Sicherstellungsauftrag und Aufgliederung der Abgabenforderungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Aviso Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungs GmbH, Mosetiggasse 1, 1230 Wien, und Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Sicherstellungsauftrag 2019 zur Steuernummer 16-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Das Finanzamt Baden Mödling (belangte Behörde) begann bei der Beschwerdeführerin am mit einer abgabenbehördlichen Prüfung und einer Nachschau für die Jahre 2015-2019. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom und im Bericht über die Außenprüfung vom ist angeführt, dass diverse Vorsteuern und Betriebsausgaben nicht anerkannt werden können und bislang nicht erfasste Umsätze der Besteuerung unterzogen werden. Den größten Teil der Niederschrift über die Schlussbesprechung nehmen Feststellungen im Zusammenhang mit dem Firmensitz wie folgt ein:
"Tz. 1 Firmensitz ***Ort1***
Die Firma ***Bf1*** hat beim Firmenbuch am beim Handelsgericht den Antrag auf Sitzverlegung von ***Ort1*** nach ***Ort2*** und am auf ***Ort3*** eingebracht. Am wurde die Sitzverlegung von 1010 Wien nach ***Ort4*** beim Firmenbuch eingebracht.
Im Rahmen der BP wurde auf der Adresse ***Ort1*** (Gewerbeareal) eine Besprechung abgehalten und der Geschäftsführer und Gesellschafter, Herr AB zu den Investitionen auf dieser Adresse befragt. Dabei war auch Herr CD anwesend. Im Rahmen dieser Besprechung wurden Fotos von der Liegenschaft angefertigt. Bei der Einfahrt befindet sich kein Hinweis auf die Firma ***Bf1_alterName***. Vielmehr sind zwei Hinweisschilder auf CD Baukoordinator bei der Einfahrt angebracht. Lediglich am Ende der Liegenschaft, beim Zugang auf ein Bürogebäude, gibt es eine Glastafel, auf der sowohl die Firma CD als auch ein Logo der Firma ***Bf1*** ersichtlich ist. Die Liegenschaft wird augenscheinlich und mehrheitlich von der Firma CD genutzt. Am Freigelände sind Fahrzeuge der Firma CD abgestellt, sowie diverse Paletten und Gerüste gelagert. Im Bürogebäude selbst ist die Firma CD mit Personal präsent. Auch eine Person einer Drittfirma hat im Laufe der Besichtigung einen Schreibtisch genutzt. Die Besprechnung hat in einem Besprechnungsraum stattgefunden. Lediglich im Obergeschoß gab es einen Hinweis auf die Firma ***Bf1***. Da war ein kleines Büro mit Ordnern der Firma ***Bf1***. Die Firma ***Bf1*** vermietet verschiedenste Fahrzeuge an die Firma CD.
Die Firma ***Bf1*** zahlt für diesen Standort immer noch Miete (lt. Rechnungen hauptsächlich für Freiflächen und eine Wohnung in der ***Ort5*** Str. und erzielt anderseits Mieterlöse von der Firma CD.
Mietverträge konnten für diese Aufwände und Erträge nicht vorgelegt werden. In der Buchhaltung befinden sich viele große Rechnungen mit einer mangelhaften Leistungsbeschreibung für den Standort ***Ort1***. Im Rahmen des Augenscheins am in ***Ort1*** und der Befragung von Herrn AB konnte zu keiner dieser Rechnungen eine plausibel Erläuterung der Leistungen abgegeben werden.
Im Umkehrschluß wurde von der BP die Frage nach Investitionen und Instandhaltungsaufwendungen für den Standort gefragt. Dabei wurden 8 Bautätigkeiten (Terrasse, Glasgeländer, Stiegenaufgang, Boden Epoxy, Platz befestigt, Boxen, Container, Sanitärräumlichkeiten) genannt. Bei der Besprechnung waren sich Herr AB und Herr CD nicht einig, wer für die Kosten aufgekommen ist. Es konnte nicht geklärt werden, ob die verrechneten Leistungen überhaupt stattgefunden haben, zumal die Firmen, die die Kosten in Rechnung gestellt haben, steuerlich und teilweise auch im Firmenbuch als Scheinfirmen gelten. Nähere Erläuterungen dazu untenstehend.
Es wurde nicht dargelegt, ob überhaupt Mieterinvestitionen zulässig waren und was passiert wenn die Firma ***Bf1*** das Mietverhältnis kündigt. Dies entspricht nicht der Vorgehensweise eines ordentlichen Kaufmannes und der normalen Lebenserfahrung. Es fehlen in diesem Zusammenhang entsprechende zivilrechtliche Verträge und Vereinbarungen um den betrieblichen Zusammenhang herzustellen. Daher sind Aufwände und Vorsteuern in diesem Zusammenhang mangels genauer Leistungsbeschreibung und Nachweis der betrieblichen Veranlassung sowie Zugehörigkeit nicht anzuerkennen.
Übersicht der einzelnen Firmen:
GH
Bei der Firma GH hat es am einen Gesellschafter/Geschäftsführerwechsel samt Sitzverlegung gegeben. Am wurde das Konkursverfahren eröffnet und am wurde dem Firmenbuch die Auflösung der Firma aufgrund des Konkursverfahrens bekannt gegeben. Drei Rechnungen über € 7.000,--, € 6.000,-- und € 5.000,-- zzgl. jeweils € 1.400,--, € 1.200,-- und €1.000,--Vorsteuer sind in der Buchhaltung mit K119 am erfasst. Die Bezahlung erfolgt bar. Herr AB konnte dazu, wie auch zu allen anderen Rechnungen keine Auskunft geben und Herr CD meint, dass es sich um die Kanalbauarbeiten bis zum Hebewerk des Kanals gehandelt haben könnte. Die Leistungsbeschreibung auf der Rechung spricht pauschal von Kanal-, Wasser- und Stromzuleitungen. Es ist anzunehmen, dass die Strom- und Wasserzuleitungen zu diesem Zeitpunkt sicher schon bestanden haben. Zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung hatte die Firma ***Bf1*** an der Adresse ***Ort1*** keinen Firmensitz.
Korrektur Aufwand 2015 € 18.000,--
Korrektur Vorsteuer 2015 € 3.600,--
IJ
Zu dieser Firma gibt es bereits am einen Vermerk im System der Finanz, dass diese Firma Scheinrechnungen ausstellt und als Betrugsfirma gilt. Am gab es im Firmenbuch sowohl eine Sitzverlegung als auch einen Gesellschafter und Geschäftsführerwechsel. Die Rechnung in der Buchhaltung stammt vom . Sie wurde auf einen VBLK Konto mit dem Namen "KL" verbucht und am beglichen. Der Stempel auf der Rechnung weißt eine alte Adresse mit KL_Adr aus. Am wurde über das Unternehmen ein Konkursverfahren eröffnet und am ist beim Firmengericht die Mitteilung über die Auflösung der Gesellschaft wegen Konkurseröffnung eingelangt. Der Gesellschafter/Geschäftsführer (bis ) Herr KL_Gf scheint im Firmenbuch bei 7 Firmen auf (6 davon sind gelöscht). Als Leistungsbeschreibung steht auf der Rechnung Bauarbeiten im Büro und Lager. Der Aufwand wurde aktiviert. Die Rechnung wird als Scheinrechnung klassifiziert, weil der betriebliche Zusammenhang im Rahmen der Außendiensthandlung nicht hergestellt werden konnte. Der Aufwand für Abschreibungen wird außerbilanzmäßig korrigiert und die Vorsteuer nicht anerkannt. Die Abschreibungen iHv. 1.500,-- sind auch in den Folgejahren nicht absetzbar.
Korrektur Aufwand 2016 € 1.500,--
Korrektur Aufwand 2017 € 1.500,--
Korrektur Vorsteuer 2016 € 3.000,--
MN
Die Firma MN Handels- und TransportgmbH hat im Firmenbuch bereits am einen Vermerk, dass es sich um ein Scheinunternehmen handelt. Seitens des Finanzamtes wurde die UID Nummer bereits am begrenzt. Die vorgelegten Rechnungen tragen eine andere Firmenbezeichung als im Firmenbuch (Firmenbuch: MN; Rechnungskopf: MN_Bau) Der Geschäftsführer der Firma ***Bf1*** kann keine Ansprechpersonen der Firma MN nennen. Die vorgelegten Unterlagen betreffend Anmeldungen bei der GKK wurden überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass alle Sozialversicherungsnummern auf den vorgelegten Anmeldungen ungültig waren und es sich somit um gefälschte Dokumente handelt.
Der Aufwand wurde 2016 abgegrenzt und im Zuge der Erklärungsprüfung bereits korrigiert. Die Rechnungen stammen vom 3. und . Durch die BP wird die geltend gemachte Vorsteuer versagt.
Korrektur Vorsteuer 2017 RE 128 und Re 82 €12.360,--
OP
Die Firma ist unter einem anderen Namen im Firmenbuch eingetragen (OP_anderer_Name). Die Firma wurde am im Firmenbuch gelöscht nachdem das Insolvenzverfahren mangels Vermögen nicht eröffnet wurde. Der Aufwand wurde 2016 abgegrenzt und im Zuge der Erklärungsprüfung bereits korrigiert. Die Rechnung stammt vom . Die Vorsteuer wird durch die BP nicht anerkannt.
Korrektur Vorsteuer 2017 € 1.666,67
QR
Zu dieser Firma wurden keine Unterlagen vorgelegt. Im Firmenbuch steht am ein Vermerk, dass es sich bei dieser Firma um ein Scheinunternehmen handelt. Die UID Nummer wurde am begrenzt und das Konkursverfahren wurde am mangels Vermögen nicht eröffnet. Der Aufwand wurde 2016 abgegrenzt und im Zuge der Erklärungsprüfung bereits korrigiert. Die Rechnungen stammen vom . Die Vorsteuer wird durch die BP nicht anerkannt.
Korrektur Vorsteuer 2017 € 6.000,--
ST
Bei der Firma ST hat es in den Jahren 2017 und 2018 sowohl einen Wechsel der Firmensitzadresse als auch einen Mehrfachwechsel bei den Gesellschaftern und Geschäftsführer gegeben.
Die Rechnungen der Firma ST (Wortlaut lt. Firmenbuch = ST) aus dem Jahr 2017 tragen bereits eine Adresse ST_Adr. Im Firmenbuch wurde diese Adresse allerdings erst am eingetragen. Bis war der Firmensitz in der ST_Adr_alt1, 1170. Vom bis steht im Firmenbuch die Adresse ST_Adr_alt2.
Im Rahmen der Besprechnung vom wurde Herr AB zur Firma und den Ansprechpersonen bzw. zur Geschäftsfallanbahnung befragt und konnte dazu keine Angaben machen. Herr CD sagte Ansprechpartner wäre ein gewisser Herr Dragan gewesen. Nachdem Herr CD den Besprechungsraum verlassen hat ist er mit einem kleinen Notizzettel gekommen und hat als Geschäftsführer Herrn UV bekannt gegeben. Laut Auskunft sollen die Leistungen das Bauvorhaben in Ort6 betreffen. Dieses Grundstück hat vom bis Frau CD gehört. Zu Gunsten von Herrn CD gab es ein eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot. Die Baubewilligung für die Sanierung des Gebäudes auf dem GST ***GSt1*** erging am .
Im Jahr 2018 wurde im Rahmen einer Prüfungsmaßnahme festgestellt, dass der Geschäftsführer der Firma ST nicht erreichbar ist. Dies deckt sich mit Aussagen von Herrn CD, dass auch er immer nur Kontakt mit einem gewissen Herrn "Dragan" hatte. Die Überweisungen ab gehen auf ein Bankkonto (IBAN AT***1), das auf den Rechnungen der Firma ST nicht angeführt ist.
Die im Ermittlungsverfahren vorgelegten Meldungen von Arbeitnehmern der Firma ST wurden durch die BP überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die Arbeitnehmer nur 2 Tage angemeldet waren. Mit den angemeldeten Personal konnte die Firma ST die Arbeiten nicht durchführen. Die Rechnungen werden als Scheinrechnungen klassifiziert, weil die Firma ST gar nicht über entsprechendes Personal verfügt hat um die Leistungen zu erbringen. Außerdem gab es für die Aufwände keine zivilrechtliche Vereinbarung für Mieterinvestitionen und somit keine betriebliche Veranlassung durch die Firma ***Bf1*** im Jahr 2017. Mangels Verträgen ist es unklar, ob 2017 das Gebäude überhaupt noch durch die Firma ***Bf1*** gemietet war, weil die Rechungen für den Mietaufwand für das Büro nur noch € 100,-- mtl betragen. 2018 wurden die in Rechnung gestellten Leistungen auch von der Firma CD verrechnet. D. h. der Aufwand iHv. € 89.760,-- ist auch im Zuge der Jahreserklärung 2018 nicht absetzbar. Durch die BP wird der Aufwand nicht anerkannt. Nachdem auch der Empfänger der Geldbeträge gem. § 162 BAO nicht eindeutig genannt werden konnte und die Überweisungen teilweise auf ein Konto gehen, das auf den Scheinrechnungen der Firma ST nicht angeführt ist, wird zusätzlich noch gem. § 22(3) KSTG der Zuschlag zur Körperschaftssteuer vorgeschrieben. Die Abschreibungen aus der Rechnung AR 426 iHv. € 4.000,-- sind auch in den Folgejahren nicht absetzbar.
Korrektur Vorsteuer 2017 ER 426 und ER 4 54 € 13.150,60
Korrektur Vorsteuer 2018 ER 21, ER 59, ER 99 € 24.904,--
Korrektur Aufwand 2017 € 64.513,--
Zuschlag Körperschaftssteuer € 64.513,--
XY
An der auf den Rechnungen angegebene Adresse ist die Firma behördlich unbekannt und lt Firmenbuch nicht erreichbar. Außerdem ist das am eingeleitete Insolvenzverfahren mangels Vermögen eingestellt und die Firma mittlerweile () im Firmenbuch gelöscht. 2018 wurden die in Rechnung gestellten Leistungen auch von der Firma CD verrechnet. Die vorgelegten Rechnungen im Nachschauzeitraum tragen den Firmenwortlaut "XY_alt". D. h. der Zusammenhang zwischen Firmenbuch, ATU-Nummer und Adresse kann nicht hergestellt werden und daher kann die geltend gemacht Vorsteuer nicht anerkannt werden. Die Rechnungen werden als Scheinrechnungen klassifiziert. Der Aufwand iHv. 95.000,-- darf im Zuge des Jahresabschlusses nicht geltend gemacht werden.
Korrektur Vorsteuer 2018 € 19.000,--
ZA
Die Firma ist bereits im Firmenbuch gelöscht. Die vorgelegten Anmeldungen von Arbeitern bei der GKK wiesen ungültige Versicherungsnummern auf. Die vorgelegten Dokumente waren gefälscht. Die verrechneten Leistungen wurden auch von der Firma CD verrechnet. Die Rechnungen werden daher als Scheinrechnungen klassifiziert und die Vorsteuer ist nicht abzugsfähig. Der Aufwand iHv. 7.833,33 darf im Zuge des Jahresabschlusses nicht geltend gemacht werden.
Korrektur Vorsteuer 2018 € 1.566,67
CDZBZ
Von der Firma CDZBZ wurden Leistungen in Rechnung gestellt, die an der Adresse des Bauvorhabens ***Ort1*** im Rahmen der Betriebsbesichtigung nicht nachvollzogen werden konnten. Wie bereits eingangs beschrieben konnte der Geschäftsführer der Firma ***Bf1*** dazu keine sachdienlichen Auskünfte geben. Außerdem waren die Leistungsbeschreibungen derart pauschal gehalten, dass schon aus diesem Grund der Vorsteuerabzug nicht zusteht. Darüber hinaus fehlt es wie auch schon oben beschrieben an vertraglichen Vereinbarungen für derart kostenintensive bauliche Mieterinvestitionen. Es ist nach der Lebenserfahrung absolut unüblich derartige hohe Aufwendungen ohne vertragliche Absicherung zu tätigen. Daher können diese Aufwendungen nicht der betrieblichen Spähre zugerechnet werden. Die geltend gemachten Aufwendungen (Instandhaltung und Abschreibung) werden außerbilanzmäßig korrigiert. Die Abschreibungen iHv. € 7.041,67 sind auch in den Folgejahren nicht absetzbar.
Korrektur Vorsteuer 2016 € 35.683,20
Korrektur Vorsteuer 2017 € 2.560,--
Korrektur Aufwand 2016 € 46.520,83
Korrektur Aufwand 2017 € 19.841,67
Diverse kleine Investition verschiedener Firmen
Wie bereits mehrmals beschrieben wurden von diversen Firmen verschiedene Aufwendungen für Investitionen bzw. Instandhaltungsaufwendungen an der Adresse ***Ort1*** geltend gemacht. Auch dafür konnten im Rahmen der Betriebsbesichtigung keine sachdienlichen Angaben gemacht werden bzw wurde auch dafür nicht dargelegt, warum diese Investitionen ohne vertragliche Absicherung getätigt wurden.
[…]
Tz. 2 Nicht absetzbare Aufwendungen § 12 KSTG
In der Buchhaltung waren Aufwände verbucht, die gem. § 12 KSTG nicht gewinnmindernd abgesetzt werden dürfen. Dabei handelt es sich um Fernsehgeräte K63/2015, K4/2015, Repräsentationskosten, diverese Strafen, Wäschetrockner und Blumenerde. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Vorsteuer ist ebenfalls nicht absetzbar.
[…]
Tz. 3 Lagerboxen ZBA
In der Buchhaltung sind 2016 und 2017 unter dem Titel Fremdleistungsaufwand zwei Rechnungen der Firma ZBA iHv. 15.500,-- und 35.500,-- verbucht. Die Rechnung vom weißt aber nicht 35.500,-- als Rechnungsbetrag aus, sondern nur 25.500,--.
Im Rahmen der Besprechung vom wurde durch Herrn CD erläutert, dass es sich dabei um Lagerboxen für eine Firma ZBB (ein gewisser Herr ZBB_MA) handelt und er das Geschäft abgewickelt hat.
Mangels betrieblichen Zusammenhang mit der Firma ***Bf1*** und mangels verbuchter Erlöse können diese Aufwände nicht bei der Firma ***Bf1*** gewinnmindernd geltend gemacht werden.
Die geltend gemachten Aufwände iHv
2016 € 15.500,--
2017 € 35.500,--
sind außerbilanzmäßig zuzurechnen.
[…]
Tz. 4 Versteuerung Vermittlungshonorar
Im Jahr 2016 wurde an Herrn ZBC eine Rechnung über ein Vermittlungshonorar, betreffend die Veräußerung von Geschäftsanteilen einer GesmbH und dem damit verbundenen Eigentümerwechsel an einem Grundstück, gestellt. Dabei handelt es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistung iHv. 60.000,-- brutto. Die Umsatzsteuer iHv. 10.000,-- war vorzuschreiben. Dieser Betrag stellt eine Gewinnminderung iHv. 10.000,-- bei der Körperschaftssteuer dar.
[...]
Tz. 5 UID Nummer
Im Jahr 2015 wurden bei einem KFZ des Betriebsvermögen Umbauten durchgeführt. Die Rechnung der Firma ZBD trägt keine UID Nummer. Die Vorsteuer iHv. € 270,20 war daher nicht anzuerkennen und stellt in dieser Höhe eine Gewinnminderung bei der Körperschaftssteuer dar.
[…]
Tz. 6 Transportkosten Zagreb
Im Jahr 2015 wurden Transportkosten der Firma Gebrüder Weiss iHv. € 1.700,--zzgl. € 340,-- Vorsteuer abgesetzt. Laut Rechnung wurde der Transport durch Herrn CD veranlasst. Der betriebliche Zusammenhang konnte nicht erläutert werden. Die Kosten waren daher gewinnerhöhend zuzurechnen und die Vorsteuer war nicht anzuerkennen.
[…]"
Im Anschluss daran erließ die belangte Behörde einen mit datierten Sicherstellungsauftrag, wobei die Abgabenansprüche hinsichtlich Umsatzsteuer 2015-2018 im Ausmaß von € 131.004,-- und Körperschaftsteuer 2015-2017 im Ausmaß von € 43.921,--, zusammen € 174.925,-- sichergestellt werden sollten. Die Begründung lautet wie folgt:
"Gemäß § 232 Bundesabgabenordnung kann nach Entstehung des Abgabenanspruches, aber noch vor Eintritt der Vollstreckbarkeit ein Sicherstellungsauftrag erlassen werden, um dadurch einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen. Dass im vorliegenden Fall der Anspruch auf die sicherzustellenden Abgaben bereits entstanden ist, ergibt sich aus den Bestimmungen des § 4 Bundesabgabenordnung.
In Ausübung des gemäß § 232 in Verbindung mit § 20 Bundesabgabenordnung eingeräumten Ermessens wurde im Hinblick auf die Höhe der zu erwartenden Abgabennachforderungen dem Interesse des Abgabengläubigers an der Erlangung einer Sicherheit für die volle und termingerechte Entrichtung der Vorrang eingeräumt gegenüber dem Interesse des potentiellen Abgabenschuldners, die Abgaben erst nach Abschluss des Abgabenfestsetzungsverfahrens auf Basis ergangener Abgabenbescheide zu entrichten und bis dahin keinen Vermögenseingriff dulden zu müssen. Insbesondere lässt auch das mögliche Vorhandensein von Forderungswerten, welche sich zur Sicherstellung eignen, die Erlassung dieses Sicherstellungsauftrages zweckmäßig erscheinen.
Die Einbringung der oben genannten Abgaben ist aus den folgenden Gründen gefährdet bzw. wird die Erschwerung der Einbringung dieser Abgaben aus folgenden Gründen befürchtet:
Gemäß § 12 USTG kann der Unternehmer aber nur Vorsteuerbeträge abziehen, die von anderen Unternehmen in einer Rechnung für Lieferungen und Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfungen wurden Feststellungen getroffen, dass in der Buchhaltung Geschäftsfälle erfasst wurden, zu denen der Geschäftsführer keine zweckdienlichen Angaben machen konnte. Es handelt sich dabei um Mieterinvestitionen für den Standort ***Ort1***. Für diesen Standort konnte weder ein Mietvertrag vorgelegt werden, noch gab es zivilrechtliche Vereinbarungen über mögliche Mieterinvestitionen. Im Rahmen eines Lokalaugenscheines konnten die der Firma ***Bf1*** in Rechnung gestellten Aufwände und Investitionen nicht mit dem Unternehmen in Zusammenhang gebracht werden. Zu den fehlenden zivilrechtlichen Vereinbarungen gab es zusätzliche Gründe, dass die Leistungen nicht für das Unternehmen ausgeführt wurden. Diese waren zum einen Teil die pauschale Leistungsbeschreibung und zum anderen Teil zusätzlich, dass es sich bei den angeblichen Leistungserbringern laut Ermittlungen der BP um Scheinfirmen handelt. Im Ermittlungsverfahren wurde versucht, die verrechneten Aufwände mit gefälschten Anmeldungen von Arbeitern zu Sozialversicherung recht zu fertigen.
Gem. § 4 UStG ist das Entgelt für Lieferungen und Leistungen, die ein Unternehmer für einen anderen Unternehmer in Inland erbringt steuerpflichtig. Vom Unternehmen wurde eine Vermittlungsleistung im Inland für die Abtretung von Gesellschaftsanteilen samt Grundstücksübereignung steuerfrei belassen.
Gem. § 4 Abs 4 EStG sind unter Betriebsausgaben alle Aufwendungen und Ausgaben zu verstehen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Betriebsausgaben kürzen den Gewinn und schmälern dadurch die Bemessungsgrundlage der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Um einen Abzugsposten handelt es sich, wenn die Ausgaben mit einer betrieblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen und aus der Sicht der Unternehmerin/des Unternehmers ihrem/seinem Betrieb dienen und nicht unter ein Abzugsverbot, insbesondere des § 20 EStG (u.a. Lebensfürungskosten, privat veranlasste Ausgaben etc.) fallen.
Summe der nicht anerkannten Vorsteuern
mangels Leistungserbringung an das Unternehmen € 121.004,--
Summe nicht versteuerte Umsatze € 60.000,--
Dafür vorzuschreibende Umsatzsteuer 20 % € 10.000,--
Summe der nicht
anerkannten Betriebsausgaben € 210.491,--
Daraus resultierende Körperschaftssteuer € 43.921,--
Gesamtnachforderung UST und Körperschaftssteuer € 174.925,--
Die Einbringung der Abgaben ist gefährdet, da für die ***Bf1*** abgesehen von etwaigen Forderungswerten, kein weiteres rasch verwertbares Vermögen bekannt ist. Es sind keine liquiden Mittel zur termingerechten und vollständigen Abgabenentrichtung vorhanden welche zur Abdeckung dieser Abgabenschuld herangezogen werden kennten. Eine den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung dieser Abgabenschuld ist daher unwahrscheinlich."
Am wurde am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuergutschrift für den Zeitraum Februar 2019 in Höhe von € 20.575,06 verbucht, wodurch sich ein Guthaben in Höhe von € 24.998,10 ergab. Am wurde das Abgabenkonto in dieser Höhe mit dem Vermerk "FV" belastet.
Ebenfalls am richtete die belangte Behörde ein Grundbuchsgesuch an das Bezirksgericht Wiener Neustadt, mit dem die Pfandrechtsvormerkung für das Grundstück ***GSt1*** begehrt wird. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wr. Neustadt vom wurde die Pfandrechtsvormerkung in Höhe von € 174.925,-- bewilligt und unter der TZ TZ im Grundbuch eingetragen.
Mit Faxnachricht vom brachte ein steuerlicher Vertreter der Beschwerdeführerin nachfolgende Beschwerde ein:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
die ***Bf1***, ***Ort4*** (FN FN_Nr) hat mir steuerliche Spezialvollmacht ohne Zustellvollmacht erteilt, auf die ich mich gemäß § 3 Abs 3 Z 2 WTBG 2017 berufe (BGBl I 2017/137). Bestehende Vertretungsverhältnisse bleiben davon unberührt, speziell jenes zur Stb1, Wien. Ich ersuche höflich um Kenntnisnahme.
Ich erhebe für meine Mandantin in offener Frist Bescheidbeschwerde an das BFG wie folgt:
A.
Allgemeine Angaben zur Beschwerde
I.
Bezeichnung der angefochtenen Bescheide
(§ 250 Abs 1 lit a BAO)
Dieser Einspruch richtet sich gegen die als Sicherstellungsauftrag bezeichnete Erledigung des FA Baden Mödling vom , betreffend USt 2015 bis 2018 und KSt 2015 bis 2017.
II.
Angefochtene Punkte (§ 250 Abs 1 lit b BAO)
Der Sicherstellungsauftrag wird seinem gesamten Inhalt nach (in vollem Umfang) angefochten. Es wird beantragt, ihn ersatzlos aufzuheben. Ein solcher Antrag entspricht den Erfordernissen des §°250 Abs 1 lit b und c BAO (; Ritz BAO6 § 250 Tz 9), wie das Erkenntnis des , VwSlg 7314/F, schlüssig aufzeigt:
"Es trifft nicht zu, dass das ausdrückliche Begehren der ersatzlosen Behebung eines Abgabenbescheides keine ausreichende Erklärung iS des § 250 Abs. 1 lit, b und c BAO sei. Ein solches Begehren zielt darauf ab, dass von der Erlassung eines Abgabenbescheides überhaupt Abstand genommen wird. Eine Erklärung, welche Änderungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage beantragt werden, kann begrifflich nicht abgegeben werden, weil ein nicht zu erlassender Abgabenbescheid keine Abgabenbemessungsgrundlage haben kann. Mit dem zusätzlichen Begehren, die vorgeschriebenen Abgaben mögen "auf Null gestellt werden" hat der AbgPfl mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass seiner Ansicht nach keine Abgaben vorzuschreiben wären. "Was bei einem solchen Begehren fehlt, ist die Begründung (§ 250 Abs. 1 lit. d BAO)."
III.
Beantragte Änderungen (§ 250 Abs 1 lit c BAO)
Die lit b und c des § 250 Abs 1 BAO liegen eng beisammen. Speziell wenn - wie hier- die eisatzlose Behebung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages angestrebt wird, ergeben sich die beantragten Änderungen de facto bereits aus der Anfechtungserklärung.
IV.
Angaben zur Rechtzeitigkeit
Der Sicherstellungsauftrag wurde meiner Mandantin am durch körperliche Übergabe zugestellt. Solcherart ist die heute auf dem Faxweg eingereichte Beschwerdeschrift angesichts der Rechtsmittelfrist von einem Monat rechtzeitig (§ 245 Abs 1 erster Satz BAO).
B.
Begründung
I.
Argumentation der Behörde
Die Kernargumente des angefochtenen Bescheides sind in chronologischer Reihenfolge:
1. Bei der Ermessensübung sei im Hinblick in der
"Höhe der zu erwartenden Abgabennachforderungen dem Interesse des Abgabengläubigers an der Erlangung einer Sicherheit für die volle und termingerechte Entrichtung der Vorrang eingeräumt gegenüber dem Interesse des potentiellen Abgabenschuldners, die Abgaben erst nach Abschluss des Abgabenfestsetzungsverfahrens auf Basis ergangener Abgabenbescheide zu entrichten und bis dahin keinen Vermögenseingriff dulden zu müssen"
2. Die behauptete USt-Nachforderung (€ 131.004) wurde auf diverse Gründe gestützt wie Ungereimtheiten bei Mietinvestitionen am Standort ***Ort1*** oder die Leistungserbringung durch "Scheinfirmen".
3. Die Nachforderung an ESt (€ 43.921) wird auf Seite 2 unten mit Stehsätzen begründet.
4. Die Einbringung der Abgaben sei gefährdet (Seite 3 oben),
"da für die ***Bf1***, abgesehen von etwaigen Forderungswerten, kein weiteres rasch verwertbares Vermögen bekannt ist. Es sind keine liquiden Mittel zur termingerechten und vollständigen Abgabenentrichtung vorhanden welche zur Abdeckung dieser Abgabenschuld herangezogen werden könnten. Eine den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung dieser Abgabenschuld ist daher unwahrscheinlich."
II.
Einwendungen
Damit ist die Behörde nicht im Recht. Ihr ist entgegen zu halten:
1. Die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld ist Spruchbestandteil (§ 232 Abs 2 lit a BAO; zB ; Ritz BAO6 § 232 Tz 8). Sie ist wegen der Akzessorietät des Pfandrechts nach Abgabenarten und Zeiträumen aufzugliedem (vgl nur , VwSlg 7455/F; , 2006/15/0204; , 2005/15/0063; BMF RAE Rz 1563: "Die Anführung lediglich einer Globalsumme ist unzulässig. Die Angabe eines einheitlichen Betrags genügt nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden."). Die Angabe eines einheitlichen Betrages für mehrere Steuerperioden genügt diesen Anforderungen nicht (, VwSlg 7455/F). Zumal es das Prinzip der Abschnittsbesteuerung mit sich bringt, dass für jeden Abschnitt ein eigener Abgabenanspruch entsteht.
Bezogen auf diesen Fall: Der angefochtene Sicherstellungsauftrag enthält bei beiden Abgaben jeweils nur einen Gesamtbetrag. Er ist schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
2. Auch bei einem solchen Bescheid muss die Begründung erkennen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde annimmt, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach entstanden sei, und "welche Umstände für die Entscheidung über die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld maßgebend seien (, VwSlg 7455/F).
Bezogen auf diesen Fall: Der angefochtene Bescheid verfehlt auch diesen Maßstab eindeutig und klar. Dazu sei auf die Beschwerdeschrift gegen die im Anschluss an die Außenprüfung neu zu erlassenden Wiederaufnahme- und Sachbescheide verwiesen, die zum integrierenden Bestandteil dieses Einspruchs erklärt wird. Mehr ist zur materiell-rechtlichen Seite vorderhand nicht zu sagen.
3. Das behauptete Gefährdungsmoment liegt nicht vor. Dazu im Einzelnen:
Sicherstellungsaufträge setzen eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgabe(n) voraus (§ 232 Abs 1 letzter Halbsatz BAO). Davon ist erst dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann (oder muss), dass der Zahlungseingang nur bei raschem Zugriff der Behörde gesichert eischeint (VwGH 27.8.199 8, 98/13/0062; , 2008/13/0224; Ritz BAO6 § 232 Tz 5). Solche Umstände liegen nach der Judikatur vor allem vor (zB ; , 99/15/0076; , 2000/15/0041) bei
- drohendem Insolvenzverfahren;
- Exekutionsführung von dritter Seite,
- Auswanderungsabsicht,
- Vermögensverschiebungen ins Ausland oder an Verwandte,
- dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung. Allerdings sind Hinterziehung und Mängel der Buchführung weder Umstände, die alleine und ohne Bedachtnahme auf die sonstigen Verhältnisse des Einzelfalles einen Sicherstellungsauftrag rechtfertigen (so bereits ; ebenso zB , 89/15/0131) noch Ersatz für fehlende Tatsachenfeststellungen ().
Hingegen genügt die abstrakte Möglichkeit von Vermögensminderungen nicht (; ). Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung müssen konkrete Tatsachenfeststellungen (; ,2004/14/0045; ,2012/15/0036, VwSlg 8878/F) und nicht bloße Vermutungen zugrunde liegen (Ritz BAO6 § 232 Tz 6), die eine ordnungsgemäße Ermittlungstätigkeit nicht ersetzen können (zB ; ,89/13/0082, VwSlg 6783/F: "Ergebnis [.....] muß aber stets ein als erwiesen anzunehmender und nicht bloß ein von Mutmaßungen getragener Sachverhalt sein.").
Der angefochtene Bescheid verfehlt auch diesen Maßstab mehr oder minder klar. Die Ausführungen auf Seite 3 oben sind ziemlich nichtssagend und solcherart das genaue Gegenteil konkreter und nachprüfbarer Tatsachenkonstatierungen. Eine außersteuerliche Judikaturlinie bringt die Sache auf den Punkt (zB ; , Ra 2014/09/0041; , 2015/02/0050; , Ra°2016/11/0081). Die Kernaussage lautet:
"Die Begründung einer Entscheidung eines VwG hat auf dem Boden des § 29 VwGVG 2014 mit Blick auf § 17 leg cit den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des VwGH zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung
1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. E , Ra 2014/03/0045)."
Zum Vergleich sei nochmals die Begründung auf Seite 3 oben gegenüber gestellt:
"da für die ***Bf1***, abgesehen von etwaigen Forderungswerten, kein weiteres rasch verwertbares Vermögen bekannt ist. Es sind keine liquiden Mittel zur termingerechten und vollständigen Abgabenentrichtung vorhanden welche zur Abdeckung dieser Abgabenschuld herangezogen weiden könnten. Eine den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung dieser Abgabenschuld ist daher unwahrscheinlich."
Das sind bloße Behauptungen von Behördenseite.
C.
Beschwerdeantrag
Demzufolge wird nachstehender
Antrag
gestellt: Das Finanzamt möge der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Sicherstellungsauftrag ersatzlos aufheben.
Ich empfehle mich
[…]"
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen und den Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt geändert:
"Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird wie folgt abgeändert:
Gemäß § 232 Bundesabgabenordnung wird die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der ***Bf1***, vormals ***Bf1***, FN ***FN_Nr2*** angeordnet zur Sicherung folgender Abgabenansprüche der Republik Österreich:
Die Anordnung der Sicherstellung kann sofort in Vollzug gesetzt werden. Durch Erlag eines Betrages von EUR 174.925.- wird erwirkt, dass Maßnahmen zur Vollziehung dieses Bescheides unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
Begründung:
Zur Frage des Entstehens oben angeführter Abgabenansprüche verwies die Beschwerdeführerin lediglich auf den zum Zeitpunkt der Einbringung der hier verfahrensgegenständlichen Beschwerde noch nicht existenten Inhalt ihrer aus damaliger Sicht künftigen Beschwerde gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Abgabenbescheide. Durch diese Abgabenbescheide und durch die abweisende Erledigung der gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung vom ist die Entstehung der strittigen Abgabenansprüche untermauert. Aus Gründen der Vollständigkeit wird die Begründung jener abweisenden Beschwerdevorentscheidung wiedergegeben und zur Begründung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung erhoben:
Soweit die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin neben den umfangreichen Literatur- und Judikaturzitaten samt deren Eigenkommentierung inhaltlich auf Entscheidungsrelevantes eingeht (dies gilt nicht für alle "Fremdleister"), sei dazu dem Darstellungsablauf des Außenprüfungsberichtes folgend angeführt:
a) GH:
Zwar wurden im Mietvertrag vom in Punkt 20 Infrastrukturmaßnahmen wie Wasser-, Kanal- und Stromversorgung am Standort ***Ort1*** der Beschwerdeführerin als Mieterin vereinbart, dies hilft jedoch nicht bei der Beseitigung der Zweifel im Zusammenhang mit den Rechnungen der GH aus dem Jahr 2015 über die "Errichtung von Zuleitungen von Kanal, Wasser, Strom" am "Gelände ***Ort1***"; die Feststellung der Außenprüferin erweist sich als umso zutreffender, weil diese zum Vertragsabschlusstermin laut Rechnungen vorgeblich bereits geleisteten Arbeiten im Mietvertrag überhaupt keine Erwähnung finden.
b) IJ:
Wie unter 1.) bereits beschrieben enthalten die Rechnungen der IJ keine gesetzlich hinreichende Leistungsbeschreibung; am Standort ***Ort1*** sind die zu Grunde liegenden Leistungen mangels vertraglich vereinbarter Gebäudeinhaberschaft der Beschwerdeführerin als Mieterin vollkommen unglaubhaft. Die betriebliche Veranlassung der mangelhaft fakturierten Aufwendungen ist somit weder bewiesen noch glaubhaft gemacht. Mangels Zuflussnachweises in die Gesellschaftersphäre der Beschwerdeführerin konnte in diesem Zusammenhang bisher keine verdeckte Gewinnausschüttung ("kick-back") festgestellt werden.
c) MN:
Die fehlerhafte Firmenbezeichnung im Zusammenhang mit der bereits ungültigen UID-Nummer zum Datum der zweiten Rechnung der MN_Bau sowie die zeitnah zur Rechnungslegung erfolgte Feststellung als Scheinunternehmen im Sinne des SBBG (amtlich veröffentlicht am unter https://service.bmf.gv.at/service/alig/lsu/) sind keine "kleineren Rechnungsmängel", sondern begründen insbesondere in Verbindung mit der fehlenden Kenntnis des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin über Ansprechpersonen im Zusammenhang mit den fakturierten Leistungen erhebliche Zweifel an deren Erbringung.
d) ST:
Im Rechnungswesen der Beschwerdeführerin wurden insgesamt fünf Eingangsrechnungen der Firma ST mit der Firmenanschrift in ST vorgefunden. Folgende Ausstellungsdaten und Leistungsinhalte sind in diesen Belegen dokumentiert:
Die Rechnungsadresse ST der unter der Firmenbuchnummer ***FN_Nr3*** als ST eingetragenen Firma findet sich erst seit im Firmenbuch (Antrag auf Änderung vom ). Die Zahlungen zu diesen Rechnungen erfolgten laut Unterlagen der Beschwerdeführerin trotz entsprechendem Zahlungshinweises auf den Rechnungen überwiegend nicht auf das dort bekannt gegebene Konto AT***2, sondern auf AT***3.
Insbesondere diese aber auch alle anderen inhaltlich unwidersprochenen Feststellungen der Außenprüferin zur Firma ST führten zur mündlichen Aufforderung im Sinne von § 162 BAO zur Bekanntgabe der Empfänger der aus den oben angeführten Rechnungen resultierenden steuerwirksam geltend gemachten Aufwendungen durch die Außenprüferin im Rahmen der Besprechung am mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin. Das Ergebnis dieser Aufforderung und die Erwägungen zur Ermessensübung wurden im unbeantwortet gebliebenen Vorhaltsschreiben vom dargestellt. Eine Empfängernennung ist daher nicht erfolgt und es treten somit die Rechtsfolgen von § 162 BAO und § 22 Abs 3 KStG ein. Die in der Beschwerdeergänzung behaupteten rechtlichen "Restriktionen" dieser Normen im Zusammenhang mit den Erwägungen zur Entstehung von Abgabenansprüchen bei Anwendung von §162 BAO liegen nicht vor. Die Aufwendungen ("Absetzungen") sind in jenem Besteuerungszeitraum nicht anzuerkennen, in weichem sie geltend gemacht ("beantragt") wurden; der Zuschlag ist der Körperschaftsteuer jenes Veranlagungszeitraumes hinzuzurechnen, für welchen die nicht anzuerkennenden Aufwendungen geltend gemacht (als "Absetzungen beantragt") wurden. Zu den vorgeblichen Leistungen laut oben angeführten Rechnungen 115/2017,108/2018 und 114/2018 in ***Ort1*** gilt weiters, dass diese mangels vereinbarter Gebäudeinhaberschaft der Beschwerdeführerin als Mieterin an diesem Standort vollkommen unglaubhaft sind und zur Anzahlung Projekt ***Ort6*** laut oben angeführter Rechnung 135/2018 ist daraufhinzuweisen, dass die Arbeiten am Projekt ***Ort6*** 2018 zumindest laut vorliegendem Angebot und vorliegenden Rechnungen tatsächlich von der ZBZ durchgeführt wurden.
Zur Frage der gemäß § 232 BAO tatbestandsmäßigen Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben erschöpft sich die Beschwerde in der Wiedergabe von Literatur- und Judikaturzitaten samt deren Eigenkommentierung und im argumentlosen Bestreiten des Vorliegens eines "Gefährdungsmoments". Dem ist entgegenzuhalten, dass bei Erlassung des verfahrensgegenständlichen Sicherstellungsauftrages die letztvorliegende Bilanz (zum ) liquide Mittel im Umlaufvermögen (Kassenbestand und Bankguthaben) in Höhe von lediglich EUR 18.721,83 ausweist, das Anlageverzeichnis 2017 im Wesentlichen (ohne bekannte vertragliche Absicherung geleistete) kaum liquidierbare Investitionen in fremde Gebäude beinhaltet, demgegenüber ein Verbindlichkeitsstand zum in Höhe von EUR 330.903,64 bilanziert wurde und ein negatives Eigenkapital ausgewiesen wurde. Im Rahmen der Außenprüfung wurde darüber hinaus festgestellt, dass im Februar 2018 von der Beschwerdeführerin eine Liegenschaft erworben wurde; dieses Geschäft hatte natürlich keine förderliche Wirkung auf die Liquiditätssituation der Gesellschaft und die laufenden Geschäfte des Jahres 2018 (erkennbar an den Daten der Umsatzsteuervoranmeldungen) lassen zeigen auch keine Verbesserung der Liquiditätssituation. Die Feststellung einer nicht hinreichenden Liquidität und damit einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der verfahrensgegenständlichen Abgabenansprüche ist somit zutreffend. Liegenschaftserwerb bei Überschuldung und vertraglich nicht abgesicherte Investitionen in fremde Liegenschaften kommen einer Vermögensverschleppung gleich (siehe dazu )."
Vorlageantrag
Mit Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, führt darin aus, dass das bisherige Vorbringen aufrecht erhalten wird, die Beschwerdevorentscheidung ihrem gesamten Inhalt und Umfang nach bestritten wird und eine ausführliche Begründung erst nach Vorlage des Aktes an das Bundesfinanzgericht erstattet werde. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, dem Begehren stattzugeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Vorlagebericht
Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass die Abgabenbehörde im Rahmen einer Außenprüfung Feststellungen traf, welche zu einer erheblichen Abgabennachforderung führten, das Rechtsmittelverfahren betreffend die zugehörigen Abgabenbescheide unter der Bezugszahl beim Bundesfinanzgericht anhängig wäre und die Gründe für die zu erwartende Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung im angefochtenen Bescheid dokumentiert sind. Es wurde auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung hingewiesen und beantragt, die Beschwerde in diesem Sinne abzuweisen.
Mündliche Verhandlung
Am erfolgte die erste Ladung für eine mündliche Verhandlung am . Dazu haben dann die steuerlichen Vertreter mitgeteilt, dass um eine Verschiebung auf einen Termin nach dem ersucht werde, weil einerseits jener steuerliche Vertreter, der die Beschwerde verfasst hatte, an diesem Tag zu einer Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht geladen war und andererseits die zweite Vertreterin dringend die Zeit benötige, um Steuererklärungen für 2018 abzuschließen und einzureichen zu können.
Am erfolgte sodann die zweite Ladung für eine Verhandlung am . Bereits am hat die Vertreterin angefragt, ob die Verhandlung zu diesem Termin auch tatsächlich stattfinden werde, zumal wegen der COVID-19-Krise viele Verhandlungen verschoben worden wären. Mit E-Mail vom hat die Vertreterin sodann bekannt gegeben, dass für die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen erstattet werden sollte und der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen werde, wenn die Beschwerdeführerin "die mündliche Verhandlung mangels ergänzender Beweisaufnahmen nicht für sinnvoll" erachte.
Am langte sodann folgender Schriftsatz beim Bundesfinanzgericht ein:
"[…] wir haben die weitere Vorgangsweise intern besprochen. Ich darf Sie darüber informieren wie folgt:
1. Wir vervollständingen unser Vorbringen bis längstens Ends Juni. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir unser gesamtes Vorbringen in einem Schriftsatz samt umfangreichem Beilagenapparat zusammenfassen, sodass Ihnen ein Blättern im Akt erspart bleiben wird.
2. Unser Vorbringen wird, darauf sei schon jetzt hingewiesen, über den Sicherstellungsauftrag hinausgehen. Wir orientieren uns primär am BP-Bericht (also in der Sache selbst), weil wir von einer gewissen Präjudizwirkung ihrer Entscheidung für das Hauptverfahren ausgehen und getrennte Eingaben mit unterschiedlichem Inhalt nur sehr bedingt (also keinen) Sinn machen. Mit der Aktualisierung unseres gesamten Vorbingens bedarf es der mündlichen Verhandlung nicht mehr, zumal ergänzende Beweisaufnahmen (insbesondere Zeugenbefragungen) extrem unwahrscheinlich sind.
3. Wenn nicht ein "Wunder" passiert, verzichten wir auf die mündliche Verhandlung. Sie wird hier und jetzt noch nicht förmlich zurückgezogen. Doch können Sie davon ausgehen, dass es ihrer mit der Vervollständigung unseres Vorbringens nicht mehr bedarf. […]"
Am erfolgte die dritte Ladung zu einer mündlichen Verhandlung am .
Eingabe vom
Am langte beim Bundesfinanzgericht nachfolgendes Vorbringen samt Rückziehung des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein:
"ich erstatte in dieser Beschwerdesache für meine Mandantin ergänzend zum bisher Gesagten nachstehendes großteils neues und jedenfalls zusammenfassendes Vorbringen:
A.
Verzicht auf die mündliche Verhandlung
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird hiermit definitiv und vorbehaltlos zurückgezogen. Solcherart kann, ja soll, die Entscheidung vom Schreibtisch aus erfolgen.
B.
Vorbringen
Der angefochtene Bescheid weicht angesichts der fehlenden Aufgliederung der Sicherstellungsbeträge (§ 232 Abs 2 lit a BAO) von der hauseigenen Spruchpraxis des BFG und den Leitlinien der Judikatur des VwGH ab. Er ist schon (aber nicht nur) deshalb aufhebungsreif. Dazu kommt noch eine "Begründung" ohne Begründungswert. Dazu im Einzelnen:
I.
Inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
a)
Maßgebliche Rechtslage
1. Der Sicherstellungsauftrag ist Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherstellungsverfahren (§ 233 Abs 1 BAO iVm § 78 Abs 1 AbgEO) und solcherart Exekutionstitel, für den wegen der damit verbundenen Auswirkungen eine gewisse Formstrenge besteht (ZB [Anmerkung des BFG: gemeint wohl 3 Ob 91/90], Sz 63/212 = RIS-Justiz RS0053384; LG für ZRS Wien , 46/R474/98s = RIS-Justiz RWZ0000021).
2. Der Sicherstellungsauftrag ist ein Bescheid. Er hat als solcher nicht nur die allgemeinen Erfordernisse der § 92 ff BAO zu enthalten, sondern darüber hinaus auch die speziellen Angaben des § 232 Abs 2 BAO.
3. Dazu zählt - soweit hier bedeutsam- auch die "voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld" (lit a). Dieser Spruchbestandteil (vgl ) ist wegen der Akzessorietät des Pfandrechts nach Abgabenarten und Zeiträumen aufzugliedern (Ritz, BAO6 § 232 Tz 8; BMF RAE Rz 1563) Des wird auch vom VwGH so gesehen, wie dessen Erkenntnisses vom , 98/14/0122, VwSlg 7455F, schlüssig aufzeigt. Die Kernaussage lautet (doch erfolgt die optische Hervorhebung durch Fettdruck durch mich, den Verfasser dieses Schreibens. Das gilt ohne gegenteiligen Hinweis auch für alle weiteren Zitate):
"Die Begründung eines Sicherstellungsauftrages muss erkennen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde annimmt, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach entstanden ist und welche Umstände für diese Entscheidung betreffend die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld maßgebend sind. Diesem Begründungserfordernis wird durch die Anführung einer einheitlichen Pauschalsumme für mehrere Besteuerungsabschnitte nicht entsprochen, weil diese Vorgangsmise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden (Hinweis Ritz, BAO-Komnmntar2 § 232 Rz 8)."
Der Gerichtshof legt im Folgeerkenntnis vom , 2005/15/0063, nach. Dort heißt es wortwörtlich:
"Zur voraussichtlichen Höhe der Abgabenschuld hat der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom , 98/14/0122 ausgesprochen, dass sie nach den einzelnen Abgabenarten und Zeiträumen aufzugliedern ist. Die Angabe eines einheitlichen Betrages für mehrere Steuerperioden genügt diesen Anforderungen nicht. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung bringt es nämlich mit sich, dass für jeden Abschnitt ein eigener Abgabenanspruch entsteht. Für jeden dieser Ansprüche kann die Abgabenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 232 BAO - einen gesonderten Sicherstellungsauftrag erlassen. Fasst sie mehrere solche Ansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammen, hat diese für jeden Anspruch die Angaben gemäß § 232 Abs. 2 BAO zu enthalten. Die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld gemäß § 232 Abs. 2 lit. a BAO ist somit Spruchbestandteil; dies auch dann, wenn mehrere Bescheide formularmäßig zusammengefasst werden (vgl Ritz, BAO3, § 232 Tz. 8, § 198 Tz 8). Im Sicherungsverfahren sollen auf Grund des Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO als Exekutionstitel für jeden Abgabenanspruch Pfandrechte begründet werden. Dies setzt die exakte Benennung der jeweiligen Abgabenart und ihre Höhe im Spruch voraus (siehe auch Angst, Kommentar zur EO, 2. Auflage, § 371 E0, Tz 9) "
Das BFG liegt auf derselben Linie. Der dem Erkenntnis vom , RV/5101354/2015, vorangestellte Stammrechtssatz lautet:
"Die Höhe der Abgabenschuld ist nach den einzelnen Abgabenarten und Zeiträumen aufzugliedern, da im Sicherungsverfahren auf Grund des Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO als Exekutionstitel für jeden Abgabenanspruch Pfandrechte begründet werden sollen. Dies setzt die exakte Benennung der jeweiligen Abgabenart und ihrer Höhe im Spruch voraus (vgl. ). Die Angabe eines einheitlichen Betrags für mehrere Steuerperioden genügt diesen Anforderungen nicht. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung bringt es nämlich mit sich, dass für jeden Abschnitt ein eigener Abgabenanspruch entsteht. Für jeden dieser Ansprüche kann die Abgabenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 232 BAO - einen gesonderten Sicherstellungsauftrag erlassen. Fasst sie mehrere solcher Ansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammen, hat diese für jeden Anspruch die Angaben zu enthalten (vgl ). Sicherstellungsaufträge, die nicht alle die im § 232 Abs. 2 BAO geforderten Inhaltsbestandteile haben, sind keine für die Bewilligung der Exekution geeigneten Titel (vgl. )."
Dementsprechend wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben. Der - gleichfalls aufhebende - Berufungsbescheid des UFS Graz vom , RD/0009-G/06, bringt ganz zum Schluss einen auch mit Blick auf dieses Verfahren wertvollen Gedanken ins Spiel. Er lautet:
"Die Anführung der Pauschalsummen von € 12.560,00 an Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 2001, € 109.922,- an Körperschaftsteuer für die Jahre 1994 bis 2001 und 72.353,- an Kapitalertragsteuer für die Jahre 1994 bis 2001 entspricht dem Begründungserfordernis für Sicherstellungsaufträge nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden."
Der bereits eingangs, auch von der steuerlichen Judikatur zitierte, den Einspruch (Revisionsrekurs) der Finanzprokuratur abweisende [Anmerkung des BFG: gemeint wohl 3 Ob 91/90], bringt die Sache auf den Punkt. Die Kernaussage der Begründung lautet:
"Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Die betreibende Partei macht zwar mit Recht geltend, daß die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen SZ 13/42 und SZ 16/104 die von ihm vertretene Rechtsansicht nicht oder zumindest nicht eindeutig stützen, weil sich der Oberste Gerichtshof darin in erster Linie mit der Frage beschäftigte, ob die Gerichte die inhaltliche Richtigkeit eines von einer Verwaltungsbehörde stammenden Exekutionstitels überprüfen dürfen. Der Oberste Gerichtshof hat aber in mehreren anderen Entscheidungen die im angefochtenen Beschluß enthaltene Rechtsansicht vertreten, daß das Gericht prüfen müsse, ob der Rückstandsausweis den nach dem Gesetz vorgeschriebenen Inhalt habe, weil sonst die Exekution nicht bewilligt werden dürfe (neben der schon vom Rekursgericht zitierten Entscheidung SZ 30/76 noch EvBl 1973/82, EvBl 1977/30 und 3 Ob 167/84).
Alle diese Entscheidungen betrafen allerdings Rückstandsausweise. Entgegen der Meinung der betreibenden Partei kann aber für einen Sicherstellungsauftrag nichts anderes gelten. Der Hinweis darauf, daß dieser anders als ein Rückstandsausweis, der kein Bescheid ist (Reeger-Stoll, BAO § 229 Anm 4; Schobersberger, BAO2 § 229 Anm 4; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 483 mwN), mit Berufung bekämpft werden kann, trifft nicht den Kern der Sache. Schreibt das Gesetz (wie hier § 232 Abs 2 BAO) für den Sicherstellungsauftrag einen bestimmten Inhalt vor ("hat zu enthalten") und legt es sodann (wie hier im § 233 Abs 1 BAO) fest, daß "der Sicherstellungsauftrag" Grundlage für das gerichtliche Sicherungsverfahren ist, so muß angenommen werden, daß dies nur für jene Sicherstellungsaufträge gelten soll, die den vorgeschriebenen Inhalt haben. Andere Sicherstellungsaufträge können daher nicht die Grundlage für das gerichtliche Sicherungsverfahren bilden und sind keine für die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung geeigneten Titel (Heller-Berger-Stix III 2657)."
Dieses an Eindeutigkeit kaum mehr zu überbietende Judikaturzitat sagt "alles" zu unseren Gunsten: Entweder der Sicherstellungsauftrag entspricht inhaltlich dem Gesetz; dann - nur dann - ist er ein tauglicher Exekutionstitel. Oder er ist - wie hier durch die fehlende jahresweise Aufgliederung der Sicherstellungsbeträge - mangelhaft; dann nimmt er sich für exekutive Zwecke von selbst aus dem Spiel.
b)
Praktische Auswirkungen
[…]"
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die belangte Behörde erließ einen mit datierten und am dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin persönlich übergebenen Sicherstellungsauftrag. Der Spruch dieses Sicherstellungsauftrages lautet:
Im Anschluss daran pfändete die Abgabenbehörde ein Guthaben der Beschwerdeführerin auf dem Abgabenkonto und ließ die Eintragung eines Pfandrechtes auf einer Liegenschaft der Beschwerdeführerin vormerken.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom wurden die einzelnen Abgabenansprüche pro Kalenderjahr bzw. pro Voranmeldungszeitraum aufgeschlüsselt.
Beweiswürdigung
Die Feststellung hinsichtlich der Zustellung des Sicherstellungsauftrages ergibt sich aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde hinsichtlich der Zustellung. Dabei wurde vermerkt, dass der Geschäftsführer in seiner Rechtsanwaltskanzlei persönlich angetroffen wurde und ihm der Sicherstellungsauftrag persönlich übergeben wurde. Darüber hinaus ist die Übernahme durch eine Übernahmebestätigung nachgewiesen und auch in der Beschwerde vom wird auf die körperliche Übergabe am verwiesen.
Die Feststellung zum Spruch des Sicherstellungsauftrages ergibt sich aus der von der belangten Behörde vorgelegten Abschrift des angefochtenen Bescheides. Aus dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin ist ersichtlich, dass am eine Lastschrift in Höhe des sich am Abgabenkonto befindlichen Guthabens von € 24.998,10 mit dem Geschäftsfall "10" verbucht wurde. Der Geschäftsfall "10" bezeichnet eine "Umbuchung/Überrechnung einer Abstattung/eines Guthabens ohne Verrechnungsweisung". Daneben findet sich noch der Vermerk "FV". Aus dem elektronischen Einbringungsakt der belangten Behörde, in den Einsicht genommen wurde, ist ein Vermerk vom ersichtlich, in dem angeführt wird, dass sich am Abgabenkonto ein Guthaben befindet und dieses auf Grund des Sicherstellungsauftrages vom gepfändet werden sollte. Am wurde vermerkt, dass der "Betrag in Vw gebucht" wurde.
Mit Beschluss vom bewilligte das Bezirksgericht Wiener Neustadt auf Grund eines Schreibens der belangten Behörde die Vormerkung eines Pfandrechts in Höhe von € 174.925. Diese Pfandrechtsvormerkung ist am Grundbuchsauszug ***GSt1*** ersichtlich. Der Beschluss des BG Wiener Neustadt befindet sich in der Urkundensammlung des Grundbuches, in die Einsicht genommen wurde.
Die Feststellungen zur Beschwerdevorentscheidung ergeben sich aus der von der belangten Behörde vorgelegten Abschrift der Beschwerdevorentscheidung vom .
Rechtsgrundlagen
§ 232 BAO lautet:
4. Sicherstellung.
§ 232. (1) Die Abgabenbehörde kann, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(2) Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten:
a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld;
b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt;
c) den Vermerk, daß die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann;
d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß ab der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen einen der Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens oder einer vorsätzlichen Verletzung von Abgabenvorschriften der Länder und Gemeinden Verdächtigen hinsichtlich jenes Betrages, um den die Abgaben voraussichtlich verkürzt wurden.
Rechtliche Beurteilung
Sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, kann die Abgabenbehörde bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, wobei der Abgabepflichtige durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist somit zwischen der Entstehung des Abgabenanspruches, auch wenn die Abgabenschuld dem Ausmaß nach noch nicht feststeht, und dem Eintritt der Vollstreckbarkeit zulässig. Die Vollstreckbarkeit tritt gem. § 226 BAO ein, wenn bescheidmäßig festgesetzte oder selbstberechnete Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurden. Einbringungsmaßnahmen dürfen frühestens ab dem Eintritt der Vollstreckbarkeit gesetzt werden.
Der Abgabengläubiger soll sich über das Rechtsinstitut des § 232 BAO gegen Vermögensauskehrungen absichern können. Im Sicherungsverfahren sollen auf Grund des Sicherstellungsauftrages als Exekutionstitel für jeden Abgabenanspruch Pfandrechte begründet werden. Die Erlassung eines Sicherstellungsbescheides nach § 232 BAO macht dabei naturgemäß nur zu einem Zeitpunkt Sinn, wo noch Vermögen in Österreich bzw. im exekutiven Zugriff Österreichs ist. Das Ziel besteht darin, dem Gläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststeht, aber noch nicht realisierbar ist, ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgebend ist ().
Der Vollzug eines Sicherstellungsauftrages führt zur Begründung eines Pfandranges. Der Vollzug des Sicherstellungsauftrages für Geldforderungen kann sowohl im finanzbehördlichen Sicherungsverfahren (§ 78 AbgEO) als auch im gerichtlichen Exekutionsverfahren (§§ 370 ff EO) erfolgen (vgl Stoll, BAO-Kommentar 2397). Das Sicherungsverfahren durch Forderungsexekution findet mit der Pfändung der Geldforderung sein Ende, sodass eine Verwertung durch Einziehung iS der §§ 71 ff AbgEO im Sicherungsverfahren nicht stattzufinden hat. Erst nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit geht das Sicherungsverfahren - nach Ausstellung eines Rückstandsausweises - in das Verfahren zur Einbringung über (). Der durch eine sicherstellungsweise Pfändung begründete Pfandrang bleibt für das Verwertungsverfahren gewahrt, das nach Eintritt der Vollstreckbarkeit zugunsten der Abgabenforderung eingeleitet wird.
Bei Sicherstellungen auf unbewegliches Vermögen und auf grundbücherlich sichergestellte Geldforderungen kommt neben einer gerichtlichen Exekution zur Sicherstellung auch eine grundbücherliche Vormerkung gemäß § 38 lit c GBG 1955 in Betracht. Die nach § 38 lit c GBG 1955 einschreitende Behörde ist nach bisheriger Rechtsprechung nicht gehalten, dem Grundbuchgericht einen die Pfandrechtsvormerkung rechtfertigenden Titel für die sicherzustellende Forderung vorzulegen. Es entspricht vielmehr vorliegender Judikatur, dass die Republik Österreich gemäß § 38 lit c GBG 1955 beim Grundbuchgericht bloß aufgrund ihres Einschreitens ohne Vorlage einer Urkunde zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Abgabeansprüchen die Vormerkung eines Pfandrechts erwirken kann (). Die Rechtfertigung eines nach § 38 lit c GBG 1955 vorgemerkten Pfandrechtes kann nach Wahl der öffentlichen Behörde entweder nach § 41 lit b GBG 1955 im Grundbuchsverfahren oder mittels Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch Anmerkung der Rechtfertigung erreicht werden ().
Das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich auf die Überprüfung zu beschränken, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet worden ist, die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (). Auf im Rechtsmittelverfahren zur Kenntnis gelangte neue Tatsachen und Beweise - welche sich allerdings auf die Überprüfung der Frage zu beschränken haben, ob im Zeitpunkt der Erlassung des abgabenbehördlichen Sicherstellungsauftrages die dafür erforderlichen Voraussetzungen objektiv gegeben waren - ist Bedacht zu nehmen. Bei der Beurteilung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung ist auf die Umstände, insbesondere auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, abzustellen, wie sie sich für die Abgabenbehörde bei der Erlassung des Sicherstellungsauftrages dargestellt haben (vgl ). Eine Präjudizwirkung der Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen Sicherstellungsauftrag besteht - entgegen der geäußerten Ansicht der Beschwerdeführerin - für das Hauptverfahren nicht.
Erste Voraussetzung für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist die Verwirklichung jenes Tatbestandes, an den die Abgabepflicht geknüpft ist. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes muss im Hinblick auf die auch für Sicherstellungsaufträge geltende Begründungspflicht iSd § 93 Abs 3 lit a BAO in der Begründung des Sicherstellungsauftrages bzw. in der diesen bestätigenden Berufungsentscheidung dargetan werden.
Eine Sicherstellung ist kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach (nämlich gemäß § 4 BAO) mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind.
In Bezug auf die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung (§ 232 Abs 2 lit b BAO) muss der Begründung der Entscheidung entnommen werden können, aus welchen besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass die Einbringung nur bei raschem Zugriff der Behörde gesichert erscheint (). Der Annahme der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung einer Abgabenschuld müssen entsprechende Tatsachenfeststellungen zugrunde liegen ().
Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden u.a. bei drohendem Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Dasselbe gilt beispielsweise für (laufende) Zahlungserleichterungsansuchen eines notleidenden Unternehmens und Berufungen gegen die solche Anträge abweisenden Bescheide, wenn in ihnen nicht dargelegt wird, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben besteht (). Auch schwer wiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden, ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (). Auf das negative Eigenkapital in der Bilanz zum hat die belangte Behörde bereits hingewiesen; auch im Jahresabschluss zum wird in der beim Firmenbuch hinterlegten Bilanz ein negatives Eigenkapital ausgewiesen, das im Jahresvergleich sogar noch angestiegen ist.
Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen (§ 20 BAO) erfordert die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder nicht vorhandenen Besicherungsmöglichkeiten - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen (vgl zB ; Ritz, BAO6 § 232 Tz 1 mwN). Von einer Geringfügigkeit kann bei einem zu sichernden Betrag in Höhe von mehr als € 170.000,-- nicht mehr gesprochen werden.
Gemäß § 232 Abs 2 lit a BAO hat der Sicherstellungsauftrag die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld zu enthalten. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung bringt es mit sich, dass für jeden Abschnitt ein eigener Abgabenanspruch entsteht. Für jeden dieser Ansprüche kann die Abgabenbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 232 BAO - einen gesonderten Sicherstellungsauftrag erlassen. Fasst sie - wie im Beschwerdefall - mehrere solcher Ansprüche aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammen, hat diese für jeden einzelnen Anspruch die Angaben gemäß § 232 Abs 2 BAO zu enthalten. Grund dafür ist der Umstand, dass im Sicherungsverfahren auf Grund des Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO als Exekutionstitel für jeden Abgabenanspruch Pfandrechte begründet werden sollen. Dies setzt die exakte Benennung der jeweiligen Abgabenart und ihrer Höhe im Spruch voraus; damit genügt die Angabe eines einheitlichen Betrages nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden sollen (zB RAE 1563; ; ).
Eine solche Aufgliederung nach Art, Zeitraum und Höhe der Abgabenschuld (Ritz, BAO6, § 232 Rz 8; ; ) ist im Spruch vorzunehmen. Mit Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof () eine abweisende Berufungsentscheidung des UFS aufgehoben, in welcher der UFS erstmalig eine Aufgliederung der Abgabenansprüche im Zuge der Berufungserledigung gegen einen Sicherstellungsauftrag vorgenommen hatte. Somit ist auch eine nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommene Nachholung der geforderten Aufgliederung nach Zeiträumen und Abgabenarten nicht mehr möglich ist (zB ; ; Fischerlehner, UFSjournal 2009, 235). Sicherstellungsaufträge, die nicht alle im § 232 Abs 2 BAO geforderten Inhaltsbestandteile haben, sind keine für die Bewilligung der Exekution geeigneten Titel (vgl. ; ; ; ).
Im angefochtenen Bescheid sind die Abgaben nur zusammengefasst als "Umsatzsteuer 2015-2018" und als "Körperschaftsteuer 2015-2017" umschrieben. Eine solche Bezeichnung ist nach der dargestellten Rechtsprechung nicht ausreichend. Da eine Sanierung weder im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung (in der die Abgaben und Zeiträume genau angeführt sind) noch im Zuge der Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht möglich ist, war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Sicherstellungsauftrages folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden daher nicht berührt, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106107.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at