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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.07.2008, RV/2839-W/06

Antrag auf Aussetzung der Einhebung des gesamten Rückstandes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der R-KEG, vertreten durch HB, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk vom und betreffend Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO entschieden:

Die Berufung gegen den Bescheid vom wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Der Berufung gegen den Bescheid vom wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird insoferne abgeändert, als der Aussetzungsantrag gemäß § 212a Abs. 3 zweiter Satz BAO zurückgewiesen wird.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Berufungswerberin (Bw.) auf Aussetzung der Einhebung ab.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Bw. aus, dass die Berufungen wegen aufrechter Fristen noch nicht erledigt seien.

Die Berufungen vom seien wegen Fristversäumnis zurückgewiesen worden. Eine Fristversäumnis liege jedoch nicht vor, vielmehr sei dem Finanzamt ein Zustellmangel unterlaufen. Mittels eingeschriebenem Brief vom sei dem zuständigen Finanzamt eine umfassende Vollmacht zur steuerlichen und wirtschaftlichen Vertretung vorgelegt worden (Kopie mit Postaufgabeschein liege bei). Diese Vollmacht umfasse auch die Vollmacht zur Empfangnahme von Schriftstücken (Zustellvollmacht gemäß § 9 ZustellG). Da § 98 BAO hinsichtlich behördlicher Zustellungen auf das ZustellG verweise, gelte § 7 Abs. 3 ZustellG, wonach die Behörde, wenn ihr ein Zustellbevollmächtigter bekannt gegeben worden sei, nur mehr an diesen rechtswirksam zustellen könne.

Bereits durch die Zustellung der bekämpften Bescheide vom sowie der Abweisung der Fristverlängerungsanträge vom an den Vertretenen direkt habe das Finanzamt einen Zustellmangel im Sinne des § 7 ZustellG bewirkt. Durch die Zustellung an den falschen Adressaten habe die Hemmung des Fristenlaufes nicht beendet werden können. Am habe der steuerliche Vertreter und Zustellungsbevollmächtigte die Abweisung der Fristverlängerungsanträge von der Bw. tatsächlich erhalten. Damit sei eine Heilung des Zustellmangels im Sinne des § 7 Abs. 3 ZustellG eingetreten und der Fristenlauf wieder in Gang gesetzt worden. Damit ende die Berufungsfrist am bzw. am . Sohin seien die Berufungen fristgerecht eingebracht worden.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte die Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Ergänzend brachte die Bw. vor, dass in der Begründung der Berufungsvorentscheidung vom , womit die Berufung gegen die Zurückweisung der Berufung vom als unbegründet abgewiesen worden sei, ausgeführt werde, dass am die steuerliche Vertretung durch elektronischen Eintrag übernommen worden sei. Warum hier die Zustellvollmacht am Server des Bundesrechenzentrums nicht übernommen worden sei, bleibe ungeklärt und solle nicht Gegenstand dieser Ausführungen sein.

Weiters werde seitens des Finanzamtes ausgeführt, dass im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens am ausdrücklich vermerkt worden sei, dass keine Zustellvollmacht vorliege. Hiezu sei anzumerken, dass sich weder in der Niederschrift über die Schlussbesprechung noch im BP-Bericht ein derartiger Hinweis befinde.

Schließlich werde ausgeführt, dass der Vertreter der Bw. am auf elektronischem Weg die Zustellvollmacht angemerkt habe. Der Vertreter habe die Abweisung der Fristverlängerungsanträge am von der Bw. erhalten. Nachdem dieser Bescheid an die Bw. direkt adressiert gewesen sei, sei die Vermutung aufgekommen, dass das Finanzamt nicht registriert habe, dass der Vertreter auch Zustellungsbevollmächtigter sei, und habe dies von seiner Sekretärin am folgenden Tag überprüfen lassen. Daher sei erst hier der elektronische Eintrag gesetzt worden. Tatsache sei aber, dass bereits am mittels eingeschriebenem Brief die schriftlich erteilte Vollmacht an das Finanzamt übermittelt worden sei. Hiezu meine das Finanzamt lapidar, dass ein Postaufgabeschein nicht das Einlangen einer Vollmachtsurkunde inklusive Zustellvollmacht beim Finanzamt zu belegen vermöge. Das könne wohl nicht gängige Rechtspraxis sein, denn schließlich habe der Bürger keine andere Möglichkeit, Zustellungen nachzuweisen, und wozu gebe es dann das Institut der eingeschriebenen Postsendung, wenn es keine Beweiskraft hätte.

§ 81 BAO sehe weder eine Pflicht noch eine Obliegenheit vor, falsche Zustellungen zu reklamieren. Dieser Bestimmung könne allenfalls entnommen werden, dass ein Zustellbevollmächtigter für Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit namhaft zu machen sei, und dass solange an diesen zuzustellen sei, bis ein anderer Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht werde. Das sei am geschehen und weder das ZustellG noch § 81 BAO kenne ein Instut der Mängelrüge beim Zustellmangel. Das Vorliegen eines solchen sei einzig und allein nach objektiven Kriterien (falscher Adressat) zu beurteilen. Die Tatsache, dass falsche Zustellungen - wenn auch unter Verwunderung - geduldet würden, sei darin begründet, dass bis zur Zustellung der Abweisung des Fristverlängerungsantrags jeweils Heilung des Zustellmangels noch innerhalb der eigentlichen Fristen entstanden sei. Dieses Entgegenkommen der Bw. und ihres Vertreters nun zum Nachteil der Bw. auszulegen, indem eine legislativ nicht vorgesehene Mängelrüge konstruiert werde, erscheine doch fragwürdig.

Die Bw. beantrage daher die Feststellung, dass ein Zustellmangel vorgelegen und sohin kein Fristversäumnis eingetreten sei, und die Behandlung der ursprünglichen Berufungen.

Weiters stelle die Bw. den Antrag auf Aussetzung der Einhebung des gesamten Rückstandes (€ 391.648,55) gemäß § 212a BAO bis zur Erledigung der Berufung, da durch die positive Erledigung der Berufung der gesamte Rückstand ausgeglichen werde.

Das Finanzamt wies den Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung des gesamten Rückstandes mit Bescheid vom ab.

Mit Eingabe vom erhob die Bw. dagegen rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.

Gemäß § 212a Abs. 3 zweiter Satz BAO sind Anträge auf Aussetzung der Einhebung zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten.

Laut Aktenlage wurden die dem Aussetzungsantrag vom zugrundeliegenden Berufungen mit Bescheiden vom zurückgewiesen.

Nach einem Teil der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 212a BAO (Beschlüsse vom , 91/15/0011, , 90/15/0039, und , 94/15/0039) folgt aus § 212a Abs. 5 BAO dritter Satz, wonach anlässlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsentscheidung der Ablauf der Aussetzung zu verfügen ist, dass ab diesem Zeitpunkt entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides auch die Bewilligung der Aussetzung auf Grund eines bereits vorliegenden Antrages nicht mehr in Betracht kommt. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem gleichfalls zu § 212a BAO ergangenen Erkenntnis vom , 91/14/0164, bei gleichartigem Sachverhalt ausgesprochen, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Aussetzung der Einhebung diese ungeachtet der mittlerweile erfolgten Erledigung der maßgeblichen Berufungssache zu bewilligen und der Ablauf der Aussetzung gemäß § 212a Abs. 5 BAO zu verfügen ist, da der Antragsteller ansonsten nicht nur um den Zahlungsaufschub und dessen Wirkungen, sondern auch um die Erstreckung der Entrichtungsfrist gemäß § 212a Abs. 7 BAO und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Säumniszuschlag gemäß § 218 Abs. 4 BAO gebracht würde, doch schließt sich der Unabhängige Finanzsenat im gegenständlichen Fall der zuerst angeführten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes an.

Dies deshalb, da nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates entgegen der im angeführten Erkenntnis enthaltenen Begründung aus der Anordnung des § 212a Abs. 1 BAO, wonach die Höhe der auszusetzenden Abgabe von der Erledigung einer Berufung abhängen muss, aus dem Gesetz sehr wohl zu entnehmen ist, dass eine stattgebende Erledigung des Antrages nur bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die maßgebliche Berufung möglich ist. Zudem hätte die von der Bw. angestrebte Bewilligung der Aussetzung der Einhebung, da gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung zu verfügen gewesen wäre, der Bw. infolge der Bestimmung des § 212a Abs. 7 BAO keine andere Rechtsposition verliehen (vgl. ).

Mangels Darstellung der Ermittlung der für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbeträge wäre der Aussetzungsantrag vom zwar bereits aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen, doch wurde die Bw. nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () dadurch, dass er stattdessen abgewiesen wurde, in ihren Rechten nicht verletzt.

Die Darstellung der im Sinne der Bestimmung des § 212a Abs. 1 BAO in Betracht kommenden Abgabenbeträge hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () hinsichtlich jeder einzelnen Abgabe zu erfolgen. Unter dem Abgabenbetrag im Sinne des § 212 a Abs 3 zweiter Satz BAO in Verbindung mit dessen Abs. 1 kann nämlich nur eine durch Abgabenbescheid konkretisierte Abgabe, insoweit sie von einer Berufung gegen diesen Abgabenbescheid abhängt, nicht aber ein sich aus der Summe zeitraumbezogen (oder nach der Abgabenart) verschiedener, nach Ansicht des Abgabepflichtigen vorzuschreibender Abgaben und einer in einem Betrag angeführten (für verschiedene Abgaben erfolgten) Vorschreibung laut Buchungsmitteilung ergebender Differenzbetrag verstanden werden. Betrifft ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung verschiedene, mit gesonderten Bescheiden festgesetzte Abgaben, so ist daher hinsichtlich jeder einzelnen Abgabe der Betrag, dessen Aussetzung beantragt wird, darzustellen. Selbst wenn dem Finanzamt allenfalls die Ermittlung des gemäß § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages aus den Akten möglich ist, muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nach der ausdrücklichen Vorschrift des Abs. 3 zweiter Satz der genannten Gesetzesstelle die Darstellung der Ermittlung dieses Betrages bei sonstiger Zurückweisung bereits im Antrag enthalten sein.

Der Aussetzungsantrag vom , in dem die Aussetzung des gesamten Rückstandes beantragt wird, war somit gemäß § 212a Abs. 3 zweiter Satz BAO zurückzuweisen.

Ergänzend ist hinsichtlich der Beweiskraft eines Postaufgabescheines darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die Beweislast für das Einlangen eines Schriftstückes bei der Behörde den Absender trifft, wofür der Beweis der Postaufgabe nicht reicht ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aussetzungsantrag
Berufungserledigung
Darstellung der Ermittlung
Zurückweisung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at