Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 03.12.2012, RV/0772-L/12

Herabsetzung der Gegenleistung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Folgender unbestrittener Sachverhalt liegt vor:

Die Berufungswerberin erwarb mit Kaufvertrag vom die in Vertragspunkt I. näher umschriebene Liegenschaft EZ 604 Grundbuch N um dem vereinbarten Kaufpreis von insgesamt 3.247.200,00 €; die Grunderwerbsteuer wurde vom Schriftenverfasser selbst berechnet und entrichtet.

Mit Eingabe vom beantragte die Berufungswerberin die teilweise Rückerstattung der Grunderwerbsteuer in Höhe von 26.250,00 € mit der Begründung, dass der zugrundeliegende Kaufvertrag mit Vergleich vom teilweise aufgehoben wurde. Das diesbezügliche Gerichtsverfahren sei seit Juni 2012 gelaufen.

Die Ausfertigung des gerichtlichen Vergleiches (3 Cg xxx) vom war der Eingabe angeschlossen.

Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, dass die Herabsetzung der Gegenleistung nicht innerhalb von 3 Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld erfolgt sei.

Dagegen richtet sich die Berufung mit folgender Begründung:

Der zugrundeliegende Kaufvertrag wurde mit gerichtlichem Vergleich vom teilweise aufgehoben und die Berufungswerberin habe vom Kaufpreis 750.000,00 € zuzüglich USt zurückerhalten.

Da die tatsächlichen Mieteinnahmen nicht mit den vom Verkäufer versprochenen übereinstimmten, wurde ein Sachverständiger bestellt. Dieser Sachverständige habe den Wert der Liegenschaft mit 1,1 Mio. € geschätzt. Während der Befundaufnahme habe auch ein Teil des Objektes nach Behördenauflagen abgerissen werden müssen.

Die Klage wurde am eingebracht und aufgrund langwieriger Einsprüche der Gegenseite verzögerte sich das Verfahren, bis es am mit Vergleich beendet wurde.

Über Anfrage des Finanzamtes gab die Berufungswerberin an (zitiert aus einem Schreiben des Rechtsvertreters an Frau A):

Die Reduktion des Kaufpreises erfolgte auf Grundlage des am vor dem Landesgericht S geschlossenen Vergleiches.

Die Kaufpreisreduktion erfolgte gemäß § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte. Eine Anfechtung nach § 934 bedeutet, dass ein Vertrag dann aufgehoben wird bzw. werden kann, wenn eine objektive Inäquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, dh. der wahre Wert des Werkes Letten weniger als die Hälfte des von der A- GmbH bezahlten Kaufpreises beträgt.

Die Aufhebung eines Kaufvertrages kann vom Verkäufer nach § 934 ABGB abgewendet werden, wenn er das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgleicht.

Im konkreten Fall wurde den gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem am geschlossenen Vergleich dadurch Rechnung getragen, dass der im Kaufvertrag vom vereinbarte Nettokaufpreis um 750.000,00 € reduziert wurde. Der im Vertrag festgelegte Liegenschaftskaufpreis wurde insofern nach § 934 ABGB gesetzlich korrigiert (reduziert).

Das Finanzamt wies die Berufung als unbegründet ab, weil die Fristen des § 17 Abs. 3 GrEStG nicht gewahrt wurden.

Im Vorlageantrag wird insbesondere auf § 934 ABGB verwiesen, wonach das Gesetz dem verletzten Vertragsteil einräume, die Aufhebung des Vertrages und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Das Geschäft könne aber durch Leistung bis zum gemeinen Wert aufrechterhalten werden.

Die Aufhebung des Vertrages wirke ex nunc, die Werte seien für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festzustellen. Sie könne entweder auf eine Fehlbewertung einer Leistung oder auf eine Fehleinschätzung der Beschaffenheit der Sache zurückgeführt werden, die zu einer falschen Bewertung durch die Partei geführt habe.

Das Rechtsmittel der laesio enormis (§ 934 ABGB) müsse gemäß § 1487 ABGB innerhalb von 3 Jahren ab Vertragsabschuss gerichtlich geltend gemacht werden.

§ 17 Abs. 3 Z 2 GrEStG ermögliche eine Herabsetzung der Steuer bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 932 und 933 ABGB innerhalb von 3 Jahren nach dem Entstehen der Steuerschuld. Die analoge Heranziehung des § 934 ABGB auf die angeführte Z 2 sei geboten.

Außerdem musste die laesio enormis gerichtlich geltend gemacht werden. Die Einbringung der Klage erfolgte am , das Gutachten, aus dem hervorgehe, dass die Voraussetzungen des § 934 ABGB vorliegen, lag am vor, infolge von Verzögerungen wurde das Gerichtsverfahren erst mit Vergleich vom beendet.

Im Berufungsverfahren wurde von Amts wegen in den Akt des LG S Einsicht genommen, aus dem Akteninhalt ergibt sich:

Die Klage (wegen Vertragsaufhebung) wurde am bei Gericht eingebracht.

In der Klage wird ausgeführt (in der Folge sind die Klagepunkte auszugsweise und verfahrensrelevant dargestellt):

(Klage Punkt 5.) In dem - ersten - Gutachten stellte der Sachverständige fest, dass der Wert des Werkes L zum Stichtag des Kaufvertragsabschlusses einen Verkehrswert von maximal 1,1 Mio. € aufwies. Der gemeine Wert des Werkes betrug daher im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse bloß in etwa 40 % des tatsächlich bezahlten Kaufpreises.

(Punkt 6.): Vor dem Hintergrund, dass das Werk L im Jahr 1997 von den Beklagten zu einem Kaufpreis von rund 8,95 Mio. S, sohin in etwa einem Fünftel des von der klagenden Partei bezahlten Kaufpreises und in etwa der Hälfte des vom Sachverständigen elf Jahre später festgestellten Verkehrswertes erworben wurde, informierte der Rechtsvertreter der klagenden Partei die Beklagten, dass die klagende Partei eine Anfechtung des Vertrages nach § 934 ABGB beabsichtigt.

(Punkt 7.) Beauftragung eines zweiten unabhängigen Gutachters durch die klagende Partei.

Wie schon der erste Sachverständige wurde auch der zweitbeauftragte Gutachter ausdrücklich ersucht, bei mehreren Bewertungsmöglichkeiten jeweils jene Variante oder Bewertungsmethode zu wählen, welche die für die klagende Partei ungünstigste Bewertung ergibt. Dem Gutachter wurde somit explizit aufgetragen, ein Gutachten mit der größtmöglichen Sicherheit für die klagende Partei zu erstatten.

In seinem Gutachten vom Mai 2010 gelangte der gerichtlich beeidete Sachverständige zu einem Verkehrswert von rund 1 Mio. €.

(Punkt 10.) Irrtum

Die klagende Partei ging - insbesondere auf Grund der ausdrücklichen Zusicherungen des Zweitbeklagten - davon aus, dass das Werk L den von den Beklagten wesentlich höher dargelegten technischen Standard aufweist. Dies entsprach jedoch bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht den Tatsachen.

All die zugesicherten Tatsachen lagen nicht vor. Beim Irrtum über diese Eigenschaften handelt es sich um einen wesentlichen Geschäftsirrtum, der die klagende Partei zur Anfechtung des Kaufvertrages berechtigt.

Punkt 14.) Anspruchsgrundlage

Die geltend gemachten Ansprüche stützen sich auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere § 934 und § 871 ABGB.

Das Urteilsbegehren lautete:

1. Die zwischen der klagenden Partei und der Erst- und dem Zweitbeklagten am geschlossenen Kaufverträge ... werden aufgehoben.

2. Die Beklagten sind schuldig, ... die Prozesskosten zu bezahlen.

Das Verfahren wurde durch den in der mündlichen Verhandlung vom geschlossenen bedingten Vergleich beendet, welcher (soweit maßgebend) lautet:

Die Parteien vereinbaren eine Reduzierung des Nettokaufpreises der streitgegenständlichen Liegenschaft um 750.000,00 €.

Mit Eingabe vom hat die Berufungswerberin den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Verfahrensgegenständlich ist ausschließlich, ob im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages auf Steuerherabsetzung die 3-Jahresfrist nach § 17 Abs. 3 GrEStG gewahrt ist. Fest steht jedenfalls, dass die Klage vor Ablauf der Frist bei Gericht eingebracht und der Vergleich mehr als 3 Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages geschlossen wurde.

Daher kommt unter anderem der Frage, ob ein bei Gericht anhängiges Verfahren diese Frist "verlängert" oder nicht, entscheidende Bedeutung zu.

§ 17. (1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird,

4. wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.

(2) Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1, 2 und 4 sinngemäß.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird die Steuer auf Antrag auf Herabsetzung entsprechend festgesetzt,

1. wenn die Herabsetzung innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet,

2. wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund der §§ 932 und 933 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

(5) Anträge nach Abs. 1 bis 4 sind bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.

§ 1380 ABGB lautet: Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich.

Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurteilt.

Gegenstand eines Vergleiches können strittige oder zweifelhafte Rechtsverhältnisse aller Art sein. Strittig bzw. zweifelhaft ist ein Recht, wenn die Parteien uneinig sind, ob oder in welchem Umfang ein bestimmtes Recht entstanden ist oder nicht besteht, wobei die Differenzen gegenwärtige wie zukünftige Rechts- oder Tatfragen betreffen können. Die ist rein subjektiv aus der Sicht der Parteien zu beurteilen, selbst wenn deren Standpunkte objektiv unzutreffend sind.

Ein Vergleich liegt vor, wenn die Parteien strittige oder zweifelhafte Rechte durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen, indem sie eine neue, eindeutige Verbindlichkeit festsetzen. Die Wirksamkeit des Vergleiches ist mit seinem Abschluss anzusetzen.

Die Streitanhängigkeit bei Gericht ist keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vergleiches.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet das Folgendes:

Die Berufungswerberin hat am den Vergleich unterfertigt, in welchem der verminderte Kaufpreis vereinbart wurde und damit die Grundlage für die allfällige Änderung der Grunderwerbsteuer geschaffen.

Fraglich ist, ob die 3-Jahresfrist des § 17 Abs. 3 GrEStG gewahrt ist. In diesem Fall wird die Steuer auf Antrag entsprechend herabgesetzt, wenn die Herabsetzung innerhalb von 3 Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet.

Die Steuerschuld entsteht, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist (§ 8 Abs. 1 GrEStG), sie ist also mit dem Abschluss des Kaufvertrages am entstanden; das hat zur Folge, dass die Herabsetzung des Kaufpreises bis zum hätte erfolgen müssen. Unzweifelhaft hat sie mit Vergleichsabschluss am stattgefunden, weshalb die Herabsetzung außerhalb der 3-Jahresfrist erfolgt ist. Die Herabsetzung nach Z 1 des § 17 Abs. 3 GrEStG kann somit nicht stattfinden.

Zur Z 2 der letztgenannten Bestimmung ist auszuführen, dass diese - wie die einvernehmliche Vertragsaufhebung oder die Aufhebung nach § 934 ABGB nach einem gerichtlichen Verfahren - innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist erfolgen muss, sie beträgt gemäß § 933 ABGB 3 Jahre.

Der Anspruch auf Aufhebung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes im Sinne des § 934 ABGB muss, vom Fall einer Übereinkunft der Parteien abgesehen, gerichtlich durch Klage oder Einrede geltend gemacht werden. Nicht schon die Erklärung des Verletzten, sondern erst das rechtsgestaltende Urteil des Gerichtes hebt den Vertrag auf (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 561; Koziol-Welser, Grundriß8 I 258; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 16 zu § 934; Rz 1973/119; SZ 55/21 ua.), und zwar rückwirkend (vgl. dazu Dittrich - Tades, ABGB, E 14 - 16 zu § 934).

Die Berufungswerberin hat im gerichtlichen Verfahren (vgl. das Urteilsbegehren) ihre Ansprüche auf jegliche denkbare Rechtsgrundlage gestützt; das Verfahren wurde durch Vergleich beendet, sodass hier nur die Vergleichswirkungen maßgebend sind. Im Vergleich wurde der Kaufpreis um 750.000,00 € (zuzüglich USt) herabgesetzt.

Über das Klagebegehren, dessen Rechtmäßigkeit und sonstige Rechtsfragen wurde vom Gericht nicht entschieden; im Hinblick auf die 3-Jahresfrist des § 17 Abs. 3 kommt es ohnehin (nur) auf den Umstand an, dass das den Anspruch begründende Rechtsgeschäft innerhalb dieser Frist geschlossen wurde bzw. in einem gerichtlichen die rechtswirksame Entscheidung innerhalb dieser Frist ergangen ist.

Die Verfahrensvorschriften unterscheiden zwischen gesetzlichen und behördlichen Fristen; dies hat vor allem für die Verlängerbarkeit Bedeutung. Gesetzliche Fristen sind nach § 110 Abs. 1 BAO nur dann verlängerbar, wenn dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist.

Bei der Frist zur Einbringung beispielsweise eines Vorlageantrages handelt es sich um eine Fallfrist (siehe Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, 3. Aufl., Wien 2005, Tz 3 zu § 108), ebenso bei der Frist nach § 17 GrEStG.

Die Versäumung einer solchen Frist hat den Untergang, dh. den Verlust des fristgebundenen Rechts zur Folge (siehe Stoll, BAO-Kommentar, Wien 1994, S. 1178). Dies bedeutet auf den gegenständlichen Fall bezogen, dass die Berufungswerberin mit fruchtlosem Ablauf der Frist ihr Recht auf Stellung des entsprechenden Antrages verwirkt hat. Der Abgabenbehörde ist es verwehrt, in einem solchen Fall irgendwelche Ermessensüberlegungen anzustellen.

Zur Fallfrist hat allerdings der VfGH im Erkenntnis vom , G 291/94 ausgeführt (Anm.: In diesem Fall handelte es sich um eine einjährige Frist in Enteignungsverfahren nach der Wiener Bauordnung):

Die dem früheren Eigentümer offenstehende Frist, deren Lauf nicht etwa durch die Kenntnis maßgeblicher Umstände, sondern bereits durch deren objektives Vorliegen ausgelöst wird, muss in einem angemessenen Verhältnis zu jenen insgesamt längeren Zeiträumen stehen, die der Enteignungswerber zur Realisierung seines Vorhabens zur Verfügung hat; die im zweiten Satz des § 45 Abs. 2 Wr BauO 1930 festgelegte einjährige Frist (obgleich sie bei isolierter Betrachtung sogar als lang erscheinen mag) ist im Hinblick darauf unverhältnismäßig kurz, da sie dem Enteigneten nicht die Möglichkeit sichert, einen allfälligen Rückübereignungsanspruch wirksam geltend zu machen.

Gegen eine Befristung des Rückübereignungsanspruchs an sich besteht aber schon aus Gründen der Rechtssicherheit kein verfassungsrechtlicher Einwand (siehe E v. , G233, 235/93). Die in Prüfung stehende Gesetzesvorschrift war sohin als verfassungswidrig aufzuheben, weil sie den an einen Anspruch auf Rückübereignung wegen Nichtverwirklichung des Enteignungszwecks nach Art. 5 StGG zu stellenden Anforderungen nicht entspricht.

Der VfGH hat also zum Ausdruck gebracht, dass gegen eine Befristung grundsätzlich keine verfassungsmäßigen Bedenken bestehen. Ist aber ein möglicherweise nicht vorhersehbarer Verfahrensablauf (Erkennen des Sachmangels erst zum Ende der Gewährleistungsfrist, Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage, finanzielles Risiko, längeres gerichtliches Verfahren) gegeben, so mag auch die dreijährige Fallfrist des § 17 GrEStG unverhältnismäßig kurz sein, den Herabsetzungsanspruch durchzusetzen. Das Stellen des Antrages alleine reicht nämlich nicht aus, es müssen die Voraussetzungen für die Herabsetzung der Abgabe gegeben sein (allenfalls gerichtliche Entscheidung), auf deren Wirksamkeit die werbende (klagende) Partei möglicherweise keinen Einfluss hat.

Der Unabhängige Finanzsenat ist in seiner Rechtsprechung nach Art. 18 B-VG an die Gesetze gebunden; eine allfällige Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht im Rahmen eines Berufungsverfahrens zu prüfen.

Eine Bescheidänderung nach § 295a BAO ist ebenso unzulässig:

Gemäß § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Ereignisse iSd § 295a BAO sind sachverhaltsändernde Vorgänge, von denen sich - aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften - eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergibt (vgl. ).

§ 295a BAO erfasst somit abgabenrelevante Sachverhalte, die nach Entstehung der Steuerschuld eintreten, jedoch Bestand und Umfang der Abgabenschuld an der Wurzel ihrer Entstehung berühren. Der abgabenrelevante Sachverhalt muss sich in die Vergangenheit in der Weise auswirken, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhaltes nunmehr ein veränderter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde zu legen ist (vgl. neuerlich das angeführte Erkenntnis vom ).

Im gegenständlichen Fall ist jedoch die Herabsetzung des Kaufpreises durch den Vergleichsabschluss kein zum erstmaligen Entstehen der Steuerschuld (die mit Kaufvertrag vom entstanden ist) abänderndes Ereignis, sondern allenfalls der Vergleichsabschluss; dieser hatte jedoch keine grunderwerbsteuerrechtliche Auswirkung auf den ursprünglichen Kaufvertrag.

Die Unanwendbarkeit des § 295a BAO ergibt sich jedoch aus Abgabenvorschriften, welche die abgabenrechtliche Bedeutung von Ereignissen für das Jahr des Eintrittes normieren, wie dies für Nachversteuerungs- und Nacherhebungstatbestände gilt.

Soweit ein spezieller Verfahrenstitel in einer Abgabenvorschrift zur nachträglichen Berücksichtigung eines nach Entstehung des Abgabenanspruches eingetretenen Ereignisses, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat, anwendbar ist, so hat dieser Titel Vorrang vor der auf § 295a BAO gestützten Abänderung. So ist insbesondere nicht erkennbar, dass durch § 295a BAO etwa den einzelnen Tatbeständen des § 17 GrEStG, welche Bestimmung im Abs. 4 auch den Verfahrenstitel für die Steueränderung (-aufhebung) enthält, derogiert werden sollte.

Über die Berufung ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Herabsetzung der Gegenleistung
gerichtlicher Vergleich

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at