Unterhaltsvereinbarung bei aufrechter Ehe als Vergleich iSd § 33 TP 20 Abs. 1 lit b GebG wegen Klarstellungs- und Bereinigungsfunktion auch für den Fall einer Scheidung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***A***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , ErfNr. ***123***, betreffend Rechtsgebühr (Vergleichsgebühr gem. § 33 TP 20 GebG), Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt/Verfahrensgang
1. Die Ehegatten ***Z*** und die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) schlossen am eine als "Unterhaltsvereinbarung" bezeichnete Vereinbarung als Notariatsakt ab.
Punkt I. der Vereinbarung lautet auszugsweise:
"Frau ***Bf1*** und Herr ***Z*** sind zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung aufrecht verheiratet, haben jedoch getrennte Wohnsitze. Eine Auflösung der Ehe ist nicht beabsichtigt."
Punkt II. der Vereinbarung lautet:
"Herr ***Z*** verpflichtet sich mit dieser Vereinbarung zeitlich unbegrenzt an Frau ***Bf1*** einen monatlichen Unterhalt, jeweils bis zum 05. des Monats im Vorhinein, in der Höhe von Eur 1.300,00 (in Worten: Euro Eintausenddreihundert) zu bezahlen.
Dieser Unterhaltsbetrag wird wertgesichert vereinbart, er erhöht sich im gleichen Ausmaß, wie sich das jährliche Nettoeinkommen (Einkommen minus Einkommensteuer) des Unterhaltsverpflichteten erhöht.
Als Ausgangsbasis gilt der Steuerbescheid des Unterhaltsverpflichteten für das Jahr 2020. Erhöht sich das Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten gemäß Steuerbescheid 2021, so ist der Unterhaltsbetrag um denselben Prozentsatz zu erhöhen, wie sich das Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten erhöht hat. Diese Regelung gilt auch für die Folgejahre, als Basis für die Erhöhung gilt jeweils das Verhältnis des aktuellen Steuerbescheides zum Vorangegangen.
Die Unterhaltserhöhung tritt mit dem auf das Ausstellungsdatum des jeweils letzten Steuerbescheides folgenden Monatsersten rückwirkend für denselben Zeitraum, in dem auch die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten erhöht waren, ein.
Eine Senkung des Unterhalts unter den Betrag von Eur 1.300,00 pro Monat wird ausdrücklich auch für den Fall, dass sich nach der oben dargestellten Berechnungsmethode ein geringeres Nettoeinkommen des Unterhalteverpflichteten gegenüber jenem im Steuerbescheid für 2020 ergibt, einvernehmlich ausgeschlossen. Eine Erhöhung des Unterhaltebeitrages - abgesehen von der vorstehend angeführten Wertanpassung - wird ebenso einvernehmlich ausgeschlossen. Allfällige (weitere) eigene Einkünfte der Frau ***Bf1*** führen nicht zu einer Minderung des in dieser Vereinbarung festgelegten Unterhaltsanspruches."
Punkt III. der Vereinbarung lautet:
"Frau ***Bf1*** und Herr ***Z*** verzichten in Kenntnis ihrer jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse über die in dieser Vereinbarung festgelegte Unterhaltszahlung hinaus wechselseitig auf weitere, allfällig bereits bestehende oder auch zukünftig entstehende gegenseitige Unterhaltsansprüche; dies - soweit es nicht zwingenden rechtlichen Bestimmungen entgegensteht oder sittenwidrig wäre - auch im Falle unerwarteter geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage und auch nicht bedachter unverschuldeter Not.
Der Verzicht der Unterhaltsberechtigten auf einen ihr allenfalls höheren Unterhaltsbetrag als EUR 1.300,- (wertgesichert) ist jedoch nicht über den Tod des Unterhaltsverpflichteten hinaus wirksam. Ein ihr nach dem Ableben des Unterhaltsverpflichteten, insbesondere aufgrund gesetzlicher oder pensionsvertraglicher Bestimmungen allenfalls zustehender höherer Unterhaltsbetrag bzw. Witwenpensionsbezug, wird durch diese Vereinbarung nicht geschmälert. Die Witwenpension ist aber jedenfalls auf den Unterhaltsanspruch gemäß dieser Vereinbarung anzurechnen.
Sollte die Unterhaltsberechtigte zu Lebzeiten des Unterhaltsverpflichteten eine Wohngemeinschaft mit einem anderen Partner eingehen, so ruht für diesen Zeitraum der Unterhaltsanspruch, es sei denn, die Teilung des Haushaltes erfolgt lediglich zur Deckung eines Pflegebedürfnisses der Unterhaltsberechtigten.
Die Auflösung der Ehe, gleichgültig aus welchem Grunde, führt nicht zur Unwirksamkeit dieser Unterhaltsvereinbarung, sofern dies nicht aus zwingend gesetzlichen Gründen der Fall ist. Geht die Unterhaltsverpflichtete zu Lebzeiten des Unterhaltsberechtigten jedoch eine neue Ehe ein, so erlischt der in dieser Vereinbarung festgelegte Unterhaltsanspruch."
2. Mit Schreiben vom wurde das Rechtsgeschäft beim Finanzamt angezeigt und um Bestätigung ersucht, dass keine Gebührenpflicht bestehe, weil die Vereinbarung unter keine TP des § 33 GebG falle.
3. Mit Bescheid vom wurde für das Rechtsgeschäft die Gebühr gem. § 33 TP 20 Abs. 1 lit b GebG 1957 festgesetzt, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 140.400 Euro (1.300 x 108 Monate). Die Gebühr iHv. 2.808 Euro wurde der Bf. vorgeschrieben.
4. Dagegen wurde am das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass aus dem Urkundeninhalt nicht hervorgehe, dass die Vertragsteile irgendein strittiges oder zweifelhaftes Recht regeln wollten, sondern beschränke sich die Urkunde rein auf die Verschriftlichung eines bestehenden Rechtsverhältnisses.
Dem Urkundeninhalt sei auch nirgendwo zu entnehmen, dass die Höhe des Unterhaltes zweifelhaft geworden wäre. Es sei unrichtig, dass erst mit der gegenständlichen Vereinbarung ein Rechtsanspruch auf Zahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer definierten Höhe und grundsätzlich zeitlich unbegrenzt entstanden wäre. Dieser Rechtsanspruch sei mit Eheschließung entstanden und sei mit der gegenständlichen Vereinbarung nur im Hinblick auf die besondere Situation der letzten 2 Jahre, welche ein erhöhtes Risiko für schwere Erkrankungen und Ableben mit sich brachte, manifestiert. Dies zeige sich auch daran, dass die Parteien der Vereinbarung gleichzeitig Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten errichten ließen. Tatsächlich handle es sich nicht um einen Vergleich etwaig strittiger Verhältnisse, sodass die Vereinbarung nicht der Gebührenpflicht gemäß § 33 GebG unterliege.
Der Beschwerde wurde eine undatierte eidesstättige Erklärung der Gatten beigelegt, in welcher ausgeführt wird, dass kein Streit über die Höhe der monatlichen Unterhaltszahlungen bestanden habe und die Vereinbarung aufgrund der Coronasituation geschlossen worden sei, es seien auch Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten errichtet worden.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Vergleich vorliege, wobei ausschließlich der Inhalt der Schrift maßgeblich sei.
"In der gegenständlichen Urkunde wurde festgehalten, dass die Vertragsparteien getrennte Wohnsitze haben, eine Auflösung der Ehe aber nicht beabsichtigt sei.
In der Urkunde wurde festgehalten, dass beide über die in dieser Vereinbarung festgelegte Unterhaltszahlung hinaus wechselseitig auf weitere, allfällig bereits bestehende oder auch zukünftig entstehende gegenseitige Unterhaltsansprüche verzichten (Punkt III.). Eine Bereinigungswirkung liege hier jedenfalls vor. Eine Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion der Vereinbarung sei zu bejahen.
Da in den §§ 66 bis 69 Ehegesetz die Folgen einer Scheidung im Einzelnen (hinsichtlich Bestand und Höhe) nicht festgelegt sind, damit eine etwaige Unterhaltspflicht bzw. ein etwaiger Unterhaltsanspruch der bisherigen Ehegatten dem Grunde oder der Höhe nach überhaupt nicht feststehen, damit strittig oder zweifelhaft sind und Unterhaltsvereinbarungen grundsätzlich der Disposition der Ehegatten unterliegen (siehe 2003/16/0117), wurde von den Vertragsparteien durch die Vereinbarung auch für den Fall der Auflösung der Ehe, gleichgültig aus welchem Grunde, Klarheit über den Bestand und die Höhe der gegenseitigen Unterhaltsansprüche herbeigeführt und damit für den Fall der aus welchem Grund immer erfolgten Auflösung der Ehe das daraus entstehende strittige oder zweifelhafte Rechtsverhältnis bezüglich Bestehen und Umfang von Unterhaltspflichten durch diese Festlegungen einvernehmlich bereinigt.
Bei dieser Vereinbarung über die Gewährung von Unterhaltsleistungen während der aufrechten Ehe, sowie im Falle der Scheidung/Auflösung der Ehe handelt es sich somit um die Regelung zweifelhafter Rechte, stand doch im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Rechtsgeschäftes nach dem geltenden Eherecht nicht von vornherein fest, ob überhaupt bzw. welcher der Ehegatten zur Leistung eines Unterhaltes an den anderen dem Grunde nach verpflichtet sein wird.
Es liegt deshalb eine einvernehmlich von den Ehegatten von sich aus festgelegte Regelung der Unterhaltsverhältnisse während der aufrechten Ehe, sowie für den Fall einer Auflösung vor und eine solche Regelung ist als Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG zu beurteilen ( 2003/16/0117)."
6. Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag eingebracht. Ergänzend wurde vorgebracht, dass bereits die §§ 66-69 EheG die Folgen einer Scheidung festlegen: den Bestand und die Modalitäten der Unterhaltspflicht. Die Berechnungsformeln wurden von der Judikatur entwickelt. Die Unterhaltspflicht während aufrechter Ehe sei in § 94 ABGB geregelt. Maßgeblich sei, dass im vorliegenden Fall keine strittigen oder zweifelhaften Rechtsverhältnisse geregelt wurden und etwas anderes der Vereinbarung auch nicht zu entnehmen sei.
Das Dokumentieren unstrittiger, zwischen zwei Parteien feststehender Rechtsverhältnisse in Hinblick auf ein befürchtetes vorzeitiges Ableben oder schwere Erkrankung sei ein Akt der Vorsorge und biete keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass ein Recht zweifelhaft geworden sei.
7. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung unter Verweis auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung.
2. Beweiswürdigung
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt beruht auf den vom Finanzamt vorgelegten Akten, insbesondere der als "Unterhaltsvereinbarung" bezeichneten Urkunde.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Urkundenprinzip
Nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Sind aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäfts oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen, so wird nach § 17 Abs. 2 GebG 1957 bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Gemäß § 17 Abs. 4 GebG 1957 ist es auf das Entstehen der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Damit wird als wesentlicher Grundsatz des Gebührenrechts das Urkundenprinzip festgelegt, dass für die Beurteilung der Gebührenschuld allein der Inhalt der Urkunde maßgebend ist. Das Rechtsgeschäft unterliegt der Gebühr so, wie es beurkundet ist. Andere als in der Urkunde festgehaltene Umstände bzw. nicht aus ihr hervorgehende Tatsachen oder Abreden sind irrelevant und können der Gebührenfestsetzung nicht zugrunde gelegt werden, da die Urkunde nur über das Beweis zu schaffen vermag, was in ihr beurkundet ist (vgl. zB ).
Aus der alleinigen Geltung des schriftlich niedergelegten Inhalts ergibt sich auch die Belanglosigkeit der Beweggründe, die zur Errichtung der Schrift, zum Abschluss des Rechtsgeschäftes, zu einer bestimmten Art oder Formulierung geführt haben (; u.v.a.).
Die Behörde ist nicht gehalten, die Parteien etwa über deren Willen und Motivation zu befragen ( u.a.).
Erfüllt also ein Schriftstück die Voraussetzung einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft und enthält es alle für die Gebührenbemessung bedeutsamen Umstände, so richtet sich die Gebührenpflicht ausschließlich nach dem Urkundeninhalt ( u.a.; siehe Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rzn 1 f. und 8 zu § 17 GebG mit weiteren Judikaturverweisen).
Die mit der Beschwerde übermittelte eidesstättige Erklärung der Bf. ist somit ohne Belang.
3.1.2. Qualifizierung der Vereinbarung als Vergleich
Gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b Gebührengesetz 1957 (GebG 1957), BGBl 1957/267 idgF, ist für Vergleiche eine Gebühr iHv 2% vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistung zu entrichten.
Nach § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen betroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.
Nach § 15 Abs. 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG 1955) sind immerwährende Nutzungen oder Leistungen mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.
Nachdem das Gebührengesetz keine eigene Begriffsbestimmung enthält, ist für die Frage, ob ein Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG 1957 vorliegt § 1380 ABGB heranzuziehen.
Nach § 1380 ABGB ist ein Vergleich ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet. Ein Vergleich ist somit die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung streitiger oder zweifelhafter Rechte. Ein Vergleich bereinigt sohin ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis ().
Nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse können vergleichsweise geregelt werden, sondern auch solche Rechte, die dem Grunde oder der Höhe nach zweifelhaft sind (; ).
Zweifelhaft ist das Recht, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt und Umfang oder auch über das Erlöschen nicht im Klaren sind (Ertl in Rummel, Rz 3 zu § 1380 ABGB; ).
Bei einer Regelung nicht strittiger Rechte liegt kein Vergleich vor (vgl ). Der Erlass einer unstreitigen und unzweifelhaften Schuld oder die einseitige Anerkennung einer Forderung des anderen ohne beiderseitiges Nachgeben ist daher kein Vergleich (, und ; GebR 2019 Rz 831).
Die Rechtsinstitute des Anerkenntnisses oder des Verzichtes unterliegen für sich gesehen nicht der Gebührenpflicht nach § 33 TP 20 ().
Anerkenntnis und Verzicht unterliegen nicht der Gebühr, da die Einigung der Parteien nicht durch beiderseitiges Nachgeben erfolgt, sondern nur eine Partei von ihrem Rechtsstandpunkt abgeht und sich dem der Gegenpartei vollständig unterwirft (GebR 2019 Rz 835).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen, die allfällige Scheidungsfolgen regeln, als Vergleiche im Sinne des § 33 TP 20 GebG angesehen (vgl. ; ). In einem solchen Fall regeln die Vertragsteile zweifelhafte Rechte, weil sie an diese Regelung auch dann gebunden bleiben, wenn sich später die gesetzlichen Voraussetzungen etwa für eine Unterhaltspflicht ändern sollten. Im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Rechtsgeschäftes steht nämlich die Verpflichtung zur Leistung eines Unterhaltes dem Grunde nach noch gar nicht fest. Es liegt daher eine künftige Regelung der Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse der Ehegatten für den Fall ua. einer Scheidung vor und eine solche Regelung ist als Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG zu beurteilen ( 532/67; ).
Die §§ 66-69 EheG und § 94 ABGB stellen zwar grobe Regeln bezüglich der Unterhaltsleistung auf, aber die konkrete Regelung der Folgen der Scheidung unterliegt grundsätzlich der Disposition der Ehegatten.
Bei einer Scheidungsfolgenvereinbarung handelt es sich daher um die Regelung zweifelhafter Rechte. Es können nämlich nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse vergleichsweise geregelt werden, sondern auch künftige auf Gesetz beruhende Ansprüche, wenn noch zweifelhaft ist, ob und inwieweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sein werden (, , und ).
Für den Anspruch auf Unterhalt ist gem. §§ 66-69 EheG relevant, ob ein Ehepartner alleine oder überwiegend an der Scheidung Schuld trägt, oder ob die Scheidung einvernehmlich erfolgt.
Aus der Formulierung "für den Fall der Auflösung der Ehe aus welchem Grunde immer" war (im dortigen Beschwerdefall) ersichtlich, dass es sich auch um eine Regelung zweifelhafter Unterhaltsfragen für die Zeit nach Auflösung der Ehe gehandelt hatte, bei der sowohl die Höhe als auch die Rechtsgrundlage zweifelhaft gewesen war. Die vom Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin (im dortigen Fall) geschlossene Vereinbarung ging insbesondere wegen ihrer Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion für die Zeit nach Auflösung der Ehe über einen bloßen Alimentationsvertrag hinaus (, , und ; Themel in Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2023, § 33 TP 20, Rz 13).
Die verbindliche Festlegung von dem Grunde oder der Höhe nach - für die Vertragspartner offebar bis dahin - unsicheren Ansprüchen oder zweifelhaften Rechten, unabhängig von der allenfalls zukünftigen Entscheidung einer zuständigen Behörde (Gericht), ist nach Lehre und Rechtsprechung als gebührenpflichtiger Vergleich zu beurteilen.
Das Bundesfinanzgericht hat bezüglich einer zwischen Ehegatten für den Fall der getrennten Wohnsitznahme vereinbarten Unterhaltsbegrenzung des Manns auf 2.000 Euro monatlich (unter Anrechnung des Einkommens der Ehefrau) entschieden, dass diese Vereinbarung von den möglichen gesetzlichen Ansprüchen abweicht (der gesetzliche Anspruch könnte höher oder niedriger sein). Es wird daher ein zweifelhaftes Recht durch gegenseitiges Nachgeben festgesetzt. Es liegt somit ein Vergleich vor ().
Im gegenständlichen Fall haben die Bf. und ihr Ehegatte es offenkundig für nötig erachtet, angesichts der erfolgten Aufhebung der ehelichen Wohngemeinschaft, in Form eines Notariatsaktes eine klarstellende und beiderseitig verbindliche Regelung hinsichtlich der Unterhaltsansprüche zu treffen.
Folgende Passagen der Urkunde haben eine Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion bzw. eine Bereinigungswirkung und sprechen für das Vorliegen eines gebührenpflichtigen Vergleichs:
"Eine Senkung des Unterhalts unter den Betrag von Eur 1.300 pro Monat wird ausdrücklich auch für den Fall, dass sich nach der oben dargestellten Berechnungsmethode ein geringeres Nettoeinkommen des Unterhalteverpflichteten gegenüber jenem im Steuerbescheid für 2020 ergibt, einvernehmlich ausgeschlossen. Eine Erhöhung des Unterhaltebeitrages - abgesehen von der vorstehend angeführten Wertanpassung - wird ebenso einvernehmlich ausgeschlossen. Allfällige (weitere) eigene Einkünfte der Frau ***Bf1*** führen nicht zu einer Minderung des in dieser Vereinbarung festgelegten Unterhaltsanspruches."
"Der Verzicht der Unterhaltsberechtigten auf einen allenfalls höheren Unterhaltsbetrag als EUR 1.300 (wertgesichert) ist jedoch nicht über den Tod des Unterhaltsverpflichteten hinaus wirksam."
Der Betrag von 1.300 Euro wird als Mindestbetrag vereinbart und weitere Einkünfte der Bf. sollen den Unterhaltsanspruch nicht vermindern. Diese Vereinbarung weicht von den möglichen gesetzlichen Ansprüchen ab, weil dieser Anspruch niedriger sein könnte.
Andererseits verzichtet die Bf. auf einen allenfalls höheren Unterhaltsbetrag.
Es wird daher ein zweifelhaftes Recht durch gegenseitiges Nachgeben festgesetzt.
"Frau ***Bf1*** und Herr ***Z*** verzichten in Kenntnis ihrer jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse über die in dieser Vereinbarung festgelegte Unterhaltszahlung hinaus wechselseitig auf weitere, allfällig bereits bestehende oder auch zukünftig entstehende gegenseitige Unterhaltsansprüche; dies - soweit es nicht zwingenden rechtlichen Bestimmungen entgegensteht oder sittenwidrig wäre - auch im Falle unerwarteter geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage und auch nicht bedachter unverschuldeter Not."
Eine Bereinigungswirkung für bestehende und eine Streitvorbeugungsfunktion für zukünftige Ansprüche ist hier klar erkennbar. Darüber hinaus erfolgt ein Ausschluss der Umstandsklausel.
"Sollte die Unterhaltsberechtigte zu Lebzeiten des Unterhaltsverpflichteten eine Wohngemeinschaft mit einem anderen Partner eingehen, so ruht für diesen Zeitraum der Unterhaltsanspruch, es sei denn, die Teilung des Haushaltes erfolgt lediglich zur Deckung eines Pflegebedürfnisses der Unterhaltsberechtigten."
Im gegenständlichen Fall soll der Unterhaltsanspruch bereits bei Eingehen einer Wohngemeinschaft mit einem anderen Partner ruhen. Es ist nicht völlig klar, ob diese Formulierung auf eine Lebensgemeinschaft abzielt.
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es zu einem Ruhen des nachehelichen Unterhaltsanspruchs, wenn die unterhaltsberechtigte Person eine Lebensgemeinschaft eingeht. Eine Lebensgemeinschaft wird als eheähnlicher Zustand definiert, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht (3 Ob 28/07x). Die Kriterien Wirtschaftsgemeinschaft, Wohngemeinschaft und Geschlechtergemeinschaft müssen vorliegen, wobei der Entfall eines Kriteriums aufgewogen werden kann, wenn die anderen Kriterien entsprechend ausgeprägt verwirklicht sind (3 Ob 21/65).
"Die Auflösung der Ehe, gleichgültig aus welchem Grunde, führt nicht zur Unwirksamkeit dieser Unterhaltsvereinbarung, sofern dies nicht aus zwingend gesetzlichen Gründen der Fall ist. Geht die Unterhaltsverpflichtete zu Lebzeiten des Unterhaltsberechtigten jedoch eine neue Ehe ein, so erlischt der in dieser Vereinbarung festgelegte Unterhaltsanspruch."
Die Vereinbarung soll auch für den Fall einer Scheidung aufrecht bleiben.
Dies gleichgültig, ob ein Ehepartner allein oder überwiegend an der Scheidung schuldig ist, oder ob eine einvernehmliche Scheidung erfolgt.
Daraus ist ersichtlich, dass es sich auch um eine Regelung zweifelhafter Unterhaltsfragen für die Zeit nach Auflösung der Ehe handelt, bei der sowohl die Höhe als auch die Rechtsgrundlage zweifelhaft war. Eine solche Vereinbarung geht insbesondere wegen ihrer Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion für die Zeit nach Auflösung der Ehe über einen bloßen Alimentationsvertrag hinaus (, , und ).
Die als "Unterhaltsvereinbarung" bezeichnete Urkunde vom ist insgesamt als gebührenpflichtiger Vergleich gem. § 33 TP 20 GebG zu qualifizieren und die Beschwerde daher spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt bezüglich der Voraussetzungen für einen gebührenpflichtigen Vergleich der angeführten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100303.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at