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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 01.12.2011, RV/1334-L/11

Kürzung der Werbungskosten um ein Leistungsstipendium

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1334-L/11-RS1
Das Leistungsstipendium wird bei Vorliegen der in § 60 Abs. 1 StFG vorgegebenen Voraussetzungen zuerkannt. Die im Zuge des Studiums anfallenden Aufwendungen stehen in einem allgemeinen Zusammenhang mit dem Leistungsstipendium. Ein engerer, nicht durchbrochener Konnex zwischen den Aufwendungen für Fachliteratur, Studienbeiträge, div. Kleinmaterial und Reisekosten und der Erlangung der Voraussetzungen für das Leistungsstipendium liegt jedoch nicht vor. Diese Aufwendungen sind bereits durch die bloße Ausübung des Studiums und nicht etwa erst durch einen bestimmten in § 60 Abs. 1 StFG beschriebenen Studienerfolg veranlasst. Damit mangelt es an dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für das Studium und der Erlangung der Voraussetzungen für das Leistungsstipendium. Eine Kürzung der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen um das erhaltene Leistungsstipendium kommt somit nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Referenten R. über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch ADir. Gertrude Schöftner, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert:

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im den angefochtenen Einkommensteuerbescheid angeführten Abgabe beträgt:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2010
Einkommen
30.634,58 €
Einkommensteuer
6.951,28 €
anrechenbare Lohnsteuer
- 8.107,79 €
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift gerundet)
- 1.157,00 €

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Betriebsprüferin und machte im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für 2010 in Zusammenhang mit einem beruflich veranlassten Studium an der Fachhochschule XY. Werbungskosten (Fachliteratur, Studienbeiträge, div. Kleinmaterial und Reisekosten) in Höhe von 2.522,75 € geltend. Gleichzeitig gab die Bw. bekannt, dass sie im Veranlagungszeitraum von der Fachhochschule ein Leistungsstipendium nach dem Studienförderungsgesetz 1992 in Höhe von 726,72 € ausbezahlt bekommen hat.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Einkommensteuer mit einer Gutschrift in Höhe von 896,55 € fest. In der Begründung führte das Finanzamt aus, die Fortbildungskosten seien um das erhaltene Stipendium zu kürzen gewesen.

Nach Verlängerung der Rechtsmittelfrist führte die Bw. in der rechtzeitig eingebrachten Berufung aus, bei dem erhaltenen Stipendium handle es sich um ein Leistungsstipendium, das auf Grundlage des Studienförderungsgesetzes 1992 vergeben wurde. Die Zuerkennung erfolge nach dem Notendurchschnitt des jeweiligen Studienganges. Kriterium für die Zuerkennung eines solchen Leistungsstipendiums sei ua ein Notendurchschnitt <2 gewesen. Im Gegensatz zu einem Förderstipendium, dessen Sinn und Zweck die finanzielle Unterstützung des Studierenden ist, sei der Sinn und Zweck eines Leistungsstipendiums außerordentliche Studienleistungen zu honorieren. Das Leistungsstipendium sollte als Zweck weder Einkommensersatz noch Abgeltung von angewachsenen Kosten erfüllen, sondern eben außergewöhnlich qualifizierte Leistungen belohnen.

Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürften bei der Ermittlung der Einkünfte insoweit Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden als sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Einkünften stehen. Ein unmittelbarer Zusammenhang verlange eine Verknüpfung von Ausgabe und steuerfreier Einnahme ohne Dazwischentreten anderer Ursachen. Dafür genüge weder ein entfernter, loser noch ein (bloß) mittelbarer Zusammenhang. Auch sei ein bloß allgemeiner Zusammenhang nicht ausreichend. Das Leistungsstipendium stehe zwar in einem Zusammenhang mit dem absolvierten Bachelorstudium, die Zuerkennung eines solchen sei jedoch abhängig von eben außergewöhnlich guten Studienerfolgen, es seien weder angefallene Aufwendungen noch ein Einkommensentgang (wie bei Förderstipendien) Voraussetzung. Die Gewährung eines Leistungsstipendiums erfolge - wenn die Zuerkennungskriterien erfüllt sind - auch dann, wenn dem Studierenden keine Kosten bzw. Aufwendungen erwachsen. Die in Falle der Bw. angefallenen Kosten bzw. Aufwendungen stellten sozusagen ein "Nebenprodukt" des Studiums dar, weil sich der Studienort in A. befinde. Des Übrigen würden die Aufwendungen gerade eben nicht getätigt um steuerfreie Leistungen lukrieren zu können, sondern sie seien auf Grund auswärtigen Studienortes unumgänglich gewesen. Wäre der Studienort B. gewesen, wären keine Aufwendungen angefallen und trotzdem wäre das Leistungsstipendium unter den gleichen Voraussetzungen ausbezahlt worden. Das Leistungsstipendium würde mangels angefallener Aufwendungen zur Gänze steuerfrei bleiben (es käme zu keiner "de facto Versteuerung" des steuerfreien Stipendiums, weil eben keine Kürzung der Aus- und Fortbildungskosten möglich ist). Der erforderliche unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den als Werbungskosten beantragten Aus- bzw. Fortbildungskosten und dem erhaltenen Leistungsstipendium sei nicht gegeben. Eine Kürzung der Aus- bzw. Fortbildungskasten um das erhaltene Leistungsstipendium sei im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht durchzuführen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) sind Werbungskosten die Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. e EStG 1988 sind Bezüge oder Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992 und dem Schülerbeihilfengesetz 1983 von der Einkommensteuer befreit.

Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen, mit Kapitalerträgen im Sinne des § 97 oder mit Kapitalerträgen, die gemäß § 37 Abs. 8 EStG 1988 mit einem besonderen Steuersatz versteuert werden, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden.

Die Voraussetzung (vgl. Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz. 152f) für die Anwendung des § 20 Abs. 2 EStG 1988 ist ein objektiver Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den nicht der Einkommensteuer unterliegenden Einnahmen. Der erforderliche "unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang" im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG 1988 ist aber nicht nur im Sinne einer finalen Verknüpfung dahin gehend zu verstehen, dass Ausgaben getätigt werden, um dadurch nicht steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen, sondern es genügt ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen. Die Grenze der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 2 EStG 1988 liegt jedenfalls dort, wo kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben feststellbar ist. Ein bloß allgemeiner Zusammenhang genügt daher nicht (etwa bei allgemein "zur Verlustabdeckung" gewährten, nach § 3 Abs 1 Z 3 steuerfreien Subventionen; siehe ). Auf die zeitliche Abfolge von Aufwendungen und steuerfreien Einnahmen kommt es für die Beurteilung des unmittelbaren Zusammenhanges nicht an (vgl. , 2003/238, 207 zu nach § 3 Abs 1 Z 3 lit b steuerfreien Subventionen; ebenso -G/02; zu Zinszuschüssen siehe bereits oben Tz 151/1). Die Rechtsprechung nimmt einen unmittelbaren Zusammenhang an, wenn die Verknüpfung der beiden Größen durch dasselbe Ereignis veranlasst ist oder diese zueinander in einem engeren, nicht durchbrochenen Konnex stehen (zB -I/03, UFS 2005, 399; -K/05; -G/03). Dabei muss ein klar abgrenzbarer objektiver und nicht ein bloß allgemeiner Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Werbungskosten und den steuerfreien Einnahmen (Stipendium) bestehen.

Nach § 57 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) dienen Leistungsstipendien an Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschul-Studiengängen und Theologischen Lehranstalten zur Anerkennung hervorragender Studienleistungen.

Nach § 60 Abs. 1 StFG sind Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Leistungsstipendiums:

1. die Einhaltung der Anspruchsdauer (§ 18) des jeweiligen Studienabschnittes unter Berücksichtigung allfälliger wichtiger Gründe (§ 19),

2. ein Notendurchschnitt der zur Beurteilung herangezogenen Prüfungen, Lehrveranstaltungen und wissenschaftlichen Arbeiten von nicht schlechter als 2,0 und

3. die Erfüllung der Ausschreibungsbedingungen.

Die von der Bw. geltend gemachten Werbungskosten für Fachliteratur, Studienbeiträge, div. Kleinmaterial und Reisekosten stehen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem von der Bw. im Veranlagungszeitraum absolvierten Fachhochschulstudium. Diese Kosten sind unabhängig vom Studienerfolg angefallen und sind nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zur Gänze abzugsfähig.

Das Leistungsstipendium wird bei Vorliegen der in § 60 Abs. 1 StFG vorgegebenen Voraussetzungen zuerkannt. Die Zuerkennung des Leistungsstipendiums setzt zwar voraus, dass der Empfänger studiert. Damit stehen die im Zuge des Studiums anfallenden Aufwendungen in einem allgemeinen Zusammenhang mit dem Leistungsstipendium. Ein engerer, nicht durchbrochener Konnex zwischen den Aufwendungen für Fachliteratur, Studienbeiträge, div. Kleinmaterial und Reisekosten und der Erlangung der Voraussetzungen für das Leistungsstipendium liegt jedoch nicht vor. Diese Aufwendungen sind bereits durch die bloße Ausübung des Studiums und nicht etwa erst durch einen bestimmten in § 60 Abs. 1 StFG beschriebenen Studienerfolg veranlasst. Damit mangelt es an dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für das Studium und der Erlangung der Voraussetzungen für das Leistungsstipendium. Eine Kürzung der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen um das erhaltene Leistungsstipendium kommt somit nicht in Betracht.

Die Einkommensteuer für 2010 wird daher wie folgt berechnet:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Übermittelte Lohnzettel laut angefochtenen Bescheid
Bezugsauszahlende Stelle stpfl. Bezüge (245)
Arbeitgeber?
33.502,73
Werbungskosten, die der Arbeitgebernicht berücksichtigen konnte?
- 2.522,75
Gesamtbetrag der Einkünfte
30.979,98
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):
Pauschbetrag für Sonderausgaben
- 60,00
Zuwendungen gem. § 18 (1) Z.7 EStG 1988
- 10,00
Kirchenbeitrag
- 143,40
Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind gem. § 106a Abs 1 EStG 1988
- 132,00
Einkommen
30.634,58
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
(30.634,58 - 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
7.544,94
Alleinerzieherabsetzbetrag ?
- 494,00
Verkehrsabsetzbetrag ?
- 291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
- 54,00
nach Abzug der Absetzbeträge
6.705,94
Steuer sonstige Bezüge wie z.B. 13. und 14. Bezug (220)
nach Abzug der darauf entfallenen SV-Beiträge (225) und
des Freibetrages von 620 ? mit 6 % ?
245,34
Einkommensteuer ?
6.951,28
Anrechenbare Lohnsteuer (260) ?
- 8.107,79
Festgesetzte Einkommensteuer
- 1.156,51
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift:
Festgesetzte Einkommensteuer
- 1.156,51
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988
- 0,49
Abgabengutschrift
- 1.157,00

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2/2012, 55

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at