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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.05.2023, RV/7102719/2021

Vorlageantrag ohne wirksame Beschwerdevorentscheidung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke im Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde der ***1*** ***2*** ***3***, ***4***, ***5***, vertreten durch Mag. Klaus-Richard Heintzinger, Rechtsanwalt, 1090 Wien, Berggasse 4/1/7, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***6***, womit der Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im Jänner 1996 geborenen ***7***-***8*** ***9*** für den Zeitraum Juni 2019 bis April 2020 zurückgewiesen wurde, beschlossen:

I. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO i.V.m. § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren in Bezug auf die Beschwerde vom vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 B-VG i.V.m. § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.

Begründung

Erkenntnis

Mit Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht eine Beschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** ***3*** gegen einen Bescheid des Finanzamts Hollabrunn Korneuburg Tulln vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für den im Jänner 1996 geborenen Sohn ***7***-***8*** ***9*** ab Juni 2019 abgewiesen wurde, als unbegründet ab. Demnach begann ***7***-***8*** ***9*** am die Polizeigrundausbildung bei der Landespolizeidirektion Wien im Bildungszentrum Wien aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründeten privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (§ 1 Abs. 1 VBG). Der Dienstvertrag war für die Dauer von 24 Monaten befristet.

Das Bundesfinanzgericht vertrat zusammengefasst unter Hinweis auf das Erkenntnis (betreffend Grenzpolizeiausbildung) und verschiedene Erkenntnisse des BFG die Auffassung, "dass der Bf" (richtig: der Sohn der Bf) "durch die Absolvierung der exekutivdienstlichen Grundausbildung in der Zeit ab nicht in Berufsausbildung iSd FLAG 1967 gestanden ist, sondern bereits einen Beruf ausgeübt hat", weswegen der Bf ab Juni 2019 Familienbeihilfe für ihn nicht zustehe. Die Revision wurde unter Hinweis auf das Erkenntnis nicht zugelassen, außerordentliche Revision wurde nicht erhoben.

Antrag vom

Am beantragte die Bf mit dem Formular Beih 100-PDF unter Beifügung des Vertrags vom neuerlich Familienbeihilfe ab Juni 2019 für ihren Sohn ***7***-***8*** ***9*** wegen "Ausbildung zum Exekutivbeamten".

Zurückweisungsbescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt der Antrag vom auf Familienbeihilfe für ***7***-***8*** ***9*** für den Zeitraum Juni 2019 bis April 2020 zurück und führte dazu aus:

Die Zurückweisung erfolgte, weil die Eingabe aus folgendem Grund nicht zulässig ist:

Über Ihren Antrag auf Familienbeihilfe für Ihren Sohn ***9*** ***10***-***8*** von Juni 2019 bis April 2020 wurde bereits mit Erkenntnis vom Bundesfinanzgericht vom rechtskräftig entschieden.

Die Aufhebung eines BFG-Erkenntnisses steht weder dem Finanzamt noch dem BFG zu.

Beschwerde

Die Bf erhob durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid und führte darin aus:

Der bekämpfte Bescheid wird dem Grunde nach bestritten.

1. Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) hat ab für 24 Monate die Polizeigrundausbildung absolviert.

Die Bf hat aufgrund der Tatsache, dass dies eine Berufsausbildung ISd § 2 Abs 1 lit b FLAG darstellt, im Jahr 2019 die Familienbeihilfe beantragt, welche vom Finanzamt mit Abweisungsbescheid vom , mit Verweis auf das VwGH-Erkenntnis , Ra 2018/16/0203, abgewiesen wurde.

Die dazu erhobene Beschwerde der Bf wurde mit Erkenntnis vom zu GZ RV/7106506/2019 des Bundesfinanzgerichts abgewiesen mit der Begründung, dass mit Eintritt in ein Dienstverhältnis zum Bund bereits von einer Berufsausübung auszugehen sei, sodass der Sohn der Bf nicht in Berufsausbildung iSd FLAG gestanden sei, sondern bereits einen Beruf ausgeübt habe.

Nunmehr, mit der höchstgerichtlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom (GZ: Ra 2020/16/0039) ist endgültig darüber abgesprochen worden, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung um eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG handelt, die zum Bezug der Famillenbeihilfe berechtigt.

Die Bf hat aufgrund (damals jüngst) ergangener Rechtsprechung des VwGH neuerlich für den Zeitraum Juni 2019-April 2020 einen Antrag auf Famillenbeihilfe am bei der belangten Behörde eingebracht.

Die belangte Behörde hat hierzu den hier zu bekämpfenden Zurückweisungsbescheid vom erlassen, sodass der Antrag auf Familienbeihilfe vom 21,12.2020 der Bf für den Zeitraum Juni 2019-April 2020 zurückgewiesen wurde. (Für die restliche Zelt der Polizeigrundausbildung, sohin für den Zeitraum Mai 2020-März 2021, wurde die Familienbeihilfe jedoch ausbezahlt!!!)

Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Zurückweisung erfolgte, da über den Antrag auf Familienbeihilfe für Juni 2019 - April 2020 bereits mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom rechtskräftig entschieden worden sei und die Aufhebung eines BFG-Erkenntnisses weder dem Finanzamt noch dem BFG zustehe.

Die belangte Behörde irrt in dieser Rechtsansicht.

Bel richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde einen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO erlassen müssen und den Abweisungsbescheid vom aufheben müssen.

Der Zurückweisungsbescheid vom 0l 07.2021 Ist rechtswidrig erlassen worden.

2. Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden.

Das angerufene Bundesfinanzgericht ist gem. Art 131 Abs 3 B-VG zuständig, da es sich um eine Beihilfenangelegenheit handelt.

Gemäß § 2 lit. a Ziffer 1 BAO gelten die Bestimmungen der BAO in Angelegenheit der von den Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden oder rückzufordernden bundesrechtlich geregelten Beihilfen aller Art.

Gemäß § 245 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Der Bescheid wurde am zugestellt, weswegen diese Beschwerde fristgerecht erhoben worden ist,

3. Beschwerdegründe

- Die Bf macht somit als Beschwerdegründe u.a. inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, Verfahrensfehler etc. geltend. Die Bf fühlt sich unter anderem in ihrem subjektiven Recht verletzt, aufgrund eines Inhaltlich rechtswidrigen Bescheides keine Familienbeihilfe zu erhalten. Zudem ist die Entscheidung willkürlich, sodass gegen das verfassungsgerichtlich gewährleistete Recht auf Gleichheit verstoßen wurde.

- Die Polizeigrundausbildung ist eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG und liegen beim Sohn der Bf auch die anderen Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe für den gegenständlichen Zeitraum vor.

im VwGH-Erkenntnis , GZ: Ra 2020/16/0039 wird klargestellt, dass Polizeigrundausbildung eine Berufsausbildung ist, welche zum Bezug der Familienbeihilfe berechtigt.

Weiters, dass Gegenstand des (vom Finanzamt) zitierten VwGH-Erkenntnlsses (, Ra 2018/16/0203) die Rückforderung von Familienbeihilfe ausschließlich für den Zeitraum einer "Kursunterbrechung" war, welche - den damaligen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes zufolge - nach der mit Abschlussprüfung beendeten sogenannten Basisausbildung oder Grundausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst erfolgte und während welcher bereits eine Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich stattfand. Zu (nur) diesem Zeitraum hat der Verwaltungsgerichtshof in jenem Erkenntnis daher tragend ausgeführt, dass mit der Berufsausübung der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt sei, womit der Verwaltungsgerichtshof die damals in Rede stehende Zeit der Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Dienst als Ausübung des Berufs (Grenzpolizist) gesehen hat und - in Anknüpfung an frühere Rechtsprechung - die dienstrechtliche Bezeichnung "Ausbildungsphase" (§ 66 VBG) und die dienstrechtlichen Vorschriften über die Ausbildung als nicht entscheidend betrachtet hat. (RZ29ff des VwGH-Erkenntnisses , GZ Ra 2020/16/0039).

Im hier zu beurteilenden Sachverhalt (wie auch im VwGH-Erkenntnls vom , welche zugunsten der Bf entscheiden wurde) liegt aber weder eine (ansatzweise vergleichbare) Ausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Dienst noch eine "Kursunterbrechung" vor.

- Das höchstgerichtliche Erkenntnis (VwGH-Erkenntnis vom ) war der Anlass der nunmehrigen Bf einen neuerlichen Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni 2019-April 2020 zu steilen (Antrag vom ).

Die belangte Behörde entschied hierauf mit Zurückweisungsbescheid vom .

- Diese Rechtsansicht Ist unrichtig.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde den neuerlichen Antrag vom als Antrag gemäß §299 BAO behandeln müssen (und In der Folge denAbweisungsbescheid vom aufheben müssen).

Auf Antrag der Partei hat das Finanzamt gem. §299 BAO die gesetzlich normierte Möglichkeit einen Bescheid aufzuheben, wenn sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Nach § 302 Abs. 1 BAO sind Bescheidbehebungen nach § 299 Abs. 1 und 2 BAO nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig ( 98/15/0116).

Die Frist zur Aufhebung ist noch offen, da das Urteil des Bundesfinanzgerichts am ergangen ist, zuzüglich 6 Wochen für die Erhebung des Rechtsmittels der (außerordentlichen) Revision, ist der Beginn der Jahresfrist frühestens (da die Frist für die Revision erst ab Zustellung ausgelöst wird) mit zu veranschlagen.

Der neuerliche Antrag wurde am gestellt, sodass dieser fristgerecht innerhalb der Jahresfrist eingebracht wurde.

Der Spruch des Abweisungsbescheides vom (bzw. In der Folge des Zurückweisungsbescheides vom ) erweist sich aufgrund des VwGH-Erkenntnis vom Ra 2020/16/0039 als rechtswidrig, weshalb die begehrte Bescheiderlassung (Aufhebungsbescheid gemäß §299 BAO) erforderlich Ist.

Es ist ein Erlass ries zu 05 2601/2-IV/5/02 hinsichtlich der Richtlinien zur Aufhebung gemäß §299 BAO ausgegeben worden. Die darinstehenden Ausführungen sollen einer bundeseinheitlichen Vorgangsweise dienen. (https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=els4)

Die Bf vertritt die Rechtsansicht, dass auch unter der Maßgabe, dass die Aufhebung gemäß § 299 BAO im Ermessen der Behörde liegt, keine Umstände GEGEN eine Aufhebung vorliegen.

Ermessensentscheidungen sind nach Abwägung von Gründen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§20 BAO).

In ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung kommt im Bereich des §299 BAO dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang VOR dem Prinzip der Rechtssicherheit zu. Trotz dieses Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit haben Aufhebungen aber nur dann zu unterbleiben, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist bzw. wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat.

In der gegenständlichen Rechtssache ist Immanent, dass

- das Interesse an der Rechtsrichtigkeit der behördlichen Entscheidung (gegenüber dem Interesse der Rechtssicherheit) klar überwiegt,

- die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat und die Inhaltliche Rechtswidrigkeit wesentliche Folgen nach sich zieht,

sodass bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Antrag vom als Antrag auf § 299 BAO behandelt werden muss, der zur Aufhebung des Abweisungsbescheides vom führt. Dies mit der Begründung (wie schon weiter oben ausgeführt), dass der Spruch des Bescheides, aufgrund des VwGH-Erkenntnis vom , RA 2020/16/0039, nicht richtig ist.

Die belangte Behörde hat aber den Antrag rechtswidrig mit Zurückweisungsbescheid vom behandelt.

- Die bekämpfte Entscheidung der belangten Behörde ist schon aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aufzuheben, zumal es nunmehr seit November 2020 ein VwGH-Erkenntnis gibt, dessen Sachverhalt mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vergleichbar Ist (seither ist auch klargestellt, dass das VwGH-Erkenntnis, welches das Finanzamt für dessen Abweisung nennt, einen anderen Sachverhalt behandelt und die dort gewonnenen Grundsätze NUR für die Zeit der "Kursunterbrechung" gelten), aber auch da einer bundeseinheitlichen Vorgehensweise der Finanzämter entsprechend der Abweisungsbescheid vom aufgrund neuerlichen Antrags vom gem. § 299 BAO aufzuheben gewesen wäre.

Die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung ist willkürlich, da der gleiche Sachverhalt unterschiedlich behandelt wird und hierfür die sachliche Rechtfertigung fehlt.

Den Klassenkameraden des Sohnes der Bf, welche mit demselben Rechtsproblem konfrontiert waren, wurde die Familienbeihilfe ab Juni 2019 nachbezahlt.

Beweis: Beiliegender Aufhebungsbescheid vom

-Schlussendlich soll nicht unausgeführt bleiben, dass einer rechtsunkundigen Person, die die Bf ist, kein Nachteil daraus erwachsen soll, dass etwaige Fehler bei dem Anbringen unterlaufen sind.

Vielmehr hätte die belangte Behörde mit Mängelbehebungsauftrag gemäß §85 BAO vorzugehen gehabt.

Bei richtiger rechtlichen Beurteilung Ist der Bf die Familienbeihilfe ab Juni 2019-April 2020 nachzuzahlen.

ln Eventu:

Sollte das erkennende Gericht zu einer gegenteiligen Rechtsansicht gelangen wird, aus anwaltlicher Vorsicht, ergänzend vorgebracht, dass die belangte Behörde gemäß §303 BAO das Verfahren wiederaufnehmen hätte müssen.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und um Wiederholungen zu vermeiden wird das entsprechende/übereinstimmende Vorbringen des vorigen Beschwerdepunktes ausdrücklich auch zum Inhalt dieses Beschwerdepunktes gemacht.

Die Bf vertritt die Rechtsansicht, dass die Wiederaufnahme berechtigt ist, da einerseits Tatsachen/Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind bzw. der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die (Vor-)frage vom Höchstgericht in wesentlichen Punkten (anders) entschieden worden 1st und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbelgeführt hätte.

Das VwGH-Erkenntnis, GZ: RA 2020/16/0039 ist am erlassen worden, sodass die Bf frühestens ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Neuerung erlangen konnte. Der neuerliche Antrag auf Familienbeihilfe wurde am gestellt.

Es liegt der Neuerungstatbestand deswegen vor, da es zu diesem Rechtsproblem vorher noch keine Rechtsprechung gab, sodass im damaligen Verfahren der außerordentlichen Revision stattgegeben wurde und (endlich) über das Rechtsproblem (Polizeigrundausbildung-Ausbildung iSd FLAG) abgesprochen wurde.

Aber auch das Vorliegen des Vorfragen-Tatbestandes ist immanent.

Die Wiederaufnahme ist zulässig, da diese innerhalb der Frist des § 304 BAO beantragt wurde (Rechtskraft des Bescheides war frühestens Anfang Juni 2020; um Wiederholungen zu vermeiden wird an dieser Stelle auf das Vorbringen hiezu weiter oben verwiesen).

Die amtswegige Wiederaufnahme liegt zwar im Ermessen der Behörde.

Ermessensentscheidungen sind nach Abwägung von Gründen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller In Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Es liegen keine Umstände vor, die einer Wiederaufnahme entgegenstehen.

An dieser Stelle sei auch vorgebracht, dass einziges Ziel der Wiederaufnahme das Insgesamt rechtmäßige Ergebnis Ist. ( 99/13/0253)

Bel richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Wiederaufnahme des Verfahrens sowohl aufgrund von neu hervorgekommenen Tatsachen, aber auch auf Grund des Vorfragentatbestandes Berechtigung zukommt.

Beweis:

einzuholender Akt der belangten Behörde zu Ordnungsbegriff ***6*** bzw. einzuholender Akt der belangten Behörde zur Abweisung Familienbeihilfe für ***9*** ***10*** ***8*** ab Juni 2019:

Einvernahme ***10***-***8*** ***9***, p.A. der Bf

Bf

weitere Beweise vorbehalten

4. Anträge

Es werden sohin gestellt nachstehende Anträge

1. den angefochtenen Zurückweisungsbescheid vom aufzuheben,

2. den Aufhebungsbescheid gemäß §299 BAO zu erlassen und darin

3. den Abweisungsbescheid vom gemäß § 299 Abs 1 BAO aufzuheben und der Bf die Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni 2019 bis April 2020 nachzuzahlen, in eventu

5. das Verfahren zu Ordnungsbegriff ***6*** bzw. das Verfahren der belangten Behörde hinsichtlich Abweisung Familienbeihilfe für ***9*** ***10*** ***8*** ab Juni 2019, wiederaufzunehmen,

6. eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Beigefügt war eine Seite, die im elektronischen Akt des Finanzamts unleserlich ist (offenbar eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe).

Beschwerdevorentscheidungen

Unter OZ 4 des elektronischen Finanzamtsakts ist eine Beschwerdevorentscheidung vom enthalten, die an ***3*** ***1*** ***2***, ***5***, ***4*** adressiert ist und folgenden Spruch enthält:

Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von ***3*** ***1*** ***2***, ***5***, ***4*** gegen den Zurückweisungsbescheid vom . Über die Beschwerde wird aufgrund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:

Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.

Die Begründung dazu lautet:

Anträge sind unter anderem dann zurückzuweisen, wenn in ein und derselben Sache die Abgabenbehörde bereits einmal rechtskräftig entschieden hat (Grundsatz "ne bis in idem").

Der Grundsatz "ne bis in idem" besagt, dass eine Abgabenbehörde in ein und derselben Sache nicht zweimal entscheiden darf (Unwiederholbarkeit, Einmaligkeitswirkung).

Dieser in der Bundesabgabenordnung nicht ausdrücklich verankerte Grundsatz gehört zu den grundlegenden Pfeilern der Verfahrensordnung (siehe B 605/85; 90/13/0043) und ist mit dem Begriff "Rechtskraftwirkung von Bescheiden" untrennbar verbunden. Die formelle Rechtskraft ist ausschließlich prozessualer Natur und bedeutet die Unanfechtbarkeit eines Bescheides im ordentlichen Rechtsmittelverfahren. Die materielle Rechtskraft eines Bescheides (sie setzt die formelle Rechtskraft des Bescheides voraus), steht der Erlassung weiterer Bescheide in derselben Sache entgegen, d.h. das Verbot des "ne bis in idem" ist eine Folge der materiellen Rechtskraft (siehe Bichler, "Ne bis in idem", Das Problem der Rechtskraft im Abgabenverfahren, ÖStZ 1995, 233).

Entscheidend kommt es darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Partei, Begehren und Sachverhalt müssen ident sein, damit eine entschiedene Sache vorliegt. Gegenständlich beantragt dieselbe Partei für denselben Zeitraum für dasselbe Kind die Familienbeihilfe. Da für diesen Zeitraum bereits entschieden wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

Eine amtswegige Pflicht zur Aufhebung nach § 299 BAO oder eine Wiederaufnahme nach §303 Abs 1 BAO kommt bei geänderter Rechtsprechung nicht in Betracht.

Ein Zustellnachweis ist nicht aktenkundig.

Unter OZ 5 des elektronischen Finanzamtsakts ist eine Beschwerdevorentscheidung vom enthalten, die an ***3*** ***1*** ***2***, Berggasse 4/1/7, 1090 Wien (die Büroanschrift des rechtsfreundlichen Vertreters) adressiert ist, ohne den rechtsfreundlichen Vertreter zu nennen, und folgenden Spruch enthält:

Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend der Beschwerde vom , eingelangt am von ***3*** ***1*** ***2***, ***5***, ***4*** gegen den Zurückweisungsbescheid vom . Über die Beschwerde wird aufgrund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:

Ihre Beschwerde vom wird als unbegründet abgewiesen.

Die Begründung dazu lautet wie in der Beschwerdevorentscheidung vom .

Auch dazu ist kein Zustellnachweis aktenkundig.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Vorlageantrag und führte darin aus:

In oben näher bezeichneter Rechtssache wird aufgrund Beschwerdevorentscheidung zu OB ***6*** vom , zugestellt am , sohin binnen offener Frist erstattet nachstehender Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht und ausgeführt wie folgt:

Vorab wird der Zustellmangel gerügt, da die Beschwerdevorentscheidung vom dem ausgewiesen Vertreter bis dato nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Es wurde gegen den Zurückweisungsbescheid zu OB ***6*** vom des Finanzamtes, zugestellt am , Beschwerde erhoben.

Diese Beschwerde hat das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 18,08.2021, zugestellt am dahingehend erledigt, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, da In derselben Sache bereits einmal entschieden worden wäre.

Die Bf vertritt jedoch die Rechtsansicht, dass die belangte Behörde den neuerlichen Antrag (auf Familienbeihilfe) vom als Antrag gemäß §299 BAO behandeln hätte müssen (und ln der Folge den Abweisungsbescheid vom aufheben müssen).

Dem Beschwerdeantrag wurde daher nicht stattgegeben.

Beweis.- wie bisher

Es wird daher gestellt der Antragdie Beschwerde vom 02.08,2021 gegen den Zurückweisungsbescheid zu OB ***6*** vom des Finanzamtes, dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 2 Abs 1 lit b) FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Der Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.) absolvierte ab für 24 Monate die Polizeigrundausbildung. Die Bf. stellte 2019 einen Antrag auf Familienbeihilfe wegen Berufsausbildung, welcher vom Finanzamt am mit Verweis auf das VwGH-Erkenntnis , Ra 2018/16/0203, abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde der Bf. wurde vom BFG mit Erkenntnis vom mit der Begründung abgewiesen, dass die Polizeigrundausbildung keine Berufsausbildung iSd FLAG darstelle, da es sich bereits mit Eintritt in ein Dienstverhältnis zum Bund um eine Berufsausübung handle.

Aufgrund der geänderten Rechtsprechung des VwGH, nach der die Polizeigrundausbildung nunmehr als Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit. b) FLAG gilt, brachte die Bf. am einen neuen Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni 2019-April 2020. Das Finanzamt erließ am einen Zurückweisungsbescheid für diesen Zeitraum wegen bereits rechtskräftig entschiedener Sache. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. Beschwerde und führte aus, dass die Behörde mittels § 299 BAO oder § 303 BAO hätte vorgehen und den rechtswidrigen Bescheid hätte aufheben müssen. Die Beschwerde wurde mit neuerlichem Hinweis auf den Grundsatz ne bis in idem und dass eine amtswegige Pflicht zur Aufhebung nach § 299 BAO oder eine Wiederaufnahme nach §303 Abs 1 BAO bei geänderter Rechtsprechung nicht in Betracht kommt, abgewiesen. Im daraufhin eingebrachten Vorlageantrag wird ein Zustellmangel behauptet und beantragt, der Beschwerde stattzugeben.

Beweismittel:

laut Aktenkonvolut

Stellungnahme:

Hinsichtlich des gerügten Zustellmangels ist auszuführen, dass die Beschwerdevorentscheidung zunächst am an die Bf. versendet, jedoch am 18.8. erneut an den Zustellungsbevollmächtigten (wie in den beigefügten Schriftstücken zu ersehen) versendet und zugestellt wurde, womit der Zustellmangel geheilt wurde.

Die Abgabenbehörde hat eine Beschwerde, die gegen einen Bescheid eingebracht wurde zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig ist (§ 260 Abs. 1 lit. a BAO). Eine Beschwerde ist unter anderem dann zurückzuweisen, wenn die Abgabenbehörde in ein und derselben Sache bereits einmal rechtskräftig entschieden hat (Grundsatz "ne bis in idem"). Der Grundsatz "ne bis in idem" besagt, dass eine Abgabenbehörde in ein und derselben Sache nicht zweimal entscheiden darf (Unwiederholbarkeit, Einmaligkeitswirkung).

Entscheidend kommt es darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Partei, Begehren und Sachverhalt müssen ident sein, damit eine entschiedene Sache vorliegt. Gegenständlich beantragt dieselbe Partei für denselben Zeitraum für dasselbe Kind für dieselbe Sache (Polizeigrundausbildung) die Familienbeihilfe, wofür bereits ein rechtskräftiges BFGErkenntnis ergangen ist.

Für Anträge betreffend die Polizeigrundausbildung, die seit Jänner 2019 unter Hinweis der höchstgerichtlichen Judikatur vom , Ra 2018/16/0203 mit Bescheid des Finanzamtes oder Erkenntnis des BFG rechtskräftig abgewiesen wurden, besteht nach herrschender Lehre und Rechtsprechung keine Möglichkeit einer Bescheidberichtigung im Sinne der §§ 295a oder 303 BAO (vgl. zB RV/0203-W/04; 92/13/0076). Die Aufhebung eines BFG-Erkenntnisses steht weder dem Finanzamt noch dem BFG zu.

Der Vorlagebericht wurde der Bf zu Handen ihres rechtsfreundlichen Vertreters und zwar offensichtlich an dessen Privatadresse zugestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den mit dem Formular Beih 100-PDF gestellten Antrag der Bf vom auf Familienbeihilfe für ***7***-***8*** ***9*** für den Zeitraum Juni 2019 bis April 2020 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Bf hat durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom Beschwerde erhoben, wobei eingangs der Beschwerdeschrift die Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwalts einschließlich seiner Büroanschrift in 1090 Wien bekannt gegeben wurde.

Mit Datum erließ das Finanzamt eine an ***3*** ***1*** ***2***, ***5***, ***4*** adressierte Beschwerdevorentscheidung. Mit Datum erließ das Finanzamt eine weitere, an ***3*** ***1*** ***2***, Berggasse 4/1/7, 1090 Wien (die Büroanschrift des rechtsfreundlichen Vertreters) adressiere Beschwerdevorentscheidung, ohne in der Zustellverfügung den rechtsfreundlichen Vertreter zu nennen. Es sind keine Zustellnachweise aktenkundig. Mit Schreiben vom stellte die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter Vorlageantrag und verwies eingangs darauf, dass "die Beschwerdevorentscheidung vom dem ausgewiesenen Vertreter bis dato nicht ordnungsgemäß zugestellt" worden sei. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdevorentscheidung bislang ordnungsgemäß zustellt wurde.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Rechtsgrundlagen

§ 85 Abs. 2 BAO lautet:

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 92 BAO lautet:

§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen

a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder

b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder

c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.

(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.

§ 93 BAO lautet:

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten

a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;

b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).

(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.

(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.

§ 96 BAO lautet:

§ 96. (1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.

(2) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, wozu jedenfalls auch Ausfertigungen in Form von mit einer Amtssignatur gemäß § 19 E-Government-Gesetz versehenen elektronischen Dokumenten zählen, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt. Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen erfüllen.

§ 97 BAO lautet:

§ 97. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

(2) Ist in einem Fall, in dem § 191 Abs. 4 oder § 194 Abs. 5 Anwendung findet, die Rechtsnachfolge (Nachfolge im Besitz) nach Zustellung des Bescheides an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) eingetreten, gilt mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger (Vorgänger) auch die Bekanntgabe des Bescheides an den Rechtsnachfolger (Nachfolger) als vollzogen.

(3) An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, daß sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß.

§ 250 BAO lautet:

§ 250. (1) Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

(2) Wird mit Bescheidbeschwerde die Einreihung einer Ware in den Zolltarif angefochten, so sind der Bescheidbeschwerde Muster, Abbildungen oder Beschreibungen, aus denen die für die Einreihung maßgeblichen Merkmale der Ware hervorgehen, beizugeben. Ferner ist nachzuweisen, dass die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Ware mit diesen Mustern, Abbildungen oder Beschreibungen übereinstimmt.

§ 262 BAO lautet:

§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 263 BAO lautet:

§ 263. (1) Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde

a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.

(3) Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.

(4) § 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nicht anderes ergibt.

§ 264 BAO lautet:

§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner

b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) § 255 (Verzicht),

d) § 256 (Zurücknahme),

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 265 BAO lautet:

§ 265. (1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(2) Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.

(4) Die Abgabenbehörde hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen.

(5) Partei im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist auch die Abgabenbehörde, deren Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten ist.

(6) Die Abgabenbehörde ist ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen. Diese Pflicht besteht ab Verständigung (Abs. 4) auch für den Beschwerdeführer.

§§ 284, 285 BAO lauten:

§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.

(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

(5) Das Verwaltungsgericht kann sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Abgabenbehörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Abgabenbehörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst.

(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.

(7) Sinngemäß sind anzuwenden:

a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),

b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),

c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),

d) § 266 (Vorlage der Akten),

e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),

f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),

g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),

h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).

§ 285. (1) Die Säumnisbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der säumigen Abgabenbehörde;

b) die Darstellung des Inhaltes des unerledigten Antrages bzw. der Angelegenheit, in der eine Verpflichtung zur amtswegigen Erlassung eines Bescheides besteht;

c) die Angaben, die zur Beurteilung des Ablaufes der Frist des § 284 Abs. 1 notwendig sind.

(2) Die Frist des § 284 Abs. 2 wird durch einen Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs. 2) gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages und endet mit Ablauf der Mängelbehebungsfrist oder mit dem früheren Tag des Einlangens der Mängelbehebung beim Verwaltungsgericht.

§ 299 BAO lautet:

§ 299. (1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

§ 303 BAO lautet:

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

§ 305 BAO lautet:

§ 305. Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des nach § 307 Abs. 1 aufzuhebenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

§ 307 BAO lautet:

§ 307. (1) Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 97/2002)

(3) Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

§ 5 ZustG lautet:

§ 5. Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

§ 6 ZustG lautet:

§ 6. Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus.

§ 7 ZustG lautet:

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 9 ZustG lautet:

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

(4) Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

(5) Wird ein Anbringen von mehreren Parteien oder Beteiligten gemeinsam eingebracht und kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter.

(6) § 8 ist auf den Zustellungsbevollmächtigten sinngemäß anzuwenden.

Zustellung der Beschwerdevorentscheidung

Der belangten Behörde wurde mit der Beschwerde vom die Bevollmächtigung eines rechtsfreundlichen Vertreters bekannt gegeben.

Eine allgemeine Vollmacht umfasst nach ständiger Rechtsprechung auch die Empfangnahme von Schriftstücken (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7.A., § 83 BAO Rz 17 m.w.N., ebenso a.a.O., § 9 ZustG Rz 20.). Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde an die Bf persönlich an deren Anschrift adressiert. Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde ebenfalls an die Bf persönlich adressiert, allerdings an die Anschrift des rechtsfreundlichen Vertreters, ohne diesen zu nennen. Beide Beschwerdevorentscheidungen wurden gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 ZustG nicht wirksam zugestellt.

Im Vorlageantrag vom wurde ausdrücklich bestritten, dass die Beschwerdevorentscheidung dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt worden ist. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 ZustG dem rechtsfreundlichen Vertreter tatsächlich zugekommen ist.

Wenn das Finanzamt im Vorlagebericht ausführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom dem Zustellungsbevollmächtigten zugestellt worden sei, ist dieses Vorbringen aktenwidrig. Auch die Beschwerdevorentscheidung vom nennt nur die Bf als Empfängerin. Das tatsächliche Zukommen (des Originals) der Beschwerdevorentscheidung wurde vom Zustellungsbevollmächtigten bestritten. Es wurde daher in diesem Beschwerdeverfahren bisher eine Beschwerdevorentscheidung nicht wirksam erlassen.

Vorliegen einer Beschwerdevorentscheidung Voraussetzung für einen Vorlageantrag

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann "gegen eine Beschwerdevorentscheidung" ein Vorlageantrag gestellt werden. Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrags ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. Ritz/Koran, BAO 7. A., § 264 Rz 6, unter Hinweis auf und ; ; ; ).

§ 260 Abs. 2 BAO, wonach Bescheidbeschwerden auch vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht werden dürfen, ist gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ausdrücklich nicht auf Vorlageanträge anzuwenden (vgl. ; ; ; ; ; ). Da kein Fall des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO vorliegt, hat das Finanzamt gemäß § 262 BAO zwingend eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

Unzulässiger Vorlageantrag

Mangels wirksamer Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist daher der Vorlageantrag vom gemäß § 260 Abs. 1 BAO i.V.m. § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Gemäß § 274 Abs. 3 BAO (i.V.m. § 274 Abs. 5 BAO) ist hinsichtlich dieses Beschlusses von einer Verhandlung abzusehen, da der Vorlageantrag gemäß § 260 Abs. 1 BAO i.V.m. § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückzuweisen ist und die Aktenlage keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine andere Entscheidung getroffen werden könnte. Den Parteien haben sich zur Frage der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung geäußert.

Revisionsnichtzulassung

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und ist daher die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 263 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 3 Satz 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 9 Abs. 3 Satz 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102719.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at