Option zur Steuerpflicht bei Veräußerung einer Eigentumswohnung (§ 6 Abs. 2 UStG 1994)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TU Pircher & Partner Steuerberatungs GmbH, Anton-Melzer-Straße 7, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid 2022 des Finanzamtes Österreich vom , mit dem der Antrag vom auf Aufhebung nach § 299 BAO des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheids 01/2022 vom abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) hat vom Verkäufer V. eine Eigentumswohnung käuflich erworben (xx/xxx Anteile an der Liegenschaft EZ xxx GB xxxxx Ort1, mit denen das Wohnungseigentum an Top xx verbunden ist). In diesem schriftlichen Kaufvertrag, der dem Finanzamt seitens des Bf. nur unvollständig übermittelt wurde (laut Grundbuchsabfrage Kaufvertrag per Datum tt.mm.2022), sind unter Pkt. III., wo Kaufpreis, Abstattung geregelt sind, der Nettobetrag in Höhe von € 245.000,--, der Umsatzsteuerbetrag in Höhe von € 49.000,-- und der Bruttopreis in Höhe von € 294.000,-- angeführt. Mit der beim Finanzamt am eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung 01/2022 machte der Bf. den Vorsteuerabzug in Höhe von € 49.000,00 hinsichtlich dieser vom Bf. gekauften Eigentumswohnung geltend.
1.1. Im Rahmen eines vom Finanzamt durchgeführten Ergänzungsverfahrens (Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom betreffend "UVA 1/2022" und Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom betreffend "Vorsteuerbeträge Wohnungskauf"), in dem der Bf. aufgefordert wurde, die "Vorsteuerbeträge nachzuweisen" bzw. die "Rechnung über den Wohnungskauf" vorzulegen und den "Verwendungszweck der Wohnung" bekanntzugeben, übermittelte der Bf. dem Finanzamt mit Eingabe vom einen (unvollständigen) Kaufvertrag und teilte der Bf. dem Finanzamt mit Eingabe vom mit: "Sehr geehrte Damen und Herren, anbei übermittle ich Ihnen erneut den Kaufvertrag der Wohnung. Eine Rechnung liegt nicht vor, jedoch sind die Netto-, Bruttobeträge sowie die Umsatzsteuer auf der Rechnung ausgewiesen. Die Wohnung wurde zwecks Vermietung und Verpachtung zu Wohnungszwecken angeschafft. Die Wohnung wurde bereits weitervermietet. Anbei übermittle ich Ihnen zusätzlich noch den Mietvertrag. Freundliche Grüße …"
2. Am erließ das Finanzamt den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01/2022, mit dem der beantragte Vorsteuerabzug aus dem Wohnungskauf (€ 49.000,00) nicht zuerkannt wurde. Als Begründung hat das Finanzamt angegeben: "Der § 12 UStG regelt die gesetzlichen Vorgaben, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Da ein Kaufvertrag nicht die vom Gesetz vorgegebenen Merkmale einer Rechnung (§ 11 Abs. 1 Z 3 UStG) enthält, konnte die Vorsteuer nicht anerkannt werden."
3. In der Folge wurde seitens der steuerlichen Vertretung des Bf. beim Finanzamt der Antrag gestellt, den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01/2022 vom gemäß § 299 BAO aufzuheben (Antrag eingebracht per FinanzOnline am ). Die Begründung dazu lautet: "Im Zuge der angeforderten Ergänzungsersuchen wurde von uns der Kaufvertrag aus dem Wohnungskauf vorgelegt. In diesem Kaufvertrag ist sowohl der Nettopreis, die Umsatzsteuer als auch der Bruttopreis klar ersichtlich. Die Lieferung der Wohnung hat ebenfalls stattgefunden. Das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Folglich darf die Finanzverwaltung, wenn sie über die Angaben verfügt, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen notwendig sind, hinsichtlich des Rechtes des Steuerpflichtigen auf Abzug dieser Steuer keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können ( Barlis 06). Der Gerichtshof hat entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht deshalb verweigert werden kann, weil eine Rechnung nicht die in Art 226 Z 6 und 7 MwStSyst-RL aufgestellten Voraussetzungen erfüllt. Auch ein Vertrag kann demnach als Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne gelten, wenn er alle erforderlichen Rechnungsangaben enthält (vgl. dazu Kollmann/Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG (2021) § 11 RZ 122). Wir beantragen daher die Aufhebung des Bescheides und die Erlassung eines neuen Sachbescheides, der den Vorsteuerabzug aus dem Wohnungskauf zulässt. Im Anhang finden Sie den Kaufvertrag."
4. Mit dem Abweisungsbescheid vom hat das Finanzamt den Antrag nach § 299 BAO vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheids 01/2022 vom abgewiesen. Begründend wurde unter Hinweis auf die Begründungserwägungen im Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01/2022 vom unverändert die Ansicht vertreten, da ein Kaufvertrag nicht die vom Gesetz vorgegebenen Merkmale einer Rechnung (§ 11 Abs. 1 Z 3 UStG) enthalte, könne die Vorsteuer nicht anerkannt werden. Es seien nicht alle Formerfordernisse erfüllt (zB. Angabe UID-Nr., fortlaufende Rechnungsnummer).
5. Gegen den Abweisungsbescheid vom wurde von der steuerlichen Vertretung des Bf. Beschwerde eingebracht (eingebracht per FinanzOnline am ). Begründend wurde dazu vorgebracht: "Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt. Das Recht auf Vorsteuerabzug darf in einem solchen Fall nicht verweigert werden, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Aus der Rechtsprechung des EuGH (Barlis 06 - Investimentos Imobiliarios e Turisticos; sowie Geissel und Butin), der der VwGH gefolgt ist (, fehlende UID-Nummer) ist abzuleiten, dass der Abzug der Vorsteuern zu gewähren ist, wenn die Steuerverwaltung über die Angaben verfüge, die für die Feststellung erforderlich sind, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind. Die materiellen Voraussetzungen sind durch die Lieferung des Gegenstandes erfüllt, es liegt nur ein formeller Mangel vor. Aus dem Urteil des EuGH ( Raiffeisen Leasing, C-235/21) geht hervor, dass jedes Dokument, das die erforderlichen Angaben enthält, um die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu belegen, als Rechnung iSd MwStSyst-RL anzusehen ist. Eine formal korrekte Rechnung, wie sie hier verlangt wird, darf nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH und des VwGH nicht erforderlich sein. Wir ersuchen um antragsmäßige Erledigung."
6. Das Finanzamt hat die Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Hinweis auf die mangelnden Rechnungsmerkmale im Sinne des § 11 UStG 1994 als unbegründet abgewiesen (hinsichtlich der Begründung wird auf die gesondert ergangene Bescheidbegründung des Finanzamtes verwiesen; gesonderte Bescheidbegründung datiert mit ).
7. Dagegen wurde seitens der steuerlichen Vertretung des Bf. ein Vorlageantrag gestellt (eingebracht per FinanzOnline am ). Betreffend die Beschwerdegründe wird im Vorlageantrag auf die Ausführungen in der Beschwerde vom verwiesen.
8. Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). Im Vorlagebericht vom wurde vom Finanzamt nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens folgende Stellungnahme angeführt:
"Stellungnahme:
Für den Vorsteuerabzug wird dem Gesetzeswortlaut zufolge eine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 vorausgesetzt.
Dh, die Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis durch Rechnungen iSd § 11 UStG 1994 ist eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug iSd § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994. Durch das Abstellen auf eine Rechnung iSd § 11 UStG 1994 soll eine verwaltungsökonomische und praktikable Kontrolle der Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges beim Leistungsempfänger einerseits und die steuerliche Erfassung beim Leistungsempfänger (Anmerkung: gemeint wohl Leistungserbringer) andererseits sichergestellt werden ().
Die Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis erfolgt durch (schriftliche) Urkunde, dem sog. Abrechnungspapier. Nur der in ihr ausgewiesene Steuerbetrag kann als Vorsteuer abziehbar sein. Ein Kaufvertrag kann allerdings nur dann als Rechnung anerkannt werden, wenn ihm auch die Funktion als Abrechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung zukommt. Dh, ein Kaufvertrag müsste - wie im Abweisungsbescheid vom ausgeführt wurde - grundsätzlich die Rechnungsmerkmale iSd § 11 Abs. 1 Z 3 lit. a bis i UStG 1994 ausweisen, was in der Praxis regelmäßig nicht der Fall sein wird. Es entspricht in der Zwischenzeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt. Anders verhält es sich, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden. Das Vorliegen einer Rechnung selbst ist jedoch weiterhin eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug (, S. 30) bzw. ist in der Praxis gerade die korrekte Rechnung das bedeutendste Beweismittel, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachzuweisen.
Aus der in der Bescheidbeschwerde vom angeführten Entscheidung des , Raiffeisen Leasing trgovina in leasing d.o.o., geht hervor, dass ein Finanzierungsleasingvertrag als Rechnung anerkannt werden kann, wenn dieser Vertrag alle Angaben enthält, die erforderlich sind, damit die Steuerverwaltung feststellen kann, ob die materiellen Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug erfüllt sind (Rn 46). Dabei verweist der EuGH auf die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts, dass dies zu beurteilen hat (Rn 44). Der EuGH selbst hat keine Prüfung dieser Umstände vorgenommen.
Die gesetzlich vorgesehenen Rechnungsangaben sind gem. § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994:
a) Name und Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers
b) Name und Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung sowie dessen UID-Nummer (bei einem Rechnungsgesamtbetrag über € 10.000,--)
c) Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und der Umfang der sonstigen Leistung
d) Tag der Lieferung oder sonstigen Leistung
e) Entgelt und anzuwendender Steuersatz
f) Steuerbetrag
g) Ausstellungsdatum
h) fortlaufende Nummer
i) UID-Nummer des Rechnungsausstellers
Im vorliegenden Fall wurde trotz Aufforderung des ho. Finanzamtes nur ein nicht vollständiger Kaufvertrag vorgelegt. Aus dem Kaufvertrag sind die folgenden Daten ersichtlich: Name und Anschrift des liefernden Unternehmers; Name des Abnehmers; Bezeichnung des gelieferten Gegenstandes; Entgelt; Steuersatz; Steuerbetrag; Gesamtbetrag; Datum der Abfuhr der Grunderwerbsteuer und Grundbuchseintragungsgebühr.
Das bedeutet, dass die folgenden Rechnungsmerkmale des § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 nicht aus dem vorgelegten Kaufvertrag ersichtlich sind:
b) UID-Nummer des Abnehmers
d) Tag der Lieferung
g) Ausstellungsdatum
h) fortlaufende Nummer
i) UID-Nummer des Rechnungsausstellers
Das heißt, dass zumindest fünf der gesetzlich vorgesehenen Rechnungsmerkmale nicht aus dem Kaufvertrag ersichtlich sind.
Hinsichtlich der UID-Nummer des Abnehmers ist anzumerken, dass Art. 227 der MwSt-RL 2006/112/EG es den Mitgliedstaaten erlaubt, die UID-Nummer des Empfängers auf der Rechnung zu verlangen. Die Angabe der UID-Nummer des Leistungsempfängers auf der Rechnung sichert und erleichtert die Überprüfung und Erhebung der Vorsteuerabzugsberechtigung durch die Finanzverwaltung, was das Erfordernis des § 11 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 aus unionsrechtlicher Sicht rechtfertigt. In der Angabe der UID-Nummer des Empfängers kann auch keine technische Kompliziertheit, die die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug praktisch unmöglich macht, gesehen werden, weil diese Anforderung sehr leicht zu erfüllen und für den Empfänger auch zu überprüfen ist. Anzumerken ist, dass die fehlende UID-Nummer des Abnehmers nur einen formellen Mangel darstellt, wenn dessen Identifizierung sichergestellt ist, die idR über den elektronischen Akt abrufbar ist (, S. 38).
Eine Rechnung muss sowohl das Ausstellungsdatum, als auch den Tag der Lieferung oder sonstigen Leistung oder den Leistungszeitraum enthalten. Der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung mit einer grundsätzlich unzureichenden Angabe des Tages der Lieferung oder sonstigen Leistung oder des Leistungszeitraumes ist jedoch dann zulässig, wenn die Behörde aus vom Leistungsempfänger beigebrachten Unterlagen über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts, vorliegen (vgl. , Barlis). Solche Unterlagen wurden jedoch nicht vorgebracht. Weiters kann dies auch nicht dazu führen, dass die Abgabenbehörde selbst in das Grundbuch Einsicht nehmen muss, um den tatsächlichen Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht am Grundstück ermitteln zu können. Auf dem vorliegenden Kaufvertrag ist nur das Datum der Entrichtung der Grunderwerbsteuer und die Grundbuchseintragungsgebühr angeführt. Aus dem vorliegenden Kaufvertrag ist weder der tatsächliche Tag der Lieferung noch das Ausstellungsdatum bzw. Datum der Vertragsunterfertigung ersichtlich. Bei dem Lieferdatum handelt es sich um eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, da bei einem fehlenden Lieferdatum für die Abgabenbehörde nicht ersichtlich ist, wenn die Umsatzsteuerschuld entsteht bzw. der damit korrespondierende Vorsteuerabzug möglich ist. Die zwingende Angabe des Lieferzeitpunktes stellt somit die korrekte Erhebung der Umsatzsteuer sicher. Fehlt das Ausstellungsdatum überhaupt, berechtigt die Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug. Im Übrigen kann die Vorschrift wohl nur so interpretiert werden, dass zum Vorsteuerabzug nur eine Rechnung berechtigt, die das richtige Ausstellungsdatum aufweist. Der Vorsteuerabzug steht dann - die Ausführung der Leistung vorausgesetzt - für jenen Monat zu, in dem das Ausstellungsdatum liegt (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 12 UStG 1994). Im vorliegenden Fall ist aus dem vorliegenden Kaufvertrag jedenfalls kein Lieferdatum ersichtlich. Aufgrund des Vorliegens eines bloßen Kaufvertrages ist auch keine fortlaufende Rechnungsnummer vorhanden. Das Vorliegen dieser Merkmale ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Hinsichtlich der fortlaufenden Nummer ist durch den Leistungsempfänger keine Überprüfung vorzunehmen.
Hinsichtlich der UID-Nummer des leistenden Unternehmers ist anzumerken, dass dieser über eine UID-Nummer verfügt, diese aber im Kaufvertrag nicht angeführt wird. Wenn der Unternehmer im Inland Lieferungen und sonstige Leistungen erbringt, besteht die Verpflichtung zur Angabe der UID-Nummer auf der Rechnung (§ 11 Abs. 1 Z 3 lit. i UStG 1994). Die Angabe des Lieferers in der Rechnung stellt zwar eine formale Bedingung für die Ausübung des Vorsteuerabzuges dar. Dagegen gehört die Unternehmereigenschaft des Lieferers zu den materiellen Bedingungen. Mit der Bekanntgabe der UID-Nummer auf dem Abrechnungsbeleg wird die Unternehmereigenschaft nach außen hin dokumentiert. Eine Rechnung ohne gültige UID-Nummer des Leistenden bzw. Ausstellers berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug. In diesem Zusammenhang ist auch noch auf den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers einzugehen. Nach der Rechtsprechung des BFG muss die Abgabenbehörde aufgrund der Angaben in der Rechnung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens den tatsächlichen Namen des Unternehmers samt seiner Anschrift erkennen können. Dabei ist es erforderlich, dass auf dem Rechnungsbeleg der richtige Name und die richtige Anschrift angegeben sein muss, um von einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung iSd § 11 UStG 1994 ausgehen zu können. Name und Anschrift des tatsächlich liefernden oder leistenden Unternehmers müssen sich eindeutig aus der Rechnungsurkunde selbst ergeben. Die Angabe des liefernden und leistenden Unternehmers dient nicht nur der Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine (zum Vorsteuerabzug berechtigende) Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten hat, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer (, S. 43). Ist eine Leistung ausgeführt worden, scheint aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Firma auf, die unter dieser Anschrift nicht existiert, so fehlt es an der Angabe des leistenden Unternehmers. Zwar muss die wirtschaftliche Tätigkeit selbst an der angegebenen Anschrift nicht zwangsläufig ausgeführt werden, erforderlich ist aber, dass der in der Rechnung aufscheinende Leistungserbringer mit der in der Rechnung angegebenen Anschrift für umsatzsteuerliche Zwecke greifbar ist (). Da der Leistende in Übersee (lt. Kaufvertrag in Thailand) ansässig ist und trotz Auslands-RSb-Briefen weder er noch eine bevollmächtigte Person mit der Abgabenbehörde Kontakt aufgenommen hat, ist der Leistende für die Abgabenbehörde nicht greifbar. Es wurde vom Leistenden bzw. Verkäufer der ggst. Wohnung diesbezüglich weder Umsatzsteuer erklärt noch abgeführt. Damit ist auch die materielle Voraussetzung des § 11 Abs. 1 Z 3 lit. a UStG 1994 für den Vorsteuerabzug auf Seiten des Leistungsempfängers nicht erfüllt.
Es wird daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. hat vom Verkäufer V. im Jänner 2022 eine Eigentumswohnung käuflich erworben (xx/xxx Anteile an der Liegenschaft EZ xxx GB xxxxx Ort1, mit denen das Wohnungseigentum an Top xx verbunden ist).
Der Bf. machte für die käuflich erworbene Eigentumswohnung Top xx in der beim Finanzamt am eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung 01/2022 den Vorsteuerabzug in Höhe von € 49.000,00 geltend. Dieser vom Bf. beanspruchte Vorsteuerabzug wurde vom Finanzamt mit Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01/2022 vom versagt.
Der schriftliche Kaufvertrag wurde dem Finanzamt unvollständig übermittelt. In diesem schriftlichen, dem Finanzamt und dem Bundesfinanzgericht auszugsweise vorliegenden Kaufvertrag, sind Ausstellungsdatum bzw. Datum der Unterfertigung und die Unterschriften der Vertragsparteien nicht ersichtlich. Im Grundbuch ist der Kaufvertrag für den Eigentumserwerb des Bf. per Datum tt.mm.2022 angeführt. In dem auszugsweise vorliegenden Kaufvertrag sind hinsichtlich der im § 11 UStG 1944 normierten Rechnungsangaben nicht ersichtlich: UID-Nummer des Abnehmers, Tag der Lieferung, Ausstellungsdatum, fortlaufende Nummer, UID-Nummer des Rechnungsausstellers.
Festgestellt wird vom Bundesfinanzgericht, dass der Veräußerer der Eigentumswohnung, Herr V., hinsichtlich des Verkaufs bzw. der Lieferung der gegenständlichen Eigentumswohnung Top xx gegenüber dem Finanzamt nicht zur Steuerpflicht optiert hat.
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich auf Grundlage der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage und der ergänzenden Einsichtnahme in die elektronische Datenbank der Finanzverwaltung und der vom Bundesfinanzgericht vorgenommenen Einsicht in das Grundbuch betreffend der vom Bf. käuflich erworbenen Liegenschaftsanteile (xx/xxx Anteile an der Liegenschaft EZ xxx GB xxxxx Ort1, mit denen das Wohnungseigentum an Top xx verbunden ist).
3. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung
Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Nach § 21 Abs. 3 erster Satz UStG 1994 hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen, wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterläßt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Strittig zwischen dem Finanzamt und der steuerlichen Vertretung des Bf. ist, ob die vom Bf. in der am beim Finanzamt eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung 01/2022 geltend gemachte Vorsteuer aus dem Kauf der Eigentumswohnung (€ 49.000,00) anzuerkennen ist oder nicht. Einziger Streitpunkt zwischen dem Finanzamt und der steuerlichen Vertretung des Bf. ist dabei, ob eine für den Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nach § 11 UStG 1994 vorliegt oder nicht. Das Finanzamt vertritt die Rechtsauffassung, dass der zwischen dem Verkäufer und dem Bf. abgeschlossene Kaufvertrag nicht als (Rechnungs-)Urkunde nach § 11 UStG 1994 angesehen werden könne, da zwingende Rechnungsangaben nach § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 fehlten und somit der vom Bf. geltend gemachte Vorsteuerabzug nicht anzuerkennen sei. Davon abweichend geht die steuerliche Vertretung des Bf. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des VwGH davon aus, dass es sich bei den vom Finanzamt beanstandeten fehlenden Rechnungsangaben bloß um formelle Mängel handelte, im Übrigen aber alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorlägen und somit die Berechtigung zum Vorsteuerabzug sehr wohl gegeben sei.
Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Vorgelagert zum beschwerdegegenständlichen Streitpunkt, ob eine für den Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung gegeben ist, ist seitens des Bundesfinanzgerichts darauf hinzuweisen, dass das Recht zur Ausübung des Vorsteuerabzugs zur Voraussetzung hat, dass es sich beim Kauf der Eigentumswohnung um eine steuerpflichtige Lieferung an den Bf. handelt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 sind von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen die Lieferungen von Grundstücken steuerfrei.
Allerdings kann der leistende Unternehmer nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 die Lieferung eines Grundstücks, die nach 6 Abs. 1 Z 9 lit. a steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln (Option zur Steuerpflicht).
Zur Ausübung der Option zur Steuerpflicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , 2005/15/0140, ausgesprochen, dass optionsberechtigt der Unternehmer ist, der den Grundstücksumsatz im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. a UStG 1994 ausführt. Der Erwerber hat umsatzsteuerlich weder Anspruch auf eine bestimmte Ausübung des Wahlrechtes noch muss er dieser zustimmen (, unter Hinweis auf Ruppe, UStG, 3. Aufl., § 6 Tz. 249/5, [nunmehr Rupper/Achatz, 5. Aufl., a.a.O.]).
Die Ausübung der Option erfordert zwar keine besondere Form, insbesondere keine eigene schriftliche Erklärung an das Finanzamt, sie kann auch für jeden Grundstücksumsatz gesondert erfolgen. Ausreichend (aber auch erforderlich) ist die Behandlung des Grundstücksumsatzes als steuerpflichtig in der Umsatzsteuervoranmeldung oder in der Umsatzsteuererklärung. Der bloße Ausweis der Umsatzsteuer in der Rechnung führt zwar zur Steuerpflicht auf Grund der Rechnungslegung (sofern er nicht berichtigt wird), eröffnet dem Erwerber aber nicht das Recht auf Vorsteuerabzug (, unter Hinweis auf Ruppe, UStG, 3. Aufl., § 6 Tz. 249/10, [nunmehr Rupper/Achatz, 5. Aufl., a.a.O.]; vgl. auch , unter Bezugnahme auf das erstangeführte VwGH-Erkenntnis , 2005/15/0140).
Aus dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass bei der Veräußerung einer Eigentumswohnung der jeweilige Eigentümer bzw. Verkäufer optionsberechtigt ist.
Dazu ist nun auf die Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht vom hinzuweisen, wo das Finanzamt ausführte: "Da der Leistende in Übersee (lt. Kaufvertrag in Thailand) ansässig ist und trotz Auslands-RSb-Briefen weder er noch eine bevollmächtigte Person mit der Abgabenbehörde Kontakt aufgenommen hat, ist der Leistende für die Abgabenbehörde nicht greifbar. Es wurde vom Leistenden bzw. Verkäufer der ggst. Wohnung diesbezüglich weder Umsatzsteuer erklärt noch abgeführt."
Über ergänzende Rücksprache seitens des Bundesfinanzgerichts wurde vom zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes mit e-mail vom dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt: "… in Verbindung mit der Beschwerdevorlage betr. Herrn ***Bf1***, St.Nr. …, betr. den Zeitraum 01/2022 wird seitens der ho. Dienststelle des FAÖ ergänzt: Der Verkäufer, Herr V., St.Nr. …, hat hinsichtlich der veräußerten Wohnung in der X-Straße xx, Top xx, Ort2 (Miteigentum zu xx/xxx Anteilen an der Liegenschaft in EZ xxx GB xxxxx Ort1, Gst. xxx) weder Umsatzsteuer erklärt noch abgeführt. … Dh, eine steuerpflichtige Behandlung des Grundstücksumsatzes durch den Verkäufer selbst im Rahmen einer Steuererklärung ist weder vor noch nach der Festsetzung der Umsatzsteuer für die ho. Dienststelle ersichtlich." Diese Feststellung wurde auch durch Einsichtnahme seitens des Bundesfinanzgerichts in die elektronische Datenbank der Finanzverwaltung bestätigt.
Daraus folgt, dass der Verkäufer die Veräußerung der gegenständlichen Eigentumswohnung nicht als steuerpflichtig iSd § 6 Abs. 2 UStG 1994 behandelt hat (keine Option zur Steuerpflicht). Daraus folgt weiters, dass es sich bei Veräußerung der vom Bf. käuflich erworbenen Eigentumswohnung um eine nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 umsatzsteuerfreie Lieferung eines Grundstücks handelt.
Der Bf. hat somit die gegenständliche Eigentumswohnung vom Veräußerer nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 umsatzsteuerfrei käuflich erworben. Der vom Bf. beatragte Vorsteuerabzug aus dem Kauf der Eigentumswohnung ist somit ausgeschlossen.
Da somit von Vornherein die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vorliegen (keine umsatzsteuerpflichtige Lieferung an den Bf.), ist die zwischen dem Finanzamt und der steuerlichen Vertretung des Bf. thematisierte Streitfrage zum Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 für die Entscheidung des vorliegenden Beschwerdefalls nicht mehr von Relevanz und konnte seitens des Bundesfinanzgerichts eine weitergehende Auseinandersetzung mit diesem Beschwerdepunkt unterbleiben.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100312.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at