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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSL vom 21.07.2008, RV/1202-L/07

Berichtigung von Bescheiden der Betriebsprüfung nach den §§ 299, 293b und 295 BAO

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1202-L/07-RS1
Wird in Richtlinien des BMF (die in den AÖFV veröffentlicht werden) eine bestimmte Rechtsmeinung vertreten, so liegt bei Übernahme dieser Rechtsansicht durch den Steuerpflichtigen keine "offensichtliche Unrichtigkeit" nach § 293b BAO vor. Die Abgabenbehörde hätte nur durch ein längerdauerndes Ermittlungsverfahren klären können, ob diese Rechtsansicht richtig ist. Das gilt auch dann (und umsomehr), wenn in einer anderen (ebenfalls veröffentlichten) Richtlinie gleichzeitig eine gegenteilige Ansicht geäußert wird. Hinzu kommt im gegenständlichen Fall, dass auch eine mehrjährige Betriebsprüfung die Rechtsansicht der KStR nicht als unvertretbar angesehen hat.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Ludwig Kreil und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Marco Laudacher, Dr. Ernst Grafenhofer und Josef Pointinger über die Berufung der MAG, vertreten durch IWG, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens zur Körperschaftsteuer für 2000 und 2001, vom betreffend Berichtigung gemäß § 293b BAO hinsichtlich Körperschaftsteuer 2002 und vom betreffend Änderung gemäß § 295 Abs 1 BAO hinsichtlich Körperschaftsteuer 2003, nach der am in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

(1) Die Berufung gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO für die Jahre 2000 und 2001 sowie den Änderungsbescheid gemäß § 295 Abs 1 BAO für das Jahr 2003 wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

(2) Der Berufung gegen den Berichtigungsbescheid gemäß § 293b BAO für das Jahr 2002 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

1. a. Bei der Bw. wurde von 2004 bis 2006 eine Betriebsprüfung (BP) durchgeführt. Die Bw. hat im Zeitraum vor der BP Kapitalanteile mittels Einbringung nach Art. III UmgrStG übertragen und zunächst bestehende Siebentelabschreibungen aus Teilwertabschreibungen (TWA) nicht geltend gemacht. Von der BP wurde - dem Antrag der Bw. vom entsprechend - die Geltendmachung der Siebentelabschreibungen trotz des Vorliegens einer Einbringung (wie nachstehend noch ausführlich geschildert) nachträglich anerkannt:

Im Bericht vom wird dazu ausgeführt: Mit Schriftstück vom wurde von der steuerlichen Vertretung die Berichtigung der Körperschaftsteuererklärungen 2000 und 2001 beantragt. Grund für diese Anträge war, dass Siebentelabschreibungen aufgrund von Teilwertabschreibungen von Beteiligungen aus den Vorjahren nicht geltend gemacht worden sind. Die teilwertberichtigten Gesellschaften waren inzwischen in andere Konzerngesellschaften eingebracht worden, wobei allerdings die noch nicht abgesetzten TWA-Siebentel bei der vorliegenden (einbringenden) Gesellschaft verbleiben.

Daraus ergeben sich folgende Abrechnungen:


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2000
2001
Brasilien
360.252,00 €
360.251.00 €
Chile
97.393,00 €
97.393,00 €
Mexico
1.937,00 €
1.937,00 €
Deutschland
13.480.726,00 €
Summe
459.581,00 €
13.940.307,00 €
Änderungen in Schilling
-6.323.972,43
-191.822.806,41

b. Die BP erließ entsprechende Bescheide, mit denen die Siebentelabschreibungen zugestanden wurden.

c. Nach Abschluss der BP wurden die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide mit Berichtigungsbescheiden durch das zuständige Finanzamt wiederum korrigiert und zwar

- die Wiederaufnahmebescheide des Verfahrens zur Körperschaftsteuer 2000 und 2001 mit Bescheid nach § 299 BAO

- der Körperschaftsteuerbescheid für 2002 mit Bescheid gemäß § 293 b BAO und

- der Körperschaftsteuerbescheid für 2003 mit Bescheid nach § 295 Abs 1 BAO.

2. Gegen die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide für 2000 und 2001 gem. § 299 BAO vom sowie gegen die Berichtigung des Körperschaftsteuerbescheides für 2002 gemäß § 293b BAO vom und gegen die Änderung des Körperschaftsteuerbescheides für 2003 gemäß § 295 Abs 1 BAO vom wurde mit Schreiben vom innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist Berufung eingelegt.

a. Beantragt werde, die Änderung der Bescheide zurückzunehmen und die gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 geltend gemachten Siebentelabschreibungen auf diverse nach Art. III UmgrStG ausgegliederte Auslandsbeteiligungen auch nach erfolgter Einbringung zugunsten der Bw. anzuerkennen. Dies im Hinblick auf die ursprünglich vom BMF vertretene Rechtsansicht gemäß Rz 1238 KStR aF, welcher sich in den vorangegangenen und nachträglich verböserten Bescheiden vom (für 2000 und 2001), vom (für 2002) und vom (für 2003) auch die Großbetriebsprüfung angeschlossen habe.

b. (1) Sachverhalt: Im Rahmen des Gewerbebetriebes der M AG halte diese im Betriebsvermögen (BV) auch mehrere in- und ausländische Beteiligungen an diversen Konzerngesellschaften der Gruppe. In diesem Zusammenhang sei es in den vergangenen Jahren auch zu verschiedenen TWA gekommen, die gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG steuerlich über sieben Wirtschaftsjahre zu verteilen seien. Dabei seien einige Beteiligungen innerhalb des siebenjährigen Verteilungszeitraumes im Wege von Umgründungen (Einbringung nach Art. III) auf andere Körperschaften übertragen worden. Dabei handle es sich um folgende Vorgänge:

- Einbringungsvertrag vom : Die Vorgängerfirma der M AG (die M GmbH) habe zum Einbringungsstichtag (einbringende Körperschaft) fünf Beteiligungen nach Art. III UmgrStG in die VTH eingebracht, darunter drei teilwertberichtigte Beteiligungen an der VTV (TWA 1999: 2.521.755,56 €), an der VAMC (TWA 1999: 681.752,90 €) und an der VAMM (TWA 1997: 13.559,15 €).

- Einbringungsvertrag vom : Die M GmbH (einbringende Körperschaft) habe zum Einbringungsstichtag - im Wege einer Schwesterneinbringung gemäß Art. III UmgrStG - ihren bisherigen 100%-Anteil betreffend die in Vorjahren teilwertberichtigte Beteiligung an der VTVM in die VTH sowie in die VTP eingebracht. Die bis zur Einbringung vorgenommenen bzw der Siebenjahresverteilung unterliegenden TWA auf diese Beteiligungen hätten sich auf insgesamt 94.365.085,05 € belaufen (TWA 1997: 35.864.495,69 €; TWA 1998: 51.961.076,43 €; TWA 2000: 6.539.512,93 €).

(2) Bei Erstellung der Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 sei man zunächst davon ausgegangen, dass die bis zum Einbringungsstichtag noch nicht geltend gemachten Siebentelabschreibungen auf die beteiligungsübernehmenden Körperschaften übergehen würden und bei der Bw. nicht mehr zu berücksichtigen seien. Die ursprünglichen Veranlagungsbescheide vom (für 2000) und vom (für 2001) hätten die TWA-Siebentel außer Ansatz gelassen.

(3) Mit dem Inkrafttreten der KStR 2001 ( Z 06 5004/11-IV/6/01; AÖFV 70/2002 vom ) habe die Finanzverwaltung klargestellt, dass der Übergang ausstehender Siebentel nur dann erfolge, wenn die übertragende Körperschaft untergehe. Rz 1238 KStR in der damaligen Fassung habe gelautet: "Wird eine teilwertberichtigte Beteiligung im Zuge einer Umgründung nach dem UmgrStG übertragen, gehen die zum Umgründungsstichtag noch nicht abgesetzten Siebentelbeträge im Fall des Untergangs der übertragenden Körperschaft (Verschmelzung, Umwandlung, Aufspaltung) auf den Rechtsnachfolger über bzw. verbleiben in den übrigen Umgründungsfällen bei der übertragenden Körperschaft."

Da die Einbringung nicht zum Untergang der Bw. geführt habe, sondern diese bis heute als identes Rechtsobjekt bestehen bleibe, würden auch die bis zum Einbringungsstichtag unverrechneten Siebentel bei ihr verbleiben bzw seien diese auch in den Folgejahren zu berücksichtigen. Daher habe man mit Schriftsatz vom eine entsprechende Berichtigung der Körperschaftsteuerbescheide für 2000 und 2001 beantragt.

In weiterer Folge seien diese Abschreibungen unter detaillierter Offenlegung der vertretenen Rechtsansicht wiederum in den Körperschaftsteuererklärungen der Jahre 2002 und 2003 zugunsten der Bw. geltend gemacht und vom Finanzamt auch erklärungsgemäß veranlagt worden (Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom und Bescheid 2003 vom ).

(4) In den Umgründungssteuerrichtlinien 2002 (Erlass vom , Z 06 8603/1-IV/6/03; AÖFV 129/2003) habe die Finanzverwaltung eine zu den KStR 2001 im Widerspruch stehende Rechtsansicht vertreten. In Rz 1180 UmgrStR sei folgendes formuliert worden: "Wird eine teilwertberichtigte Beteiligung im Zuge einer Einbringung übertragen, gehen die zum Einbringungsstichtag noch nicht abgesetzten Siebentelbeträge gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 auf die übernehmende Körperschaft über."

Dagegen sei seitens des BMF in der Österreichischen Steuerzeitung im Jahr 2003 ausdrücklich auf den richtigen (nach wie vor unveränderten) Wortlaut der Rz 1238 KStR 2001 hingewiesen worden (ÖStZ Nr. 4 vom , Art. Nr. 135b). Erst mit der Veröffentlichung in AÖFV 2004/119 vom sei die Rechtsansicht der KStR derjenigen in den UmgrStR angepasst worden. Rz 1238 KStR 2001 laute seither: "Wird eine teilwertberichtigte Beteiligung im Zuge einer Umgründung nach dem UmgrStG (Verschmelzung, Umwandlung, Einbringung, Spaltung) übertragen, gehen die zum Umgründungsstichtag noch nicht abgesetzten Siebentelbeträge auf den Rechtsnachfolger über."

(5) Im Zeitraum Frühjahr 2004 bis Frühjahr 2006 sei der Konzern der Bw. einer Außenprüfung der Groß-BP für die Jahre 1998 bis 2002 unterzogen worden. Auch die vormalige M GmbH habe man mitgeprüft. Der bis dahin unerledigte Berichtigungsantrag vom sei bearbeitet worden, wobei sich die Groß-BP der ursprünglichen Fassung der KStR angeschlossen habe. Im abschließenden BP-Bericht vom (zugestellt am ) sei unter der Tz 5 dem Antrag vom vollinhaltlich stattgegeben worden (Verbleib der Siebentel bei der einbringenden Gesellschaft). Anschließend habe man die BP-Bescheide vom (zugestellt am ) erlassen, die amtswegige Wiederaufnahme für 2000 und 2001 verfügt und sodann die TWA-Siebentel als Betriebsausgaben berücksichtigt. Im letzten BP-Jahr 2002 seien die Siebentel bereits im Rahmen des ursprünglichen Veranlagungsbescheides vom berücksichtigt worden, sodass es seitens der BP zu keinen Änderungen gekommen sei.

Erst nach dem förmlichen Abschluss der Außenprüfung des Konzerns sei man von der Groß-BP überraschenderweise darüber informiert worden, dass die zuständige Abgabenbehörde nunmehr eine Abkehr von der bisherigen Rechtsmeinung überlege und die TWA den übernehmenden Gesellschaften zuerkennen wolle. Am habe ein Gespräch mit dem Prüfer der Groß-BP stattgefunden, wobei die beiderseitigen Standpunkte ausgetauscht worden seien, ohne dass es zu einer Annäherung bzw Lösung des Problems gekommen sei. Man habe auch darauf hingewiesen, dass die übernehmenden Gesellschaften zwischenzeitig jeweils fremden Konzernen angehörten, sodass auch keine Kompromisslösung zwischen der Bw. und den beteiligungsübernehmenden Gesellschaften realistisch sei. Im Februar 2007 habe das Finanzamt tatsächlich die in Aussicht gestellten nachträglichen Abänderungen zu Ungunsten der Bw. umgesetzt und die Verböserungsbescheide unter verschiedenen verfahrensrechtlichen Titeln erlassen.

c. Rechtliche Würdigung:

(1) Maßgabe des Einbringungsstichtages: Die mit Einbringungsvertrag vom übertragene Beteiligung an der VTVM sei erst zum Einbringungsstichtag übertragen worden. Die Einbringung sei somit erst nach Beginn des Wirtschaftsjahres 2001 erfolgt, sodass aus der Sicht der Bw. bei der einbringenden Firma hinsichtlich dieser Beteiligung noch ein Rumpfwirtschaftsjahr 2001 (von einem Tag) zu berücksichtigen sei. Nach der Verteilungsregel des § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 seien abzugsfähige Abschreibungen im betreffenden Wirtschaftsjahr und in den nachfolgenden sechs Wirtschaftsjahren zu je einem Siebentel zu berücksichtigen. Gemäß § 14 UmgrStG ende für das eingebrachte Vermögen (hier für den eingebrachten Kapitalanteil iSd § 12 Abs 2 Z 3 UmgrStG) das Wirtschaftsjahr des Einbringenden mit dem Einbringungsstichtag. Die Einkünfte des Einbringenden seien hinsichtlich des einzubringenden Vermögens so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Ablauf des Einbringungsstichtages erfolgt wäre. Der Übergang auf die übernehmenden Körperschaften erfolge erst ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr. Bis dahin stünden die Siebentelverrechnungen dem Einbringenden zu. Die Siebentelabschreibung aus der Beteiligung an der deutschen VTVM stehe für 2001 mit insgesamt 13.480.726,00 € in jedem Fall noch der einbringenden Bw. zu. Der Aufhebungsbescheid vom gemäß § 299 BAO, welcher diese Fakten völlig außer Acht gelassen habe, sei insoweit auch materiell-rechtlich unrichtig.

(2) Bescheidberichtigung nach § 293b BAO für 2002:

Die TWA-Siebentelverrechnungen seien bereits im Rahmen der Steuererklärung für 2002 unter vollständiger Offenlegung der Rechtsmeinung (mittels Beilage) geltend gemacht und mit Bescheid vom erklärungsgemäß veranlagt worden. Das Jahr 2002 sei auch geprüft worden, die Groß-BP habe sich der auch vom BMF vertretenen Rechtsansicht angeschlossen und die Veranlagung 2002 unbeanstandet gelassen, wobei die hier interessierende Rechtslage sogar Prüfungsschwerpunkt gewesen sei. Mit Bescheid vom sei eine nachträgliche amtswegige Berichtigung nach § 293b BAO erfolgt, weil die Rechtswidrigkeit des Bescheides auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. In der Bescheidbegründung gehe man auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen und die detaillierte Offenlegung der Bw. nicht ein. Es werde nur ausgeführt, dass nicht auf den Erklärungszeitpunkt, sondern auf die maßgebliche Rechtsauffassung bei Bescheiderlassung (hier ) abzustellen sei. Für die Frage, ob unter die Gesamtrechtsnachfolgefiktion des § 18 UmgrStG auch die TWA-Siebentelverteilung falle, werde

- die Kommentarmeinung von Hügel/Mühlener/Hirschler (aus 1999) und

- die Rz 1180 der UmgrStR 2002 angeführt.

Dagegen werde die widersprechende Rechtsansicht der Rz 1238 KStR 2001 (idF 2001 bis 2004) mit keinem Wort erwähnt.

Dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 293b BAO werde wie folgt widersprochen: "Offensichtliche Unrichtigkeiten" iSd § 293b BAO müssten ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar sein. Eine offensichtliche Unrichtigkeit liege vor, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen (). Die Unrichtigkeit könne entweder in einer unzutreffenden Rechtsauffassung oder in einer falschen Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen. Ob eine Rechtsauffassung offensichtlich unrichtig sei, müsse anhand der Rechtsprechung und der Gesetze beurteilt werden (). Die Unrichtigkeit müsste aus der Abgabenerklärung selbst - gegebenenfalls in Verbindung mit der übrigen Aktenlage - erkennbar sein.

Keine offensichtliche Unrichtigkeit liege insbesondere dann vor, wenn die einer Abgabenerklärung zugrunde liegende Rechtsansicht vertretbar sei, sofern etwa eine Rechtsfrage in Rechtsprechung, Literatur und Erlässen uneinheitlich gelöst werde. Es liege jedenfalls auch dann keine Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten vor, wenn die Abgabenbehörde selbst eine gegebenenfalls unrichtige Rechtsauffassung teile. In einem solchen Fall sei nicht der Erklärungsinhalt, sondern die unrichtige Rechtsauffassung der Abgabenbehörde kausal für die Rechtswidrigkeit des Bescheides. Sei die Vertretbarkeit einer Rechtsansicht auch aus der Sicht der Abgabenbehörde gegeben und bedürfe es eines gesonderten Aktes der Rechtsfindung, um von zwei oder mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz entsprechende zu erkennen, so könne eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO ausgeschlossen werden ().

Die offengelegte Rechtsansicht in der Körperschaftsteuererklärung 2002 sei nicht nur vertretbar gewesen, sie sei auch von der Finanzverwaltung im Erlasswege selbst aufrechterhalten worden und von der Groß-BP unbeanstandet geblieben. Die Berichtigung sei daher rechtswidrig. Zudem sei für den Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom auch das Verböserungsverbot nach § 117 BAO noch in Kraft gewesen, sodass sich die Bw. auf die Rechtsauslegung der damaligen Fassung der KStR berufen könne und eine spätere Änderung der Rechtsauslegung nicht zu ihrem Nachteil ausfallen dürfe.

(3) Sonstige Verböserungsbescheide:

Gegen die Bescheide nach § 299 BAO betreffend 2000 und 2001 bzw nach § 295 Abs 1 BAO betreffend 2003 werde folgendes vorgebracht:

Hinsichtlich der noch unverrechneten TWA-Siebentel liege eine vertretbare Rechtsmeinung vor, die auch vom BMF geteilt worden sei und zwar für mehrere Jahre (Rz 1238 KStR 2001 bis zur Änderung durch AÖFV 2004/199 vom ). Auch die Groß-BP habe sich dieser Rechtsansicht angeschlossen. Dass diese "Schwebesiebentel" nicht zwingend übergehen müssten, ergebe sich daraus, dass die TWA bereits vor der Einbringung der Beteiligung vorgenommen worden sei und diese Regelung nur eine bloße Aufwandsverteilung der TWA über mehrere Jahre darstelle (gegebenenfalls über den Einbringungsstichtag hinaus). Dass die Rechtsmeinung der Finanzverwaltung nicht die einzig denkbare sei, werde dadurch veranschaulicht, dass Einbringungsvorgänge entgeltlich bzw. tauschähnlich seien. Bei einer Veräußerung wären die unverrechneten Siebentel zweifelsfrei bei der übertragenden Gesellschaft zurückgeblieben.

Im gegenständlichen Fall gehe es um die TWA auf mehrere Beteiligungen in den Jahren 1997 bis 2000, wobei die Beteiligungen gemäß Art. III UmgrStG auf andere Körperschaften übertragen worden seien. Da die älteren KStR erst 2004 an die jüngeren UmgrStR angepasst worden seien, müsse man davon ausgehen, dass Umgründungen vor Anwendung der UmgrStR noch auf Basis der ursprünglichen Auslegung der KStR 2001 zu erfolgen hätten. Auch in den UmgrStR werde auf deren Geltung ab 2003 verwiesen und ihre Anwendung für vergangene Zeiträume und offene Veranlagungen nur dann in Aussicht gestellt, wenn nicht andere Erlässe günstigere Regelungen vorsehen würden.

Es sei auch § 117 BAO zu beachten. Nach dieser - ehemaligen - Gesetzesbestimmung sei vorgesehen gewesen, dass spätere Änderungen einer Rechtsauslegung nicht zum Nachteil der betroffenen Partei berücksichtigt werden dürften. Die Gesetzesnorm sei mit in Kraft getreten (BGBl I 2002/97) und Ende 2004 als verfassungswidrig aufgehoben () und demgemäss am außer Kraft gesetzt worden (BGBl I 2005/2). Es stelle sich die Frage, ob § 117 BAO eine verfahrensrechtliche oder materiellrechtliche Norm sei. Nach Meinung des UFS seien Änderung und Aufhebung verfahrensrechtlicher Normen ab deren Inkrafttreten für alle Amtshandlungen maßgeblich, sodass auch bereits vor der Änderung verwirklichte Sachverhalte betroffen sein könnten. Gehe man von einer materiellrechtlichen Norm aus und berücksichtige man, dass keine Rückwirkung im Spruch des VfGH-Erkenntnisses angeordnet worden sei, so könne § 117 BAO auch auf bereits vor der Aufhebung verwirklichte Sachverhalte angewendet werden.

Unbilligkeit der Einhebung: Hinzuweisen sei auch auf die Nachfolgeregelung des § 117 BAO. Mit VO des BMF betreffend Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO (BGBl II 2005/435 vom ) werde die persönliche und sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben näher definiert. Es liege eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung von Abgaben vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen stehe, die dem Abgabepflichtigen gegenüber von der Abgabenbehörde erster Instanz geäußert oder vom BMF im AÖFV veröffentlicht worden seien, wenn man im Vertrauen auf die Veräußerung oder Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt habe (§ 3 Z 2 der VO). Fällige oder entrichtete Abgabenschuldigkeiten könnten auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig sei. Die Bw. sei im Vertrauen auf die ursprüngliche Rechtsauslegung der KStR von entsprechenden Siebentelabschreibungen in den Jahren nach der Einbringung der Beteiligungen ausgegangen, was sich in verminderten steuerlichen Einkünften bzw. erhöhten Verlustvorträgen niedergeschlagen hätte. Diese Steuerwirkungen seien nicht nur in der jährlichen Rechnungslegung berücksichtigt worden (latente Steuern im Konzernabschluss), sondern hätten auch in den Bewertungsüberlegungen für den Konzern anlässlich des Eigentümerwechsels ihren Niederschlag gefunden. Was die effektive Steuermehrbelastung betreffe, wirkten sich die nachträglichen Verböserungsbescheide erst in den Folgejahren unmittelbar aus (durch geringere Verlustvorträge). In eventu werde daher ein Antrag auf Nachsicht wegen Unbilligkeit eingebracht.

Zu verweisen sei auch auf den Grundsatz von Treu und Glauben, wonach jedermann auf die berechtigten Belange eines anderen Rücksicht nehmen müsse und sich mit dem früheren eigenen Verhalten - auf das der andere vertraue - nicht in Widerspruch setzen dürfe. Diesem Grundsatz sei insbesondere bei der Ermessensübung im Zusammenhang mit § 299 BAO Rechnung zu tragen. Der Grundsatz sei nach der Rechtsprechung dann zu beachten, wenn keine offenkundig unrichtige behördliche Rechtsauslegung zur Anwendung käme. Die Aufhebungen nach § 299 BAO hätten zur Voraussetzung, dass die aufgehobenen Bescheide im Spruch rechtswidrig seien. Dies setze die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus, deren Möglichkeit genüge nicht. Was das Verschulden der Behörde für einen vorangegangenen im Spruch unrichtigen Bescheid anlange, sei dies für Bescheidaufhebungen nach § 299 BAO zwar grundsätzlich irrelevant, der Verschuldensfrage komme aber bei der Ermessensübung eine entsprechende Bedeutung zu.

Beantragt werde eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat, sofern keine Erledigung in erster Instanz erfolge. Für mündliche Erörterungen stehe man zur Verfügung.

3. Betriebsprüfung und Fachbereich des Finanzamtes äußerten sich in der Folge zur Berufung.

a. Rechtsansicht des Fachbereiches vom :

(1) Die Berufung ziele vor allem auf die Textierung der Rz 1238 KStR alter Fassung (AÖFV 70/2002 vom ) ab. Im Zeitpunkt des Berichtigungsantrages vom (betreffend Körperschaftsteuer 2000 und 2001) bzw der Erlassung der Erstbescheide (für KÖSt 2002 vom und KÖSt 2003 vom ) seien jedoch die Umgründungssteuerrichtlinien 2002 schon veröffentlicht gewesen (AÖFV 129/2003 vom ).

(2) In Rz 1180 der UmgrStR 2002 sei festgehalten, dass die Siebentelbeträge auf die übernehmende Körperschaft übergehen würden. Der Einleitung zu den UmgrStR sei zu entnehmen, dass diese ab der Veranlagung 2003 generell anzuwenden seien. Für offene Fälle und vergangene Zeiträume seien sie anzuwenden, soweit nicht für diese Zeiträume andere Bestimmungen in Gesetzen oder Verordnungen Gültigkeit hätten oder andere Erlässe (zB KStR 2001) für diese Zeiträume günstigere Regelungen vorsehen würden. Die Aussage in Rz 1238 KStR sei aber nicht günstiger, als jene in Rz 1180 UmgrStR, vielmehr würden sich beide Aussagen ausschließen. Die UmgrStR seien aber eine lex specialis.

(3) Zu verweisen sei auch auf das Vorbringen in der Berufung zur ÖStZ Nr. 4 vom . Nicht das BMF habe auf den richtigen Wortlaut der Rz 1238 KStR verwiesen, sondern es liege eine Berichtigung des Steuerkodex vor. Dieser werde aber nicht vom BMF herausgegeben, sondern vom Linde-Verlag. Die Behauptung, das BMF habe auf eine Abweichung zu den UmgrStR hingewiesen, sei unzutreffend.

(4) Soweit in der Berufung vorgebracht werde, eine Kompromisslösung zwischen der übertragenden und der beteiligungsübernehmenden Gesellschaft sei betreffend der Verrechnung der offenen Siebentel nicht realistisch gewesen, müsse man darauf verweisen, dass die Bw. ursprünglich gar keine Siebentel geltend gemacht habe. Daher habe die Bw. im Zuge der Umgründung ohnedies davon ausgehen müssen, dass die Firma PW die offenen Siebentel geltend mache. Es wäre ja der Bw. freigestanden, über diesen Punkt eine ausdrückliche Regelung in den Einbringungsvertrag aufzunehmen.

(5) Soweit vorgebracht werde, die im Berichtigungsantrag dargestellte Rechtsansicht sei eine "vertretbare", die auch vom BMF jahrelang aufrechterhalten worden sei, könne dem nicht gefolgt werden. In der gesamten Berufung werde nicht dargelegt, wieso diese Rechtsaicht "vertretbar" sein sollte. Gestützt werde dies nur auf Rz 1238 KStR. Diese Rechtsmeinung sei aber im Zeitpunkt des Berichtigungsantrages gar nicht mehr aufrecht gewesen, vielmehr habe da schon Rz 1180 UmgrStR gegolten.

(6) Die Berufung stelle bei der Verrechnung von Siebentel beim Einbringenden auf eine "allgemein vertretbare Rechtsansicht" ab. In der Lehre sei dagegen vertreten worden, dass bei Einbringungen aufgrund § 18 Abs 1 UmgrStG eine Gesamtrechtsfolge anzunehmen sei, so bei

- Rabel in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen, Band B, Rz 17 zu § 18

- Wiesner, Gewinne und Verluste im Lichte des Strukturanpassungsgesetzes 1996, RdW 1996, 242

- Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Rz 23 zu § 21 und

- Wundsam/Zöchling/Huber/Kuhn, UmgrStF, Rz 10 zu § 2.

Das verwendete Argument, wonach die offenen Siebentel bei der übertragenden Gesellschaft verbleiben würden, weil die in § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 getroffene Regelung lediglich eine Aufwandsverteilung vorsehe, könne nichts daran ändern, dass § 18 Abs. 1 UmgrStG eine ertragsteuerliche Gesamtrechtsnachfolge der übernehmenden Körperschaft hinsichtlich des eingebrachten Vermögens anordne. Nicht zielführend sei das Argument, dass bei einer Veräußerung die offenen Siebentel nicht übergehen würden, weil das UmgrStG eben eine Gesamtrechtsnachfolge anordne und nicht eine Einzelrechtsnachfolge.

(7) Der Bezug auf § 117 BAO gehe fehl, weil die Bestimmung seit der Aufhebung durch den VfGH (Erkenntnis vom , G 95/04) nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre. Aber selbst wenn sie im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide noch in Geltung gestanden wäre, dürften weder die Berufungsbehörde noch die Höchstgerichte die nicht mehr in Geltung stehende Regelung anwenden (zB bzw. ). Es handle sich zudem um eine verfahrensrechtliche Norm (vgl. Ritz, Verböserungsverbot nach § 117 BAO, RdW 2002, 762 unter Punkt 6).

(8) Über Abgabennachsichten gemäß § 236 BAO sei im Abgabenverfahren nicht zu entscheiden.

(9) Treu und Glauben kämen nur dann zur Anwendung, wenn das Gesetz der Behörde einen Anwendungsspielraum lasse (zB Ritz, BAO, Rz 8 zu § 114). Dies sei im gegenständlichen Fall aufgrund der Anordnung in § 18 Abs 1 UmgrStG nicht der Fall. Eine Auskunftserteilung - die zu einem bestimmten Verhalten der Bw. hätte führen können - sei in diesem Fall nicht erfolgt.

b. Am teilte die BP mit, dass sie die Einschätzung des Fachbereiches teile. Einbringungsstichtag bei der Beteiligung Deutschland sei der .

4. Die Berufung wurde am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Parteien wurden mit Schreiben vom für den zur mündlichen Verhandlung geladen.

5. Folgende Unterlage ist in die rechtliche Würdigung miteinzubeziehen:

Antrag vom auf Berichtigung der Körperschaftsteuerbescheide 2000 und 2001: Im Rahmen des Gewerbebetriebes der Bw. halte diese im Betriebsvermögen ua auch mehrere Beteiligungen, insbesondere an ausländischen Konzerngesellschaften der Gruppe. Dabei sei es in den vergangenen Jahren auch zu verschiedenen TWA gekommen, die gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG steuerlich über sieben Jahre zu verteilen seien. Einige dieser Beteiligungen seien in weiterer Folge innerhalb des Siebenjahreszeitraumes im Wege von Umgründungen (Einbringungen nach Art. III UmgrStG) auf andere Körperschaften übertragen worden. Dabei handle es sich um die Einbringungsverträge vom und vom .

Bei der Erstellung der KÖSt-Erklärungen für 2000 und 2001 sei man zunächst davon ausgegangen, dass die bis zum Einbringungsstichtag noch nicht geltend gemachten Siebentelbeträge auf die beteiligungsübernehmende Gesellschaft übergehen würden.

Mit Inkrafttreten der Körperschaftsteuerrichtlinien 2001 ( Z 06 5004/11-IV/6/01, AÖFV 70/2002 vom ) sei jedoch klargestellt worden, dass der Übergang von noch unverrechneten TWA-Siebenteln gemäß der allgemeinen ertragsteuerlichen Gesamtrechtsnachfolgefiktion nur in jenen Umgründungsfällen erfolge, in denen die übertragende Körperschaft untergehe (Rz 1238 KStR 2001: .. "gehen die noch nicht abgesetzten Siebentelbeträge im Fall des Untergangs der übertragenden Körperschaft -Verschmelzung, Umwandlung, Aufspaltung - auf den Rechtsnachfolger über bzw. verbleiben in den übrigen Umgründungsfällen bei der übertragenden Körperschaft").

Da die Einbringung der teilwertberichtigten Beteiligungen nicht zum Untergang der Bw. geführt habe, würden die TWA-Siebentel bei der übertragenden Gesellschaft verbleiben.

Die Berichtigungen würden zu keinen unmittelbaren Steuerwirkungen führen, sondern nur zur Erhöhung der körperschaftsteuerlichen Verlustvorträge der Mandantin:


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1999
2000
2001
Gesamtbetrag der Einkünfte (negativ)
-10.612.114,00
-9.251.867,00
-2.131.349,00
Beteiligung Brasilien
-360.251,00
-360.251,00
Beteiligung Chile
-97.393,00
-97.393,00
Beteiligung Mexico
-1.937,00
-1.937,00
Beteiligung Deutschland
-13.480.726,00
-9.711.448,00
-16.071.656,00

6. Die zeitliche Abfolge gestaltete sich im gegenständlichen Fall wie folgt:


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Einbringungsvertrag der M. GmbH nach Art. III
Einbringungsvertrag der M GmbH nach Art. III
Januar 2002
Praxisleitfaden KStR
KStR 2001 vom im AÖFV veröffentlicht
Kodex KStR, Rz 1238: Übergang bei Einbringung auf den Rechtsnachfolger (falscher Abdruck im Kodex)
Steuererklärung 2000, Siebentel außer Ansatz gelassen im Bescheid vom 12.8.
September 2002
Metzler, Steuerrechtliche Umgründungen: Siebentel gehen auf den Rechtsnachfolger über
ÖStZ-Hinweis auf unveränderte KStR Rz 1238
Steuererklärung 2001. Siebentel außer Ansatz gelassen, auch im Bescheid vom 23.5.
KStR Rz 1238: Übergang auf den Rechtsnachfolger nur bei Untergang des Betriebes
Umgründungssteuerrichtlinien vom , AÖFV vom : Rz 1180, Siebentelbeträge gehen auf den Rechtsnachfolger über
Berichtigungsantrag der Bw. für 2000 und 2001
Steuererklärung 2002, Offenlegung der Siebentelabschreibung
Körperschaftsteuerbescheid 2002, Veranlagung mit dem Siebentel
Wartungserlass AÖFV , 119/2004: Übergang auf den Rechtsnachfolger bei Einbringung
KStR- Kodex: Übergang auf den Rechtsnachfolger bei Einbringung
Steuererklärung 2003, Offenlegung der Siebentelabschreibung
2006
Abschluss der Betriebsprüfung (2003 bis 2006)

7. Mündliche Verhandlung:

a. In der mündlichen Verhandlung vom wurde vom Referenten die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gemäß § 282 Abs 1 Z 2 BAO wegen besonderer Bedeutung der Entscheidung beantragt. Diese liegt darin, dass ein besonderes Interesse der Allgemeinheit hinsichtlich der Lösung der Frage zu bejahen ist, ob uneinheitliche Rechtsmeinungen der Finanzbehörde (hier speziell des BMF, bzw der BP und des Finanzamtes) zum Nachteil der Steuerpflichtigen mittels Korrekturbescheiden ausschlagen können und in welchen Konstellationen dies der Fall sein kann.

b. Vom Referenten wurde der Sachverhalt vorgetragen. In der anschließenden Verhandlung wurden folgendes erörtert:

Steuerlicher Vertreter: Ich will herausarbeiten, dass es um eine spannende Frage geht: Im § 18 UmgrStG ist durchaus von einer Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des übertragenen Vermögens die Rede, dass also der Übernehmende in die Rechtsstellung des Übertragenden eintritt, aber mehr steht nicht drin. Die Frage ist, wie geht das bei Beteiligungen, hier gibt es die Besonderheit, dass Teilwertabschreibungen möglich sind und diese vor der Umgründung stattgefunden haben. Nach § 12 KStG sind diese Abschreibungen auf sieben Jahre aufzuteilen und was ist mit den Schwebeverlusten, sind die zu subsumieren oder nicht? Muß ich die Teilwertabschreibung für sich noch als Geschäftsfall sehen, käme ich zum Schluss, dass das der übertragenden Gesellschaft zusteht. Oder gehen auch diese Schwebesiebentel über? Die Kommentare vor den KStR sind überwiegend davon ausgegangen, dass auch die Schwebetastenverluste übergehen. Umso erstaunlicher war, dass die Finanzverwaltung in den KStR 2001 das Gegenteil vertreten und gesagt hat, nur wenn die übertragende Gesellschaft untergeht, ist das so. Bleibt die Gesellschaft aber bestehen - zB wenn nur Beteiligungen übergehen - dann bleiben die Schwebesiebentel zurück.

Als wir als steuerlicher Vertreter davon Kenntnis erlangt haben, hatten wir die Verpflichtung den Mandanten darauf hinzuweisen und das mit ihm zu erörtern. Wir sind dann von der Bw. beauftragt worden, die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und das hat zum Berichtigungsantrag für die bereits abgegebenen Steuererklärungen 2000 und 2001 geführt. Am ist dieser Schriftsatz an die Finanzverwaltung gegangen. Eine Woche später haben wir die Körperschaftsteuererklärung 2002 abgegeben und in der Beilage darauf hingewiesen, dass wir die TWA-Siebentel nach der Rechtsmeinung der KStR geltend machen. Die Steuererklärung wurde antragsgemäß veranlagt und von der späteren BP nicht beanstandet. Die Geschichte wurde also nicht stillschweigend umgesetzt oder untergejubelt. Das wird für die Frage, ob das eine offensichtliche Unrichtigkeit in der Steuererklärung sein kann, eine Rolle spielen.

Wir haben immer mehr in der Beratungspraxis das Problem, dass Richtlinien widersprüchlich sind und dass wir anhand der Wartungserlässe mühsam herausfinden müssen, bis wann gilt eine alte Rechtsansicht und ab wann gilt eine neue Rechtsmeinung. Die UmgrStR gelten ab der Veranlagung 2003 und nicht einmal für 2002 und günstigere Rechtsmeinungen in älteren Erlässen kann der Steuerpflichtige für sich in Anspruch nehmen. Das Jahr 2003 ist ein wesentliches Jahr. Es ist jedenfalls befremdlich, warum die gleiche Rechtsmaterie in zwei Erlässen behandelt wird und zwei Jahre widersprüchliche Regelungen in diesen Erlässen bestehen. Ich habe das anhand der Übergangsbestimmungen für mich so aufgelöst, dass ab der Veranlagung 2003 die geänderten Rechtsansichten der UmgrStR in Geltung waren und vorher die KStR. Erst im Frühjahr 2004 hat man die Richtlinien harmonisiert. Ab dem Wartungserlass vom Frühjahr 2004 hat man die KStR an die UmgrStR angepasst.

Ich möchte noch auf die Besonderheiten der Jahre 2001 und 2002 Bezug nehmen. Bei der deutschen Beteiligung war der Umgründungsstichtag der . Sieht man sich § 12 Abs 3 Z 2 KStG an, heißt es: Die TWA ist zu verteilen auf das Jahr der Teilwertabschreibung selbst und die folgenden sechs Wirtschaftsjahre. Nach § 14 UmgrStG heißt es, dass hinsichtlich des übertragenen Vermögens noch ein Rumpfwirtschaftsjahr beim Übertragenden besteht. Daraus kann man schließen, dass in einem solchen Fall 1/7 für das Jahr 2001 noch der Übertragende hat. Nur die restlichen Siebentel gehen über. Unstimmigkeiten gibt es nur hinsichtlich der Frage, ob auch die Übernehmenden im selben Jahr die restlichen Siebentel geltend machen können oder ob die ein Jahr Pause haben. Das ist aber nicht unser Thema.

Das Jahr 2002 wurde auch mitgeprüft, von der BP nicht beanstandet, es gab sonst keine Prüfungsfeststellungen, keine Wiederaufnahme und nach Abschluss der BP war immer noch der alte Bescheid vom in Kraft. Da war mehr als ein Jahr dazwischen und die Finanzverwaltung hat sich damit beholfen, die verfahrensrechtliche Waffe des § 293b BAO heranzuziehen. Der besagt, wenn es um die offensichtliche Unrichtigkeit der Steuererklärung geht, kann er herangezogen werden. Wir haben die Körperschaftsteuererklärung in Papierform eingereicht und mit der Beilage erläutert. Dass das eine offensichtliche Unrichtigkeit sein sollte, glauben wir nicht. Wenn man eine vertretbare Rechtsansicht darlegt, ist das keine offensichtliche Unrichtigkeit. Im Dezember 2003 hat es auch noch den für die Bw. sprechenden § 117 BAO gegeben, auch eine verfahrensrechtliche Vorschrift. Dieser Paragraph besagt, wenn neue Richtlinien (UmgrStR) etwas anderes sagen als ältere Richtlinien (KStR), dann darf das nicht zuungunsten der Partei exekutiert werden. Der Schutz des § 117 BAO steht 2002 noch zu, weil der VfGH den Paragraphen erst 2005 aufgehoben hat.

Im Kern geht es darum, wie ist das mit den Schwebesiebentel? Fallen die unter § 18 UmgrStG oder nicht? Was ist rechtens bei widersprüchlichen Richtlinien? Der Berichtigungsantrag ist sehr lange unerledigt geblieben. Mittlerweile gehören übertragende und übernehmende Gesellschaft längst nicht mehr einem Konzern an. Der UFS mit seiner Schiedsrichterfunktion muss daher entscheiden, wer hier im Recht ist.

Vorsitzender: Die BP hat sich über zwei Jahre hingezogen und dann ergingen BP-Bescheide die ihren seinerzeitigen Bescheidberichtigungsanträgen nachgekommen sind. Kurze Zeit später ergingen die Aufhebungsbescheide, die das Gegenteil geäußert haben. Wie ist es denn zur Wiederaufnahme und den Sachbescheiden nach BP gekommen, warum haben die so ausgesehen und kurze Zeit später schaut das ganz anders aus? Wurde da bei der BP nicht darüber gesprochen, dass nach der jetzigen Rechtsansicht der Finanzverwaltung dem Antrag auf Berichtigung nicht gefolgt werden kann und die Bescheide nicht wiederaufgenommen werden?

Steuerlicher Vertreter: Meines Wissens nach war es so, dass die Bw. abgeprüft und im Anschluss daran eine der übernehmenden Gesellschaften geprüft wurde. Da wurde festgestellt, dass auch dort die Siebentel geltend gemacht wurden, unter Heranziehung der Rz 1180 der UmgrStR, die besagt, dass die Schwebesiebentel übergehen.

Vorsitzender: Es sind also Bescheide ergangen, die ihrer Intention entsprochen haben.

Sachbearbeiter: Das war jetzt auch nicht ganz die Antwort auf die Frage des Vorsitzenden. Die Frage hat nämlich gelautet, im Jahr 2006 musste für alle - die BP und die Firma - klar sein, dass in den KStR und den UmgrStR drinnen steht, die übernehmende Gesellschaft erhält die Schwebesiebentel. Zum Zeitpunkt als die BP abgeschlossen wurde, war die Rechtslage völlig klar. Wie kann es da dazu kommen, dass die BP ihrem Antrag näher tritt und sagt, das behandeln wir nach der alten KStR-Rechtsmeinung. Da muss es doch irgendeine Schlussbesprechung gegeben haben. Es ist völlig unbegreiflich wie zwei Jahre nach der Anpassung der KStR (2006) trotzdem noch diese Rechtsmeinung vertreten werden konnte, die zu dem Zeitpunkt nicht mehr gegolten hat.

Vorsitzender: Und die aus der Sicht der Finanzverwaltung nicht mehr anzuwenden war.

Steuerlicher Vertreter: Es hat zwar keine förmliche Schlussbesprechung gegeben, aber wir haben das natürlich mehrfach diskutiert. Wie gesagt, das hat zwei Jahre gedauert und wir haben mehrfach nachgefragt, ob unser Antrag für 2000 und 2001 bearbeitet wird. Das ist dann für die Bw. stattgebend erledigt worden. Zwischen BP-Bericht und Bescheiden waren einige Monate. Dann hatten wir die Bescheide im Haus und kurze Zeit später habe ich den Anruf bekommen, die Schwebesiebentel stünden nur den übernehmenden Gesellschaften zu.

Sachbearbeiter: Dann kann das nicht besprochen worden sein oder hat man gesagt, das machen wir wie damals besprochen? Wir verstehen den ganzen Vorgang nicht. Denn wenn sie jetzt sagen, sie waren von der Korrektur des Finanzamtes überrascht, so muss man sagen, es war ihnen doch rechtlich klar, dass das gar nicht stimmen kann, was die BP hier macht. Also die Überraschung ihrerseits ist irgendwie nicht glaubwürdig.

Steuerlicher Vertreter: Es geht um die Frage, welche Rechtsansicht - die alte oder die neue - ist für unseren Übertragungsvorgang richtig.

Sachbearbeiter: Aber 2006 war das doch ganz klar. Es hat ja überhaupt immer nur eine einzige Textstelle gegeben, die ihre Rechtsmeinung vertreten hat. Die Lehre hat immer gesagt, das steht der übernehmenden Gesellschaft zu, auch alle anderen haben das immer so gesehen. Alle Umgründungssteuerleitfäden sagen das. Alle Kommentare haben das immer gesagt. Nur die KStR haben hier eine andere Meinung vertreten und das galt 2006 auch schon zwei Jahre nicht mehr. Im Zeitpunkt 2006 hat allen Beteiligten klar sein müssen, das Siebentel kann nur die übernehmende Gesellschaft erhalten.

Steuerlicher Vertreter: Da darf ich höflich darauf hinweisen, dass die Kommentare idR vor den Körperschaftsteuerrichtlinien ergangen sind und jüngere Kommentare - zB Helbich/Wiesner/Bruckner - sehr wohl darauf hinweisen, dass die Finanzverwaltung eine andere Meinung vertritt.

Sachbearbeiter: Die Frage ist eigentlich, hat es da eine Besprechung gegeben? Da hat die BP eine Wiederaufnahme von Bescheiden gemacht. Welche Besprechung hat es dazu gegeben? Da macht man eine Wiederaufnahme im Ausmaß von fünfstelligen Millionenbeträgen in € zu einem Zeitpunkt, als die Rechtslage ganz klar war. Da muss es doch Gespräche gegeben haben bei der Schlussbesprechung und da müssen beide Seiten gesagt haben, wie die Rechtslage ist. Oder ist es zu keiner Besprechung gekommen?

Steuerlicher Vertreter: Wenn ich mich richtig erinnere, ist dieser Punkt gar nicht aufgeworfen worden. Sondern das wurde angesehen und abgehakt. Wir haben mehrere Besprechungen gehabt, aber ich kann mich nicht erinnern, ob wir das in irgendeiner Form diskutiert haben, ob das richtig oder falsch ist. Sondern das wurde abgehakt.

Sachbearbeiter: Es kann ja nicht sein, dass darüber - bei diesen Beträgen - nicht einmal eine normale Besprechung stattfindet. Was waren dann die Gründe für die Wiederaufnahme? Die müssen ja auch besprochen worden sein. Was ist der Grund für die Wiederaufnahme 2000 und 2001? Das hätten wir gerne gewusst.

Steuerlicher Vertreter: Um welchen Wiederaufnahmegrund geht es da?

Vorsitzender: Im BP-Bericht ist ein Hinweis auf verschiedene Tz des Schlussbesprechungsprogramms bzw. des BP-Berichtes und hinsichtlich dieser beiden Jahre - 2000 und 2001 - ist das der einzige Punkt. Nämlich diese Teilwertsiebentel. Ist das irgendwie diskutiert worden, ob das ein tauglicher Wiederaufnahmegrund sein kann? Oder ob es andere taugliche Wideraufnahmegründe geben könnte?

Steuerlicher Vertreter: Nein, das ist nicht diskutiert worden.

Vorsitzender: Das wurde nicht diskutiert?

Sachbearbeiter: Wir hätten die Frage, was ist aus ihrer Sicht der Wiederaufnahmegrund für 2000 und 2001?

Steuerlicher Vertreter: Ja,...

Sachbearbeiter: Ist es ihr Antrag vom ? Das ist das einzige, was man dazu findet. Verwiesen ist auf ihren Antrag von 2003 im BP-Bericht. Ist das aus ihrer Sicht auch der Wiederaufnahmegrund?

Steuerlicher Vertreter: Also wenn die Finanzverwaltung einem Antrag stattgibt und zwar in Form einer amtswegigen Wiederaufnahme, dann muss ich mit Verlaub sagen bzw bitte ich um Verständnis, das nicht hinterfragt zu haben, ob das verfahrensrechtlich richtig war.

Vorsitzender: Es kann ja nur um das Hervorkommen neuer Tatsachen gegangen sein, worauf die Wiederaufnahme gestützt wird. Ist da im Verfahren darüber gesprochen worden, was die Wiederaufnahmegründe sind? Offenbar ist da einfach wiederaufgenommen worden.

Steuerliche Vertretung: Der Antrag war aus dem Jahr 2003. Die BP hat ja zwei Jahre gedauert und es wurde gelegentlich nachgefragt, ob und wie unser Antrag behandelt wird. Da hat es geheißen, das wird am Ende - wenn die materiellen Prüfungshandlungen abgewickelt sind - erledigt.

Wir sind diesbezüglich auch verwundert, dass die Groß-BP hier bei dieser Besprechung heute nicht vertreten ist.

Sachbearbeiter: Wir haben geladen und das Finanzamt hätte den Prüfer ja jederzeit mitbringen können. Im Bescheid ist verwiesen auf die Tz 5 und auf die Anträge des Jahres 2003. Die Berichtigung ist im Hinblick auf den Antrag aus 2003 gemacht worden, bei der Wiederaufnahme wird verwiesen auf die Feststellungen in Tz 5.

Vorsitzender: Was ist da die neue Tatsache oder die neuen Beweismittel, die da hervorgekommen sind und die die Wiederaufnahme gerechtfertigt haben? Gibt es da im Bereich des Sachverhaltes Neuerungen?

Steuerlicher Vertreter: Nach unserer Sicht die Rechtsansicht des Ministeriums in den KStR für diese beiden Jahre.

Sachbearbeiter: Es klingt immer wieder an, dass auch die übernehmenden Gesellschaften diese Siebentel geltend gemacht haben. Ist das erst nachher geschehen, als schon die Korrektur beantragt war oder ist das vorher schon beantragt worden?

Steuerlicher Vertreter: Die eine Gesellschaft, die damals dem Konzern zugehörig war, wurde auch vom selben Steuerbüro vertreten, aber nicht von mir und es war mir auch nicht bekannt. Der Prüfer hat diese Gesellschaft geprüft und hat gesagt, er schließt sich dieser geänderten Rechtsmeinung bzw Richtlinienmeinung an, wonach die Siebentel der übernehmenden Gesellschaft zustehen.

Vorsitzende: Bei dieser anderen (übernehmenden) Gesellschaft ist es geltend gemacht und anerkannt worden?

Steuerlicher Vertreter: Ja klar, davon gehe ich einmal aus.

Vorsitzender: Würde der UFS das jetzt anerkennen, wäre es doppelt anerkannt.

Sachbearbeiter: Die übernehmende Firma hat das auch geltend gemacht und die BP hat sich dem auch noch angeschlossen bei der Prüfung?

Steuerlicher Vertreter: Das habe ich jetzt so ausgeführt, ich weiß aber nicht, ob die Übernehmenden das so in Anspruch genommen haben. Wobei die Geschichte für die Finanzverwaltung nicht ganz glücklich gelaufen ist und das daher zumindest bei der übernehmenden Gesellschaft so abgeschlossen wurde. Eine der Gesellschaften wurde jahrelang auch in derselben Steuerberatungsfirma betreut, wobei ich die übrigen Gesellschaften gar nicht kenne und nicht weiß was die gemacht haben. Man muss davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung versucht, den Fuß in der Türe zu haben und bis zur Klärung der Rechtslage vorläufige Bescheide erlässt oder was auch immer.

Vorsitzender: Haben die Beisitzer noch Fragen?

Beisitzer: Nein.

Vorsitzender: Gibt es noch Ergänzungen zum Sachverhalt? Das letzte Wort kommt dann dem Steuerberater zu.

Amtsvertreter: Meine Frage zum Sachverhalt wäre gewesen, warum der und nicht der genommen wurde, bzw ob es am 1. Januar ein operatives Geschäft gegeben hat?

Steuerlicher Vertreter: Ein operatives Geschäft von wem?

Amtsvertreter: Vom einbringenden Unternehmen.

Steuerlicher Vertreter: Die einbringende Firma ist bis zum heutigen Tag voll aktiv.

Amtsvertreter: Der 1. Januar ist ein Feiertag, also hatte sie da kein operatives Geschäft.

Steuerlicher Vertreter: Der 1. Januar ist ein Feiertag, das wissen wir.

Amtsvertreter: Also kein operatives Geschäft. Die Bilanz vom 31. Dezember entspricht der vom 1. Januar.

Steuerlicher Vertreter: Da müsste man die Firma fragen, die damals den Einbringungsvertrag gemacht hat.

Amtsvertreter: Mein Antrag wäre Abweisung der Berufung hinsichtlich aller Bescheide. Bei diesem § 293b BAO ist eine vertretbare Rechtsmeinung nicht dargestellt worden. Die Gesamtrechtsnachfolge ist ja eindeutig und dass es dann Redaktionsfehler gab - unterschiedliche Standpunkte KStR und UmgrStR - ändert nichts daran. Eine "vertretbare Rechtsmeinung" kann nur dann gegeben sein, wenn dargestellt wird, warum die Rechtsmeinung vertretbar sein sollte. Wie wissen aber seit Jahren, dass es eindeutig so ist, dass die übernehmende Gesellschaft die TWA fortführen darf.

Steuerlicher Vertreter: Habe ich sie richtig verstanden, dass die in den KStR von 2002 bis 2004 vertretene Rechtsmeinung als nicht vertretbare Rechtsmeinung angesehen wird?

Amtsvertreter: Das müsste man abwägen. Wenn es Unterschiede gibt zwischen verschiedenen Richtlinien, muss man überlegen, worauf ist das zurückzuführen. Scheinbar war das ein Versehen oder ein Redaktionsfehler, daher hat man das später revidiert, weil es nicht vertretbar war und jetzt hat man eine vertretbare Rechtsansicht drinnen.

Steuerlicher Vertreter: Es ist aber verwunderlich, dass das BMF diese Disharmonie zwei Jahre lang noch aufrechterhalten hat. Mehr als in der Steuererklärung explizit auf die Textstelle und die Schwebesiebentel hinweisen, können wir nicht.

Amtsvertreter: Also Richtlinien haben ja nur erläuternden Charakter und zuerst kommt das Gesetz, wie es sich vom Text her darstellt. Die Richtlinien sind ja wichtig und wertvoll in der täglichen Arbeit, wie man etwas auslegt. Es ist aber vollkommen klar, dass die Rechtsfolge so sein muss, wie hier heute von uns beantragt.

Vorsitzender: Ich bitte um ihre Schlussanträge.

Steuerlicher Vertreter: Ich bin froh, dass der UFS die verfahrensrechtlichen Feinheiten herausarbeitet. Ich habe auch gehört, dass vielleicht nicht einmal klar ist, ob für die beantragten Jahre die Wiederaufnahme durch die BP die richtige Waffe war. Ich will daher noch einmal auf die Sonderfrage - Einbringungsstichtag - verweisen. Materiellrechtlich will ich betonen, dass das Siebentel für 2001 jedenfalls noch der Bw. zusteht. Für die Jahre ab 2002 würde ich noch einmal aufgrund des Sachverhaltes und der Erklärung, Dokumentation und Offenlegung bitten, den angewendeten § 293b BAO zu untersuchen, ob der zum Nachteil der Bw. ausgelegt werden kann. Zumal uns in der ganzen Vorphase die Finanzverwaltung diesbezüglich zugestimmt hat. Überdies war auch § 117 BAO noch in Kraft, daher sind wir 2001 und 2002 im Recht.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Strittig ist die Rechtmäßigkeit der Korrekturbescheide nach § 299 BAO (Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2000 und 2001), § 293b BAO (Körperschaftsteuer 2002) und § 295 BAO (Körperschaftsteuer 2003).

2. Bescheide nach § 299 BAO:

a. Gemäß § 299 BAO kann ein Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben werden, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Mit dem aufhebenden Bescheid ist der diesen ersetzende Bescheid zu verbinden. Durch die Aufhebung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat.

b. Der Inhalt eines Bescheides ist dann nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (zB unrichtige Gesetzesauslegung, mangelnde Sachverhaltskenntnis) ist nicht ausschlaggebend (Ritz, BAO, § 299, Rz 10).

Die Aufhebung setzt kein Verschulden der Behörde oder des Bescheidadressaten voraus, die Rechtswidrigkeit muss nicht offensichtlich sein (Ritz, aaO, § 299, Rz 11 und 12). Die Aufhebung setzt aber die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus, deren Möglichkeit reicht nicht aus (Ritz, BAO, aaO, Rz 13 mit Verweis auf ).

Entscheidend für die Aufhebung ist nicht, ob der aufzuhebende Bescheid im Zeitpunkt seiner Erlassung inhaltlich rechtswidrig war, vielmehr ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufhebungsantrag maßgebend.

Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufhebung darzustellen () und die Gründe für die Ermessensübung (). Dabei sind die ermessensrelevanten Umstände abzuwägen, den Grundsätzen "Gleichmäßigkeit der Besteuerung" und "Rechtsrichtigkeit vor Rechtssicherheit" kommt dabei entscheidende Bedeutung zu (Ritz, aaO, Rz 54). Bei geringfügiger Rechtswidrigkeit kann eine Aufhebung unterbleiben, der Grundsatz von Treu und Glauben könnte der Aufhebung entgegenstehen (Ritz, aaO, Rz 55 und 56). Die Zweckmäßigkeit kann gegen eine Aufhebung sprechen, wenn die Einhebung der Nachforderung gemäß § 236 BAO unbillig wäre (Ritz, aaO, Rz 58).

Aufhebungen nach § 299 BAO sind gemäß § 302 BAO bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides zulässig. § 299 BAO ist eine Verfahrensvorschrift. Sie ist daher ab dem Inkrafttreten auch für Aufhebungen vor dem zulässig (Ritz, aaO, Rz 69).

c. Die im gegenständlichen Fall strittigen Bescheide - betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Körperschaftsteuer für 2000 und 2001 (nach Berichtigungsantrag vom ) und die dazugehörigen Körperschaftsteuerbescheide - ergingen am . Die Wiederaufnahmebescheide wurden mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben.

(1) Die Jahresfrist für die Aufhebung wurde - bisher unbestritten - gewahrt.

(2) Zu prüfen ist, ob der Spruch der Wiederaufnahmebescheide 2000 und 2001 jeweils dem Gesetz entsprochen hat.

Voraussetzung einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs 4 BAO ist, dass Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im Verfahren nicht geltend gemacht wurden. Dies sind im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen sind keine Wiederaufnahmegründe (Ritz, BAO, § 303, Rz 9).

Im vorliegenden Fall wurde die Wiederaufnahme nach dem Bericht der BP vom (Tz 5) ausschließlich auf den Berichtigungsantrag vom gestützt (Änderung 2000 mit - 6.323.972,43 S und Änderung 2001 mit -191.822.806,41 S). Der Änderungsantrag enthielt keine neuen Tatsachen. Es wurde lediglich die Rechtsansicht vertreten, dass aufgrund der geänderten Rechtsauffassung der KStR 2001 die Jahre 2000 und 2001 zu berichtigen seien (Abschreibung von Schwebesiebentel). Damit liegt nur eine Änderung der rechtlichen Beurteilung bereits bekannter Sachverhalte (Umgründungen) vor, die nicht zu einer Wiederaufnahme führen kann. Dass die Sachverhalte der Umgründungsverträge unzureichend bekannt gewesen seien, hat weder die Bw. noch die BP behauptet. Solches geht auch aus dem Bericht vom nicht hervor. Das Besprechungsprogramm vom Januar 2006 enthält dazu überhaupt keine Aussagen.

(3) In den Fällen des § 299 BAO ist die Ermessensübung der Behörde zu begründen. Dabei sind die Ermessensentscheidungen gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Beachtung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Prinzip der Rechtmäßigkeit kommt Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu (zB ), Aufhebungen haben nur dann zu unterbleiben, wenn die Rechtswidrigkeit geringfügig ist bzw. keine wesentlichen Folgen nach sich zieht ( mwN). Das Ermessen wird nach der Judikatur also regelmäßig dann im Sinne des Gesetzes ausgeübt, wenn die Behörde bei Wahrnehmung einer nicht bloß geringfügigen Rechtswidrigkeit mit Aufhebung vorgeht.

Die Rechtswidrigkeit besteht im gegenständlichen Fall darin, dass die gesetzliche Voraussetzung eines Wiederaufnahmegrundes nicht vorliegt. Damit hätte aber eine Wiederaufnahme von vorneherein nicht erfolgen dürfen, die Rechtswidrigkeit ist damit nicht nur geringfügig. Das Prinzip der Rechtsrichtigkeit verlangt, dass gesetzliche Voraussetzungen bei der Erlassung von Verfahrensbescheiden eingehalten werden. Steuerpflichtige müssen sich darauf verlassen können, dass die Finanzbehörde eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur dann durchführt, wenn die Voraussetzungen des § 303 Abs 4 vorliegen. Das gilt auch für Wiederaufnahmen, die sich begünstigend auswirken. Im gegenständlichen Fall kann nicht einmal der steuerliche Vertreter einen Wiederaufnahmegrund nennen.

Hinzu kommt, dass - von den Wiederaufnahmebescheiden als solches abgesehen - auch (materiellrechtlich) die Korrektur der Körperschaftsteuerbescheide in keiner Weise dem Prinzip der Rechtmäßigkeit entsprochen hat und auch deren Aufhebung nach § 299 BAO gerechtfertigt wäre: Zweck der Siebentelung ist eine Einschränkung der doppelten Verlustverwertung (Blasina, SWK 2007, S 68) und Zweck der Normen über die Absetzbarkeit nicht verbrauchter TWA-Siebentel ist die Vermeidung einer doppelten Absetzung durch übertragende und übernehmende Gesellschaft. Zweck des Umgründungssteuerrechtes ist die Erhaltung der Steuerneutralität von Umgründungen. Daraus ergibt sich, dass die richtige Zuordnung von Abschreibungen oder die Weiterführung von steuerlichen Begünstigen uä. ein wesentliches Element im Umgründungssteuerrecht darstellt. Würde man die Siebentelabschreibung beim übertragenden Unternehmen zulassen, wäre dies ein unverständlicher Bruch im Bereich der Gesamtrechtsnachfolge, deren Wirkung in allen anderen Bereichen der Gewinnermittlung unbestritten ist (s zB Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen, S 141, zur Gesamtrechtsnachfolge bei Buchwerteinbringungen, zu unversteuerten Rücklagen, Abschreibungsgrundsätzen, Verwendungs- und Behaltefristen des Gewinnermittlungsrechtes, Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen, Jubiläumsgeldrückstellungen, IFB-Warteverlusten und sonstigen Schwebeverlusten, Fortführung von Zehntelabsetzungen für Instandsetzungen, Zuschreibungsverpflichtungen bei Beteiligungen, Forschungs- und Bildungsfreibeträgen und dem Weiterlaufen der Fristen bei internationalen Schachtelbeteiligungen).

Die Auswirkungen der Aufhebung sind auch nicht unbillig. Unter "Unbilligkeit" wird die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei verstanden. Die Verfahrenspartei hat solche Interessen aber gar nicht geltend gemacht und lediglich darauf verwiesen, dass in der Frage der Siebentelabschreibung auch andere Rechtsmeinungen denkbar wären. Damit kann sie aber die Unbilligkeit der Aufhebung eines Bescheides über die Wiederaufnahme des Verfahrens, der ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, nicht dartun.

Soweit in der Berufung Bezug auf den Grundsatz von Treu und Glauben genommen wird, der unter den Rahmen des Ermessenskriteriums der Billigkeit fällt (Ritz, BAO, § 20, Rz 7), setzt dieser einen Vollzugsspielraum voraus (Ritz, BAO, § 114, Rz 9) und kommt in Bereichen, die von zwingenden Rechtsvorschriften erfasst sind, nicht zur Geltung (). Geschützt sind Auskünfte der zuständigen Abgabenbehörde, die zudem nicht offensichtlich unrichtig sein dürfen und zu Dispositionen führen, aus denen ein Vertrauensschaden erwächst (Ritz; BAO, § 114, Rz 11). Dass zur Durchführung einer Wiederaufnahme des Verfahrens ein Wiederaufnahmegrund gegeben sein muss, ist evident und bedarf keiner näheren Erläuterung. Daran kann der Grundsatz von Treu und Glauben nichts ändern. Bezüglich dieses Punktes ist zudem ebenfalls darauf zu verweisen, dass (materiellrechtlich gesehen) auch die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides gerechtfertigt wäre und der Grundsatz von Treu und Glauben dies nicht verhindern könnte: Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH verhindert schon die Anordnung des § 18 Abs 1 UmgrStG die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben, weil die Normierung der Gesamtrechtsnachfolge nicht disponibel ist. Aber selbst für den Fall eines (hier nicht) bestehenden Vollzugsspielraumes und der Anerkennung der Siebentelabschreibung durch die Betriebsprüfung als "Auskunft" der Behörde im hier maßgeblichen Sinn, wäre keine (persönliche oder sachliche) Unbilligkeit gegeben. Die "Auskunft" der BP - in Bezug auf die Abzugsfähigkeit der Siebentel bei der Bw. - war offensichtlich unrichtig, weil im BP-Zeitraum 2006 in den KStR und in den UmgrStR dieselbe Rechtsmeinung veröffentlicht war, wie die Bw. auch selbst ausgeführt hat (s Kodex KStR zum , Rz 1238). Die Rechtsmeinung des Verbleibs der Siebentel bei der übertragenden Gesellschaft wurde im BP-Zeitraum in der Lehre und vom BMF nicht mehr vertreten. Die Bw. hat - bezogen auf die Jahre 2000 und 2001 - auch keine für sie nachteiligen Dispositionen getroffen, da beim Abschluss der Umgründungsverträge nur die Rechtsmeinung der Lehre bekannt war (Weiterführung der Siebentel durch die übernehmende Gesellschaft). Die kurzfristige Zuerkennung der Abschreibung durch die BP bis zur Korrektur durch das Finanzamt kann damit keinen Vertrauensschaden begründen, der eine Unbilligkeit darstellen würde, zumal die Bw. selbst bei entsprechender steuerlicher Vertretung die Rechtsmeinung des BMF kennen musste. Der Grundsatz von Treu und Glauben greift daher weder in Bezug auf die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide, noch alternativ im Fall der ansonst notwendigen Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide.

(4) § 117 BAO: Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 95/04 als verfassungswidrig aufgehoben. Der Gerichtshof führte dazu aus: "Eine gleichmäßige, dem Legalitätsprinzip entsprechende Rechtsanwendung scheint vielmehr nur dann gewährleistet zu sein, wenn die Vorschrift auch in offenen Fällen nicht mehr anwendbar ist." Sie darf daher von den Gerichtshöfen nicht mehr angewendet werden und hat für einen im Jahr 2006 ergangenen Bescheid keine rechtliche Bedeutung. Der Unabhängige Finanzsenat teilt auch nicht die Rechtsmeinung der Bw., dass § 117 BAO eine materiellrechtliche Norm dargestellt hat und daher auf vor der Aufhebung verwirklichte Sachverhalte anzuwenden ist. Es liegt vielmehr eine verfahrensrechtliche Norm vor (so auch Ritz, RdW 2002, 758 und der Vertreter der Bw. selbst in der mündlichen Verhandlung).

(5) Soweit die nach § 20 BAO zu beachtende Zweckmäßigkeit dann gegen eine Bescheidaufhebung spreche, wenn die Einhebung der Nachforderung nach § 236 BAO unbillig wäre (Ritz, BAO, § 299, Rz 58), ist folgendes festzuhalten:

Nach § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann eine persönliche sein, die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers ergibt, oder eine sachliche, wenn ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Nach der Verordnung des betreffend Unbilligkeit der Einhebung iSd § 236 BAO (BGBl II 435/2005), ist das Gesetz wie folgt auszulegen: Gemäß § 2 der VO liegt persönliche Unbilligkeit bei Gefährdung der Existenz des Abgabepflichtigen oder bei Vorliegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Auswirkungen (zB Vermögensverschleuderung) vor. Gemäß § 3 der VO liegt eine sachliche Unbilligkeit bei Geltendmachung des Abgabenanspruches die im Widerspruch zu Äußerungen der ersten Instanz oder der im AÖFV veröffentlichten Meinungen des BMF steht, wenn im Vertrauen darauf bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.

Persönliche Unbilligkeit liegt nicht vor, weil sich die Auswirkungen der Nichtanerkennung der Abschreibung erst künftig zeigen werden, wie die Bw. selbst angegeben hat (Kürzung der Verlustvorträge). Auch eine sachliche Unbilligkeit liegt nicht vor: Im Zeitpunkt der Aufhebungsbescheide gab es keinen Widerspruch zu den in den AÖFV veröffentlichten Richtlinien mehr. Ein allfälliger Widerspruch zu Äußerungen der erstinstanzlichen Behörde hat (zwischen der Bescheiderlassung der BP und der kurz darauf erfolgenden Aufhebung dieser Bescheide) zu keinen bedeutsamen Maßnahmen der Bw. (betreffend die Veranlagung 2000 und 2001) geführt, die im Vertrauen auf die Äußerung getroffen wurden. Die im Vorfeld - nämlich vor Erlassung der aufgehobenen Bescheide vom - bestehenden Rechtsmeinungen des BMF und der erstinstanzlichen Behörde, haben auf die hier zu entscheidende Frage der Unbilligkeit, entgegen der Darstellung in der Berufung, keinen Einfluss.

Damit ist die Aufhebung der Bescheide auch nicht durch deren Unzweckmäßigkeit infrage gestellt.

d. (1) Bezüglich der Beteiligung Deutschland iHv 13.480.726,00 € bringt die Bw. vor, der Einbringungsstichtag bei der VTVM sei der gewesen. Daher sei ein Rumpfwirtschaftsjahr für 2001 zu bilden und die Abschreibung stehe für 2001 nochmals der einbringenden Bw. zu. Dieser Rechtsansicht ist grundsätzlich zuzustimmen:

Wird bei einer Einbringung eine teilwertberichtigte Beteiligung umgründungsbedingt übertragen, gehen die zum Einbringungsstichtag noch nicht abgesetzten Siebentelbeträge gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 auf die übernehmende Körperschaft über. Gemäß § 13 UmgrStG ist Einbringungsstichtag der Tag, zu dem das Vermögen mit steuerlicher Wirkung auf die übernehmende Körperschaft übergehen soll. Der Stichtag kann auch auf einen Zeitpunkt vor Unterfertigung des Einbringungsvertrages rückbezogen werden. In jedem Fall ist binnen neun Monaten nach Ablauf des Einbringungsstichtages bei Sachgründungen die Einbringung ins Firmenbuch einzutragen, in den übrigen Fällen bei dem für die übernehmende Körperschaft zuständigen Finanzamt zu melden.

Aus ertragsteuerlicher Sicht ist die Vermögensübertragung auf die übernehmende Körperschaft bereits mit Ablauf des in der Vergangenheit liegenden Einbringungsstichtages bewirkt (§ 14 Abs 2 UmgrStG). Die Einkünfte sind rückwirkend ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Tag der übernehmenden Körperschaft zuzurechnen. Die Rückwirkungsfiktion stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der steuerrechtlichen Unbeachtlichkeit rückwirkender Vereinbarungen dar. Sie erstreckt sich auf alle Einbringungen im Bereich des Art. III UmgrStG (Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen, § 12, Pkt 3.1.3, Rz 46). Gemäß § 15 UmgrStG ist zum Einbringungsstichtag eine Einbringungsbilanz aufzustellen.

Im Einbringungsvertrag vom zwischen der M GmbH und der VTH wird ein Geschäftsanteil der deutschen BeteiligungsgmbH übertragen. In Punkt 2.4 des Vertrages ist ausgeführt, dass als Stichtag für die Einbringung der gewählt wird (Einbringungsstichtag). Nach Punkt 5.3 steht der Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung des Inkrafttretens des Vertrages vom zwischen der VTA und der AGAH.

Wird als Einbringungsstichtag der dem Regelbilanzstichtag folgende Tag festgelegt, ist idR zu beachten, dass dadurch für den Einbringenden ein nur einen Tag umfassendes Rumpfwirtschaftsjahr entsteht (Helbich/Wiesner/Bruckner, aaO, § 13, Rz 7 und § 14, Rz 17; BMF, ecolex 2001, 78). Für eingebrachte Kapitalanteile steht bei Einbringungen auf einen "Zwischenstichtag" für das durch den Einbringungsstichtag beendete Rumpfwirtschaftsjahr noch ein Siebentel zu, soweit offene Siebentel vorhanden sind (Helbich/Wiesner/Bruckner, aaO, § 14, Rz 36). Damit würde bei der Bw. noch ein Rumpfwirtschaftsjahr (von einem Tag) anfallen, mit der Maßgabe, dass die Siebentelabschreibung 2001 noch einmal zustehen würde.

(2) Ungeachtet der Richtigkeit der Rechtsansicht der Bw. zum Rumpfwirtschaftsjahr gilt für den Wiederaufnahmebescheid betreffend die Körperschaftsteuer 2001 das vorangehend Gesagte. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher von der Rechtmäßigkeit des Bescheides nach § 299 BAO auch für das Jahr 2001 aus.

e. Damit ergibt sich folgendes Ergebnis:

Die von der BP erlassenen Wiederaufnahmebescheide für 2000 und 2001 wurden zu Recht von der Finanzbehörde nach § 299 BAO aufgehoben. Die Berufung ist in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

3. Bescheid nach § 293b BAO:

a. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2002 vom (Einkünfte aus Gewerbebetrieb - 15.940.266,20 €; Körperschaftsteuer 1.750,00 €) wurde mit Berichtigung nach § 293b BAO vom abgeändert (Einkünfte aus Gewerbebetrieb - 1.999.958,77 €; Körperschaftsteuer 1.750,00 €).

In der Begründung zum Berichtigungsbescheid wurde ausgeführt, die Abgabenbehörde könne einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Dabei sei auf den Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides abzustellen (). Die Übernahme erfolge durch die Erlassung der entsprechenden Bescheide. Der zu berichtigende Bescheid sei am erlassen worden. Bei Einbringungen nach Art. III werde steuerrechtlich eine Gesamtrechtsnachfolge fingiert (§ 18 Abs. 1 UmgrStG). Die offenen Siebentelbeträge gingen aufgrund der Fiktion der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über (Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz-Kommentar, Wien 2000 zu § 21, Rz 23; UmgrStR Rz 1180). Somit lägen die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 293b BAO vor.

b. Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Ziel der Regelung ist eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienenden Ergebnisses (Ritz, aaO, § 293b, Rz 1). Die Norm soll vor allem der Beseitigung von Fehlern aus der Soforteingabe dienen.

Unrichtigkeiten sind dann nicht offensichtlich, wenn sie auf einer "vertretbaren Rechtsansicht" beruhen. Offensichtliche Unrichtigkeitenliegen nicht vor, wenn

- Rechtsfragen in der Rechtsprechung uneinheitlich gelöst werden,

- Erlässe von der Judikatur abweichende Rechtsansichten vertreten,

- Erlassmeinungen in der Literatur mit vertretbar erscheinenden Argumenten abgelehnt werden oder

- aus der Judikatur ableitbare Rechtsansichten mit vertretbar erscheinenden Argumenten insbesondere in der Literatur abgelehnt werden.

Offensichtliche Unrichtigkeiten liegen vor, wenn

- unrichtige rechtliche Würdigungen übernommen werden (zB die Darstellung einer Mitunternehmerschaft ohne Teilhabe an den stillen Reserven, s ),

- Sachverhalte aktenwidrig angenommen werden oder

- Divergenzen zwischen Abgabenerklärung und Beilage vorliegen.

Die Unrichtigkeit ist offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist. Wenn aber die Unrichtigkeit erst nach Durchführung eines diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens erkennbar ist, kann sie nicht nach § 293b BAO beseitigt werden (Ritz, aaO; § 293b, Rz 5 und 6).

Die Berichtigung liegt im Ermessen, wenn ihre grundsätzlichen Voraussetzungen vorliegen (offensichtliche Unrichtigkeiten, Übernahme aus Abgabenerklärungen). Das Prinzip der Rechtsrichtigkeit hat dabei Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit (Ritz, aaO, 9). Geringfügige Folgen lösen keine Berichtigung aus, behördliches Verschulden hindert aber nicht.

c. Entscheidend für die rechtliche Würdigung ist daher die Beantwortung der Frage, ob die Absetzung der Siebentelbeträge eine vertretbare Rechtsansicht darstellt und zwar im Zeitpunkt der Übernahme der Unrichtigkeit (laut VwGH; aA s Ritz, aaO, Rz 4) und ob nähere Untersuchungen im Rechts- oder Tatsachenbereich notwendig waren.

Die Bw. verweist darauf, dass die Offenlegung des Abzugs der TWA-Siebentel schon in der Steuererklärung vom erfolgt sei. Das BMF habe zu diesem Zeitpunkt die Rechtsansicht der Bw. vertreten. Bedürfe es aber eines Aktes der Rechtsfindung, um von zwei oder mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz entsprechende zu erkennen, könne eine offensichtliche Unrichtigkeit ausgeschlossen werden. Das entspricht der VwGH-Judikatur: Unerheblich ist, ob es sich bei der Unrichtigkeit um einen falsch dargestellten Sachverhalt oder eine unrichtige Rechtsansicht handelt. Ebenso, ob es sich um eine Rechtsfrage handelt, die eine unterschiedliche Lösung denkbar erscheinen lässt oder nicht. Wesentlich ist, dass für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Erklärung geprüft hätte. Teilt aber die Abgabenbehörde selbst die unrichtige Rechtsauffassung, kann nicht gesagt werden, dass die Rechtswidrigkeit des Bescheides auf einer Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Kausal für die Rechtswidrigkeit ist in diesem Fall nicht der Inhalt der Abgabenerklärung, sondern die unrichtige Rechtsauffassung der Abgabenbehörde ().

d. Im gegenständlichen Fall stellen sich die Fakten im Zeitablauf wie folgt dar:

Am wurde jene Fassung der KStR veröffentlicht, nach der die Siebentel bei der übertragenden Gesellschaft verbleiben. Am erfolgte die Veröffentlichung der UmgrStR (Rz 1180), nach denen die TWA-Siebentel auf die übernehmende Körperschaft übergehen. Die alte KStR-Regelung wurde noch bis zum aufrechterhalten. Die Bw. übermittelte am die Steuererklärung für 2002 an das Finanzamt (Offenlegung der TWA-Siebentel), der Körperschaftsteuerbescheid für 2002 erging am .

Damit steht fest, dass sowohl im Zeitpunkt der Erklärungsabgabe, als auch im Zeitpunkt der Bescheiderstellung, zwei unterschiedliche BMF-Rechtsansichten (beide veröffentlicht im AÖFV) existierten. Auch wenn die Veröffentlichungen der Lehre in diesem Zeitraum die Rechtsmeinung einer Übertragung der Siebentel auf die aufnehmende Gesellschaft vertraten, ändert dies nichts daran, dass die Übernahme der Unrichtigkeit zum Zeitpunkt auf den divergierenden Rechtsauffassungen des BMF beruhte. Die Abgabenbehörde hätte nur durch ein längerwährendes Ermittlungsverfahren klären können, welche Rechtsansicht als die richtige anzusehen war. Dies wird schon dadurch bestätigt, dass die Großbetriebsprüfung nach längerer Prüfungsdauer im Jahr 2006 noch immer die veraltete Rechtsmeinung der KStR 2001 vertreten hat. Wenn selbst eine mehrjährige Betriebsprüfung in der Rechtsauffassung der Bw. keine unrichtige bzw. unvertretbare Rechtsauffassung erkennen konnte, so kann Gegenteiliges von einer nur die Akten würdigenden Veranlagung nicht erwartet werden. Die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung der Bw. war daher nicht offensichtlich.

Der Berufung gegen den Berichtigungsbescheid war demgemäß Folge zu geben. Damit erwächst der ursprüngliche Körperschaftsteuerbescheid (mit einem Einkommen von -15.940.266,20 € und einer Körperschaftsteuer von 0,00 €) wieder in Rechtskraft.

4. Bescheid nach § 295 BAO:

a. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2003 vom (Einkünfte aus Gewerbebetrieb - 24.622.890,18 €; Abgabengutschrift 399.419,25 €) wurde mit Bescheid gemäß § 295 Abs 1 BAO vom abgeändert (Einkünfte - 9.032.444,22 €).

Die Abänderung wurde mit dem Vorliegen von insgesamt fünf neuen Gewinn/Verlust-Anteilen begründet. Im Zuge der Bescheidänderung erfolgte auch eine Korrektur der zu Unrecht vorgenommenen Siebentelabschreibungen.

b. Gemäß § 295 Abs 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Die Änderung erfolgt unabhängig von der formellen Rechtskraft der zu ändernden Bescheide.

Bei Änderungen nach § 295 Abs 1 BAO kann der Bescheid nach jeder Richtung abgeändert werden (Ritz, BAO, § 295, Rz 8). Die Änderungen erfolgen zwingend, das heißt, es besteht kein Ermessen.

c. (1) Die Bw. hat gegen den Abänderungsbescheid nach § 295 BAO im wesentlichen dieselben Argumente vorgebracht, wie gegen die Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO. Es gelten daher die Ausführungen zu diesen Bescheiden auch in diesem Punkt. Dass die Abänderung nach § 295 BAO als solche wegen fehlender Voraussetzungen (zB keine Änderung des Grundlagenbescheides) nicht zulässig wäre, hat die Bw. nicht behauptet. Die Unzulässigkeit der Abänderung ist für den Unabhängigen Finanzsenat daher nicht erkennbar.

(2) Der Grundsatz von Treu und Glauben ist aus denselben Gründen nicht anwendbar. Die Normierung der Gesamtrechtsnachfolge ist eine nicht disponible Regelung des Gesetzgebers.

(3) Im übrigen ist festzuhalten, dass die im Rahmen der Prüfung des Ermessens zu beachtende Zweckmäßigkeit (siehe Ausführungen zu den Aufhebungsbescheiden nach § 299 BAO) und der Bezug auf § 236 BAO hier nicht zu untersuchen sind, weil keine Ermessensvorschrift gegeben ist. Es erübrigt sich damit ein Eingehen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung am .

Die Berufung war in diesem Punkt als unzulässig abzuweisen.

Beilage : 1 Anonymisierungsblatt

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Offensichtliche Unrichtigkeiten
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2008/05

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at