfalls und begründen nur bei Verletzung leitender Rechtsprechungsgrundsätze erhebliche Rechtsfragen (RIS-Justiz RS0007101, RS0097114). Wurde auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen, kommt der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (RIS-Justiz RS0115719).
(…) Das konkrete Kindeswohl hat auch den Vorrang gegenüber dem Ziel, Kindesentführungen ganz allgemein zu unterbinden. Es darf nicht aus generalpräventiven Gründen zum Schutz des – abstrakten – Kindeswohls, nur um den Eindruck zu verhindern, Kindesentführungen würden sich doch lohnen, die schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für ein Kind herbeigeführt werden (4 Ob 2288/96...