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Wie weit reicht die staatliche Strafbefugnis?
Zum Strafanwendungsrecht im Allgemeinen und zur österreichischen Regelung im Besonderen
Die Berechtigung eines Staats, einen Sachverhalt strafrechtlich zu ahnden, wird als Strafbefugnis bezeichnet. Das Strafanwendungsrecht hat die spezifische Funktion, diese Strafberechtigung zu regeln. Es handelt sich um jene nationale Vorschriften, die bestimmen, wann das jeweilige inländische Strafrecht zur Anwendung kommt. Dieser Grundlagenbeitrag geht folgenden Fragen nach: Welche Bedeutung hat das Strafanwendungsrecht für das materielle und prozessuale Strafrecht? Welche Grenzen setzt das Völkerrecht? Und welche Anknüpfungsmöglichkeiten für Sachverhalte mit Auslandsbezug haben sich durch die Praxis der Staaten im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet? Zudem widmet er sich der dogmatischen, straftatsystematischen Einordnung der Regelungen des Strafanwendungsrechts und einer Darstellung der österreichischen lex lata.
1. Einstieg anhand eines konstruierten Falls
Der Franzose F. betreibt einen Gebrauchtwagenhandel in Aix-en-Provence, dem Geburtsort Paul Cézannes. In einem Versteck des Kofferraums des zuletzt gelieferten Wagens zum Weiterverkauf entdeckt er eines Tages zufällig ein Gemälde von Cézanne. Er geht von einem gestohlenen Objekt aus und hält das Gemälde fälschlicherweise für ...