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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2023, RV/7101870/2022

Stundung und Stundungszinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Museumstraße 5 Tür 15, 1070 Wien, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zahlungserleichterungen § 212 BAO 2021 und vom betreffend Stundungszinsen zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Bescheid über die Festsetzung von Stundungszinsen wird abgewiesen und die Stundungszinsen werden in Höhe von € 111,53 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Antrag

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin unter anderem einen Antrag auf Zahlungserleichterung wie folgt:
"In rubriksbezeichneter Abgabensache wurden die Bescheide vom am zugestellt, wobei als Zahlungstermin sowohl für die vorgeschriebene Einkommenssteuer als auch der Aussetzungszinsen der festgesetzt wurde.

Innerhalb offener Frist stelle ich deshalb

I.

den

Antrag

auf Gewährung eines Zahlungsaufschubs bis zur Entscheidung des VwGH in dem noch einzuleitenden Revisionsverfahren und führe hiezu aus, dass die geforderten Beträge mehr als das doppelte meines Jahreseinkommens betragen, welcher bei sofortiger Bezahlung derselben für mich nicht nur ruinös sondern auch existenzgefährdend wäre, wodurch ich der Armut und Not preisgegeben und auf den Bezug von Sozialhilfe angewiesen wäre. Eine Kopie des Pensionsbescheids für das Jahr 2021 lege ich bei mit dem Hinweis darauf, dass das Pflegegeld aus dem Zahlungsbetrag zu exzerpieren ist.

Unabhängig davon mache ich aber auch geltend, dass mit dem Erkenntnis des BFG der ursprünglich geforderte Betrag bereits um 69 % reduziert wurde und das Erkenntnis selbst den durchaus berechtigten Schluss zulässt, dass es von Seiten des Verwaltungsgerichtshofs nochmals aufgehoben werden wird, sodass es gilt, die Entscheidung abzuwarten."

Weiters wurde eine Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) beantragt und eine Beschwerde gegen die Bescheide über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung erhoben.

Bescheide

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Zahlungserleichterung in Form einer Stundung von der belangten Behörde abgewiesen. In der Begründung hat die belangte Behörde angeführt, dass keine Existenzgefährdung erkennbar sei, zumal die Beschwerdeführerin für einen Verzicht auf ihr zustehende Rechte im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Liegenschaft eine Abschlagszahlung in Höhe von € 500.000,-- erhalten habe.

Mit Bescheid vom wurden für den Zeitraum vom bis Stundungszinsen in Höhe von € 104,77 festgesetzt.

Beschwerden

Mit Schreiben vom wurde gegen den Abweisungsbescheid hinsichtlich des Antrages auf Zahlungserleichterung wie folgt Beschwerde erhoben:
"In rubriksbezeichneter Abgabensache erhebe ich gegen den Bescheid des FA Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom , StNr: ***Bf1StNr1***, mir contra legem persönlich zugestellt am , durch meinen längst ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist

Beschwerde

an das Bundesfinanzgericht und fechte diesen Bescheid seinem gesamten Inhalt nach zur Gänze an.

Geltend gemacht werden Gesetzwidrigkeit seines Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Begründungsmängel, bezw absolute Unbegründetheit. Im Einzelnen führe ich aus wie folgt:

Schon allein mit der Art der Zustellung stellt die belangte Behörde unter Beweis, dass sie nicht im Geringsten an der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben interessiert ist, andernfalls ihr bekannt sein müsste, dass bei Vorhandensein eines Zustellbevollmächtigten ausschließlich an diesen zuzustellen ist, wie es im vorliegenden Fall der Fall ist. Die Anträge wurden von meinem ausgewiesenen Rechtsvertreter gestellt, sodass auch ihm der Bescheid zuzustellen gewesen wäre, womit sich allein die Qualität des angefochtenen Bescheids erweist.

Die belangte Behörde operiert aber auch mit absolut verfahrenswidrigen Argumenten, wenn sie behauptet, dass ich für den Verzicht auf das Fruchtgenussrecht und des Belastungs- und Veräußerungsverbot eine Abschlagszahlung in Höhe von € 500.000,00 erhalten hätte, da derartiges ausschließlich ihrer phantomhaften Erfindungsgabe entspricht, nachdem schon für den Bescheid vom kein wie immer geartetes Ermittlungsverfahren abgeführt wurde, das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde mehrfach zur Darstellung ihrer Beweisgründe auffordern musste und die belangte Behörde diese ausschließlich mit Erwägungen darstellen konnte, welche samt und sonders der Realität und der herrschenden Judikatur widersprechen, sodass auch mit den nunmehrigen Behauptungen der konkrete Sachverhalt komplett verfehlt ist, weshalb der angefochtene Bescheid tatsächlich wegen absoluter Rechtswidrigkeit zu beheben sein wird.

Abgesehen davon ist der belangten Behörde vorzuhalten, dass auch für sie das ABSOLUTE VERBOT DER ANTIZIPATIVEN BEWEISWÜRDIGUNG gilt, sodass es ihr in keiner Weise zusteht, die Entscheidung des angerufenen VwGH vorwegzunehmen, um mit realitätsfremden Behauptungen Anträge abzuweisen, deren Berechtigung sich uneingeschränkt aus dem Gesetzestext ergibt. So muss auch daraufhingewiesen werden, dass der VwGH gem § 30 Abs 2 und 3 VwGG Beschlüsse des Gerichts selbstständig abändern kann und wurde über den entsprechenden Antrag aus der ao Revision noch in keiner Weise entschieden, sodass es der belangten Behörde erst recht nicht zusteht zu behaupten, dass das Erkenntnis des BfG rechtskräftig geworden wäre.

Die belangte Behörde kann sich aber auch in keiner Weise auf freie Beweiswürdigung berufen, da für eine solche ein Tatsachensubstrat vorhanden sein muss, an welchem es dem gesamten Verfahren zur Gänze mangelt, wobei der Einfachheit halber lediglich darauf zu verweisen wäre, dass sie in dem anhängigen Hauptverfahren sogar die Ansicht vertreten hatte, dass den beiden Verkäufern die Einkommenssteuer in Form der Grunderwerbssteuer angelastet werden könnte, obwohl diese bereits für den kompletten Kaufpreis bezahlt wurde, womit sich eine derartige Verkennung der Rechtslage erweist, dass nur noch gänzlich rechtswidrige Bescheide ergehen konnten.

Richtig wäre nun einzig und allein, dass ich, ausschließlich für den Verzicht auf das Fruchtgenussrecht, einen Betrag von € 500.000,00 erhalten habe, doch wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, ein Ermittlungsverfahren für ihre nunmehrigen Behauptungen durchzuführen, was zur Gänze unterlassen worden ist. Hiezu kommt, dass nicht nur ein Antrag auf Gewährung eines Zahlungsaufschubs, sondern auch ein solcher auf Aussetzung des Einhebungsverfahrens gem § 212a BAO gestellt wurde, womit sich erweist, dass auch hier neuerlich nur ein Bruchteil der Anträge beachtet worden ist, nachdem der Schriftsatz vom drei Anträge beinhaltet hatte und schon mit der Beschwerdevorentscheidung vom nur einer hievon behandelt worden ist, sodass die gesamte Vorgangsweise der belangten Behörde nur noch in Richtung Arbeitsplatzbeschaffung, unnötige und mutwillige Aufblähung des Verfahrens und Verwirrungsstiftung angesehen werden kann.

Die Vorschreibung eines Betrags von € 44.468,23 bis stellt für eine Pensionistin einen massiven Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte dar, was umso mehr zu gelten hat, wenn damit konkludent mit der Einleitung von Zwangsmaßnahmen gedroht wird, obwohl über die Rechtmäßigkeit dieser Vorschreibung noch gar nicht höchstgerichtlich entschieden worden ist.

Zusammenfassend erweist sich sohin, dass der angefochtene Bescheid uneingeschränkt mit absoluter Rechtswidrigkeit behaftet ist und stelle ich deshalb nachstehende

Anträge

das Bundesfinanzgericht möge in Stattgebung dieser Beschwerde

1. den angefochtenen Bescheid wegen Gesetzes- und Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgrund eines absolut mangelhaften Verfahrens ersatzlos beheben;

in eventu

2. den angefochtenen Bescheid aufheben und nach Durchführung des, von der belangten Behörde unterlassenen, Ermittlungsverfahrens in merito durch Stattgebung der Anträge vom entscheiden;

3. dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen und der belangten Behörde die Einleitung und, Durchführung von Einbringungsmaßnahmen/untersagen;

4. den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung desGrundverfahrens bewilligen."

Mit Schreiben vom wurde gegen den Stundungszinsenbescheid vom wie folgt Beschwerde erhoben:
"In rubriksbezeichneter Abgabensache erhebe ich gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , StNr: ***Bf1StNr1***, gesetzwidriger Weise an mich persönlich zugestellt am , durch meinen bereits längst ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist

Beschwerde

an das Bundesfinanzgericht und fechte diesen Bescheid seinem gesamten Inhalt nach wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Begründungsmängel zur Gänze an. Im Einzelnen führe ich aus wie folgt:

Grundsätzlich mache ich geltend, dass mein Rechtsvertreter bereits seit Einbringung der Beschwerden und Anträge vom als solcher ausgewiesen ist, weshalb die Zustellung des hiemit angefochtenen Bescheids ebenso rechts- und gesetzwidrig war wie diejenige all der vorangegangenen Bescheide und Schriftstücke. Eine Behörde, welche nicht bereit ist, die Vorschriften des ZustG einzuhalten, sollte sich zur Gänze von der schriftlichen Kommunikation mit den Parteien zurückhalten.

Die belangte Behörde dürfte zwischenzeitig aber auch komplett den Überblick über den Aktenstand verloren haben, anderenfalls ihr hätte auffallen müssen, dass sie selbst es war, welche die Anträge auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung, beziehungsweise Stundung, abgewiesen hatte, sodass sie auch nicht befugt ist, Stundungszinsen für Beträge geltend zu machen, ohne dass die Stundung gewährt worden wäre. Von einer Verfahrensführung gem Art 41 GRC kann dementsprechend keine Rede mehr sein, nachdem hier nur noch von einer wiederkehrenden Verletzung des verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzips gesprochen werden kann und sich die Behörde durch die Abweisung meiner Anträge selbst das Recht genommen hat, Stundungszinsen zu begehren. Dies schon gar nicht für den angesprochenen Zeitraum, welcher offenbar willkürlich herangezogen wurde.

II

Unter einem stelle ich hiemit auch den

Antrag

auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde bis zur rechtskräftigen Erledigung des Revisionsverfahrens und all der, hiezu bereits ergangenen, Beschwerdeverfahren, nachdem es weder aus gesetzlicher, noch aus logischer, Sicht vertretbar ist, mit Zahlungsverpflichtungen belastet zu werden, welchen durchaus erwartbar letztendlich die Rechtmäßigkeit abgesprochen wird.

Aus all den genannten Gründen stelle ich deshalb nachstehende

Anträge

das Bundesfinanzgericht möge in Stattgebung dieser Beschwerde
1. die aufschiebende Wirkung zuerkennen;
2. den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben;

in eventu

3. den angefochtenen Bescheid aufheben und nach Beischaffung all der, in dieser Causa bereits anhängigen, Beschwerdeverfahren in merito neu entscheiden in Richtung Gewährung aufschiebender Wirkung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Revisionsverfahrens."

Beschwerdevorentscheidungen

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Abweisung des Stundungsansuchens abgewiesen und in einer ergänzenden Begründung angeführt:
"Die Bewilligung eines Antrages auf Zahlungserleichterung ist nur zulässig, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden und die Einbringlichkeit der Abgabe nicht gefährdet ist.

Fehlt auch nur eine dieser im § 212 Abs. 1 BAO genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, die Abgabenbehörde hat diesfalls das Ansuchen aus Rechtsgründen abzuweisen. (; )

Aus der Aktenlage ist dem Finanzamt bekannt, dass Sie im Zuge des Kaufvertrages der Liegenschaft in Mödling, EZ ***EZ*** vom für den Verzicht eines Fruchtgenussrechtes und eines für Sie eingetragenen Belastungs-und Veräußerungsverbotes einen Betrag von 500.000 Euro erhalten haben.

Sie haben keinerlei Angaben zu diesem Vermögenszuwachs gemacht, diese Tatsache war auch die Begründung für die Abweisung Ihres Antrages auf aufschiebende Wirkung im Zusammenhang mit der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.

Eine erhebliche Härte kann aufgrund dieses vorhandenen Vermögens daher nicht festgestellt werden, weshalb Ihr Antrag auf Stundung abzuweisen war.

Hinsichtlich der bemängelten Zustellung der Bescheide wird festgestellt: Gemäß dem Zustellgesetz § 9 Abs.3 gilt: ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Aufgrund der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde ist davon auszugehen, dass dieser Punkt erfüllt ist.

Schlussendlich wird noch darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf aufschiebende Wirkung nur im Zusammenhang mit Beschwerden an ein Höchstgericht (VwGH, VfGH) gestellt werden kann. Im Beschwerdeverfahren bei der Verwaltungsbehörde (z.B. Finanzamt) und dem Bundesfinanzgericht ist die Bundesabgabenordnung anzuwenden. In der BAO ist gem. § 212a BAO die Möglichkeit eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung im Zusammenhang mit einer Beschwerde grundsätzlich möglich. Handelt es sich jedoch um - im Einhebungsverfahren erlassene Bescheide, zu welchen auch ein Abweisungsbescheid einer Zahlungserleichterung zählt- ist ein derartiger Antrag nicht zulässig."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Stundungszinsenbescheid wie folgt abgewiesen:
"Gemäß § 212 Abs. 2 der BAO sind für Abgabenschuldigkeiten die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, solange a) auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen , über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen oder b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt, Stundungszinsen zu entrichten.
Da ersteres im vorliegenden Fall zutreffend war, ist die Festsetzung von Stundungszinsen daher rechtens.

Hinsichtlich der bemängelten Zustellung der Bescheide wird festgestellt:
Gemäß dem Zustellgesetz § 9 Abs. 3 gilt: Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Aufgrund dieser Beschwerde ist davon auszugehen, daß dieser Punkt erfüllt ist.
Ein Zustellmangel liegt daher nicht vor, der Bescheid über die Stundungszinsen gilt als rechtswirksam zugestellt.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung von Stundungszinsen war daher abzuweisen.

Aufgrund dieses Bescheides war der Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung zurückzuweisen."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer beiden Beschwerden an das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:
"1. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom zu der Beschwerde vom wird die Beschwerde gegen die Festsetzung von Stundungszinsen als unbegründet abgewiesen, wozu die belangte Behörde jedoch außer Acht lässt, dass mit dieser Beschwerde auch Anträge auf Aufschiebung, bezw Aussetzung, des Verfahrens eingebracht wurden, über welche sie nicht entschieden hat, sodass im Sinne des § 230 BAO das Einhebungsverfahren nach wie vor zur Gänze gehemmt ist. Abgesehen davon, hätte die belangte Behörde im Sinne ihrer eigenen Ausführungen beachten müssen, dass es sich hier nicht nur um die Stundungszinsen, sondern tatsächlich um den begehrten Betrag in der Höhe von € 44.468,23 handelt, sodass im Sinne des § 212 Abs 2 BAO der Betrag von € 750,00 um ein zig-faches überschritten wird, wobei zusätzlich hervorzuheben ist, dass über die außerordentliche Revision noch nicht entschieden wurde, wodurch wiederum Hemmung der Einhebungsbefugnis gem § 230 BAO eingetreten ist, nachdem von rechtskräftiger Entscheidung hier keine Rede ist. Die belangte Behörde hat hier neuerlich unter gänzlicher Verkennung der Rechtslage meinen Antrag abgewiesen, weshalb auch hierüber das BFG zu entscheiden haben wird.

2. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom werde ich nunmehr verhalten, die geforderten Beträge unverzüglich, bezw bis zu entrichten, wozu die belangte Behörde bloß auf die bisherigen Verfahrensschritte iVm der Bestimmung des § 230 zu verweisen wäre, sodass sie auch hier Forderungen stellt, welche von Gesetzes wegen derzeit nicht zulässig sind, weil bislang weder über die Abgabenschuldigkeit, noch über die Höhe einer solchen entschieden wurde. So kann sich die belangte Behörde auch nicht im Geringsten auf den Bescheid vom berufen, welcher bereits von Seiten des BFG dahingehend abqualifiziert wurde, dass er zurückzuweisen sein wird, wenn es die belangte Behörde nicht schafft, nachvollziehbare Grundlagen für denselben samt Darstellung der konkreten Beweisergebnisse vorzulegen, was während des abgeführten Verfahrens zur Gänze unterblieben ist.

Fest steht jedenfalls, dass die belangte Behörde gut daran täte, sich von der Erlassung weiterer Bescheide zu enthalten, bis der VwGH über die ao Revision entschieden hat, bevor sich das Ausmaß an Widersprüchen heillos vermehrt.

Aus all den genannten Gründen stelle ich deshalb hiemit den

Antrag

die beiden Verfahrensakte dem Bundesfinanzgericht vorzulegen unter gleichzeitiger Wiederholung der bisherigen Anträge auf Zuerkennung aufschiebender und aussetzender Wirkung derselben."

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht wandte sich mit Beschluss vom wie folgt an die Beschwerdeführerin:
"I. Auf Grund der derzeit vorliegenden Unterlagen geht das Bundesfinanzgericht (derzeit) von folgendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin war Fruchtgenussberechtigte der Liegenschaft ***L in Mödling***. Zusätzlich war für die Beschwerdeführerin ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2019 wurde die Liegenschaft von den Eigentümern (Sohn und Enkel der Beschwerdeführerin) um einen Betrag von € 1.640.000,- verkauft. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die Beschwerdeführerin auf das Fruchtgenussrecht sowie das Veräußerungs- und Belastungsverbot verzichtet. Für den Verzicht hat die Beschwerdeführerin eine Abschlagszahlung in Höhe von € 500.000,- erhalten.

Das Finanzamt hat für das Jahr 2019 Einkommensteuer vorgeschrieben und die Abschlagszahlung in einer Höhe von 250.000,- steuerlich in Ansatz gebracht. Auf Grund einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom die Einkommensteuer in Höhe von € 47.318,00 festgesetzt. Der Rückstand am Abgabenkonto betrug zu diesem Zeitpunkt € 44.468,23.

Am wurde ein Antrag auf Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde erhoben, die mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde.

Für den Zeitraum von bis wurden Stundungszinsen in Höhe von € 104,77 mit Bescheid vom vorgeschrieben. Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom unbegründet abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag hinsichtlich beider Beschwerden (vom und ) gestellt.

>> Die Beschwerdeführerin wird eingeladen, dazu Stellung zu nehmen.

II. In der Beschwerde vom (gegen die Abweisung des Stundungsansuchens) wird angeführt, dass der Abweisungsbescheid vom am direkt der Antragstellerin (Beschwerdeführerin) zugestellt wurde und nicht ihrem Zustellbevollmächtigten.

>> Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert, bekannt zu geben, wann und wie der angefochtene Bescheid vom zum Zustellbevollmächtigten gelangt ist (zB durch persönliche Übergabe des Originals oder einer Kopie, Fax, E-Mail, etc)."

Am langte folgende Beantwortung per E-Mail an einen Leiter einer nicht für diese Beschwerde zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesfinanzgerichts ein:
"Für die Erledigung der Beschwerden ist die Frage, wann und wie ich die angefochtenen Bescheide meinem Rechtsvertreter übergeben habe, vollkommen irrelevant, nachdem die Beschwerden innerhalb der zur Verfügung stehenden Beschwerdefrist eingebracht wurden, doch halte ich dennoch fest, dass die angefochtenen Bescheide stets am Tag der Zustellung meinem Rechtsvertreter persönlich ausgefolgt worden sind.

Das angerufene Gericht wird deshalb unter Beachtung des Umstandes, dass mit Erkenntnis des zugestellt am , die außerordentliche Revision in der Hauptsache zurückgewiesen wurde, sodass es nur noch darum geht, über die Frage der Sach- und Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu entscheiden, wozu auch zu beachten sein wird, dass sich die belangte Behörde mit der Vorlage der Beschwerden mehr als sechs Monate Zeit gelassen hatte, abzuhandeln haben."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war Fruchtgenussberechtigte der Liegenschaft ***L in Mödling***. Zusätzlich war für die Beschwerdeführerin ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2019 wurde die Liegenschaft von den Eigentümern (Sohn und Enkel der Beschwerdeführerin) um einen Betrag von € 1.640.000,- verkauft. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die Beschwerdeführerin auf das Fruchtgenussrecht sowie das Veräußerungs- und Belastungsverbot verzichtet. Für den Verzicht hat die Beschwerdeführerin eine Abschlagszahlung in Höhe von € 500.000,- erhalten.

Das Finanzamt hat für das Jahr 2019 Einkommensteuer vorgeschrieben und die Abschlagszahlung in einer Höhe von 250.000,- steuerlich in Ansatz gebracht. Auf Grund einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom die Einkommensteuer in Höhe von € 47.318,00 festgesetzt. Der Rückstand am Abgabenkonto betrug zu diesem Zeitpunkt € 44.468,23. Mit Bescheiden vom wurde einerseits der Ablauf der Aussetzung einer Einhebung in Höhe von € 44.263,02 für Einkommensteuer 2019 verfügt und Aussetzungszinsen in Höhe von € 205,21 festgesetzt; beide Bescheide weisen eine Zahlungsfrist bis auf.

Am wurde ein Antrag auf Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom , zugestellt der Beschwerdeführerin selbst am , abgewiesen. Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde erhoben, die mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen wurde.

Für den Zeitraum von bis wurden Stundungszinsen in Höhe von € 104,77 mit Bescheid vom vorgeschrieben. Dieser Bescheid wurde am der Beschwerdeführerin selbst zugestellt. Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom unbegründet abgewiesen.

Beide angefochtenen Bescheide, die an die Beschwerdeführerin selbst gerichtet und ihr selbst zugestellt wurden, wurden stets am Tag der Zustellung dem Zustellbevollmächtigten persönlich ausgefolgt.

Mit Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass am ein Antrag auf Zahlungsaufschub bis zur Entscheidung über eine Revision durch den Verwaltungsgerichtshof gestellt wurde, ergibt sich aus dem Antrag selbst. Darüber hinaus ist aus dem Umschlag erkennbar, dass das Anbringen am als Einschreibesendung zur Post gegeben wurde.

Die Feststellung, dass der Antrag vom abgewiesen wurde ergibt sich bereits aus dem angefochtenen Bescheid. Sowohl aus der Beschwerde als auch aus der Adressierung des angefochtenen Bescheides ist erkennbar, dass die Erledigung unmittelbar an die Antragstellerin (= Beschwerdeführerin) gerichtet ist und nicht an ihren Zustellbevollmächtigten. Darüber hinaus ist in der Beschwerde selbst angeführt, dass die Zustellung am erfolgte. Es ist für das Bundesfinanzgericht kein Grund ersichtlich, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Feststellung, dass die angefochtenen Bescheide, die unmittelbar an die Beschwerdeführerin - und nicht an ihren ausgewiesenen Zustellbevollmächtigten - gerichtet sind, dem Zustellbevollmächtigten stets am Tag der Zustellung persönlich ausgefolgert wurden, ergibt sich aus der Beantwortung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts. Die in dieser Beantwortung dargelegten Umstände sind für das Bundesfinanzgericht auch deshalb glaubhaft, weil es sich beim Zustellbevollmächtigten wohl um den Sohn der Beschwerdeführer handelt und die im Zentralen Melderegister idente Haupt- und Nebenwohnsitze eingetragen sind.

Die Feststellungen zum Verkauf der Liegenschaft ***L in Mödling*** gründen sich insbesondere auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , mit dem die Revision zurückgewiesen wurde, sowie auf die Feststellungen des Bundesfinanzgerichts im Erkenntnis vom , RV/7100623/2021, in das Einsicht genommen wurde. Darüber hinaus wurde der Sachverhalt der Beschwerdeführerin im Beschluss vom zur Kenntnis gebracht und die Beschwerdeführerin wurde eingeladen, dazu Stellung zu nehmen. Von einer Stellungnahme zum mitgeteilten Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin jedoch abgesehen. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Die Feststellungen zum Bescheid über den Ablauf einer Aussetzung und den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen, die beide mit datiert sind, ergeben sich einerseits aus einer Einsichtnahme in diese Erledigungen und andererseits ist im Antrag auf Zahlungserleichterung vom angeführt, dass "Bescheide vom am zugestellt, wobei als Zahlungstermin sowohl für die vorgeschriebene Einkommenssteuer als auch der Aussetzungszinsen der festgesetzt wurde". Die Feststellung, dass der Bescheid über die Festsetzung von Stundungszinsen am zugestellt wurde, gründet sich auf die Angaben in der Beschwerde gegen diese Erledigung vom .

Rechtslage

§ 212 BAO lautet:

§ 212. (1) Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.

(2) Für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, sind,

a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs. 3) oder

b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,

Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall eines Terminverlustes gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung erst im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises (§ 229) als beendet. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

(3) Wird die Bewilligung einer Zahlungserleichterung durch Abänderung oder Zurücknahme des Bescheides widerrufen (§ 294), so steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung des noch aushaftenden Abgabenbetrages eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Widerrufsbescheides zu. Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterungen nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des das Ansuchen erledigenden Bescheides zu. Dies gilt - abgesehen von Fällen des Abs. 4 - nicht für innerhalb der Nachfristen des ersten oder zweiten Satzes eingebrachte Ansuchen um Zahlungserleichterungen.

(4) Die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264) sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 323c Abs. 13 BAO idF BGBl. I Nr. 228/2021, betragen die Stundungszinsen gemäß § 212 Abs. 2 BAO ab bis sowie ab bis 2 % über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr.

Die Basis- und Referenzzinssatzverordnung (idF BGBl. II Nr. 309/2002) lautet auszugsweise:

§ 1. Als Grundlage zur Feststellung von Veränderungen des Basiszinssatzes (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-JuBeg) wird der von der Europäischen Zentralbank auf ihre Hauptrefinanzierungsoperationen angewendete Zinssatz bestimmt. Bezugsgröße ist bei Festsatztendern der Fixzinssatz, bei variablen Tenderverfahren der marginale Zinssatz.

[…]

§ 4. § 1 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 309/2002 tritt mit in Kraft. Der Basiszinssatz ändert sich nach diesem Zeitpunkt erstmals dann, wenn sich der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsoperation gegenüber dem Zinssatz, der sich für die unmittelbar nach der letzten Änderung des Basiszinssatzes vorgenommene Hauptrefinanzierungsoperation errechnete, um zumindest 0,5 Prozentpunkte ändert.

§ 7 ZustG lautet:

Heilung von Zustellmängeln

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 9 ZustG lautet (auszugsweise):

Zustellungsbevollmächtigter

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

[…]

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

[…]

Rechtliche Beurteilung

Zustellung:

Unterbleibt entgegen § 9 Abs 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung ist jedoch nach § 9 Abs 3 zweiter Satz ZustG möglich (Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG, Rz 24; ).

Die Heilung eines derartigen Zustellmangels ist nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aber nur in den Fällen möglich, in denen die Partei selbst in der Zustellverfügung als Empfänger angeführt wird. Die Heilung bewirkt, dass die Zustellung des Dokuments als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt (). Wenn der Zustellbevollmächtigte lediglich eine Kopie des Dokumentes erhalten hätten, wäre der Zustellmangel nicht gemäß § 9 Abs. 3 ZustG geheilt worden (vgl. ).

Nachdem die angefochtenen Bescheide zwar direkt an die Beschwerdeführerin gerichtet sind, aber dem Zustellbevollmächtigten jeweils am Tag der Zustellung tatsächlich zugekommen sind, sind diese Erledigung rechtlich in Existenz getreten und ist die Heilungswirkung eingetreten. Wären die Zustellmängel nicht durch "tatsächliches Zukommen" geheilt worden, wäre die Beschwerde wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl , ). Insofern irrt die Beschwerdeführerin bzw. ihr rechtsfreundlicher Vertreter, wenn in der Stellungnahme vom ausgeführt wird, dass es vollkommen irrelevant wäre, wann und wie die angefochtenen Bescheide dem Zustellbevollmächtigten zugekommen sind.

Stundungsansuchen:

Zahlungserleichterungsbescheide iSd § 212 BAO sind antragsgebundene Verwaltungsakte. Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs. 1 BAO ist sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages, als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen. Sind alle Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen gegeben, so liegt die Bewilligung im Ermessen der Behörde (). Dem Antragsteller fällt die Behauptungslast und eine diesbezügliche Konkretisierungspflicht (erhöhte Mitwirkungspflicht) zu, deren Nichterfüllung der freien Beweiswürdigung unterliegt. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch mehrfach ausgesprochen, dass es dem Abgabenpflichtigen, der Zahlungserleichterungen in Anspruch nehmen will, obliegt, selbst das Vorliegen aller Umstände darzutun, auf die er sein Stundungsbegehren stützt. Das Vorhandensein ausreichender flüssiger Mittel oder auch nur veräußerbaren oder belastungsfähigen Vermögens kann zur Verneinung der "erheblichen Härte" führen, wobei lediglich eine Verschleuderung des Vermögens nicht verlangt werden darf (). Zur Gewährung einer Stundung von aushaftenden Abgabenschulden reicht es keineswegs aus, auf beim Verfassungs- bzw Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerden bzw Revisionen hinzuweisen ().

Eine durch Bescheid gewährte Stundung wirkt ex nunc. Nach Verstreichen des Termins, bis zu welchem die Stundung begehrt wurde, kann diese Stundung nicht mehr (rückwirkend) gewährt werden ().

Im Stundungsantrag vom ist angeführt, dass Bescheide am zugestellt wurden, in denen als Zahlungstermin der festgesetzt wurde. Noch vor diesem Zahlungstermin, nämlich am wurde die "Gewährung eines Zahlungsaufschubs bis zur Entscheidung des VwGH in dem noch einzuleitenden Revisionsverfahren" beantragt. Dieses "einzuleitende" Revisionsverfahren richtete sich offenbar gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ RV/7100623/2021, in dem festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin einen Betrag in Höhe von € 500.000,- erhalten hatte. Auf die Vermögenssituation wird im Antrag vom in keinster Weise eingegangen. Es wird lediglich dargelegt, dass die Einkommensteuerforderung höher ist als die laufende Witwenpension.
Wie bereits dargelegt, wird damit keine erhebliche Härte behauptet oder bewiesen, zumal die Steuernachforderung nicht einmal 10% des Betrages ausmacht, der aus dem Verzicht auf Rechte im Zusammenhang mit einem Liegenschaftsverkauf lukriert wurde. Ebenfalls wurde bereits dargelegt, dass eine Bewilligung einer Stundung alleine im Hinblick auf ein höchstgerichtliches Verfahren ausscheidet. Schließlich ist noch zu bedenken, dass der Verwaltungsgerichtshof die Revision der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom zurückgewiesen hat. Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, dass im Rahmen dieser Entscheidung zu berücksichtigen wäre, dass sich die belangte Behörde mit der Vorlage der Beschwerde zu lange Zeit gelassen hätte, ist anzumerken, dass der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin mit (und somit schon nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes) datiert ist und die Vorlage noch im Juni, somit innerhalb einer Zeitspanne von weniger als sechs Monaten erfolgte.

Schließlich irrt die Beschwerdeführerin bzw. ihr rechtlicher Vertreter auch mit den Ausführungen auf Seite 4 der Beschwerde, dass es der belangten Behörde nicht zustehen würde, zu behaupten, dass das Erkenntnis des Bundesfinanzgericht vom rechtskräftig geworden ist. Das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wird mit seiner Erlassung rechtskräftig und eine dagegen erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof vermag daran nichts zu ändern ().

Stundungszinsen:

Gemäß § 212 Abs 2 lit a BAO sind für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 € übersteigen, solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs 3 BAO), Stundungszinsen zu entrichten. Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs 2 zweiter Satz BAO eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nach § 230 Abs 3 BAO nicht eingeleitet werden.

Stundungszinsen bilden den wirtschaftlichen Ausgleich für den Zinsverlust, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Abgabenleistung nicht bereits am Tag der Fälligkeit erhält. Es ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Festsetzung von Stundungszinsen nicht erfolgen dürfte, solange das Rechtsmittel gegen die Abweisung des Stundungsansuchens unerledigt ist (). Der Abgabenbehörde ist beim Vollzug der Bestimmung des § 212 Abs 2 BAO kein Ermessen eingeräumt ().

Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf Artikel 41 GRC verweist, ist anzumerken, dass die Behörden der Mitgliedstaaten in Art 41 GRC nicht ausdrücklich erwähnt werden und sind damit - auch bei der Durchführung des Rechts der Union - nicht direkt an die in Art 41 verbrieften Grundsätze gebunden; ein eigenes (Grund-)Recht auf eine gute Verwaltung kennt die österreichische Rechtsordnung auch nicht. Allenfalls könnte Art 41 GRC zur Anwendung kommen, wenn Unionsrechts vollzogen wird (Sander in Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar2 Art 41 Tz 11 ff). Im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt geht es allerdings um Stundungszinsen, die aus einem Antrag auf Stundung von Einkommensteuer entstanden sind. Insofern ist daraus für dieses Beschwerdeverfahren nichts zu gewinnen.

Nach dem festgestellten Sachverhalt liegt eine Zahlungsverpflichtung vor, die den von § 212 Abs 2 BAO geforderten Betrag von 750 € deutlich übersteigt. Die festgesetzten Stundungszinsen übersteigen den Mindestbetrag von 50 €.

Die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen beginnt mit dem Tag der Einbringung eines iSd § 230 Abs 3 BAO zeitgerechten Ansuchens, frühestens jedoch mit dem Tag, der dem Zahlungstermin folgt; bei diesem Zahlungstermin kann es sich um die Fälligkeit oder um eine gesetzliche oder bescheidmäßig zuerkannte Zahlungsfrist handeln.

Der Zeitraum, für den Stundungszinsen zu entrichten sind, endet im Fall der Abweisung eines die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen auslösenden Ansuchens um Zahlungserleichterungen mit dem Tag vor der Bekanntgabe (Zustellung) dieser Abweisung.

Es kommt für die Frage, wann ein Antrag nach § 212 BAO als eingebracht gilt, unter der Voraussetzung des Einlangens des Schriftsatzes bei der Behörde auf den Tag der Postaufgabe an. Das Zahlungserleichterungsansuchen gilt somit - unter der Voraussetzung des tatsächlichen Einlangens bei der Behörde - mit der Postaufgabe (vgl ; ).

Der Antrag auf Zahlungsaufschub vom wurde auch am zur Post gegeben. Da die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen erst nach Ablauf der Fälligkeit einsetzen kann, ist der als Beginn des Stundungszinsenlaufes anzusehen. Im Fall der Abweisung eines die Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen auslösenden Ansuchens um Zahlungserleichterungen endet der Zeitraum, für den Stundungszinsen zu entrichten sind, mit dem Tag vor der Bekanntgabe (Zustellung) dieser Abweisung. Da die rechtswirksame Zustellung an den Zustellbevollmächtigten am stattgefunden hatte, endet der Stundungszinsenzeitraum am .
Dadurch ergeben sich folgende Stundungszinsen:


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Beginn
Ende
Betrag
Tage
Tageszins
Zinsbetrag
44.468,23
66
0,0038%
111,53

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Basis- und Referenzzinssatzverordnung, BGBl. II Nr. 27/1999
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101870.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at