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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.04.2012, RV/1314-W/10

Kosten für ein Altersheim als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf, vertreten durch ADir. Martin Paulovics, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 machte die in einem Pensionistenwohnheim lebende und Pflegegeld der Stufe 2 beziehende Bw. - neben anderen, nicht den Gegenstand dieser Berufungsentscheidung bildenden Aufwendungen - die Kosten für das Pensionisten- Wohnhaus im Ausmaß von 15.878,29 € als außergewöhnliche Belastung geltend.

Aus der mit datierten Bestätigung des Kuratoriums Wiener Pensionisten- Häuser geht hervor, dass sich vorgenannter Betrag aus Kosten für das Appartement von 14.877,84 bzw. aus Aufwendungen für Betreuungs- und Hilfeleistungen von 1.000,45 € rekrutiert.

In dem mit datierten Einkommensteuerbescheid 2008 wurde seitens des Finanzamtes die Auffassung vertreten, dass die Unterbringungskosten in einem Pensionistenheim solange nicht als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren seien als mit ihnen nicht auch besondere, durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit hervorgerufene Aufwendungen abgedeckt werden.

In Ansehung des Umstandes, dass für die Bw. nur geringe, durch das im Jahr 2008 bezogene Pflegegeld (2.930,80 €) zur Gänze abgedeckte Betreuungs- und Hilfsleistungen angefallen seien, komme ein Abzug des Betrages von 15.878,29 € als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Berufung wurde seitens der Bw. ins Treffen geführt, dass diese ob körperlicher Beeinträchtigungen (Wirbelsäuleneinbrüche, Knieproblemen, Oberschenkelhalsbruch, Herzschwäche, Lungeninfarkt) weder in der Lage sei in ihrer alten, im zweiten Stock (ohne Lift) gelegenen Wohnung zu leben, noch diese aufzuräumen, bzw. selbständig Einkäufe zu tätigen.

Ergo dessen seien aus vorgenannter Betreuungsbedürftigkeit die Kosten für die Unterbringung im Altersheim entstanden.

Darüber hinaus sei anzumerken, dass die Bw. Bezieherin von Pflegegeld der Stufe 2 sei, weswegen nach Auffassung der Verwaltungspraxis (LStR 2002, Rz 887) die Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen seien.

Das Finanzamt schloss sich in weiterer Folge dieser Argumentation nicht an und wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bw. den Antrag auf Vorlage des Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Nach dem Verwaltungsgeschehen steht unstrittig fest, dass der im gesamten Streitzeitraum in einem Pensionistenheim wohnhaften und keinen eigenen Haushalt innehabende Bw. im Streitzeitraum Pflegegeld der Stufe 2 zuerkannt worden ist, respektive im Lohnzettel nämlichen Jahres ein Geldbezug von 2.930,80 € verzeichnet ist.

Des Weiteren steht außer Streit, dass laut der Bestätigung vom die Kosten für das Appartement von 14.877,84 € bzw. die Aufwendungen für Betreuungs- und Hilfsleistungen von 1.000,45 € aus dem Einkommen der Bw. bestritten worden sind,

2. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 müssen außergewöhnliche Belastungen folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Nach § 34 Abs. 2 leg. cit. ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Bestimmung des § 34 Abs. 3 EStG 1988 normiert, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 6 Teilstrich 5 leg. cit. können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

3. Steuerliche Behandlung der Kosten für das Appartement von 14.877,84 € sowie der Kosten für Pflegeleistungen von 1.000,45 €

Ausgehend von dem unter Punkt 1 festgestellten Sachverhalt ergibt sich unter Berücksichtigung obzitierter Rechtsgrundlagen für obige Aufwendungen nachstehende, rechtliche Beurteilung:

Die Kosten der Unterbringung in einem Altersheim sind keine außergewöhnlichen Belastungen, wenn die Unterbringung lediglich aus Altersgründen erfolgt.

Außergewöhnliche Belastungen können aber gegeben sein, wenn Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen ().

Ist aus einem dieser Gründe die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten, so sind auch die Kosten der Unterbringung absetzbar.

Nach der Verwaltungspraxis kann von einer besonderen Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit bei einem Aufenthalt in einem Altersheim bei Anspruch auf das Pflegegeld ab der Pflegestufe 1 ausgegangen werden.

In Ansehung der Tatsache, dass die Bw. im Jahr 2008 unbestrittener Maßen Pflegegeld der Stufe 2 bezogen hat, ist nach dem Dafürhalten der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu folgern, dass der Aufenthalt im Altersheim nicht rein aus Altersgründen erfolgt ist, sondern vielmehr auf der Betreuungsbedürftigkeit der Bw. beruht, mit der Folge. dass auch die Kosten für das Appartement von 14.877,84 € als außergewöhnliche Belastung und zwar ohne Ansatz eines Selbstbehaltes zu berücksichtigen.

Da, wie bereits vorstehend ausgeführt, der Aufenthalt der Bw. im Altersheim schon per se auf der generellen Betreuungsbedürftigkeit der Bw. fußt, kommt - entgegen der Ansicht des Finanzamtes dem Umstand, dass die Betreuungs- und Hilfskosten des Jahres 2008 lediglich auf den Betrag von 1.000,45 € gelautet haben, in Bezug auf die Anerkennung der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung keine Bedeutung zu.

Hingegen kann dem Antrag auf Anerkennung der gesamten Kosten des Pensionisten- Wohnhauses aus nachstehenden Gründen nicht vollinhaltlich näher getreten werden.

Trägt die untergebrachte Person die Kosten, ist eine monatliche Haushaltsersparnis für ersparte Verpflegungskosten (in Höhe von 8/10 des Wertes der vollen freien Station gemäß der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge, BGBl. II. Nr. 416/2001 von 156,96 Euro) anzusetzen.

Die Aufwendungen sind jedenfalls des Weiteren um öffentliche Zuschüsse zu kürzen, soweit diese die mit der Pflege- und Hilfsbedürftigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen abdecken

Insoweit ist somit dem Umstand des Bezuges von Pflegegeld der Stufe 2 im Ausmaß von 2.930,80 € dahingehend Rechnung zu tragen, als vorgenannter Betrag von den Gesamtaufwendungen für das Pensionisten- Wohnhaus (15.878,29 €) in Abzug zu bringen ist.

4. Neuberechnung der außergewöhnlichen Belastung

4.1. Außergewöhnliche Belastung Altersheim


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Gesamtkosten Altersheim
15.878,29
abzüglich Pflegegeld
-2.930.80
abzüglich Haushaltsersparnis (156,96 x 12)
-1.883,52
außergewöhnliche Belastung Altersheim laut BE
11.063,97

4.2. Außergewöhnliche Belastung (ohne Selbstbehalt) gesamt


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bisher laut Veranlagung
2.906,65
außergewöhnliche Belastung Altersheim
11.063,97
außergewöhnliche Belastung gesamt laut BE
13.970,62

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 34 Abs. 6 TS 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at