OGH vom 26.04.2017, 1Ob40/17i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. HoferZeniRennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. C***** H*****, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof und Dr. Damian GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch die Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 600.090 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 93/16f139, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 41 Cg 28/13w133, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Urteilsfällung – allenfalls nach Verfahrensergänzung – aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die beklagte Bank war Kreditgeberin einer GmbH. Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter dieses Familienunternehmens war ein Cousin des Klägers. Ende 2006/Anfang 2007 beschloss die GmbH aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, ihren Produktionsstandort in Österreich zu schließen und die Produktion ins Ausland zu verlegen; daher sollten Maschinen dieses Produktionsstandorts verkauft werden. Ende Mai 2007 betrug das Gesamtobligo der GmbH bei der Beklagten rund 8,3 Mio EUR, wobei die bestellten Sicherheiten mit knapp mehr als 4 Mio EUR bewertet wurden. Unter anderem standen Maschinen im Sicherungseigentum der Beklagten, die einen Erlös zwischen 600.000 EUR und 800.000 EUR erbringen hätten sollen. Da sich die Verhandlungen mit Kaufinteressenten länger hinzogen und die GmbH zur Überbrückung weitere Kreditmittel benötigte, die die Beklagte nur gegen weitere Sicherheiten gewähren wollte, wandte sich der Geschäftsführer im Juni 2007 an den Kläger, mit dem er nicht nur verwandtschaftlich verbunden, sondern auch gut befreundet war. Er fragte ihn, ob er für einen Überbrückungskredit in Höhe von 600.000 EUR eine Sicherstellung für die GmbH leisten könne, erteilte aber keine weitergehenden Informationen über die damalige tatsächliche wirtschaftliche Lage der GmbH. Der Kläger erkundigte sich auch nicht weiter danach, da ihm der Geschäftsführer vorschlug, „zu seiner Absicherung“ einen Kaufvertrag über drei Maschinen abzuschließen; dass diese Maschinen im Sicherungseigentum der Beklagten standen, wurde dem Kläger dabei verschwiegen. Am unterfertigten die beiden einen vom Geschäftsführer der GmbH formulierten Kaufvertrag über die Maschinen, in dem sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten „zur Sicherstellung des Kaufpreises“ eine Bankgarantie zu übergeben. Darüber hinaus wurde der GmbH das Recht eingeräumt, die Kaufobjekte an einen Dritten zu verkaufen, sofern dieser bereit ist, einen zumindest 5 % höheren Kaufpreis zu zahlen: für diesen Fall wurde dem Kläger eine Provision von 5 % des Kaufpreises zugesagt. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt Gesellschafter in mehreren Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Seine berufliche Haupttätigkeit war die Geschäftsführung in einer Hausverwaltung. Mit dem Unternehmen der GmbH hatte der Kläger geschäftlich nichts zu tun. Er fühlte sich lediglich aus familiären und aus freundschaftlichen Gründen dazu verpflichtet, der GmbH zu helfen, die der gemeinsame Großvater gegründet hatte. Seine Entscheidung war ihm auch dadurch leichter gemacht worden, dass ihm sein Cousin erklärte, dass er zu seiner Absicherung mit ihm einen Kaufvertrag über die Maschinen abschließen werde und er damit „kein Risiko eingeht“. Der Kläger war tatsächlich davon überzeugt, dass er bei der Übernahme einer Haftungsverpflichtung für den Überbrückungskredit wegen der ihm als Sicherheit dienenden Maschinen kein wirtschaftliches Risiko eingeht. Zudem wurde ihm vom Geschäftsführer der GmbH als äußerst wahrscheinlich dargestellt, dass es ohnehin zu einem Verkauf an einen Dritten zu einem besseren Preis kommen werde.
Anschließend wandte sich der Geschäftsführer an die Beklagte und teilte dieser mit, dass der Kläger bereit sei, für den erbetenen Überbrückungskredit eine Sicherheit zu stellen bzw für diesen zu haften; vom abgeschlossenen Kaufvertrag wurde die Beklagte nicht informiert.
Danach stellte der Geschäftsführer der GmbH den Kläger dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten persönlich als denjenigen vor, der als Mithaftender für den Überbrückungskredit in Frage käme. Nachdem zuerst die Heranziehung von Liegenschaften des Klägers als hypothekarische Sicherheit erörtert worden war, lehnte dieser Derartiges ab. Die konkrete wirtschaftliche Situation der GmbH war damals kein Gegenstand dieses Gesprächs. Die (richtig:) GmbH beantragte am einen neuen Kontokorrentkredit in Höhe von 600.000 EUR. In den internen Aufzeichnungen der Beklagten wird dieser „Finanzierungswunsch“ dahin beurteilt, dass es sich um ein risikoloses Geschäft für die Bank handelt und dennoch dem Kreditnehmer frische Liquidität zur Verfügung gestellt werden kann, sofern der Kläger eine ausreichende Sicherheit zur Verfügung stellt. Letzterer weigerte sich allerdings, detaillierte Informationen zu seinem Vermögen zu machen, bekräftigte aber seine grundsätzliche Bereitschaft, für den Überbrückungskredit zu haften bzw für diesen eine Sicherstellung zu gewähren. Er erklärte letztlich, er werde die Angelegenheit mit seiner eigenen Hausbank regeln und diese werde „garantieren, dass er für die Summe dieses Überbrückungskredits gutstehe“. Nachdem die beiden Banken untereinander den Text der Garantieerklärung – nach den Wünschen der Beklagten – ausgehandelt hatten, stellte die Hausbank des Klägers am über seinen Auftrag einen Bankgarantiebrief über 600.000 EUR aus und übermittelte diesen der Beklagten.
Als der Versuch, die an der österreichischen Produktionsstätte vorhandenen Anlagen und Gegenstände zu verkaufen, gescheitert war und der Kläger über Ersuchen des Geschäftsführers der GmbH eine Verlängerung der Bankgarantie bei seiner Hausbank erwirkt hatte, wurde am über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Danach kam es zu Verhandlungen zwischen den Rechtsanwälten der Streitteile und zu weiteren Verlängerungen der Geltungsdauer der Bankgarantie, wobei aber allen Beteiligten klar war, dass die Beklagte die Bankgarantie in Anspruch nehmen würde, wenn es vor Ablauf der jeweiligen Gültigkeitsdauer zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt. Tatsächlich nahm sie die Bankgarantie im Juli 2008 in Anspruch. Daraufhin wurde das Konto des Klägers bei seiner Hausbank unter Hinzurechnung geringfügiger Spesen mit 600.090 EUR belastet. Dieser beglich diese Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln (Verkauf einer „privaten“ Eigentumswohnung, restliche Rückzahlung in Raten).
Er begehrt nun die Zahlung von 600.090 EUR samt 6 % Zinsen seit , wobei er sich insbesondere auf eine Verletzung des § 25c KSchG durch die Beklagte beruft. Er habe im Rahmen seiner Interzession die Sicherheit ausschließlich aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses zum Geschäftsführer und Gesellschafter der Schuldnerin bestellt. Die Beklagte habe schon vor seiner Interzession volle Kenntnisse über die gesamte finanzielle und wirtschaftliche Situation der kreditnehmenden GmbH gehabt. Diese sei damals nicht, zumindest aber voraussichtlich nicht, in der Lage gewesen, ihren Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Beklagten in vollem Umfang nachzukommen. Die Beklagte habe über die wirtschaftliche Situation der GmbH Bescheid gewusst und ihn dennoch nicht über die schlechte wirtschaftliche Lage informiert. Spätestens Ende September 2007 sei sogar eine „insolvenzrechtlich relevante“ Überschuldung der GmbH vorgelegen.
Die Beklagte wandte – soweit dies unter Berücksichtigung der (unbekämpften) Feststellungen noch von Bedeutung ist – im Wesentlichen ein, § 25c KSchG sei schon deshalb nicht anwendbar, weil der Kläger nicht selbst eine Verbindlichkeit ihr gegenüber als Interzedent übernommen habe. Vielmehr habe er lediglich dafür gesorgt, dass sie die Garantie einer anderen Bank erhält. Damit hätten sie auch keine Informations oder Aufklärungspflichten gegenüber dem Kläger getroffen. Für sie habe auch nie der geringste Zweifel darüber bestanden, dass der Kläger über sämtliche wirtschaftliche Verhältnisse der GmbH vollinhaltlich informiert gewesen ist. Es handle sich beim Kläger um einen in Bankgeschäften überaus erfahrenen Geschäftsmann. Die Beauftragung der Garantie sei zweifellos in einem engen Zusammenhang mit seiner unternehmerischen Tätigkeit gestanden, womit kein Verbrauchergeschäft vorliege.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Übernahme der Haftung habe für den Kläger ein Verbrauchergeschäft dargestellt. Ein Bezug zu einer eigenen Unternehmenstätigkeit bestehe nicht. Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass er damals beabsichtigt hätte, in den Handel mit Foliermaschinen bzw Produktionsanlagen einzusteigen. Der Anwendungsbereich des § 25c KSchG solle sich aber auf Mitschuldner beschränken, die einer materiell fremden Verbindlichkeit beitreten. Personen, die gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als echte Mitschuld eingehen, seien hingegen nicht erfasst. In wessen Interesse die Übernahme einer Verbindlichkeit liege, sei aus der Sicht des Schuldners zu beurteilen. Der festgestellte Sachverhalt weiche vom „Normalfall“ einer Interzedentenhaftung dahin ab, dass der Interzedent nicht im unmittelbaren und direkten rechtsgeschäftlichen Kontakt mit der Gläubigerin bzw Kreditgeberin eine Bürgschafts oder Garantenerklärung abgegeben hat, sondern seine Hausbank mit der Erstellung einer Bankgarantie beauftragte. Weiters sei der Sachverhalt auch dadurch „wesentlich geprägt“, dass der Kläger gegenüber der Beklagten zu keinem Zeitpunkt offengelegt habe, dass er bereits einen direkten Kaufvertrag mit der GmbH über die Maschinen abgeschlossen hat, bis zu deren Verkauf eigentlich der Überbrückungskredit der Beklagten der GmbH Liquidität verschaffen sollte. Nach der vom Kläger mit der GmbH gewählten vertraglichen Konstruktion bedeute die Inanspruchnahme aus der Bankgarantie im Verhältnis zur GmbH die Leistung des Kaufpreises. Damit sei eine Interzedentenstellung des Klägers im Sinne des § 25c KSchG zu verneinen, habe er die Bankgarantie doch lediglich in Entsprechung seiner eigenen rechtlichen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag mit der GmbH und im Vertragsverhältnis zu dieser zur Sicherstellung des Kaufpreises übergeben.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Zur Vermeidung umfangreicher Wiederholungen könne auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Erstgerichts verwiesen werden. Eine Schadenersatzpflicht der Beklagten nach allgemeinen Grundsätzen könne schon deshalb nicht bestehen, weil diese (jedenfalls bis zur Konkurseröffnung) keine Kenntnis vom Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der GmbH gehabt habe. Im Verhältnis der Streitteile zueinander sei die Bankgarantie in keinem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag gestanden und habe dieser Vertrag keinerlei Einfluss auf die Rechtsstellung der Beklagten als Sicherungsnehmerin gehabt. Vielmehr sei die Bankgarantie im Verhältnis der Streitteile zur Besicherung des der GmbH gewährten Überbrückungskredits begeben worden. Wie bereits im ersten Rechtsgang ausgeführt, verbleibe als denkbare Anspruchsgrundlage nur die Vorschrift des § 25c KSchG. Der Anwendungsbereich dieser Norm beschränke sich allerdings auf „Mitschuldner“, die einer materiell fremden Verbindlichkeit (Übernahme einer Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse) beitreten. Personen, die gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als echte Mitschuldner eingehen, seien vom Anwendungsbereich des § 25c KSchG hingegen nicht erfasst. Hier habe das Erstgericht eine Interzedentenstellung des Klägers zutreffend mit dem Argument verneint, die Inanspruchnahme aus der Bankgarantie habe im Verhältnis zur GmbH die Leistung des Kaufpreises bedeutet. Bei genauer Betrachtung liege aber nicht einmal eine „Schuldübernahme“ vor. Bei der Zurverfügungstellung der Garantie an die Beklagte sei für den Kläger keineswegs der Beitritt zu einer Verbindlichkeit des Mitschuldners, Bürge oder Garant (Interzession) im Vordergrund gestanden, sondern die Erfüllung seiner Sicherstellungsverpflichtung hinsichtlich des Kaufpreises gemäß der entsprechenden Regelung im Kaufvertrag mit der GmbH. Dass die Verkäuferin ihrerseits (vereinbarungsgemäß) die Bankgarantie zur Sicherstellung eines ihr von der Beklagten gewährten Kredits verwendet habe und der Kläger die Bankgarantie an die Beklagte ausstellen habe lassen, ändere daran nichts. Durch die Bankgarantie habe der Kläger also keine materiell fremde Schuld übernommen, sondern eine materiell eigene erfüllt. Daher habe das Erstgericht im Ergebnis zu Recht – auf Basis des im zweiten Rechtsgang neu hervorgekommenen weiteren Sachverhalts – die Interzedentenstellung des Klägers gegenüber der Beklagten verneint. Damit komme es auch auf die Erkennbarkeit bzw Kenntnis der allfälligen schlechten wirtschaftlichen Situation der GmbH im Jahr 2007 bis zur „Errichtung“ der Bankgarantie Anfang Oktober 2007 durch die Beklagte nicht an. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs orientiert habe.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Bedeutung des zwischen dem Kläger und der GmbH geschlossenen (Kauf)Vertrags unrichtig beurteilt hat, und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Angesichts des festgestellten Sachverhalts kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Kläger gegenüber der Beklagten als Verbraucher gehandelt hat, stand doch die Beibringung einer Bankgarantie seiner Hausbank in keinerlei Zusammenhang mit einer eigenen unternehmerischen Tätigkeit. Eine sinngemäße Anwendung des § 25c KSchG auf den interzedierenden Pfandbesteller lehnt der Oberste Gerichthof vor allem mit dem Argument ab, bei bloßen Pfandbestellungen fehle es am Merkmal der massiven Überforderung, weil der Sicherungsgeber seinen Vermögenswert ja bereits habe und damit nicht seine Zukunft belaste (RISJustiz RS0116829; 9 Ob 85/02v = SZ 2002/80; 9 Ob 16/16b ua). Der erkennende Senat erachtet es aber als geboten, § 25c KSchG über seinen Wortlaut hinaus auf jene Fälle sinngemäß anzuwenden, in denen der interzedierende Verbraucher der Hauptverbindlichkeit nicht als „Mitschuldner, Bürge oder Garant“ unmittelbar beitritt, sondern eine Bankgarantie beibringt, die ihn im Falle ihrer Inanspruchnahme typischerweise insoweit finanziell belastet, als er für den (vertragsgemäßen) Aufwandersatzanspruch des Garanten mit seinem gesamten Vermögen haftet. Gerade vor der Übernahme derartiger Haftungsrisiken will § 25c KSchG einen Interzedenten schützen, der ohne eigene wirtschaftliche Interessen die „Mithaftung“ für den Hauptschuldner übernimmt. Die Behauptung der Revisionsgegnerin, der Kläger habe gegenüber der garantierenden Bank (auch?), mit einer Liegenschaft gehaftet, ist schon als unzulässige Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO) unbeachtlich.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entsprach die Situation für den Kläger genau jener, die der Gesetzgeber bei Schaffung des § 25c KSchG im Auge hatte. Die Annahme, für ihn sei nicht ein Einstehen für die GmbH als (künftige) Hauptschuldnerin im Vordergrund gestanden, sondern vielmehr die Erfüllung seiner Verpflichtungen (aus dem „Kaufvertrag“), trägt dem festgestellten Sachverhalt und den klar zum Ausdruck kommenden Interessen der Beteiligten nicht Rechnung. Wie unmissverständlich festgestellt wurde, stellte der „Kaufvertrag“ aus der übereinstimmenden Sicht des Klägers und des Geschäftsführers der GmbH ja keineswegs ein eigenes, primär angestrebtes Rechtsgeschäft dar, sondern sollte nur – als vermeintliche Sicherheit für den Kläger – unter der Voraussetzung Bedeutung haben, dass er die von der Bank verlangte Sicherheit für eine weitere Kreditaufnahme der GmbH bestellt. Der „Kaufvertrag“ – mag er auch zeitlich vorgezogen worden sein – war somit lediglich Folge der grundsätzlich erklärten Bereitschaft des Klägers, dem Gläubiger der GmbH ein Sicherungsmittel zur Verfügung zu stellen; er sollte seinen Rückgriff bei einer Inanspruchnahme dieser Sicherheit gewährleisten. Dass dem Kläger nicht bewusst war, dass der Vertrag in Wahrheit zur Erreichung dieses Sicherungszwecks – schon wegen des Sicherungseigentums der Beklagten an den Maschinen – nicht geeignet war, ist angesichts der eindeutig festgestellten Motivation der Beteiligten unerheblich. Zutreffend hat im Übrigen auch das Berufungsgericht hervorgehoben, dass diese Problematik im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten schon deshalb keine Bedeutung haben kann, weil Letztere von der Existenz dieses Vertrags keine Kenntnis hatte und der Kläger der Beklagten gegenüber ausschließlich als derjenige auftrat, der bereit war, für eine Sicherstellung des der GmbH zu gewährenden Überbrückungskredits zu sorgen (vgl nur RISJustiz RS0124086; 4 Ob 195/10w = RS0124822 [T1]).
Damit erweist sich aber die Auffassung des Berufungsgerichts als verfehlt, der Kläger habe mit der Bestellung der Bankgarantie in erster Linie eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt und damit primär eine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag erfüllt. Dieser diente ja– wie dargestellt – lediglich als (wenn auch ungeeignetes) Vehikel zur Absicherung von Rückforderungsansprüchen gegen die GmbH im Falle der Inanspruchnahme der Garantie und beruhte nicht etwa auf einem eigenen – von der Sicherstellung gegenüber der Beklagten unabhängigen – wirtschaftlichen Interesse des Klägers am käuflichen Erwerb bestimmter Maschinen und Anlagen.
Ist damit aber die Interzedentenstellung des Klägers im Sinne des § 25c KSchG zu bejahen, kommt es – entgegen der Auffassung der Vorinstanzen – eben doch darauf an, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Übernahme des Bankgarantiebriefs (und vor Auszahlung des Überbrückungskredits an die GmbH) im Sinne der Klagebehauptungen erkannte oder erkennen musste, dass die GmbH ihre (neue) Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Feststellungen dazu werden im fortzusetzenden Verfahren vom Erstgericht nachzuholen sein. Dieses wird zu beurteilen haben, ob dafür eine Verfahrensergänzung notwendig ist, oder die schon bisher gewonnenen Beweisergebnisse ausreichen. Sollte es das bisherige Parteienvorbringen zum maßgeblichen Beweisthema als nicht ausreichend betrachten, hätte es dies mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vorbringens zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00040.17I.0426.000 |
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