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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.05.2023, RV/1100206/2021

Besteuerung der von einem Angestellten eines Casinos als Anteil aus dem Tronc bezogenen Trinkgelder

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den bei der ***C*** AG angestellten Beschwerdeführer zur Einkommensteuer für das Jahr 2019.

2. Der dagegen - mit der Begründung, die Krankenversicherungsbeiträge seien nicht berücksichtigt worden - erhobenen Beschwerde gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung Folge.

3. Mit Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte, die Trinkgelder, welche Teil der Auszahlung gewesen seien, nicht der Besteuerung zu unterziehen.

4. Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer um Vorlage des Trinkgeldreglements und der monatlichen Lohnausweise sowie um Stellungnahme zu den im Einzelnen angeführten Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweismittel

Der Beschwerdeführer ist mit (unbefristetem) Dienstvertrag bei der ***C*** AG angestellt. Seine Aufgaben ergeben sich ua. aus der Stellenbeschreibung, welche integrierender Bestandteil des Dienstvertrages ist. Weiters bildet einen integrierenden Bestandteil des Dienstvertrages ua. das Trinkgeldreglement.

Das Trinkgeldreglement und die Stellenbeschreibung wurden nicht vorgelegt, der Beschwerdeführer hatte aber unbestritten Anspruch auf einen von der Arbeitgeberin ausbezahlten Anteil aus dem gemeinsamen Trinkgeldtopf (Tronc). Im Lohnausweis 2019 sind die Trinkgelder als sonstige Leistungen und Vergütungen angeführt.

2. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:

"Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist."

Art. 32 des liechtensteinischen Geldspielgesetzes (GSG), LGBl. 2010 Nr. 235, enthält bezüglich Trinkgeldern folgende Regelung:

"1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.

2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschliesslich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

Nach der gegebenen Sachlage zählte der Beschwerdeführer zu dem von der ***C*** AG festgelegten Kreis der Angestellten, die einen Anteil am sogenannten Tronc erhielten und ist sohin davon auszugehen, dass ihm die Annahme individueller Trinkgelder nach dem geltenden Reglement untersagt war. Damit stand einer Steuerbefreiung der ihm von der Arbeitgeberin ausbezahlten anteiligen Trinkgelder aus dem Tronc aber die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 entgegen und konnte der Beschwerde insoweit bereits aus diesem Grund kein Erfolg beschieden sein.

Zudem hat das Bundesfinanzgericht auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16a erster Satz EStG 1988 bei Angestellten der ***C*** AG bereits wiederholt verneint, da es sich aufgrund des angewendeten Verteilungssystems nicht mehr um Zuwendungen der Kunden an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer von diesen Personen erbrachten Dienstleistung handle, sondern vielmehr ein Rechtsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin auf einen Anteil aus dem Tronc, der Teil des Bruttolohnes sei, bestünde (vgl. ua. , ; jeweils mwN).

Soweit der Beschwerdeführer auf den Gleichheitsgrundsatz verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Befreiung nur unter den gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen greift und der Verfassungsgerichtshof aufgrund einer anhängigen Beschwerde eines Arbeitnehmers eines (inländischen) Casinos von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 eingeleitet und die Regelung mit Erkenntnis vom , G 19/08, sowohl hinsichtlich des ersten als auch des zweiten Satzes als verfassungskonform beurteilt hat. Begründend wurde auf das Wesentlichste zusammengefasst ausgeführt, die Bestimmung betreffe Einkünfte, bei denen aufgrund der bestehenden, im Einzelnen angeführten Besonderheiten ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Normierung einer Steuerbefreiung bestehe. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass es bei dieser Ausnahme primär um eine steuerliche Regelung für die Fälle gehe, in denen zwar Trinkgelder zulässigerweise geleistet würden, dem Arbeitnehmer selbst aber die direkte Annahme verboten sei, so dass es zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder zu einer Einschaltung des Arbeitgebers kommen müsse. Dies unterscheide den geregelten Fall von freiwilligen "Tronc-Systemen", bei denen bloß aus Gründen der gerechteren bzw. einfacheren Verteilung eine Zusammenfassung der geleisteten Trinkgelder erfolge und die Verteilung unter Einschaltung des Arbeitgebers nach einem im Voraus vereinbarten Schlüssel vorgenommen werde, für die Arbeitnehmer aber die Möglichkeit bestehe, jederzeit zu einem System der "Selbstverwaltung" unter Ausschaltung des Arbeitgebers zurückzukehren. Derartige Unterschiede rechtfertigten aber auch eine unterschiedliche steuerliche Behandlung, erhalte doch das Trinkgeld im zweiten Fall zwangsläufig stärker den Charakter eines Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn, den der Gesetzgeber daher zulässigerweise in die Steuerpflicht einbeziehen dürfe, auch wenn er im Übrigen Arbeitnehmertrinkgelder von der Besteuerung freistelle.

Nachdem es auch im Beschwerdefall bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder zwangsläufig zu einer Einschaltung der Arbeitgeberin kommt, unterscheiden sich diese von den von einem Arbeitnehmer in der Gastronomie auf freiwilliger Basis bezogenen Trinkgeldern und ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sohin nicht erkennbar.

Damit hat das Finanzamt die vom Beschwerdeführer bezogenen Anteile aus dem Tronc zu Recht als steuerpflichtigen Lohnbestandteil erfasst und konnte der Beschwerde insoweit daher kein Erfolg beschieden sein.

Hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge hat das Finanzamt dem Beschwerdebegehren in der Beschwerdevorentscheidung entsprochen und war der Beschwerde gesamthaft gesehen daher im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge zu geben.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittige Frage der Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100206.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at