Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.04.2023, RV/3300001/2019

Geldbuße des Verbandes unter der Mindesthöhe des § 23 Abs. 4 FinStrG aufgrund der zu berücksichtigenden überlangen Verfahrensdauer, Einstellung des Verfahrens gegen den Co-Geschäftsführer, der sich auf den für abgabenrechtliche Belange zuständigen Geschäftsführer verlassen hat

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3300001/2019-RS1
Gemäß § 3 Abs. 2 VbVG ist der Verband allein deshalb für Straftaten der Entscheidungsträger verantwortlich, wenn sie als solche die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen haben. Ein „eigenes" Verschulden des Verbandes ist dabei nicht maßgeblich. Ebenso unerheblich ist, wie viele Entscheidungsträger ein Finanzvergehen begangen haben oder daran beteiligt waren. Dass auch der Schuldspruch gegen den zweiten Geschäftsführer aufrecht bleibt, ist für die Bestrafung des belangten Verbandes nicht erforderlich.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Innsbruck 6 des Bundesfinanzgerichtes hat in den Finanzstrafsachen gegen
1. Herrn ***Bf2**, ***Bf2-Adr***
2. die ***Bf1***, ***Bf1-Adr***
beide vertreten durch 1A Steuerberatungs GmbH, Münchner Straße 26, 6130 Schwaz
wegen der Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom und des Amtsbeauftragten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim damaligen Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummern 81-2018, -002, -003, in Anwesenheit des Beschuldigten ***Bf2**, dieser auch als Vertreter des belangten Verbandes, seines Verteidiger, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde von Herrn ***Bf2** wird stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates - soweit es ihn betrifft - aufgehoben und das nunmehr beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde zur Strafnummer 81-2018 geführte Finanzstrafverfahren gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG eingestellt.

Der Beschwerde der ***Bf1*** wird teilweise stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates im Strafausspruch wie folgt abgeändert:

Über die ***Bf1*** wird gemäß §§ 28a Abs. 2 und 49 Abs. 2 FinStrG eine Geldbuße in Höhe von € 13.000,00 verhängt.

Darüber hinaus wird die Beschwerde der ***Bf1*** als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Finanzstrafverfahrens der ***Bf1*** werden gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG in unveränderter Höhe von € 500,00 festgesetzt.

Die Beschwerden des Amtsbeauftragten werden als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim damaligen Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummern 081-2018; -002; -003, wurden

1. Herr ***Bf2**, geboren 1982, italienischer Staatsbürger, Geschäftsführer,

2. Mag. ***Bf3***, geboren 1979, italienischer Staatsbürger, Geschäftsführer,

3. OG, nunmehr ***Bf1***

schuldig erkannt, es haben im Bereich des damaligen Finanzamtes Innsbruck

I. ***Bf2** als unbeschränkt haftender Gesellschafter der OG vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Zeiträume 01/2014 in der Höhe von € 2.010,81, 03/2014 in der Höhe von €1.866,63, 05/2014 in der Höhe von € 13.953,71, 02/2015 in der Höhe von € 19.339,63, 04/2015 in der Höhe von € 10.726,50, 06-09/2015 in der Höhe von € 55.070,49, 11-12/2015 in der Höhe von € 53.381,79, 01/2016 in der Höhe von € 15.531,48, 03/2016 in der Höhe von € 13.999,36, 09/2016 in der Höhe von € 19.979,64, 12/2016 in der Höhe von € 13.552,17, 02-08/2017 in der Höhe von € 109.611,60, 02/2017 (Anmerkung: laut Einleitung des Finanzstrafverfahrens richtig: 10/2017) in der Höhe von € 8.527,35;

II. Mag. ***Bf3*** vorsätzlich als unbeschränkt haftender Gesellschafter der OG Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Zeiträume 01/2014 in der Höhe von € 2.010,81, 03/2014 in der Höhe von €1.866,63, 05/2014 in der Höhe von € 13.953,71, 02/2015 in der Höhe von € 19.339,63, 04/2015 in der Höhe von € 10.726,50, 06-09/2015 in der Höhe von € 55.070,49, 11-12/2015 in der Höhe von € 53.381,79, 01/2016 in der Höhe von € 15.531,48, 03/2016 in der Höhe von € 13.999,36, 09/2016 in der Höhe von € 19.979,64, 12/2016 in der Höhe von € 13.552,17, 02-08/2017 in der Höhe von € 109.611,60, 02/2017 (Anmerkung: laut Einleitung des Finanzstrafverfahrens richtig: 10/2017)in der Höhe von € 8.527,35;

nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages nicht bekannt gegeben;

III. die OG als belangter Verband die Verantwortlichkeit gem. § 3 Abs. 2 VbVG iVm § 28a FinStrG dafür zu tragen, dass ***Bf2** und Mag. ***Bf3*** als deren Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs. 1 VbVG iVm § 28a FinStrG zu Gunsten des Verbandes und unter Verletzung der den Verband treffenden Verpflichtungen die unter Pkt. I. und Pkt. II. beschriebenen Finanzordnungswidrigkeiten begangen haben.

Es haben hiedurch begangen:

I. ***Bf2** die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG;

II. Mag. ***Bf3*** die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG;

III. der Verband die OG die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG iVm § 3 Abs. 2 VbVG.

Es wird hiefür

I. Der Erstbeschuldigte ***Bf2** nach § 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 17.000,00, (in Worten EURO siebzehntausend), im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 20 FinStrG in der Dauer von zwei Monaten;

II. der Zweitbeschuldigte Mag. ***Bf3*** nach § 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 17.000,00, (in Worten EURO siebzehntausend), im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 20 FinStrG in der Dauer von zwei Monaten;

III. die Drittbeschuldigte OG, nunmehr ***Bf1*** nach § 49 Abs. 2 iVm § 28a Abs. 2 FinStrG zu einer Geldbuße in der Höhe von € 17.000,00, (in Worten EURO siebzehntausend)

sowie gemäß § 185 FinStrG alle drei Beschuldigte zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens, wobei der Pauschalbetrag mit jeweils € 500,00 bestimmt wird verurteilt.

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, nämlich durch die Einsichtnahme in den gesamten Akteninhalt des Finanzstrafaktes zu Straflistennummer 081-2018, -002, -003 des ehemaligen Finanzamtes Innsbruck, insbesondere auch der Einvernahme des Erstbeschuldigten ***Bf2** und des Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3***, ferner auch durch Einsichtnahme in die Niederschrift über die Schlussbesprechung und die Stellungnahme des Verteidiger vom , den Veranlagungsakt zu St.Nr. ***BF1StNr1*** des Finanzamtes Innsbruck, die Rückstandsaufgliederung und die Buchungsabfrage, wird festgestellt:

Der Erstbeschuldigte bewohnt eine Immobilie, deren Eigentümerin seine Ehegattin ist. Sein monatliches Einkommen beläuft sich auf monatlich netto ca. € 2.000,00. Auch seine Ehegattin bezieht ein monatliches Einkommen von netto ca. € 2.000,00, dies 14mal jährlich. Unterhaltspflichten bestehen nicht. Er verfügt über eine Versicherung; Wert bzw. Guthabenstand sind nicht feststellbar.

[...]

Der Drittbeschuldigte Verband OG, nunmehr ***Bf1*** (Firmenbuchauszug vom , Einvernahme des Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** bei der Verhandlung vom , Protokoll Seite 3), wird und wurde vom Erstbeschuldigten seit und vom Zweitbeschuldigten seit (jeweils) selbständig vertreten (Firmenbuchauszug), insbesondere auch in den Jahren 2014 bis einschließlich 2017. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Drittbeschuldigten sind nicht näher feststellbar.

Die Beschuldigten sind finanzstrafbehördlich bislang unbescholten.

Der drittbeschuldigte Verband OG mit Gesellschaftsvertrag vom von ***Ex-GF*** und dem Erstbeschuldigten gegründet worden (historischer Firmenbuchauszug vom ). Sitz dieser OG war vormals die Adresse1, seit befindet sich der Sitz in der ***Bf1-Adr*** (historischer Firmenbuchauszug vom ). Der Erstbeschuldigte und der Zweitbeschuldigte sind als Entscheidungsträger dieser OG zu jeweils 50 Prozent beteiligt.

Am wurden für die Zeiträume 01-08/2017 berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht. Im Zuge der infolge dessen am unter der AB-Nr. 222064/17 durchgeführten Umsatzsteuerprüfung wurden diese Umsatzsteuervoranmeldungen am entsprechend festgesetzt. Weiters wurde in der Folge eine detaillierte Überprüfung der Gebarung der Umsatzsteuervoranmeldungen durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass von 47 Umsatzsteuervoranmeldungen 38 verspätet eingereicht und von den 38 verspäteten Umsatzsteuervoranmeldungen 25 Umsatzsteuervoranmeldungen nicht entsprechend den abgabenrechtlichen Vorschriften entrichtet wurden. Ebensowenig erfolgte in diesen Fällen die Entrichtung binnen eines Monats ab Einreichung der verspäteten Umsatzsteuervoranmeldungen. Anträge auf Ratenzahlungen erfolgten nicht.

Sowohl Erstbeschuldigter als auch Zweitbeschuldigter waren für die Einhaltung der abgabenbehördlichen Vorschriften verantwortlich. Dem Zweitbeschuldigten war konkret bekannt, dass gem. § 21 UStG 1994 spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen ist (Einvernahme des Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** vom , Protokollseite 6). Nicht festgestellt werden kann, ob (auch) dem Erstbeschuldigten die Bestimmung des § 21 UStG 1994 im Wortlaut bekannt war. Er wusste aber ebenso wie der Zweitbeschuldigte, dass eine Frist für die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung besteht, und weiters, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen der OG für den Zeitraum 2014 bis (jedenfalls) einschließlich August 2017 in vielen Fällen nicht den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes entsprechend eingereicht und die Umsatzsteuer nicht diesen Vorschriften entsprechend entrichtet wurde. Nicht festgestellt werden kann, ob dem Erstbeschuldigten in diesem Zeitraum 2014 bis (jedenfalls) einschließlich August 2017 die einzelnen Monate einschließlich der Beträge bekannt waren, in denen die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht (fristgerecht) und die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht (vollständig) erfolgten. Er fand sich jedoch über diesen gesamten Zeitraum hinweg damit ab. Der Erstbeschuldigte war aufgrund einer internen Absprache mit dem Zweitbeschuldigten in der OG regelmäßig "nur" in den Bereichen Disposition über die Fahrradkuriere und IT-Fragen zuständig, während der Zweitbeschuldigte grundsätzlich die finanzmäßigen Angelegenheiten übernommen hat. Dem Erstbeschuldigten war aber bewusst, dass auch ihn die abgabenrechtlichen Verpflichtungen nach außen hin treffen. Er überließ diese Angelegenheiten jedoch dem Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** aufgrund der mit ihm besprochenen internen Vereinbarung über die Aufteilung der Aufgabengebiete. Trotz Kenntnis zumindest des Umstandes, dass Säumnisse gegenüber dem Finanzamt in abgabenrechtlicher Hinsicht bestehen, versuchte der Erstbeschuldigte nicht einmal, diese Säumnisse zu verhindern oder dahingehend Einfluss auf den Zweitbeschuldigten zu nehmen, dass dieser angesichts dieser internen Absprache über die Aufgaben die abgabenrechtlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß erledigt. Der Erstbeschuldigte fand sich mit diesen Säumnissen ab. Dem Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** waren die Säumnisse in Bezug auf Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuer ebenfalls bewusst.

Im Einzelnen ergibt sich hinsichtlich dieser Zeiträume Folgendes:

Jahr 2014:
U 01 € 2.010,81 (gemeldet. mit € 12.765,04, teilweise entrichtet )
U 03 € 1.866,63 (gemeldet. mit € 14.465,32, teilweise entrichtet )
U 05 € 13.953,71 (gemeldet. entrichtet )
Zwischensumme 2014: € 17.831,15

Jahr 2015:
U 02 € 19.339,63 (gemeldet. , entrichtet )
U 04 € 10.726,50 (gemeldet. , entrichtet )
U 06 € 13.941,44 (gemeldet. , entrichtet )
U 07 € 13.250,13 (gemeldet. , entrichtet )
U 08 € 12.630,49 (gemeldet. , entrichtet )
U 09 € 15.248,43 (gemeldet. , entrichtet )
U 11 € 27.299,93 (gemeldet. , entrichtet , )
U 12 € 26.081,86 (gemeldet. , entrichtet , )
Zwischensumme 2015: € 138,518,41

Jahr 2016:
U 01 € 15.531,48 (gemeldet. , entrichtet )
U 03 € 13.999,36 (gemeldet. , entrichtet )
U 09 € 19.979,64 (gemeldet. , entrichtet , )
U 12 € 13.552,17 (gemeldet. mit € 51.284,32 entr. € 37.732,15 bis )
Zwischensumme 2016: € 63.062,65

Jahr 2017:
U 02 € 17.078,54 (gemeldet. mit € 17.732,02, bericht. am )
U 03 € 18.683,23 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 04 € 14.234,54 (gemeldet. mit € 14.664,69, bericht. am )
U 05 € 15.090,61 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 06 € 14.580,02 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 07 € 15.003,65 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 08 € 14.941,07 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 10 € 08.527,35 (gemeldet. , mit € 22.386,00, teilw. entrichtet , )
Zwischensumme 2017: € 118.138.95

Gesamtsumme: € 337.551,16

Diese Feststellungen trifft der Senat aufgrund der eingangs angeführten Beweismittel. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens waren unbedenklich und konnten hinsichtlich der Zeiträume und der Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge bei den Feststellungen zum Schuldspruch zugrunde gelegt werden, insbesondere auch der strafbestimmende Wertbetrag von insgesamt € 337.551,16. Der Zweitbeschuldigte stellte weder in der von seinem Verteidiger eingebrachten Äußerung vom noch im Zuge der Verhandlung vom seine Verantwortlichkeit für die vorgeworfenen Säumnisse in Abrede, sondern bekannte sich schuldig (Protokollseite 5). Er räumte auch ein, dass ihm die Fälligkeit der Umsatzsteuervoranmeldung bewusst war. Insoweit konnte diese Aussage den Feststellungen zugrunde gelegt werden. Im Übrigen erschienen die Angaben des Zweitbeschuldigten aber lediglich sehr eingeschränkt glaubwürdig. So gab er an, der Jahresabschluss sei vom Steuerberater erstellt worden. Im Zusammenhang damit habe es eine Besprechung mit diesem Steuerberater gegeben, bei dieser sei jedoch nicht darüber gesprochen worden, dass Umsatzsteuervoranmeldungen verspätet eingereicht wurden. Realitätsnah ist es jedoch nicht vorstellbar, dass ein Steuerberater im Rahmen einer Besprechung im Zusammenhang mit der Erstellung des Jahresabschlusses bei solchen Säumnissen mit keinem Wort darauf hinweist, dass die Verpflichtungen des Umsatzsteuergesetzes tunlichst einzuhalten sind. Weiters gab der Zweitbeschuldigte unter anderem an, das Finanzamt habe ihn darauf hingewiesen, dass "manchmal" Umsatzsteuer-Voranmeldungen verspätet gewesen seien; auf seine Ankündigung, diese nachzureichen, habe er vom Finanzamt die Mitteilung erhalten "dann passe das". Dies ist ebenfalls nicht glaubhaft, sondern eine solche Auskunft vielmehr alles andere als naheliegend. Auch aus diesem Grund vermochte die Aussage des Zweitbeschuldigten insgesamt und im speziellen dahingehend nicht zu überzeugen, dass der Erstbeschuldigte von den Säumnissen nichts gewusst habe. Zudem aber räumte der Erstbeschuldigte ein, es sei ihm schon klar gewesen, dass die Liquidität der OG nicht gut gewesen sei und weiters, dass Mahnspesen bei Nichteinhaltung der abgabenrechtlichen Verbindlichkeiten anfallen. Dass es trotz dieser sowohl von ihm als auch vom Zweitbeschuldigten geschilderten Liquiditätsprobleme keinerlei diesbezügliche Besprechungen gab, insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass Mahnspesen bestehende Liquiditätsprobleme naturgemäß nicht beseitigen, sondern weiter verschärfen, ist völlig unglaubhaft. Schließlich ergab sich aus der Aussage des Erstbeschuldigten selbst ein vorsätzliches Verhalten auf seiner Seite; er führte nämlich nicht nur an, dass ihm die schlechte Liquidität der OG in diesem Zeitraum bekannt war, sondern dass ihm auch klar war, dass abgabenrechtliche Verbindlichkeiten der OG möglicherweise nicht fristgerecht bezahlt werden. Mit den in diesen Fällen nach seinem Erkenntnisstand anfallenden Mahnspesen hat er sich nach seinen eigenen Angaben "abgefunden", er sei der Meinung gewesen, dass es einen Grund haben wird, weshalb "wir gewisse Zahlungen verspätet machen" (Protokoll , Seite 4).

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet und abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich alleine nicht strafbar.

Unerheblich ist dabei, ob dem Verantwortlichen bewusst ist, dass die Nichteinhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften einen "finanz-" strafrechtlichen Tatbestand erfüllt. Der im Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG geforderte Vorsatz muss sich lediglich auf die Verwirklichung des Tatbestandes, sohin auf die Versäumung des Termins für die Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe richten. Nicht von Relevanz ist, ob dem Beschuldigten wegen der Unterlassung der Bekanntgabe der Höhe der geschuldeten Abgabenbeträge an das Finanzamt ein Vorsatz vorzuwerfen wäre (Tannert/Kotschnigg bei Finanzstrafgesetz § 49, Rz 15 mwN).

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen haben sowohl der Erstbeschuldigte ***Bf2** als auch der Zweitbeschuldigte Mag. ***Bf3*** die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht. Da dies in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafter der Drittbeschuldigten als Verband und zu dessen Gunsten erfolgte, dieser sich dadurch Aufwendungen im Sinne von Abgaben zumindest vorübergehend ersparte und ihn diese abgabenrechtlich verletzten Pflichten trafen, hat der drittbeschuldigte Verband den Tatbestand nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht.

Bei der Strafzumessung war beim Erstbeschuldigten zu berücksichtigen, dass er nach der internen Vereinbarung mit dem Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** nicht primär für die finanzrechtlichen Agenden zuständig war, als mildernd zu berücksichtigen waren weiters die Schadenswiedergutmachung sowie seine Unbescholtenheit, als erschwerend hingegen der lange Deliktszeitraum.

Beim Zweitbeschuldigten waren ebenso wie beim Erstbeschuldigten die Schadenswiedergutmachung und die Unbescholtenheit als mildernd zu werten, insbesondere aber auch das von ihm abgegebene Geständnis. Die interne Verteilung der grundsätzlichen Aufgabenbereiche konnte bei ihm nicht mildernd berücksichtigt werden, weil es gerade er war, der die finanzrechtlichen Agenden übernommen hatte. Als erschwerend war auch beim Zweitbeschuldigten der lange Deliktszeitraum zu werten.

Milderungsgründe beim drittbeschuldigten Verband sind dementsprechend die Schadenswiedergutmachung, die Unbescholtenheit und das vorliegende Geständnis (des Zweitbeschuldigten), erschwerend der längere Deliktszeitraum.

In Abwägung dieser Strafzumessungsgründe sowie unter Berücksichtigung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Taten, war ausgehend von einem Strafrahmen von € 168.775,58 eine Geldstrafe von jeweils € 17.000,00 als angemessen anzusehen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit war sowohl beim Erst- als auch beim Zweitbeschuldigten eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Die Verpflichtung zum Kostenersatz ist eine Folge des Schuldspruches und in der bezogenen Gesetzesstelle begründet."

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde der Beschuldigten ***Bf2** und der ***Bf1*** wird wie folgt ausgeführt:

"Wir beziehen uns auf die erteilte Vollmacht und bringen Beschwerde gegen die Feststellung des Erkenntnisses betreffend der Person ***Bf2** und des Verbandes OG. Eine Beschwerde gegen die Strafhöhe wird nicht gestellt. Die Anmeldung der Beschwerde erfolgte innerhalb der vorgesehen Zeit von 7 Tagen nach Urteilsverkündung schriftlich.

Sachverhalt:

Ursprünglich hatte diese OG drei Beteiligte: Mag. ***Bf3***, ***Bf2** und Herrn ***Ex-GF***. Auf Grund entsprechender Differenzen erfolgte mit Februar 2015 die Trennung von Herrn ***Ex-GF***. In der ursprünglichen Zusammensetzung (3 Gesellschafter) erfolgte eine fachliche Aufteilung der Führungstätigkeit innerhalb der OG: Herr Mag. ***Bf3*** war für den gesamten kaufmännischen Bereich inkl. der Erstellung der Buchhaltung, der UVA und der Durchführung des gesamten Zahlungsverkehrs verantwortlich, die beiden anderen Gesellschafter haben sich um die Abwicklung der Aufträge, die Personaleinteilung, die edv-technische Ausstattung und Programme gekümmert. Schon durch das sehr gespannte Verhältnis vor der Trennung von Herrn ***Ex-GF*** ist es schon im Jahr 2014 zu wirtschaftlichen Problemen gekommen. Die beiden Gesellschafter (Herr Mag. ***Bf3*** und Herr ***Bf2**) haben sich entschieden, die Anteile von Herrn ***Ex-GF*** zu übernehmen und diese käuflich zu erwerben. Auf Grund dieses Umstandes wurde die finanzielle Situation der beiden Gesellschafter ebenfalls sehr schwierig, da sie in Zeiten einer wirtschaftlich angespannten Situation noch einen Gesellschafter abfinden mussten.

Somit war in den Jahren ab 2014 bis Ende des Jahres 2017 die finanzielle Situation angespannt und auch sehr schwierig. Dieser Umstand war Herrn ***Bf2** sehr wohl bewusst, da er in die Restrukturierung der Gesellschaft eingebunden war. Diese Restrukturierung zog sich zum Teil bis in das Jahr 2018. Die Jahre von 2015 bis 2017 teilweise noch in das Jahr 2018 waren geprägt von einer persönlichen Angespanntheit, von verschiedenen Hochs und Tiefs in diesem Zeitraum. Wie auch in der Einvernahme von Herrn ***Bf2** festgestellt wurde, hat er im Bereich Finanz- und Rechnungswesen keinerlei Ausbildung und war auch von seiner Tätigkeit nicht direkt und unmittelbar damit befasst, da sein Schwerpunkt in der Organisation des Unternehmens gelegen ist. (Personaleinteilung, Personalsuche, Auftragsabwicklung und Neukundensuche). Weiters wurde die Tätigkeit der Gesellschaft im Zeitraum 2014 bis aktuell von einem reinen Fahrradkurier weiterentwickelt zum Zusteller bzw. Transportdienstleister. Dies erfolgte durch ein entsprechendes Wachstum und Investitionen in die neuen Tätigkeitsbereiche. Diese Aufgabe wurde in einem weiten Umfang von Herrn ***Bf2** übernommen und füllte ihn zeitlich mehr aus, als er sich dies vorstellen konnte. Dies hatte zur Folge, dass die schon vorhandene Aufteilung, wer innerhalt der Gesellschaft kümmert sich um was, noch wichtiger wurde, da eine wirtschaftliche Entwicklung nur möglich war, wenn es zu einer geteilten Arbeitsweise kommt und jeder der beiden Gesellschafter seine Stärken richtig im Unternehmen einsetzt. Somit hat sich Herr ***Bf2** zeitlich ausschließlich um den Aufbau des neuen Teilbereiches der OG gekümmert. Es war dort auch notwendig, dass entsprechende Investitionen getätigt werden.

Herr ***Bf2** hat auch in den Jahren mitbekommen, dass es Rückstand am Finanzamtskonto gegeben hat. Ihm war auch bewusst, dass diese Rückstände aus der Tätigkeit der OG bestehen müssen. (Umsatzsteuer, Lohnabgaben). Nachdem im gesamten Zeitraum von 2014 bis aktuell niemals von Seiten des Finanzamtes eine Exekution geführt wurde, ist Herr ***Bf2** auch davon ausgegangen, dass es mit dem Finanzamt entsprechenden Kontakt gibt bzw. es auch eine Regelung betreffend des Rückstandes geben muss, da ja immer wieder Teilzahlungen geleistet wurden und es von Seiten der OG bzw. der Gesellschafter auch niemals beabsichtigt gewesen ist, die aushaftenden Beträge nicht zu bezahlen. Dies wurde auch im Erkenntnis festgehalten. Der aufgetretene Schaden wurde zur Gänze bezahlt. Herr ***Bf2** hat auch die Kommunikation mit dem Finanzamt mitbekommen und dort gesehen, dass es einen Rückstand gibt. Der Rückstand alleine ist aber nicht das Problem in diesem Verfahren, sondern die Kombination zwischen den nicht zeitgerechten Meldungen (UVA) und der nicht zeitgerechten Bezahlung der UVA. Die Versäumung eines Zahlungstermines für sich alleine ist jedenfalls allein nicht strafbar! (FinStrG-Novelle-Nov 2010, BGBL 1 2010/104 ab ).

Darüber hinaus ist es für einen Nichtfachmann im Bereich Finanz- und Rechnungswesen auch sehr schwer ersichtlich, ob die UVA Meldung wirklich am 15. eines Monates gemacht wurde oder nicht. Sieht man die Buchungsmitteilung des Finanzamtes an, ist auch der jeweiligen Buchung der UVA nicht ersichtlich, wann wurde die UVA nun wirklich übermittelt. Zeitgerecht am 15. eines Monates oder doch vielleicht irgendwann in der Zeit danach bis ca. Ende des Monates, da die tatsächliche Buchung der UVA erst mit dem jeweiligen Monatsletzten durchgeführt wird. Wie aus dem Straferkenntnis ersichtlich ist, wurde der größte Teil der UVA's jeweils im Zeitraum nach der Fälligkeit am 15. eines Monates in den folgenden Tagen bis spätestens Ende des Monates gemeldet. Aus der Buchungsmitteilung des Finanzamtes selbst ist nicht ersichtlich, wann die tatsächliche Meldung erfolgt ist, da aus verarbeitungstechnischen Gründen der Abgleich zwischen der gezahlten bzw. gemeldeten UVA erst immer mit Ende des Monates erfolgt. Somit seht auf den Buchungsmitteilungen jedenfalls immer ein Datum zwischen 29. und 31. eines Monates, woraus ebenfalls nicht ersichtlich ist, wann die Meldung nun erfolgt ist.

in der Anlage befindet sich ein Ausdruck des Finanzamtskontos, woraus diese oben beschriebene Vorgehensweise tatsächlich so gemacht wird. Hier werden nur beispielhafte auf ein paar Buchungen verwiesen:

Jahr 2014:

U 2/2014 - gebucht Finanzamt - nicht im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet
U 3/2014 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis
U 4/2014 - gebucht Finanzamt - nicht im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet
U 5/2014 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis

Jahr 2015:

U 3/2015 - gebucht Finanzamt - nicht im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet
U 4/2015 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis gemeldet
U 5/2015 - gebucht Finanzamt - nicht im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet
U 6/2015 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis

Jahr 2016:

U 8/2016 - gebucht Finanzamt - nicht Im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet
U 9/2016 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis
U 11/2016 - gebucht Finanzamt - nicht im Erkenntnis enthalten, da richtig gemeldet

Jahr 2017;

U 2/2017 - gebucht Finanzamt - gemeldet It. Erkenntnis

Der Beschuldigte ***Bf2** hatte nur die Möglichkeit, auf den zugesandten Buchungsmitteilungen zu erkennen, ob nun die UVA verspätet abgegeben worden sind oder nicht. Wie Sie aus den Ausführungen oben ersehen, war das für Herrn ***Bf2** jedenfalls unmöglich, da das Finanzamt die Umsatzsteuer immer mit Ende des Monates bucht, falls diese gemeldet wurde. Aus den Buchungsmitteilungen war somit ersichtlich (wenn auch sehr zeitverzögert, da diese Buchungsmitteilungen im Laufe der Jahre immer sporadischer zugeschickt wurden) dass die Meldungen passiert sind, da es ja Buchungen hinsichtlich der UVA's gegeben hat mit jeweils Ende des Monates. Dass die OG wirtschaftlich nicht in der Lage war, die offenen UVA's immer zeitgerecht zu bezahlen, war Herrn ***Bf2** bzw. der OG bekannt. Aus meiner Sicht war es in diesem Falle für Herrn ***Bf2** bzw. die OG nicht ersichtlich, dass Herr ***Bf3*** die UVA's immer ein paar Tage später abgegeben hat, als er dies gem. Umsatzsteuerrecht machen hätte müssen.

Herr ***Bf2** bzw. die OG hat mitbekommen, dass von Seiten des Finanzamtes Innsbruck niemals irgendwelche Exekutionsmaßnahmen gestellt wurde/n. Im Postweg wurde zwar mitbekommen, dass es Schreiben des Finanzamtes Innsbruck zur Bezahlung des Rückstandes gegeben hat. Es wurde aber auch immer wieder mit dem Finanzamt Innsbruck eine Einigung gefunden, wie die Rückstände zeitlich verzögert bezahlt werden können. Somit ist Herr ***Bf2** bzw. die OG davon ausgegangen, dass mit dem Finanzamt Innsbruck immer wieder Teilzahlungsabkommen geschlossen wurden und somit über Teilzahlungen die Rückstände bereinig wurden. Wenn man die jeweiligen Buchungen auf dem Finanzamtskonto betrachte, ist das auch tatsächlich immer wieder geschehen. Somit ist Herr ***Bf2** und die OG davon ausgegangen, dass alles im gesetzlichen Rahmen abläuft.

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Aussage von Herrn ***Bf2** zu sehen, welche im Verfahren am gemacht hat.

"er führte nämlich nicht nur an, dass ihm die schlechte Liquidität der OG in diesem Zeitpunkt bekannt war, sondern dass ihm auch klar war, dass abgabenrechtliche Verbindlichkeiten der OG möglicherweise nicht fristgerecht bezahlt werden. Mit den in diesen Fällen nach seinem Erkenntnisstand anfallenden Mahnspesen hat er sich nach seinen eigenen Angaben "abgefunden", er sei der Meinung gewesen, da es einen Grund haben wird, weshalb wir gewisse Zahlungen verspätet machen".

Diese Ausführungen wurden von Herrn ***Bf2** so bei der Verhandlung gemacht, aber niemals unter dem Begriff, dass er absichtlich nicht zeitgerecht die Abgabenschuld bezahlen wollte, sondern es zum vorgesehenen Zeitpunkt auf Grund des Bankkontos nicht möglich war, zum vorgesehenen gesetzlichen Zeitpunkt zu zahlen bzw. Zahlungen nur nach den vorhandenen Mitteln möglich sind.

Herr Mag. ***Bf3*** hat ihm auch immer wieder versichert, dass es mit dem Finanzamt hinsichtlich der Rückstände eine Vereinbarung gibt. Nachdem es nie zu einer Exekution gekommen ist und Herr ***Bf2** bzw. die OG mitbekommen hat, dass Herr Mag. ***Bf3*** immer wieder Teilzahlungen an das Finanzamt vorgenommen hat, musste Herr ***Bf2** bzw. die OG auch an den Ausführungen von Herrn Mag. ***Bf3*** als entsprechendem Fachmann nicht zweifeln, da er ja über die entsprechende kaufmännische Ausbildung verfügte und auch mit den anderen Lieferanten entsprechende Teilzahlungsvereinbarungen abgeschlossen wurden, damit die Restrukturierung des Betriebes gelingen kann. Die verspätete Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen war für Herrn ***Bf2** bzw. die OG nicht zu erkennen, da die überschrittenen Zeitpunkte in einem sehr geringen Ausmaß gewesen sind und dies auf Grund der Buchungsmitteilung nicht ersichtlich war. Herr ***Bf2** bzw. die OG ist davon ausgegangen, dass alles in Ordnung ist und es somit kein Problem gibt, da es ja hinsichtlich der Zahlungsrückstände laufenden Kontakt mit dem Finanzamt gegeben hat und somit davon auszugehen war, dass es entsprechende Zahlungsvereinbarungen gegeben hat, sodass die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht erfüllt sind, (verspätete Abgabe der UVA und die verspätete Zahlung der UVA!)

Somit hat Herr Mag. ***Bf3*** durch sein Vorgehen, verspätete Abgabe der UVA, keine Teilzahlungsansuchen und keine Zahlungswidmung eine Situation geschaffen, die so aussieht, als wäre es Herrn ***Bf2** bzw. der OG egal gewesen, wie dieser die Abgaben meldet bzw. bezahlt haben und sich damit abgefunden haben. Selbstverständlich wäre Herr ***Bf2** bzw. die OG Herrn Mag. ***Bf3*** auf die Zehen gestiegen, wenn diese Vorgehensweise bekannt gewesen wäre bzw. Herr ***Bf2** bzw. die OG dies aus den Buchungsmittelungen des Finanzamtes ersehen hätten können, dass Herr Mag. ***Bf3*** die UVA verspätet abgibt. Dadurch, dass Herr Mag. ***Bf3*** die jeweiligen Teilzahlungen auch nicht gewidmet hat und dadurch erst die Voraussetzungen des Umstandes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG geschaffen hat und weiters darauf verzichtet hat, korrekte Teilzahlungsansuchen zu stellen und somit überhaupt die Strafbarkeit zu vermeiden.

Ich stelle somit den Antrag, den Schuldspruch gegenüber Herr ***Bf2** bzw. der OG aufzuheben, da es für diese beiden Personen nicht möglich war, auf Grund der oben dargestellten Gründe subjektiv die Tat überhaupt zu begehen."

Mit Eingabe vom hat der Amtsbeauftragte ebenfalls Beschwerde gegen die Höhe der verhängten Strafen bzw. Verbandsgeldbuße laut Erkenntnis des Spruchsenates vom betreffend ***Bf2***, geb. 1982, Mag. ***Bf3***, geb. 1979 und ***Bf1***, Steuer-Nr. ***BF1StNr1*** eingebracht und wie folgt ausgeführt:

"In der Verhandlung vor dem Spruchsenat am wurde der (Erst)Beschuldigte ***Bf2*** zu einer Geldstrafe in Höhe von € 17.000,-, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

In der Verhandlung vor dem Spruchsenat am wurde der (Zweit)Beschuldigte Mag. ***Bf3*** zu einer Geldstrafe in Höhe von € 17.000,-, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt.

In der Verhandlung vor dem Spruchsenat am wurde der (dritt)beschudigte Verband "***Bf1***" zu einer Verbandsgeldbuße in Höhe von € 17.000,- verurteilt

Dem zugrunde liegen die Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von gesamt € 337.551,16.

Hingewiesen wird auf den langen Tatzeitraum (23 Monate verteilt über einen Zeitraum von vier Jahren). Die leugnende Verantwortung des Erstbeschuldigten ***Bf2*** bzw. des drittbeschuldigten belangten Verbandes wurde vom Spruchsenat I als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde widerlegt.

Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden vom Spruchsenat zwar richtig erkannt, jedoch sind die verhängten Strafen in Höhe von jeweils € 17.000,- für den Erst- und den Zweitbeschuldigten und die Verbandsgeldbuße in Höhe von € 17.000,- für den drittbeschuldigten Verband unter Berücksichtigung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Taten bei einem Strafrahmen von € 168.775,58 weder schuld- noch tatangemessen.

Es ergeht sohin der Antrag, das Bundesfinanzgericht möge eine tatsächlich schuld- und tatangemessene (höhere) Bestrafung aussprechen."

Die Beschwerde des Amtsbeauftragten betreffend Mag. ***Bf3*** wurde in der Zwischenzeit zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Sachverhalt und objektive Tatseite

Aufgrund der rechtskräftigen Strafentscheidung des Zweitbeschuldigten Mag. ***Bf3*** steht unstrittig der Sachverhalt dahingehend fest, dass der Zweitbeschuldigte als verantwortlicher Geschäftsführer der OG, nunmehr ***Bf1*** bis zum fünften Tag nach jeweiliger Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen weder Umsatzsteuervoranmeldungen an die Abgabenbehörde übermittelt noch Umsatzsteuervorauszahlungen bis zu diesem Termin geleistet hat für folgende Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume:

Jahr 2014:
U 01 € 2.010,81 (gemeldet. mit € 12.765,04, teilweise entrichtet )
U 03 € 1.866,63 (gemeldet. mit € 14.465,32, teilweise entrichtet )
U 05 € 13.953,71 (gemeldet. entrichtet )
Zwischensumme 2014: € 17.831,15

Jahr 2015:
U 02 € 19.339,63 (gemeldet. , entrichtet )
U 04 € 10.726,50 (gemeldet. , entrichtet )
U 06 € 13.941,44 (gemeldet. , entrichtet )
U 07 € 13.250,13 (gemeldet. , entrichtet )
U 08 € 12.630,49 (gemeldet. , entrichtet )
U 09 € 15.248,43 (gemeldet. , entrichtet )
U 11 € 27.299,93 (gemeldet. , entrichtet , )
U 12 € 26.081,86 (gemeldet. , entrichtet , )
Zwischensumme 2015: € 138,518,41

Jahr 2016:
U 01 € 15.531,48 (gemeldet. , entrichtet )
U 03 € 13.999,36 (gemeldet. , entrichtet )
U 09 € 19.979,64 (gemeldet. , entrichtet , )
U 12 € 13.552,17 (gemeldet. mit € 51.284,32 entr. € 37.732,15 bis )
Zwischensumme 2016: € 63.062,65

Jahr 2017:
U 02 € 17.078,54 (gemeldet. mit € 17.732,02, bericht, am )
U 03 € 18.683,23 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 04 € 14.234,54 (gemeldet. mit € 14.664,69, bericht, am )
U 05 € 15.090,61 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 06 € 14.580,02 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 07 € 15.003,65 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 08 € 14.941,07 (gemeldet. , keine fristgerechte Entrichtung)
U 10 € 8.527,35 (gemeldet. , mit € 22.386,00, teilw. entrichtet , )
Zwischensumme 2017: € 118.138.95

Gesamtsumme: € 337.551,16

Anmerkung: Laut Einleitung des Finanzstrafverfahrens vom handelt es sich bei der irrtümlich als 02/2017 bezeichneten Umsatzsteuervoranmeldung um den Zeitraum 10/2017 mit einem (unveränderten) strafbestimmenden Wertbetrag von € 8.527,35, somit ist der Monat 10/2017 auch Verfahrensgegenstand. Es genügt darauf hinzuweisen, dass es sich hiebei um einen offenkundigen und berichtigungsfähigen Schreibfehler. Durch diesen Schreibfehler werden die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.

Der objektive Tatbestand (Tatbild) der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG erschöpft sich im Unterlassen der entsprechenden Entrichtung oder Abfuhr der in dieser Bestimmung genannten Abgaben bis zum fünften Tag nach Fälligkeit. Die in dieser Bestimmung darüber hinaus erwähnte Bekanntgabe des geschuldeten Betrages bildet keinen Teil des Tatbildes, sondern stellt einen Strafausschließungsgrund dar. Dementsprechend muss sich ein für die Strafbarkeit der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG geforderter Vorsatz lediglich auf die Verwirklichung des Tatbildes richten. Ob einem Beschuldigten wegen der Unterlassung der Bekanntgabe der Höhe der geschuldeten Abgabenbeträge an das Finanzamt Vorsatz vorzuwerfen wäre, ist für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG unerheblich (vgl. ; .

Die objektive Tatseite der angeschuldeten Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, dass es der Zweit-Beschuldigte und/oder der Erstbeschuldigte als Entscheidungsträger des belangten Verbandes unterlassen hat/haben, die erwähnten Umsatzsteuervorauszahlungen in Höhe von insgesamt € 337.551,16 bis zum fünften Tag nach jeweiliger Fälligkeit zu entrichten und auch bis zu diesen Zeitpunkten die Höhe der geschuldeten Beträge der Abgabenbehörde nicht bekannt gegeben zu haben, ist daher zweifelsfrei erwiesen.

Subjektive Tatseite:

Zur subjektiven Tatseite ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters bedeutet, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().

Der sogenannte bedingte Vorsatz (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, d.h. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().

Der für die Verwirklichung des Tatbildes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG erforderliche Vorsatz muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben richten. Ob den Steuerpflichtigen an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung als strafbefreiend normierten Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist irrelevant (; ).

Dass Umsatzsteuervorauszahlungen zu entrichten sind ist Allgemeinwissen, wobei der Erstbeschuldigte bereits aufgrund der im Zuge des Ausscheidens des ehemaligen Partners ***Ex-GF*** bestehenden schwierigen finanziellen Situation von Zahlungsschwierigkeiten auch gegenüber dem Finanzamt Kenntnis hatte.

Zu prüfen war, ob auch der Erstbeschuldigte ***Bf2** als Geschäftsführer des belangten Verbandes ein schuldhaftes, rechtswidriges Verhalten gesetzt und damit auch diese Finanzordnungswidrigkeiten begangen hat.

Für die Erfüllung des Tatbildes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in subjektiver Hinsicht kommt es nicht auf ein Verschulden in Bezug auf die nicht zeitgerechte Abgabe der hier zugrundeliegenden Umsatzsteuervoranmeldungen an, sondern auf das Unterlassen der Abfuhr und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen und auf den Vorsatz dazu. Mit dem Vertrauen auf eine rechtzeitige Bekanntgabe des Abgabenbetrages an die Abgabenbehörde der vorsätzlich nicht entrichteten oder abgeführten Umsatzsteuervorauszahlungen kann sich der Beschuldigte nicht erfolgreich verantworten (vgl. ).

Alleinige Tatbestandsvoraussetzung einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist somit die mit Eventualvorsatz unterlassene Entrichtung der oben näher dargestellten Umsatzsteuervorauszahlungen bis zum fünften Tag nach jeweiliger Fälligkeit.

Das Ausmaß der notwendigen Überwachung wird durch den Grad der Zuverlässigkeit und Fachkunde des Erfüllungsgehilfen bestimmt, wobei eine stichprobenartige Überprüfung ausreicht (vgl. ).

Das durchgeführte Beweisverfahren ergab keine Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte ***Bf2** bei der Überwachung/Kontrolle seines Co-Geschäftsführers mehr als auffallend sorglos gehandelt hätte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzstrafsenat wiederholte der Beschuldigte sein bisheriges Vorbringen, sodass insoweit keine Änderung eingetreten ist oder ein neues Beweisergebnis hervorgekommen wäre. Das Verfahren brachte keine Vorkommnisse aus der Vergangenheit hervor, die bei ihm einen Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Belange der OG durch Mag. ***Bf3*** hervorrufen hätten müssen, wobei diese Belange in den Aufgabenbereich des Mag. ***Bf3*** gefallen sind.

Da dem Erstbeschuldigten zusammengefasst kein vorsätzliches Verhalten angelastet werden kann (ein fahrlässiges Verhalten mag sich zwar aus Sorgfaltspflichtverletzungen oder fehlender Kontrolle/Überwachung des Co-Geschäftsführers ableiten lassen, ist jedoch nicht tatbestandsmäßig), war der Schuldspruch, der Strafausspruch sowie der Kostenausspruch zu Punkt I./ des angefochtenen Erkenntnisses aufzuheben und das gegen den Erstbeschuldigten ***Bf2** anhängige Finanzstrafverfahren insoweit gemäß §§ 136, 157 FinStrG einzustellen.

Verantwortlichkeit des belangten Verbandes:

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden sind die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ist ein Verband ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.

Gemäß § 3 Abs. 2 VbVG ist für Straftaten eines Entscheidungsträgers der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG iVm § 3 Abs. 2 VbVG trifft den belangten Verband die Verantwortung für das Finanzvergehen des Geschäftsführers und Entscheidungsträgers Mag. ***Bf3***. Angesichts der Rechtskraft der Strafentscheidung gegen Mag. ***Bf3*** steht fest, dass dieser die Finanzvergehen zu Gunsten des belangten Verbanden unter Verletzung der den Verband treffenden abgabenrechtlichen Pflichten begangen hat. Insofern bestehen an den Voraussetzungen für eine Verantwortlichkeit des belangten Verbandes keine wie immer gearteten Zweifel, wobei es dabei nicht darauf ankommt, dass diese Finanzvergehen auch vom Erstbeschuldigten begangen wurden oder nicht.

Die Feststellungswirkung eines Schuldspruchs gegen eine natürliche Person erstreckt sich dann auf einen Verband, wenn dieser im Verfahren gegen die natürliche Person die Möglichkeit hatte, zu den Vorwürfen, für die er verantwortlich erklärt werden könnte, Stellung zu nehmen und die Strafentscheidung über seinen Entscheidungsträger oder Mitarbeiter - im Umfang des betreffenden Schuldspruchs - auf gleiche Weise wie dieser zu bekämpfen, und der Schuldspruch sowohl gegenüber dem Verband als auch gegenüber allen weiteren Anfechtungsberechtigten in Rechtskraft erwachsen ist (vgl ; ).

Der belangte Verband hat zwar im Zusammenhang mit einer Verurteilung des Beschuldigten ***Bf2** Beschwerde eingebracht, dies unabhängig von der Verurteilung des Beschuldigten Mag. ***Bf3***. Daher ist dieser Schuldspruch rechtskräftig und indiziert auch eine Verbandsverantwortlichkeit der ***Bf1***.

Einzige Voraussetzung für eine Bestrafung des belangten Verbandes ist somit (schon) die Bestrafung des Entscheidungsträgers Mag. ***Bf3*** als zuständigem Gesellschafter bzw. Geschäftsführer des belangten Verbandes laut rechtskräftigem Erkenntnis des Spruchsenates vom , wonach er der Finanzordnungswidrigkeiten mit strafbestimmenden Wertbeträgen von € € 337.551,16 für näher dargestellte Veranlagungszeiträume verteilt auf fast vier Jahren für schuldig befunden wurde.

Wie oben dargestellt ist gemäß § 3 Abs. 2 VbVG der Verband allein deshalb für Straftaten der Entscheidungsträger verantwortlich, wenn sie als solche die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Ein "eigenes" Verschulden des Verbandes ist dabei nicht maßgeblich.

Ebenso unerheblich ist, wie viele Entscheidungsträger ein Finanzvergehen begangen haben oder daran beteiligt waren. Die Haftung eines belangten Verbandes für Geldstrafen der Entscheidungsträger, wie sie vor Inkrafttreten der Verbandsverantwortlichkeit gemäß § 28 Abs. 1 FinStrG geregelt war, hätte zwar alle Geldstrafen der Entscheidungsträger betroffen. Doch ist gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ein Verband nunmehr für eine Straftat verantwortlich, wenn die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen. Der Verband ist demnach gemäß § 3 Abs. 2 VbVG für Straftaten (schon) eines (einzigen) Entscheidungsträgers verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Die Bestrafung des weiteren Geschäftsführers Mag. ***Bf3*** ist rechtskräftig. Dass auch der Schuldspruch gegen den zweiten Geschäftsführer aufrecht bleibt, ist für die Bestrafung des belangten Verbandes nicht erforderlich.

Die Entscheidung hat über die Verantwortlichkeit des belangten Verbands allein für die vom Schuldspruch gegen den Entscheidungsträger umfasste(n) Tat(en) abzusprechen [vgl. (13Os4/21v)].

Damit liegen aber alle Voraussetzungen für eine Bestrafung des belangten Verbandes vor.

Zur Verbandsgeldbuße:

Ist ein Verband für eine Straftat verantwortlich, so ist gemäß § 4 Abs. 1 VbVG über ihn eine Verbandsgeldbuße zu verhängen.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind Verbandsgeldbußen nach der für die Finanzvergehen, für die der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Dabei gelten die Bestimmungen des 1. Abschnittes des Finanzstrafgesetzes, soweit dieser nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar ist.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 49 Abs. 2 FinStrG: Die Finanzordnungswidrigkeit wird mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

Hat ein Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.

Hinsichtlich der Ausmessung der über den Verband zu verhängenden Geldbuße sind gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG die Bestimmungen des § 5 VbVG sinngemäß anzuwenden, wonach eine Geldbuße - neben den übrigen Strafzumessungsgründen, soweit diese nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind bzw. die Aspekte nicht bereits in die Abhängigkeit der Strafe von der Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge Eingang gefunden haben - umso geringer zu bemessen ist, wenn der Verband nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, er die Folgen der Tat gutgemacht hat, er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat sowie die Taten bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.

Dem angefochtenen Erkenntnis des Spruchsenates ist zur Strafbemessung beim drittbeschuldigten Verband als Milderungsgründe die Schadenswiedergutmachung, die Unbescholtenheit und das vorliegende Geständnis (des Zweitbeschuldigten), erschwerend der längere Deliktszeitraum.

Der Erschwerungsgrund des längeren Deliktszeitraumes war durch den wiederholten Tatentschluss des einen Geschäftsführers über einen Zeitraum von vier Jahre bei 23 Finanzvergehen zu ersetzen.

Bei der Strafbemessung des belangten Verbandes waren gemäß § 5 VbVG i.V.m. § 28a FinStrG auch der Milderungsgrund des § 5 Abs. 3 Z 6 VbVG zu beachten, wonach die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für einen Eigentümer des Verbandes, hier Mag. ***Bf3*** als Gesellschafter des Verbandes nach sich gezogen hat.

Als weiterer Milderungsgrund ist die vom Verteidiger mitgeteilte Tatsache zu werten, dass zwischenzeitig von der Geschäftsführung wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen wurden, hat doch der Zweitbeschuldigte Mag. ***Bf3*** (als Zuschauer der Verhandlung) mitgeteilt, dass aufgrund der hier relevanten Vorkommnisse die Buchhaltung und Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen an eine Steuerberatungsgesellschaft übertragen wurden.

Aus dem Abgabenkonto ist dazu zu ersehen, dass ab den nachfolgenden Voranmeldungszeiträumen die Abgaben fristgerecht gemeldet (bzw. wenn auch mit etwas Verzögerung entrichtet) wurden.

Als weiterer Milderungsgrund ist hier die (allein vom Bundesfinanzgericht zu vertretende) unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs. 2 StGB) zu werten, für welche zum Ausgleich des darin gelegenen Konventionsverstoßes (Art 6 Abs. 1 EMRK) der Rechtsprechung des EuGHs folgend ein Abschlag bei der Geldbuße von € 3.000,00 gewährt wird.

Unter Berücksichtigung der neuen Strafbemessungsgründe unter Berücksichtigung der aktuellen wirtschaftlichen Lage (laut Angaben in der mündlichen Verhandlung) die im Spruch ersichtliche Geldbuße als angemessen festzusetzen, wobei bei Gesamtbetrachtung des Falles ausnahmsweise die Mindestgeldbuße gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG - um auch eine Relation zur Geldstrafe des Entscheidungsträgers herzustellen - unterschritten werden konnte.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in der Judikatur der Höchstgerichte nicht einheitlich entschieden ist, war für das Verfahren nicht relevant, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Unterschreiten der Mindestgeldbuße
Abschlag laut EMRK
überlange Verfahrensdauer
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3300001.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at