Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2020, RV/7105987/2019

Haftung als faktischer Geschäftsführer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105987/2019-RS1
Personen, die zwar nicht als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen sind, jedoch Geschäftsführungshandlungen vornehmen und tatsächlich Einfluss nehmen, haften für die abgabenrechtlichen Pflichten. Die Haftung eines faktischen Geschäftsführers nach § 9a BAO ist allerdings subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann als Haftender in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität).
RV/7105987/2019-RS2
Der zur Haftung nach § 9a BAO herangezogene faktische Geschäftsführer haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache Bf, Adr vertreten durch RA Dr. Michael Zerobin, Herzog-Leopold-Straße 2, 2700 Wiener Neustadt, gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Beschwerdeführer wird im Ausmaß von € 59.368,47 zur Haftung herangezogen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart (belangte Behörde) beabsichtigte den Beschwerdeführer gemäß § 9a BAO zur Haftung für ausständige Abgabenschulden der Primärschuldnerin heranzuziehen. Mit Schreiben vom richtete die belangte Behörde nachfolgenden Haftungsprüfungsvorhalt an den Beschwerdeführer:
"Sie werden in Ihrem eigenen Interesse ersucht, die nachfolgenden Fragen sorgfältig und vollständig zu beantworten und durch Vorlage geeigneter Unterlagen, die zu Ihrer Entlastung dienen können, zu belegen.
1. Am Konto der ,,Primärschuldnerin haften folgende haftungsrelevante Abgaben aus (die maßgeblichen Bescheide liegen in Kopie bei):
[Anm: Aufstellung der aushaftenden Abgaben in Höhe von € 82.460,64]

2. Laut Firmenbuchauszug waren sie zwar nicht als Geschäftsführer der ,,Primärschuldnerin" bestellt, jedoch wird aufgrund der bestehenden Aktenlage und der dazu durchgeführten Erhebungen seitens der Finanzbehörde begründet angenommen, dass die operative Geschäftsführung, bzw. die aktive Einflussnahme auf die finanziellen Mittel des Unternehmens auch von Ihnen geführt wurde. Dh. die tatsächliche Machtausübung im Unternehmen ,,Primärschuldnerin" wurde von Ihnen als faktischer Geschäftsführer geführt ohne formell zum Geschäftsführer bestellt zu sein.

Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden. Diese Personen haften für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.

3. Da die unter Punkt 1 angeführten haftungsrelevanten Abgabenbeträge nicht entrichtet wurden, muss das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteiles davon ausgehen, dass durch Ihre tatsächliche Einflussnahme den abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht vorschriftsgemäß nachgekommen wurde.

4. Die genannten Beträge sind bei der ,,Primärschuldnerin" als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage und des bereits beim Landesgericht Ort1 GZl. *GZ* am Datum2 nach § 123a IO abgeschlossenen Konkursverfahrens.

Sofern die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werden Sie ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten (siehe Punkt 1) gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der Gesellschaft (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.

Es steht Ihnen frei, die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt zu geben. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Finanzamt davon ausgehen, dass die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln durch Ihre aktive Einflussnahme auf die Unternehmensgeschäfte nicht entrichtet wurden und somit ursächlich für den Abgabenausfall sind.

5. Wird der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung nicht in nachvollziehbarer Weise erbracht, liegt es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die unter Punkt 1 genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten (z.B. ). Es besteht auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen.

Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung allfällige Einzelinteressen verdrängt, sähe sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche § 9a BAO-Haftung gegen Sie im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen.

Unter diesen Umständen haften Sie für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß.

6. Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich hier für die Lohnsteuer (VWGH , 95/15/0046).

7. Wurden Forderungen an Banken oder an andere Gläubiger abgetreten (Generalzession, Mantelzession)? Kopien der Verträge sind vorzulegen.

8. Wie sind Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse?
Woraus bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?
Beiliegende Formulare (EV6 und EV7) sind vollständig auszufüllen.

9. Ist ein Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) geplant

Zur Stellungnahme wird Ihnen eine Frist bis zum eingeräumt.

Es wird darauf hingewiesen, dass diese Frist angesichts der vorliegenden Sachlage nur aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen verlängert werden könnte."

Diesem Haftungsvorhalt beigelegt waren die Niederschrift über die Schlussbesprechung, Lohnsteuerhaftungsbescheide für 2014-2016 sowie dazugehörige Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen und der Körperschaftsteuerbescheid 2015.

Mit Schreiben vom wurde dieser Haftungsvorhalt wie folgt beantwortet:
"Betreff: Bf und AB St Nr: *Str.Nr.*

Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Frau KL!

In obiger Angelegenheit danke ich zunächst für die Erstreckung der Frist zur Beantwortung des Schreibens an meine Mandanten.

Nach sehr ausführlicher Besprechung des Sachverhaltes mit meinen Mandanten und Kontaktnahme mit der früheren Steuerberatung GH Steuerberatungs GmbH sowie dem Masseverwalter IJ darf ich wie folgt ausführen:

Mit Notariatsakt/Abtretungsvertrag vom hat Frau CD die Anteile der AB an der Primärschuldnerin (FN *FN_Nr*) für einen Abtretungspreis von € 5.000,00 übernommen.

In Punkt Siebentens dieses Vertrages wird festgelegt, dass der Übergang aller, mit dem vertragsgegenständlichen Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichte samt eventuell noch nicht ausbezahlten Gewinnanteilen auf die Übernehmerin mit Vertragsunterzeichnung = erfolgt. Mit diesem Datum wurden alle Rechte und Pflichten seitens der neuen Gesellschafterin übernommen.

Mir wurde seitens meiner Mandanten mitgeteilt, dass sich die Übernehmerin der Anteile (CD) gemeldet hat und ausführte, sie habe ca. eineinhalb Jahre in Deutschland ein gleichartiges Unternehmen betrieben, sie möchte ihre berufliche Tätigkeit auch nach Österreich übertragen und hier entsprechend fortführen, entsprechende Erfahrung habe sie.

Seitens meiner Mandanten wurde die neue Gesellschafterin zu Beginn der Tätigkeit und im Wechsel bei der laufenden Organisation und Einteilung der Arbeiten unterstützt, damit sie den bisherigen Arbeitsablauf kennen lernt und über die aktuellen örtlichen Gegebenheiten informiert wird und sich einarbeiten kann.

Die letztliche Entscheidung über die zu setzenden Handlungen und Maßnahmen hat natürlich die neue Gesellschafterin/Geschäftsführerin gehabt. In Bereichen wurde die Vorgangsweise anlässlich der Geschäftsübernahme natürlich erörtert, dies zur Vornahme einer geordneten Übergabe.

Probleme in der Geschäftsführung bzw. Übermittlung erforderlicher Unterlagen an die Steuerberatung zur weiteren Betreuung des Unternehmens traten erst mit Wechsel der handelnden Personen ein.

Laut Bericht der GH Steuerberatungs GmbH gab es vorher keine Probleme in der Kontaktaufnahme und mit der Vertretungstätigkeit, solange meine Mandantin AB bei dieser Gesellschaft geschäftsführende Gesellschafterin war. Gewünschte Unterlagen wurden über Abforderung jederzeit übermittelt und zwar auch vollständig.

Waren darüber hinaus seitens der Steuerberatung noch weitere Informationen gewünscht, so wurden diese von meiner Mandantschaft auch zeitnah und vollständig erbracht.

Diese Verlässlichkeit betraf die gesamte Zeitspanne der Tätigkeit meiner Mandantschaft AB in diesem Unternehmen.

Bis zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile gab es daher im Grunde keine großartigen Rückstände, weder bei der Gebietskrankenkasse noch beim Finanzamt. Das Unternehmen war gut geführt.

Dies zeigt sich auch aus dem Steuerkonto, das mir mit und endend mit vorliegt.

Rückstände hat es zwar im kleinen Rahmen gegeben, da die Zahlungen an das Unternehmen auch meistens verspätet erfolgten, doch waren die Rückstände nicht gravierend, dies im Vergleich mit anderweitigen Unternehmen in dieser Branche.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bei Beschäftigung von Leiharbeitern Rückstände bei Finanz und Gebietskrankenkasse oft sehr schnell einen Stand erreichen, was bei der Primärschuldnerin während der Zeit, während der meine Mandantin tätig war, eben nicht gewesen ist.

Der beim Finanzamt aushaftende Betrag an diversen Steuern und Abgaben, am Steuerkonto laufend genannt mit Tagessaldo, ist allerdings in einem Bereich gelegen, der keine besondere Auffälligkeit auf eine schlechte Unternehmensführung bietet.

Beispielsweise per lag der Tagessaldo mit € 3.920,46 im geringen Bereich. Dieser ist zwar mit August auf € 13.791,71 gestiegen, doch aufgrund einer Zahlung von € 8.000,00 erfolgte eine Reduktion auf € 5.791,71.

Diese Schwankungen zeigen sich über den gesamten Zeitraum des Steuerkontos.

Das bedeutet, dass seitens der Geschäftsführung/seitens des Unternehmens die Geschäfte ordentlich geführt wurden und jene Beträge (die vereinnahmt wurden, eben auch für die erforderlichen Zahlungen an das Finanzamt verwendet wurden.

Sohin zeigt sich, dass die Verbindlichkeiten sich nicht explosionsartig entwickelten, sondern immer in einem gewissen, lebensnahen Bereich blieben.

Dieser Ablauf zeigt sich über das gesamte Kalenderjahr 2015, zumindest über jene Zeit, während der meine Mandantin AB die Geschäftsführung inne hatte.

Im Zuge der unternehmerischen Tätigkeit meiner Mandantin hat sich natürlich auch ihr Vater, mein Mandant Herr Bf, bereit erklärt, sie in gewissem Ausmaß zu unterstützen.

Dadurch erfolgten auch seitens Bf Kontaktnahme mit der Steuerberatung, Beibringung von Unterlagen im Auftrag der Geschäftsführung. So war es möglich, dass meine Mandantschaft die laufende unternehmerische Tätigkeit erbracht hat und unter Beiziehung der GH GmbH die entsprechenden Meldungen tätigte.

Zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Abtretungsvertrages () zeigte sich ein Tagessaldo von € 12.228,78. Unmittelbar davor () wurde ein Betrag von € 10.000,00 beglichen, sodass die voranstehende Verbindlichkeit von € 22.228,78 sich eben um die bezahlten € 10.000,00 auf € 12.228,78 reduzierte.

Es erfolgten dann auch noch weiters Zahlungen und zwar per mit € 7.941,61, mit € 7.000,00, (€ 6.000,00 und € 7.400,00, wobei hier nur die wesentlichen Zahlungen genannt sind, die Bezahlung kleinerer Beträge ist auf dem Steuerkonto zusätzlich noch ersichtlich. Die letzte Zahlung erfolgte dann durch Barzahlung beim Vollstrecker per mit € 7.400,00.

Die neue Gesellschafterin/Geschäftsführerin hat daher ihre Tätigkeit von Beginn an fortführend erbracht und auch noch die anstehenden obangeführten Zahlungen geleistet. Nach dieser Zahlung per wurden seitens der Geschäftsführerin offensichtlich keinerlei weitere Tätigkeiten mehr entfaltet.

Hier greift offensichtlich auch die Beurteilung des Masseverwalters IJ, der in seinem allgemeinen Bericht an das Insolvenzgericht per ausführte, dass die alleinige Gesellschafterin und zugleich handelsrechtliche Geschäftsführerin CD nach dem Jahreswechsel 2015/2016 sich nicht mehr um das schuldnerische Unternehmen kümmerte und auch auf keine Post des Masseverwalters reagierte, desgleichen auch telefonisch nie erreichbar war.

Warum seitens der neuen Gesellschafterin diese Vorgangsweise gewählt wurde, ist meinen Mandanten auch nicht nachvollziehbar, zumal meine Mandanten ein laufendes und im Wesentlichen geordnetes Unternehmen übergeben haben.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das genannte Unternehmen erfolgte auch die steuerliche Prüfung durch das Finanzamt. So kam es auch zur Festsetzung der Beträge an Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer per und Lohnabgaben per . Diese Beträge beruhen allerdings auf einer Schätzung!

Diese Schätzungen sind nicht in Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Geschäftsverlauf.

Die Körperschaftssteuer 2015 beruht auf einer Schätzung, dass ein Gewinn von € 59.000,00 vorliege. Laut in Kopie beiliegender Saldenliste 2015 ergibt sich allerdings für 2015 lediglich ein Gewinn von € 3.317,63 und nicht € 59.000,00. Sohn sind daher die beiden Beträge an Umsatzsteuer € 9.964,13 und Körperschaftssteuer € 13.500,00 den tatsächlichen Geschehnissen nicht entsprechend und auch nicht haltbar.

Die neue Geschäftsführerin/Gesellschafterin hat eben aus nicht nachvollziehbaren Gründen ihre Tätigkeit im Jahr 2016 nicht mehr entsprechend erbracht, sodass sich relativ schnell die Verbindlichkeiten drastisch erhöhten.

Hinzu kommt, dass die genannten Umsatzsteuerfälligkeiten für die Monate Oktober, November und Dezember 2015 sowie Jänner und Februar 2016 allesamt in den Zeitraum fallen, zu dem das Unternehmen bereits übergeben war.

Die hinzugekommenen Beträge Dienstgeberbeitrag betreffen Beendigungsansprüche der Dienstnehmer im Zuge der Insolvenz.
Hiezu ist zu beachten, dass im Unternehmen eine nicht unwesentliche Anzahl von Beschäftigten tätig war und sich auf diesem Wege die dargestellten Beträge verglichen mit der Zahl der Dienstnehmer keine großen Summen in Vergleich mit sonstigen diesbezüglichen Fällen darstellen. Es dürfte sich in der Abrechnung der Dienstgeber, sohin bei den Beendigungsansprüchen um kleinere Unregelmäßigkeiten gehandelt haben, da ansonsten aufgrund der Menge an Dienstnehmer deutlich höhere Summen nachträglich geltend gemacht worden wären.

Darauf zu verweisen ist allerdings, dass die beachtliche Zahl an ausstehenden Dienstgeberbeiträgen allesamt durch die neue Geschäftsführerin zu verantworten ist. Während dieser Zeit lag die Entscheidungsgewalt im Unternehmen in keinster Weise bei meinen Mandanten.

Vergleichsweise ist es zu beachten, dass die Personalkosten bei der Primärschuldnerin während der Tätigkeit und Verantwortung AB im Jahr 2015 bei € 506.197,31 lagen, sodass hier bei kleinen Meldungsfehlern sofort relativ große, zusätzliche Forderungen entstehen.

Zusammengefasst ist daher auszuführen, dass die vorgehaltenen Beträge an Umsatzsteuer/Körperschaftssteuer sowie Dienstgeberbeiträgen allesamt auf Zuschätzungen beruhen und mit dem Jahresergebnis 2015 nicht in Einklang zu bringen sind.

Aufgrund der beiliegenden Saldenliste Kalenderjahr 2015 sind die Ergebnisse der Zuschätzung mit den tatsächlichen Beträgen nicht in Einklang zu bringen. Es wurden offensichtlich fiktive Beträge hinzugeschätzt und lagen den handelnden Personen keinen entsprechenden Unterlagen vor.

Faktisch sind die zugeschätzten Zahlen mit dem Umsatz 2015 nicht in Einklang zu bringen.

Die ebenso vorliegende Saldenliste 2016 ist unvollständig, nur Jänner und Februar haben - und zwar nur lückenhaft Eingang gefunden. Weitere Informationen lagen der Steuerberatung dann nicht mehr vor.

Während der Zeit als die vormalige Gesellschafterin/Geschäftsführerin AB das Unternehmen führte, war dasselbe gut betreut und die entsprechenden Unterlagen der Steuerberatung zugänglich, was sich auch an den entsprechenden Auflistungen zeigt!

Der Grund für die eingetretene Insolvenz wird in der nicht nachvollziehbaren Handlungsweise der neuen Gesellschafterin gelegen sein. Diese war für die wesentlichen Personen nicht mehr erreichbar, auch nicht für die Steuerberatung, sodass diese ihre Tätigkeit nicht mehr weiter erbringen konnte. Auch der Masseverwalter berichtet von keiner Kontaktmöglichkeit mit derselben Person.

Berücksichtigt man nun die in den beiden Haftungsprüfungsvorhalten den Umstand, dass die hinzugeschätzten Beträge dem tatsächlichen Geschäftsverlauf nicht entsprechen, so verbleiben geringe Beträge, die allerdings allesamt nicht in die Zeit der Verantwortlichkeit der Mandantin AB fallen.

Eine rechtliche Verbindung zwischen meinen Mandanten und der neuen Geschäftsführung, wie in den beiden Haftungsprüfungsvorhalten dargestellt, hat es nicht gegeben.

Wären meine Mandanten rechtlich in die Festsetzung der nunmehr vorgehaltenen Beträge involviert gewesen, so wäre bei entsprechender Beschwerde mit Sicherheit eine deutliche Abänderung der zugeschätzten Beträge durch die Instanz erfolgt.

Ich meine, dass durch gegenständliche Ausführungen sich der Sachverhalt auch für Sie, sehr geehrte Damen und Herren, grundlegend ändert und unterbreite ich den Vorschlag, die gegebene Situation im Zuge eines direkten Gespräches bei Ihnen zu erörtern.

Ich komme gerne zu Ihnen nach xxxxxx.
In diesem Zusammenhang ersuche ich daher um Kontaktnahme bzw. Terminvereinbarung."

Beigelegt war eine Saldenliste der Primärschuldnerin für das Jahr 2015, der Notariatsakt über die Abtretung der Gesellschaftsanteile vom und ein Ausdruck des Steuerkontos der Primärschuldnerin für den Zeitraum bis .

Mit Bescheid vom zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Haftung als "de facto Geschäftsführer" für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma Primärschuldnerin in Höhe von € 72.868,47 heran.

Die Begründung lautet wie folgt:
"Gem. § 9 a Abs. 1 BAO haben Personen, die auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabenpflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden (= de facto Geschäftsführer). Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung haften die in Abs. 1 bezeichneten Personen für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Dass Sie auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen Primärschuldnerin, und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss genommen haben, ist aus der Aktenlage und Nachweisen wie folgt einwandfrei ersichtlich:

Mit wurde die Primärschuldnerin, im Firmenbuch unter Nr. *FN_Nr* errichtet und als Geschäftsführerin ihre Tochter Frau AB, geb. Datum****1990, von bis und Frau CD, geb. Datum****1972 für die Zeit ab eingetragen. Laut dem ha. Einbringungsakt haben jedoch nur Sie am , , , , mit den Einbringungsorganen Zahlungsvereinbarungen getroffen und auch Zahlungen geleistet.

Laut allgemeinen Bericht vom und Auskunft vom des Insolvenzverwalters stammen sämtliche Informationen von der bisherigen steuerlichen Vertretung GH GmbH, und Ihnen, dem seit schuldnerischen Dienstnehmer. Nach Auskunft des Insolvenzverwalters haben Sie auch Dienstnehmer der Primärschuldnerin, bereits weit vor Insolvenzeröffnung eingestellt, an- und abgemeldet und mit diesem in Zusammenhang alle Tätigkeiten veranlasst. Die eingetragene Geschäftsführerin CD war bei den Dienstnehmern nicht bekannt gewesen.

Auch waren Sie laut Auskunft des Insolvenzverwalters über die gesamten geschäftlichen Vorgänge bei der Primärschuldnerin, besser informiert als die vorherige Geschäftsführerin AB.

Weiters wird auf die bei der persönlichen Vorsprache ihres Rechtsvertreters Dr. Zerobin am ausgefolgten Darlehensvereinbarung vom zwischen der Fa. EF.,Adr_EF und Primärschuldnerin, verwiesen, wonach Sie als Bürge und Zahler sowie für die Primärschuldnerin, diese Vereinbarung unterfertigt haben. Die im Firmenbuch zuletzt eingetragene Geschäftsführerin CD hat diese nicht unterschrieben.

Aus diesen genannten Gründen haben Sie tatsächlich auf die Erfüllung der Pflichten der Primärschuldnerin Einfluss genommen und haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden. Nach § 9a Abs 2 BAO haften Sie für Abgaben, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftunginanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hierfür nicht erforderlich (z.B. ; ; ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.

Die genannten Beträge sind bei der "Primärschuldnerin" als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage und des bereits beim Landesgericht X unter der AZ *GZ* am Datum2 nach § 13a IO rechtskräftig aufgehobenen Konkursverfahren. Der de facto Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Umsatzsteuer der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hierzu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten. Unterbleibt der Nachweis, können ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden. .

Wurden unbestritten erzielte Einnahmen nicht zumindest anteilsmäßig auch zur Abstattung der Abgabenschuldigkeiten herangezogen, kann von einer die Haftung auslösenden Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen werden. Die Haftung erfährt dann eine Einschränkung auf den Benachteiligungsbetrag, wenn der Haftende den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (ohne diesen Nachweis haftet er für den Gesamtbetrag der uneinbringlich gewordenen Abgabenschuldigkeiten). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt auch für Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich waren (Barzahlung von Wirtschaftsgütern, Zug-um-Zug-Geschäfte).

Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich für die Kapitalertragsteuer (), Beträge gemäß § 99 EStG 1988 und hier der Lohnsteuer. Der de facto Geschäftsführer haftet für die nicht entrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen gewesen ist.

Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs.3 EstG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. ).

Betreffend der Nachforderungen der Lohnabgaben für 2015 aufgrund einer Prüfung erst nach der Insolvenzeröffnung der Primärschuldnerin, ist ebenfalls von einer verschuldeten Pflichtverletzung auszugehen. Es ist gegenständlich aufgrund von festgestellten Fehlberechnungen und Einbehaltungsdifferenzen, welche nicht bloß von geringem Ausmaß waren, zu diesen Nachforderungen gekommen. Betreffend der Abweichung der Haftungsbeträge gegenüber dem Haftungsprüfungsvorhalt wird auf die persönliche Vorsprache Ihres rechtlichen Vertreters Dr. Zerobin am sowie die Haftungsinanspruchnahme für die Lohnabgaben 2014 und anteilig bis einschließlich 10/2015 der Geschäftsführerin AB verwiesen.

Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB. ). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. (§ 9 a Abs. 1 BAO), ()

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. ; ; ). Bei Selbstbemessungsabgaben (z.B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag) ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (z.B. ; ; ) Maßgebend ist somit der Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Abgabe, unabhängig davon, wann sie bescheidmäßig festgesetzt wird. (vgl. zB ; )

Persönliche Umstände des Haftenden sind im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich. .

Die Voraussetzungen der Haftung sind im Abgabenverfahren eigenständig (auch hinsichtlich des Verschuldens) zu beurteilen. Bei der Verwirklichung des Haftungstatbestandes gemäß §§ 9a, 80 Bundesabgabenordnung kommt es darauf an, dass während der Zeit als faktischer Geschäftsführer eine Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben vorgelegen ist und nicht eingehalten wurde. Im Haftungsprüfungsverfahren wird eine detaillierte und präzise Berechnung (rechnerische Darlegung) zur Gleichbehandlung aller Gläubiger abverlangt, aus der die Entrichtung zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen ersichtlich ist und somit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte.

Der Haftungsprüfungsvorhalt wurde zwar mit Stellungnahme vom beantwortet, aber ein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung laut obigen Ausführungen konnte nicht erbracht werden, weshalb Sie als faktischer (de facto) Geschäftsführer anteilig für die bei der Primärschuldnerin Primärschuldnerin, uneinbringlichen Abgaben zur Haftung in Anspruch zu nehmen sind. Als schuldhaft im Sinne des § 9 a Abs. BAO gilt jede Form des Verschuldens. Der Grad des Verschuldens ist irrelevant (leichteste Fahrlässigkeit genügt). Nach der Rechtsprechung ist im Falle, dass eine Pflicht nicht erfüllt wurde, die Verschuldensvermutung gegeben.

Da Sie gemäß obigen Ausführungen aufgrund der de facto Geschäftsführung gemäß § 9 a BAO die Verpflichtung zur Entrichtung der im entsprechenden Ausmaß in diesem Bescheid angeführten Abgaben hatten, war aufgrund der Aktenlage unter Würdigung der entsprechenden Angaben Ihrer Stellungnahme, der vorliegenden Unterlagen und Nachweise sowie im Rahmen des Ermessens der Abgabenbehörde zu entscheiden."

Gegen diesen Haftungsbescheid brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom nachfolgende Beschwerde ein:
"In außen näher bezeichneter Rechtssache erstattet der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Vertreter gegen den Haftungsbescheid vom zu Abgabenkonto Nr. *Str.Nr.* nachstehende
BESCHWERDE
und führt diese aus wie folgt:

Vorgenannter Bescheid wird zur Gänze angefochten. Mit Notariatsakt/Abtretungsvertrag vom hat CD die Anteile der AB an der Primärschuldnerin (FN *FN_Nr*) für einen Abtretungspreis von € 5.000,00 übernommen.

In Punkt Siebentens dieses Vertrages wird festgelegt, dass der Übergang aller, mit dem vertragsgegenständlichen Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichte samt eventuell noch nicht ausbezahlten Gewinnanteilen auf die Übernehmerin mit Vertragsunterzeichnung = erfolgt.

Mit diesem Datum wurden alle Rechte und Pflichten seitens der neuen Gesellschafterin übernommen. Die Übernehmerin der Anteile (CD) erklärte, sie habe ca. eineinhalb Jahre in Deutschland ein gleichartiges Unternehmen betrieben, sie möchte ihre berufliche Tätigkeit auch nach Österreich übertragen und hier entsprechend fortführen, entsprechende Erfahrung habe sie.

Die neue Gesellschafterin wurde zu Beginn der Tätigkeit und im Wechsel bei der laufenden Organisation und Einteilung der Arbeiten unterstützt, damit sie den bisherigen Arbeitsablauf kennenlernt und über die aktuellen örtlichen Gegebenheiten informiert wird und sich einarbeiten kann. Jegliche Entscheidung über die zu setzenden Handlungen und Maßnahmen hat natürlich die neue Gesellschafterin/Geschäftsführerin gehabt. In Bereichen wurde die Vorgangsweise anlässlich der Geschäftsübernahme natürlich erörtert, dies zur Vornahme einer geordneten Übergabe.

Probleme in der Geschäftsführung bzw. Übermittlung erforderlicher Unterlagen an die Steuerberatung zur weiteren Betreuung des Unternehmens traten erst mit Wechsel der handelnden Personen ein. Laut Bericht der GH Steuerberatungs GmbH gab es vorher keine Probleme in der Kontaktaufnahme und mit der Vertretungstätigkeit, solange AB bei dieser Gesellschaft geschäftsführende Gesellschafterin war.

Gewünschte Unterlagen wurden über Abforderung jederzeit übermittelt und zwar auch vollständig. Waren darüber hinaus seitens der Steuerberatung noch weitere Informationen gewünscht, so wurden diese auch zeitnah und vollständig erbracht. Diese Verlässlichkeit betraf die gesamte Zeitspanne der Tätigkeit AB in diesem Unternehmen.

Bis zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile gab es daher im Grunde keine großartigen Rückstände, weder bei der Gebietskrankenkasse, noch beim Finanzamt. Das Unternehmen war gut geführt. Dies zeigt sich auch aus dem Steuerkonto, das mit beginnend und endend mit vorliegt.

Rückstände hat es zwar im kleinen Rahmen schon gegeben, da die Zahlungen an das Unternehmen selbst auch meistens verspätet erfolgten, doch waren die Rückstände nicht gravierend, dies im Vergleich mit anderweitigen Unternehmen in dieser Branche. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bei Beschäftigung von Leiharbeitern Rückstände bei Finanz und Gebietskrankenkasse oft sehr schnell einen sehr hohen Stand erreichen, was bei der Primärschuldnerin während der Zeit, während der meine Mandantin tätig war, geradezu nicht gewesen ist.

Der beim Finanzamt aushaftende Betrag an diversen Steuern und Abgaben (am Steuerkonto laufend genannt mit Tagessaldo), ist allerdings in einem Bereich gelegen, der keine besondere Auffälligkeit und sohin auch keinen Hinweis auf eine schlechte Unternehmensführung bietet.

Beispielsweise per lag der Tagessaldo mit € 3.920,46 im untersten Bereich. Dieser ist zwar mit August auf € 13.791,71 gestiegen, doch aufgrund einer Zahlung von € 8.000,00 erfolgte rasch eine Reduktion auf € 5.791,71. Diese Schwankungen zeigen sich über den gesamten Zeitraum des Steuerkontos.

Das bedeutet, dass seitens der Geschäftsführung/seitens des Unternehmens die Geschäfte ordentlich geführt wurden und jene Beträge, die vereinnahmt wurden, eben auch für die erforderlichen Zahlungen an das Finanzamt verwendet wurden. Sohin zeigt sich, dass sich die Verbindlichkeiten nicht explosionsartig entwickelten, sondern immer in einem gewissen, lebensnahen Bereich blieben.

Dieser Ablauf zeigt sich über das gesamte Kalenderjahr 2015, zumindest über jene Zeit, während der meine Mandantin AB die Geschäftsführung inne hatte. Im Zuge der unternehmerischen Tätigkeit meiner Mandantin hat sich natürlich auch ihr Vater, Herr Bf, bereit erklärt, sie in gewissem Ausmaß zu unterstützen. Dadurch erfolgten auch seitens Bf Kontaktnahme mit der Steuerberatung, Beibringung von Unterlagen im Auftrag der Geschäftsführung.

So war es möglich, dass meine Mandantschaft die laufende unternehmerische Tätigkeit erbringen konnte und unter Beiziehung der GH Steuerberatungs GmbH die entsprechenden Meldungen tätigte.

Zum Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Abtretungsvertrages () zeigte sich ein Tagessaldo von € 12.228,78. Unmittelbar davor () wurde ein Betrag von € 10.000,00 beglichen, sodass die voranstehende Verbindlichkeit von € 22.228,78 sich eben um die bezahlten € 10.000,00 auf € 12.228,78 reduzierte.

Es erfolgten dann auch noch weitere Zahlungen und zwar per mit € 7.941,61, mit € 7.000,00, € 6.000,00 und € 7.400,00, wobei hier nur die wesentlichen Zahlungen genannt sind, die Bezahlung kleinerer Beträge ist auf dem Steuerkonto zusätzlich noch ersichtlich.

Die letzte Zahlung erfolgte dann durch Barzahlung beim Vollstrecker per mit € 7.400,00. Die neue Gesellschafterin/Geschäftsführerin hat daher ihre Tätigkeit von Beginn an fortführend erbracht und auch noch die anstehenden obangeführten Zahlungen geleistet. Nach dieser Zahlung per wurden seitens der Geschäftsführerin offensichtlich keinerlei weitere Tätigkeiten mehr entfaltet.

Hier greift offensichtlich auch die Beurteilung des Masseverwalters IJ, der in seinem allgemeinen Bericht an das Insolvenzgericht per ausführte, dass die alleinige Gesellschafterin und zugleich handelsrechtliche Geschäftsführerin CD nach dem Jahreswechsel 2015/2016 sich nicht mehr um das schuldnerische Unternehmen kümmerte und auch auf keine Post des Masseverwalters reagierte, desgleichen auch telefonisch nie erreichbar war. Warum seitens der neuen Gesellschafterin diese Vorgangsweise gewählt wurde, ist meinen Mandanten auch nicht nachvollziehbar, zumal meine Mandanten ein laufendes und im Wesentlichen geordnetes Unternehmen übergeben haben.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das genannte Unternehmen erfolgte auch die steuerliche Prüfung durch das Finanzamt. So kam es auch zur Festsetzung der Beträge an Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer per und Lohnabgaben per . Diese Beträge beruhen allerdings auf einer Schätzung!

Diese Schätzungen sind nicht in Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Geschäftsverlauf. Die Körperschaftssteuer 2015 beruht auf einer Schätzung, dass ein Gewinn von € 59.000,00 vorliege.

Laut in Kopie beiliegender Saldenliste 2015 ergibt sich allerdings für 2015 lediglich ein Gewinn von € 3.317,63 und nicht € 59.000,00. Sohin sind daher die beiden Beträge an Umsatzsteuer € 9.964,13 und Körperschaftssteuer € 13.500,00 den tatsächlichen Geschehnissen nicht entsprechend und auch nicht haltbar. Die neue Geschäftsführerin/Gesellschafterin hat eben aus nicht nachvollziehbaren Gründen ihre Tätigkeit im Jahr 2016 nicht mehr entsprechend erbracht, sodass sich relativ schnell die Verbindlichkeiten drastisch erhöhten.

Hinzu kommt, dass die genannten Umsatzsteuerfälligkeiten für die Monate Oktober, November und Dezember 2015 sowie Jänner und Februar 2016 allesamt in den Zeitraum fallen, zu dem das Unternehmen bereits übergeben war.

Die hinzugekommenen Beträge Dienstgeberbeitrag betreffen Beendigungsansprüche der Dienstnehmer im Zuge der Insolvenz. Hiezu ist zu beachten, dass im Unternehmen eine nicht unwesentliche Anzahl von Beschäftigten tätig war und sich auf diesem Wege die dargestellten Beträge - verglichen mit der Zahl der Dienstnehmer - keine großen Summen in Vergleich mit sonstigen, diesbezüglichen Fällen darstellen. Es dürfte sich in der Abrechnung der Dienstgeber, sohin bei den Beendigungsansprüchen um kleinere Unregelmäßigkeiten gehandelt haben, da ansonsten aufgrund der Menge an Dienstnehmer deutlich höhere Summen nachträglich geltend gemacht worden wären.

Darauf zu verweisen ist allerdings, dass die beachtliche Zahl an ausstehenden Dienstgeberbeiträgen allesamt durch die neue Geschäftsführerin zu verantworten ist. Während dieser Zeit lag die Entscheidungsgewalt im Unternehmen in keinster Weise weder bei der alten Geschäftsführung noch bei Bf.

Vergleichsweise ist es zu beachten, dass die Personalkosten bei der Primärschuldnerin während der Tätigkeit und Verantwortung AB im Jahr 2015 bei € 506.197,31 lagen, sodass hier selbst bei kleinen Meldungsfehlern sofort relativ große, zusätzliche Forderungen entstehen. Zusammengefasst ist daher auszuführen, dass die vorgehaltenen Beträge an Umsatzsteuer/Körperschaftssteuer sowie Dienstgeberbeiträgen allesamt auf Zuschätzungen beruhen und mit dem Jahresergebnis 2015 nicht in Einklang zu bringen sind. Aufgrund der beiliegenden Saldenliste Kalenderjahr 2015 sind die Ergebnisse der Zuschätzung mit den tatsächlichen Beträgen nicht in Einklang zu bringen.

Es wurden offensichtlich fiktive Beträge hinzugeschätzt und lagen den handelnden Personen keinen entsprechenden Unterlagen vor. Faktisch sind die zugeschätzten Zahlen mit dem Umsatz 2015 nicht in Einklang zu bringen.

Die ebenso vorliegende Saldenliste 2016 ist unvollständig, nur Jänner und Februar haben - und zwar nur lückenhaft - Eingang gefunden. Weitere Informationen lagen der Steuerberatung dann nicht mehr vor. Während der Zeit als die vormalige Gesellschafterin/Geschäftsführerin AB das Unternehmen führte, war dasselbe gut betreut und die entsprechenden Unterlagen der Steuerberatung zugänglich, was sich auch an den entsprechenden Auflistungen zeigt!

Der Grund für die eingetretene Insolvenz wird in der nicht nachvollziehbaren Handlungsweise der neuen Gesellschafterin gelegen sein. Diese war für die wesentlichen Personen nicht mehr erreichbar, auch nicht für die Steuerberatung, sodass diese ihre Tätigkeit nicht mehr weiter erbringen konnte. Auch der Masseverwalter berichtet von keiner Kontaktmöglichkeit mit derselben Person. Berücksichtigt man nun in dem Haftungsprüfungsvorhalt den Umstand, dass die hinzugeschätzten Beträge dem tatsächlichen Geschäftsverlauf nicht entsprechen, so verbleiben geringe Beträge, die allerdings allesamt nicht in die Zeit der Verantwortlichkeit der vorherigen Geschäftsführung AB fallen.

Eine rechtliche Verbindung zwischen Bf und der neuen Geschäftsführung, wie in dem Haftungsprüfungsvorhalt dargestellt, hat es daher nicht gegeben. Die dargestellten Handlungen des Bf sind Unterstützungshandlungen der Tochter gewesen, die letztendlich auch dazu geführt haben, dass mit Übergabe der Verantwortlichkeit an die neue Geschäftsführerin nur geringe Rückstände vorgelegen haben. Daher sind die Vorhaltungen zu Lasten Bf vom und , wonach er mit dem Einbringungsorgan Zahlungsvereinbarungen getroffen hat, nicht haltbar. Die Termine , und sind ausschließlich aus dem Umstand erfolgt, da die neue Geschäftsführerin und Gesellschafterin nicht mehr ihre Unternehmensführung erbrachte, sodass er zur Hintanhaltung eines unkontrollierten "Zusammenbruches" mit dem Einbringungsorgan, das ihm bekannt war, Kontakt hatte. Sämtliche Handlungen vor Insolvenzeröffnung erfolgten in Abstimmung mit der Geschäftsführerin AB und über deren Auftrag!

Aus der Berichterstattung des Masseverwalters ist keine Information ersichtlich, dass Bf besser über die Vorgänge bei der Primärschuldnerin informiert sei, als die vorherige Geschäftsführerin AB.

Die Handlungen des Bf waren laufende Unterstützungen des Unternehmens der Tochter. Betreffend die angesprochene Darlehensvereinbarung ist auszuführen, dass hier offensichtlich seitens des Darlehensgebers EF eine unrichtige Belehrung des Bf und der Gattin_Bf durchgeführt wurden. Deren Haftung ist unzweifelhaft nicht von Gesetzes wegen gegeben gewesen, die Zusammenarbeit mit EF hätte in keinster Weise eine persönliche Haftung gegenüber diesem Unternehmen mit sich bringen müssen. Hiebei waren Bf und Gattin_Bf unrichtig informiert.

Insgesamt gesehen ist daher kein Grund gegeben, von einer Haftung des Bf auszugehen.
Beweis:
Saldenliste Kalenderjahr 2015 (2 Seiten)
Saldenliste bis (1 Seite)
Notariatsakt Mag. *Notar* vom (5 Seiten)
Steuerkonto (7 Seiten)
Einvernahme Bf

Weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten

Aus dem gesamten obigen Vorbringen geht hervor, dass seitens des Bf nicht einmal das geringste Verschulden gegeben ist, nicht einmal leichteste Fahrlässigkeit vorliegt.

Insgesamt gesehen ergeht daher der

ANTRAG

1) vorliegender Beschwerde Folge zu geben, den bekämpften Haftungsbescheid zu
beheben und das laufende Verfahren ersatzlos einzustellen

2) in eventu vorliegender Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Haftungsbescheid zu beheben und das Verfahren zur neuerlichen Beschlussfassung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen."

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wollte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vorladen. In diesem Zusammenhang richtete der Vertreter des Beschwerdeführers folgende Faxnachricht an die belangte Behörde:
"Betreff: Bf - Vorladung (38 *Str.Nr_2*)

Sehr geehrte Frau KL!

In obiger Angelegenheit habe ich Ihre Mitteilung, wonach die Befragung die Vornahme einer Anfrage an das Kontenregister betrifft.

Für mich war allerdings nunmehr die Frage, ob es nicht auch möglich ist, dass die Fragen an Herrn Bf seitens des Finanzamtes schriftlich gestellt werden, um eine ausführliche Beantwortung auf schriftlichem Wege vornehmen zu können.

In diesem Sinne ersuche ich daher höflich um Übermittlung der Fragen in schriftlicher Form. Sollten Sie allerdings eine direkte Einvernahme für unerlässlich erachten, so ersuche ich um Anruf in der Kanzlei, damit wir einen einvernehmlichen Termin festlegen können. Ich danke für Ihre Veranlassung im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen"

Am wurde nachfolgende Niederschrift mit dem Beschwerdeführer aufgenommen:
"Niederschrift

in ****** um 10:00 mit Herrn Bf, geboren am Datum****1966, von Beruf Arbeiter, betreffend Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom als Abgabepflichtiger in Gegenwart von ADir MN und ADir KL.

Betreffend die Vorladung vom gegen die Beschwerde zum Haftungsbescheid ist neben dem Abgabepflichtigen auch Hr. Dr. Zerobin, RA aus Wr. Neustadt anwesend.
Hr. Bf hat die Zustimmung zur Anwesenheit während der Befragung erteilt. Auf die Frage warum Hr. Bf zeichnungsberechtigt bei dem Konto der Primärschuldnerin (Raiffeisenbank *** eGen, *IBAN_Nr*) ist, wird folgende Antwort gegeben:

Ich glaube ich war auch während der GF-Tätigkeit meiner Tochter bei der Primärschuldnerin am oben angeführten Konto zeichnungsberechtigt. Ich bin bei der Fa. Primärschuldnerin nur Vorarbeiter und wenn die GF, Fr. CD nicht anwesend war, durfte ich nur über Anweisung der GF, Zahlungen leisten und Personal auf Baustellen verteilen.
Neuaufnahmen hat Fr. CD eingestellt.

Fr. CD hatte im Büro einen Schlafplatz. Zu Beginn der GF-Tätigkeit von Fr. CD habe ich diese bei dem Kennenlernen des Personales unterstützt. Ich betone, dass ich nur über Anweisung der GF, wenn diese nicht anwesend war, Handlungen setzte. Die GF war mindestens drei bis vier Tage in der Woche anwesend. Während ihrer Anwesenheit hat die GF alle Handlungen selbst vorgenommen. Ich habe dann nur meine Tätigkeit als Arbeiter in der Firma erbracht.

Auf die Frage wer während der Abwesenheit der GF das Firmentelefon verwendete war die Antwort: ich weiß es nicht mehr."

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Der Beschwerdeführer bekämpft den gesamten Bescheid und wendet zusammengefasst ein, dass in der Zeit der Geschäftsführung der Tochter des Haftungspflichtigen, AB, dieser sie in der Geschäftsführung unterstützt habe. Es seien in dieser Zeit auch keine nennenswerten Rückstände auf dem Abgabenkonto entstanden. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile habe es kaum Abgabenverbindlichkeiten gegeben. Der nachfolgenden Gesellschafterin/Geschäftsführerin sei ein geordnetes Unternehmen übergeben worden, worin sie ihre Tätigkeit von Beginn an fortführend erbringen konnte und auch erbracht habe. Warum sie sich ab dem Jahreswechsel 2015/2016 nicht mehr um das schuldnerische Unternehmen gekümmert habe, sei auch dem Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar.

§ 9a BAO lautet:
(1) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 f bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuführen, dass diese Pflichten erfüllt werden.
(2) Die in Abs. 1 bezeichneten Personen haften für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können. § 9 Abs. 2 gilt sinngemäß. ((AbgÄG 2012, BGBl I 2012/112 ab )

Mit Abtretungsvertrag vom wurden die gesamten Gesellschaftsanteile an der Fa. Primärschuldnerin von AB auf CD abgetreten, die auch als alleinige Geschäftsführerin im Firmenbuch eingetragen wurde.

Die Fälligkeiten der in Haftung gezogenen Abgaben betreffen durchwegs Zeitpunkte, zu denen bereits Frau CD Geschäftsführerin war. Aus dem Einbringungsakt ist ersichtlich, dass aber mit dem Einbringungsorgan für diese Abgaben nur der Haftungspflichtige Bf in Kontakt getreten ist und auch Zahlungsvereinbarungen getroffen hat. Die Einbringungsorgane haben die Geschäftsführerin nicht kontaktieren können. Dies deckt sich auch mit dem Schreiben des Insolvenzverwalters, vom , an die Abgabenbehörde, in dem er mitteilt, dass er niemals Kontakt zur handelsrechtlichen Geschäftsführerin, CD hatte und diese für ihn niemals greifbar war. Seine Kontaktperson war Bf. Er war in der Primärschuldnerin als Lagerarbeiter angemeldet und beschäftigt. Bf konnte ihm wesentliche Fragen betreffend das insolvente Unternehmen beantworten. Bf hat auch für den Insolvenzverwalter den einzelnen Dienstnehmern die Beendigungsvereinbarungen ihrer Dienstverhältnisse unterschreiben lassen. In diesen Zusammenhang haben sich etliche Dienstnehmer auch an den Insolvenzverwalter gewendet und diesem auf Befragung mitgeteilt, dass ihre Einstellung und Anmeldung bei der GKK durch Bf vorgenommen bzw. veranlasst wurde. Die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführerin und 100 % Gesellschafterin der Primärschuldnerin ist ihnen nicht bekannt gewesen. Überraschend für den Insolvenzverwalter war auch, das die vorhergehende Geschäftsführerin und Gesellschafterin, AB, relativ uninformiert über die geschäftlichen Vorgänge der Gesellschaft war.

Weiters ist aus der Aktenlage ersichtlich, dass für die Primärschuldnerin am eine Darlehensvereinbarung mit der Fa. EF, Adr_EF, abgeschlossen wurde. Diese Darlehensvereinbarung wurde von Bf als Bürge und Zahler sowie offenbar von diesem auch für die Primärschuldnerin unterschrieben. Die im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführerin hat nicht unterschrieben. Es ist daher äußerst unglaubwürdig, dass Bf lediglich als Lagerarbeiter in der Fa. Primärschuldnerin tätig war, und es widerspricht auch allen wirtschaftlich gebräuchlichen Verhaltensregeln, dass ein Lagerarbeiter die geschäftlichen Abläufe des Unternehmens besser kennt als die Geschäftsführerin.

Weiters geht aus der Niederschrift vom mit dem Bf hervor, dass er auf dem Firmenkonto der GmbH zeichnungsberechtigt war. Es widerspricht allen wirtschaftlichen Usancen, dass ein Lagerarbeiter auf dem Geschäftskonto des Arbeitgebers zeichnungsberechtigt ist. Aufgrund aller dieser Fakten geht eindeutig hervor, dass Bf daher faktisch als tatsächlicher Machthaber der Gesellschaft tätig war. Weiters wird vom Beschwerdeführer auch eingewendet, dass die Umsatz- und Körperschaftsteuer 2015 jeweils im Schätzungsweg zu hoch festgesetzt wurden.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Beschwerde über den Haftungsbescheid innerhalb der offenstehenden Beschwerdefrist für den Haftungsbescheid auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch (sohin gegen den Abgabenbescheid) Bescheidbeschwerde einbringen. Dies ist offensichtlich nicht erfolgt."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter die Vorlage der Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Beschluss vom

Mit Beschluss vom wandte sich das Bundesfinanzgericht an die belangte Behörde wie folgt:
"Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger gemäß § 9a iVm § 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma Primärschuldnerin (Str. Nr. 38-*Str.Nr.*) im Ausmaß von € 72.868,47 in Anspruch genommen. In der Begründung wird dazu angeführt, dass Personen, die auf die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter Einfluss nehmen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben haben, dass diese Vertreter ihre Pflichten erfüllen (= de facto Geschäftsführer).

Unter anderem wurde der Beschwerdeführer für Körperschaftsteuer 2015 in Höhe von € 13.500,-- zur Haftung herangezogen, wobei die Fälligkeit dieser Abgabe mit bezeichnet und auf einen Bescheid vom verwiesen wird.

Aus dem Firmenbuchauszug der mittlerweile gelöschten Primärschuldnerin geht hervor, dass seit ein Masseverwalter bestellt wurde. Dementsprechend wurde der Körperschaftsteuerbescheid 2015 vom auch an den Masseverwalter adressiert.

Die Fälligkeit der Körperschaftsteuer 2015 lag somit in einem Zeitraum, in dem im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführern die Verfügungsgewalt über das Vermögen der Primärschuldnerin entzogen war."

Mit Schreiben vom langte nachfolgende Beantwortung der belangten Behörde ein:
"Der Haftungspflichtige Bf wurde mit Bescheid vom für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma Primärschuldnerin, über € 72.868,47 gemäß § 9a iVm § 80 BAO zur Haftung in Anspruch genommen.

Das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin wurde am Datum1 eröffnet, weshalb alle bis zu diesem Zeitpunkt fälligen Abgabenschuldigkeiten für die Haftung zu berücksichtigen sind. Die im Haftungsbescheid vom angeführte Körperschaftssteuer 2015 war jedoch fällig am und wurde mit Bescheid vom festgesetzt. Auf Grund der Insolvenzeröffnung am Datum1 hatten die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer daher keine Verfügungsgewalt mehr über das Vermögen der Primärschuldnerin. Demgemäß erfolgte die Haftungsinanspruchnahme für die Körperschaftssteuer 2015 über € 13.500,00 somit nicht zu Recht.
Für allfällige Rückfragen steht das Finanzamt gerne zur Verfügung."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Gesellschafterinnen und Geschäftsführerinnen der Primärschuldnerin waren AB und CD. Der Beschwerdeführer war zwar nicht als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen, hat jedoch Geschäftsführungshandlungen vorgenommen. Abgabenforderungen der Primärschuldnerin wurden nicht entrichtet.

Mit Beschluss des Landesgerichtes**** vom Datum1 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin Fa. Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und in der Folge mit Beschluss desselben Gerichtes vom Datum2 nach Verteilung an die Massegläubiger wieder aufgehoben. Am erfolgte die amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG. Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten steht somit fest.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen zum Insolvenzverfahren beruhen einerseits auf Eintragungen im Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin und andererseits auf den Angaben des Beschwerdeführers und dem vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Firmenbuchauszug geht hervor, dass ab Masseverwalter bestellt war. Ebenfalls aus dem Firmenbuchauszug geht hervor, dass die Tätigkeit als Masseverwalter mit Eintragung vom wieder gelöscht wurde.

Aus der Schlussrechnung des Masseverwalters vom geht hervor, dass das Massevermögen € 13.944,73 betrug und nur Masseforderungen befriedigt werden konnte. Darüber hinaus ist im Bericht, der mit demselben Schriftsatz erstattet wurde wie die Schlussrechnung, festgehalten, dass die Insolvenzgläubiger mit keiner Quotenausschüttung rechnen können.

Die Feststellungen zu den Geschäftsführerinnen und Gesellschafterinnen gründet sich auf die Eintragungen im Firmenbuch. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters vom geht hervor, dass die Geschäftsführerin/Gesellschafterin CD seit Ende 2015 untergetaucht ist und sich nicht mehr um das schuldnerische Unternehmen kümmerte. Informationen wurden dem Masseverwalter -nach seinen Angaben, an denen kein Grund zu zweifeln besteht - vom ehemaligen steuerlichen Vertreter der Primärschuldnerin und vom Beschwerdeführer erteilt.
Mit Schreiben vom teilte der Masseverwalter der belangten Behörde mit, dass er im Zuge seiner Prüftätigkeit als Masseverwalter feststellte, dass einer der Dienstnehmer der Primärschuldnerin der Beschwerdeführer war, den der Masseverwalter bereits aus früheren Insolvenzverfahren kannte. Der Beschwerdeführer konnte dem Masseverwalter wesentliche Informationen zum Unternehmen erteilen. Im Zuge der Auflösung der Beschäftigungsverhältnisse hatte der Masseverwalter auch telefonischen Kontakt zu einigen Beschäftigten der Primärschuldnerin, wobei ihm diese mitgeteilt hatten, dass sie eine Person CD nicht kannten und die Einstellung sowie An- und Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse durch den Beschwerdeführer erfolgte. Hingegen zeigte sich die (ehemalige) Geschäftsführerin AB (die Tochter des Beschwerdeführers) gegenüber dem Masseverwalter uninformiert, was geschäftliche Vorgänge der Primärschuldnerin betraf.
Aus Aktenvermerken der belangten Behörde geht hervor, dass die belangte Behörde öfters (telefonischen) Kontakt zum Beschwerdeführer hatte, wenn es um die Abgabenschulden der Primärschuldnerin ging. Schließlich geht aus der Niederschrift der belangten Behörde mit dem Beschwerdeführer auch hervor, dass er am Bankkonto der Primärschuldnerin zeichnungsberechtigt war; dies obwohl er als Lagerarbeiter bzw. Vorarbeiter - nach Angaben des Masseverwalters - mit 20 Wochenstunden mit einem Nettolohn von € 441,-- bei der Sozialversicherung angemeldet war.

Schließlich verwies der Masseverwalter noch auf eine Darlehensvereinbarung zwischen der Primärschuldnerin und der EF vom , welcher der Beschwerdeführer und seine Gattin (die als Reinigungskraft im Unternehmen der Primärschuldnerin mit 20 Wochenstunden beschäftigt war), beigetreten sind. Während die Unterschriften des Beschwerdeführers und seiner Gattin lesbar bzw. wiedererkennbar sind (so stimmt die Unterschrift des Beschwerdeführers am Darlehensvertrag mit jener auf der Niederschrift mit der belangten Behörde vom überein), kann das Bundesfinanzgericht an der - schwer lesbare - Unterschrift, die für die Primärschuldnerin geleistet wurde, so gar keine Ähnlichkeit mit der Unterschrift der Gesellschafterin-Geschäftsführerin CD, die sich am Notariatsakt vom erkannt werden. Bereits die belangte Behörde hat im angefochtenen Haftungsbescheid darauf hingewiesen, dass die im maßgeblichen Zeitpunkt vertretungsbefugte Geschäftsführerin CD diese Vereinbarung nicht unterschrieben hat. Dem ist der Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten.

Im zeitlichen Naheverhältnis zu diesem Darlehensvertrag gab es mehrere telefonische Kontakte zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer, bei denen es um die Abgabenrückstände der Primärschuldnerin ging und der Beschwerdeführer diesbezügliche Erklärungen gegenüber der belangten Behörde abgegeben hat.

Die Darstellung des Beschwerdeführers in der Beschwerde vom , dass es sich bei seinen Tätigkeiten lediglich um Unterstützungshandlungen gehandelt haben soll, ist hingegen wenig glaubhaft, wenn eine Leiharbeitsfirma im Wesentlichen nur eine Auftraggeberin hat (siehe Bericht des Masseverwalters vom ) und der Beschwerdeführer sich um die Einstellung und An-bzw. Abmeldung der Arbeitnehmer kümmert und auch über die Disposition in finanziellen Angelegenheiten bestimmt.

Nach § 167 Abs 2 BAO ist nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Rechtsgrundlagen

§ 9 BAO lautet:

§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden.

§ 9a BAO lautet:

§ 9a. (1) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(2) Die in Abs. 1 bezeichneten Personen haften für Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge ihrer Einflussnahme nicht eingebracht werden können. § 9 Abs. 2 gilt sinngemäß.

§ 80 BAO lautet:

2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

Rechtliche Erwägungen

Tatbestand:

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach den §§ 9 und 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (). Die Haftung nach § 9BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet ().

Die Haftung nach § 9 BAO stellt nicht die Haftung für einen Schaden dar, welcher dem Abgabengläubiger bei Gesamtbetrachtung der Abgabenschulden mehrerer Abgabenschuldner entstanden ist, sondern der Tatbestand des § 9 BAO stellt darauf ab, dass Abgabenschulden eines Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können. Als Geschäftsführer der Primärschuldnerin war der Beschwerdeführer ihr Vertreter.

Auch die Haftung nach § 9a Abs 1 BAO ist eine Ausfallshaftung, zumal sie nur insoweit besteht, als die Abgaben infolge der Einflussnahme nicht eingebracht werden können. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (). Es entspricht daher dem Gesetz, wenn die Behörde die Haftung erst dann geltend macht, wenn sie Kenntnis über das Ausmaß der Uneinbringlichkeit hat ().
Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit. Diese ist erst dann anzunehmen, wenn im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; schließlich würde selbst eine geringe Quote die Haftung betragsmäßig entsprechend vermindern (zB ).

Mit § 9a BAO wird der Personenkreis, den die Ausfallshaftung des § 9 BAO trifft, auf Personen erweitert, die entweder faktische Geschäftsführer sind oder die den Vertreter dahingehend beeinflussen, dass abgabenrechtliche Pflichten durch den Vertreter verletzt werden (vgl. Ritz, BAO6, § 9a Tz 1). Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage verweisen darauf, dass der Sinn und Zweck der Bestimmung darin besteht, die tatsächlich handelnde Person einer persönlichen Haftung zu unterziehen, der sie mangels formaler Bestellung als Geschäftsführer nach § 9 BAO entgehen würde.

Pflichtverletzung:
Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-,Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer besteht darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen unterlassen wurden.

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9a BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist.

Eine Haftung kommt auch für aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entstandene Abgabenschulden in Betracht (vgl. ).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob eine Pflicht bestanden hat, die verletzt wurde, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Abgabenbescheide haben im Spruch den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu enthalten (§ 198 Abs 2 BAO). Bezieht sich die Angabe der Fälligkeit nicht auf die gesamte festgesetzte Abgabe, sondern nur auf einen Teil (zB Nachforderung gegenüber einem Vorauszahlungsbescheid), so ist außer dem Zeitpunkt auch der Betrag zu nennen, auf den er sich bezieht; dieser Betrag (Höhe der Nachforderung) ist Spruchbestandteil (Ritz, BAO6, § 198 Tz 12; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 198 Anm 20). Gemäß § 210 Abs 1 BAO werden Abgaben - unbeschadet besonderer Regelungen - mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig (zB für Einkommensteuerabschlusszahlungen nach § 46 EStG, wobei die Bestimmung auch für die Körperschaftsteuer gilt). Gemäß § 45 Abs 2 EStG sind die Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten; die Fälligkeiten sind gesetzlich vorgegeben und können vom Finanzamt nicht bescheidmäßig abgeändert werden (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 45 Anm 15). Gemäß § 24 Abs 3 KStG sind die Vorschriften des EStG über die Entrichtung der Körperschaftsteuer sinngemäß anzuwenden. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit ().
Gemäß § 21 Abs 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung (Steuererklärung) einzureichen. Eine sich ergebende Vorauszahlung ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Somit wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung zur Umsatzsteuer (Jahresumsatzsteuerbescheid) keine von § 21 Abs 1 und 3 UStG abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt. Gemäß § 79 Abs 1 EStG ist die Lohnsteuer spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats abzuführen. Ebenso bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Kalendermonats ist der Dienstgeberbeitrag (§ 43 Abs 1 FLAG) und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (§ 122 WKG iVm § 43 FLAG) zu entrichten. Der Dienstgeberbeitrag ist gem § 41 Abs 3 FLAG von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen (). Gemäß § 96 Abs 1 EStG ist die Kapitalertragsteuer für Ausschüttungen binnen einer Woche nach dem Zufließen abzuführen.
Gemäß § 4 Abs 1 WAG hat der Abgabenschuldner die Abgabe selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats zu entrichten. Eine gemäß § 201 BAO festgesetzte Abgabe hat die im Abs 1 genannte Fälligkeit.

Unabhängig von wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft ist die Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr von Umsatzsteuern, Lohnabgaben oder Kapitalertragsteuer jedenfalls schuldhaft, weil es sich dabei um solche Abgaben handelt, deren Entrichtung bzw Abfuhr bei korrekter Geschäftsführung durch diese Schwierigkeiten nicht gehindert war ().

Bereits aus der Überschrift zu § 1 IO ist ersichtlich, dass sowohl ein Konkurs- als auch ein Sanierungsverfahren ein Insolvenzverfahren ist. Gemäß § 74 Abs 1 IO ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch ein Edikt öffentlich bekanntzumachen, wobei das Verfahren ausdrücklich entweder als Konkursverfahren oder als Sanierungsverfahren zu bezeichnen ist. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom Datum1 zur Geschäftszahl *GZ* wurde das Konkursverfahren über die Primärschuldnerin eröffnet. Gemäß § 2 IO treten die Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt. Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Somit konnte der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt keine Zahlungen für die Primärschuldner mehr vornehmen. Für Abgaben, die nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, kann der faktische Vertreter nicht zur Haftung herangezogen werden. Somit ist der Beschwerde für folgende Abgaben Folge zu geben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Haftungsbetrag
Körperschaftsteuer
2015
13.500,00

Ausmaß der Haftung:
Auch die Haftung des § 9a BAO ist subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann als Haftende in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität). Die Haftungsschuld ist weiters ihrem bloß sichernden Charakter zufolge in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig. Ist die Hauptschuld nicht (gültig) entstanden oder ist sie erloschen oder hat nur mehr den Charakter einer Naturalobligation (), ist auch eine Haftung für diese nicht denkbar (). Das Erlöschen der Abgabenschuld wird unter anderem durch die Entrichtung der Abgaben - etwa durch einen Gesamtschuldner - bewirkt (), durch Nachsicht oder Löschung (vgl Ritz, BAO6, § 4 Tz 9).

Bei der Umsatzsteuer entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 19 Abs 2 bis 4 UStG 1994 jeweils mit Ablauf des Kalendermonats.
§ 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO besagt, dass der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer grundsätzlich "für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird", entsteht (vgl ).
Die Grundsatzregelung des § 4 Abs 1 BAO (wonach der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist) gilt etwa für Anspruchszinsen, Aussetzungszinsen, Stundungszinsen, Säumniszuschläge und Mahngebühren (vgl Ritz, BAO6, § 4 Tz 6 mwN). Der Abgabenanspruch entsteht grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und setzt - außer bei ESt/KÖSt-Vorauszahlungsbescheiden - keine Bescheiderlassung voraus. Vom Abgabenanspruch zu unterscheiden ist auch der Abgabenzahlungsanspruch, nämlich die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten.

Gemäß § 4 Abs 2 Z 3 BAO entsteht der Abgabenanspruch im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte. Der Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber ist im Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitslohns vorzunehmen. Daraus folgt, dass für Löhne, die nicht in voller Höhe dem Arbeitnehmer zugeflossen sind, kein Abgabenanspruch in voller Höhe - sondern bezogen auf die zugeflossenen Löhne - entstanden ist. Wenn kein Abgabenanspruch entstanden ist, trifft den Arbeitgeber keine Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug. Somit kann auch den Vertreter (Geschäftsführer) keine Haftung für jene Lohnsteuerbeträge treffen, die sich auf tatsächlich nicht zugeflossene Arbeitslöhne bezieht.

Gemäß § 41 FLAG ist ein Dienstgeberbeitrag in Höhe von 4,5 % der Beitragsgrundlage vom Dienstgeber zu entrichten. Beitragsgrundlage ist die Summe der Arbeitslöhne, die in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gewährt wurden. Ohne Zufluss fällt auch kein Dienstgeberbeitrag an.

Dem Haftungspflichtigen muss von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist (). Der zur Haftung Herangezogene muss jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können. Vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte nach Abgabenarten und Zeiträumen sind die Abgabenansprüche aufgeschlüsselt auszuweisen. Erst auf der Basis einer entsprechenden Aufgliederung werden sie dem Haftungspflichtigen auf geeignete Weise zur Kenntnis gebracht (vgl. oder -G/05; ). Im Haftungsprüfungsvorhalt hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Abgabenarten, Bescheiddaten und Fälligkeiten bekannt gegeben.

Abgabenbescheid - Beschwerde:
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Beschwerde erheben; dies gilt auch für einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid, der an den Arbeitgeber ergangen ist (). Das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch steht dem Haftungspflichtigen auch dann zu, wenn der betreffende Bescheid bereits vom Erstschuldner angefochten wurde, und selbst dann, wenn dazu bereits eine Entscheidung vorliegt (; ). Diese Beschwerden müssen nicht in gesonderten Schriftsätzen eingebracht werden ().

Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch objektiv gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid (nach § 82 EStG hinsichtlich der Lohnsteuer) vorangegangen ist (). Auf die "Fälligstellung" durch solche Bescheide kommt es nicht an, weil die in Rede stehende Steuer als Selbstbemessungsabgabe von der Primärschuldnerin gemäß § 79 EStG (für die Lohnsteuer) und gemäß § 96 EStG (für die Kapitalertragsteuer) nicht erst im Jahr der bescheidmäßigen Festsetzung einzubehalten und abzuführen gewesen wäre. Wurde bei Selbstbemessungsangaben noch kein Bescheid gemäß § 201 BAO oder gemäß § 202 BAO erlassen, so ist im Haftungsverfahren über den Abgabenanspruch (seine Höhe) abzusprechen ().

Kausalität:
Der zur Haftung nach § 9a BAO herangezogene haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Bei der Entrichtung von Schulden sind Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als andere Schulden; die Schulden sind im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz; ). Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und besteht die Haftung nur deswegen, weil die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens tatsächlich erhalten hat. Dies setzt jedoch den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Diesen Nachweis hat der zur Haftung nach § 9a BAO herangezogene auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen. Ob eine Gleichbehandlung der Gläubiger im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, ist kein unter Beweis zu stellender Sachverhalt, sondern eine rechtliche Würdigung ().
Die Pflichtverletzung ist zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten zu prüfen und es müssen sich auch die von der Behörde (wiederholt) geforderte Liquiditätsaufstellung und der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung auf diese Zeitpunkte beziehen ().
Auf dem nach § 9a BAO zur Haftung in Betracht kommenden lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen. Ihm obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Kommt er der Aufforderung zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht nach und erbringt er nicht den ihm obliegenden Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er dann für die in Rede stehenden Abgabenschulden zur Gänze (vgl. ; ). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben. Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist es nicht relevant, ob geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären ().

Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde im Haftungsprüfungsvorhalt aufgefordert, Nachweise einer Gläubigergleichbehandlung zu erbringen und Quoten bekannt zu geben. Es wurden jedoch keine diesbezüglichen Unterlagen vorgelegt.

Lohnsteuer und Gleichbehandlungsgrundsatz:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Aus der Bestimmung des § 78 Abs 3 EStG 1988, wonach in Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten ist, ergibt sich nämlich, dass jede vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflicht darstellt (zB Knechtl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 78 Anm 19). Die einbehaltene Lohnsteuer ist zur Gänze zur späteren Abfuhr zu verwenden und unterliegt bei sich bis zum Abfuhrzeitpunkt geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dem Gleichbehandlungsgebot. Eine Begrenzung der Haftung in Höhe des sogenannten Quotenschadens kommt diesbezüglich nicht in Betracht (). Dasselbe gilt für die Kapitalertragsteuer (; ).

Ermessen:

Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO). Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht als Folge des Insolvenzverfahrens fest. Bei der Ermessensübung ist zudem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer war faktischer Geschäftsführer der Primärschuldnerin und war somit auch für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich. Haftungen nach § 9a BAO und nach § 9a BAO schließen einander nicht aus (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 9a Anm 14).
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftenden wie etwa dessen Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit stehen nach der Rechtsprechung in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung und können somit die Ermessensübung nicht beeinflussen (). Eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten beim Haftungspflichtigen schließt nämlich nicht aus, dass künftig neu hervor gekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten (). Die Inanspruchnahme der Haftung in Ausübung des Ermessens ist mit dem derzeitigen, im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides vorhandenen Vermögen nicht begrenzt (). Soweit auf eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben aufzeigt werden soll, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher Umstand im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht zu berücksichtigen ist ().

Ergebnis:

Der Beschwerde war teilweise Folge zu geben. Die Haftung besteht im Ausmaß von € 59.368,47 zu Recht und setzt sich wie folgt zusammen:


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Haftung laut Haftungsbescheid vom
72.868,47
abzüglich Körperschaftsteuer 2015
- 13.500,00
Ergebnis
59.368,47

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an den zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der dazu angeführten Literatur. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme zur Haftung sind durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt. Es liegt hier keine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Zulässigkeit einer Revision zu verneinen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




§ 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105987.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at