Einstellung des Verfahrens nach Löschung gemäß § 40 FBG
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Grant Thornton Verax GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Rotenturmstraße 16 Tür DG, 1010 Wien, betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Abweisung des Antrags auf Aussetzung der Einhebung der Glücksspielabgabe 2012, Glücksspielabgabe 2013 sowie der Glücksspielabgabe Jänner 2014 bis Juli 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Die gegenständliche Beschwerden werden als gegenstandslos erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Zur Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin Bf, mittlerweile ***Bf1***, Firmenbuchnummer ***8*** (in der Folge als Bf bezeichnet) übte die Tätigkeit als Buchmacher über Gewerbeberechtigungen zum Abschluss von unterschiedlichen Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen, sowie zur Vermittlung von Wetten an mehreren Orten in Österreich aus.
Die Bf wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet (damaliger Firmenname ***1***). Nach § 2 der Satzung war Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Spielen und Spielautomaten; Forschung und Entwicklung im Bereich elektronischer Medien; Entwicklung neuer Technologien und Verfahren zur Optimierung von elektronischen Spielautomaten, sowie Beteiligung an Unternehmen im In- und Ausland. Das Grundkapital von 70.000 € wurde in 700 Nennbetragsaktien je 100 € eingeteilt und zur Gänze vom Gründer A übernommen. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am unter FN ***2***.
Mit Bescheid vom wurde der Bf in Linz die Bewilligung für die Tätigkeit als Buchmacher - das ist der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten - erteilt (Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung an die Bf vom ). Ebenfalls mit Bescheid vom wurde der Firma ***4*** mit dem Firmensitz in Wien in ihrem Wettbüro mit der Bezeichnung "***3***" im Standort Linz die Bewilligung für die Tätigkeit als Totalisateur - das ist die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten - erteilt (Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung an die Bf vom ).
Am wurde die Firma in Firma ***4*** und Geschäftsanschrift auf 1010 Wien, abc geändert.
Am wurde die Bf gemäß § 239 ff AktG in die Bf umgewandelt. Nach der Erklärung über die Errichtung einer GmbH ist, im Wesentlichen wie bei der Rechtsvorgängerin, Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung und der Vertrieb von Spielen. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 70.000 Euro und ist zur Gänze von der ***9***. (Abteilung C des Kreisgericht Brünn Identifikationsnummer: ...) übernommen und bar einbezahlt. Die Alleingesellschafterin der Bf wurde vertreten durch ***5***, geb. ***6***.
II. Verfahrensgang
In der Folge wurden zahlreiche Anzeigen über die Errichtung von Wettannahmestellen vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung ohne Einwand zur Kenntnis genommen. (Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung vom ).
Für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume Jänner 2012 bis Juli 2014 gab die Bf die monatlichen Wettgebührenabrechnungen gemäß § 33 Tarifpost 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 GebG ab.
Anlässlich einer Außenprüfung stellte das Finanzamt im Prüfbericht gemäß § 156 BAO vom ua. fest, dass es sich bei dem Wettangebot der Bf, das sie nicht selbst erstellte, sondern von Dritten zukaufte, teilweise um sogenannte "Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen" handelte, die nicht den Tatbestand einer Wette erfüllen, sondern dem Tatbestand des Glücksspiels und somit einer höheren Gebühr unterliegen und eine Nachforderung von 14.080.058,88 € ergab. Der Abschluss der Wetten erfolgte entweder über einen Wettautomaten oder durch Kunden persönlich am Wettschalter. In beiden Fällen nimmt der Kunde unmittelbar über elektronische Medien an der Wette teil und bekommt auch das Ergebnis über elektronische Medien zur Verfügung gestellt. Die klassischen Sportwetten betreffen Handball, Fußball, Tennis, Formel I, Eishockey, Basketball und Schirennen und sind ausschließlich Livewetten. Bei den angebotenen Hunderennen handelt es sich in der Regel um Wetten auf aufgezeichnete Rennen. Die Bf stufte sämtliche von ihr angebotenen bzw. vermittelten Wetten für gebühren- und umsatzsteuerliche Zwecke als Wetten auf sportliche Veranstaltung ein und nicht als Glücksspiel und führte entsprechend ihrer Rechtsansicht fristgerecht die selbstberechnete 2%ige Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 GebG nF an das Finanzamt ab.
Mit Glücksspielabgabenbescheiden gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt die Glücksspielabgaben gemäß § 57 Abs. 1 und Abs. 3 GSpG für die Monate Jänner 2012 bis Juli 2014 mit 31 Bescheiden fest.
Fristgerecht wurden gegen diese 31 Bescheide am Beschwerden erhoben. Gleichzeitig wurden die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Aussetzung der Einhebung gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide als unbegründet ab.
Am selben Tag wies das Finanzamt auch die Anträge auf Aussetzung der Einhebung mit der Begründung ab, dass ihnen nicht mehr entsprochen werden hätte können, weil die zu Grunde liegenden Beschwerden bereits erledigt worden seien.
Am wurde Vorlageantrag betreffend der Glücksspielabgaben gestellt.
Ebenfalls am wurden die gegenständlichen Beschwerden gegen die Abweisungen der Anträge auf Aussetzung der Einhebung gestellt. Begründet wurde dies damit, dass gleichzeitig mit diesen Beschwerde ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag gem. § 264 BAO) betreffend die Glücksspielabgabebescheide Jänner 2012 bis Juli 2014 eingebracht worden wäre und § 212a Abs 4 zufolge bewirke die Berufung gegen einen die Aussetzung ablehnenden Bescheid ebenso wie ein Vorlageantrag (§ 276 Abs 2) im Fall einer (teilweise) abweisenden Berufungsvorentscheidung neuerlich eine Hemmung der Einbringung auf Grund des § 230 Abs 6 (s auch RAE Rz 479)" unter Zitierung des Kommentars zur BAO Ellinger/Sutter/Urtz zu § 212a Rz. 33. Für den Fall der Vorlage dieser Beschwerden an das Verwaltungsgericht, beantragte die Bf die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie eine Entscheidung durch den Senat nach § 272 (2) lit. a BAO.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die gegenständlichen Beschwerden abgewiesen mit der Begründung, dass das Instrument der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO darin bestünde, dass einem Abgabepflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag ein Rechtsanspruch auf Zahlungsaufschub betreffend jenem Betrag zusteht, der bei stattgebender Erledigung einer Beschwerde wegfallen würde. Dieser Zahlungsaufschub ende anlässlich einer über die Beschwerde ergehenden Erledigung (siehe § 212a Abs.5 BAO).
§ 212a BAO fordere ausdrücklich für eine Aussetzung der Einhebung, dass eine Beschwerde gegen einen Abgabenfestsetzungsbescheid anhängig ist. Bedingung für die Aussetzung der Einhebung sei ein offenes Rechtsmittelverfahren. Vorliegendenfalls ende der Zahlungsaufschub mit Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom in der Glücksspielabgabensache selbst.
Dagegen stellte die Bf am , mit derselben Begründung wie in den Beschwerden und beantragte mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat des Bundesfinanzgerichtes.
Das Finanzamt legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht am vor.
Die Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes im Verfahren betreffend die Glücksspielabgaben RV/2100573/2017 insb. die Einsicht in das Firmenbuch ergab, dass zum letzten überreichten Jahresabschluss , überreicht vom damaligen Geschäftsführer ***7***, ein negatives Eigenkapital, resultierend aus den Gebühren- und Glücksspielabgabennachforderungen, ausgewiesen wurde. Dieser erklärte am gegenüber der Alleingesellschafterin mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt als Geschäftsführer.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , 123 wurde die Bf, deren letzter Name ***Bf1*** lautete, infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst.
Unter Geschäftsanschrift befindet sich der Vermerk "Für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt."
Mit Eintragung vom erfolgte die amtswegige Löschung der Bf wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG.
Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes gab das Finanzamt eine Darstellung der Vermögenslage bekannt (): Mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit sei die Bf mit Eintragung vom aufgelöst worden.
Betreffend weiterem Vermögen sei dem Finanzamt nichts bekannt und finde sich für die Bf auch kein Geld in Verwahrung. Am Abgabenkonto seien 14.781.616,56 € fällig, davon sei 14.359.733,56 € von einer Aussetzung der Einhebung erfasst. Jedoch gäbe es eine Gesamtschuldnerin, die bereits bescheidmäßig herangezogen worden sei. Die Beschwerden gegen die Gesamtschuldnerbescheide seien beim Bundesfinanzgericht anhängig. Bei der Gesamtschuldnerin gäbe es in Summe einen Betrag von 339.585,73 € (aufgrund eines Sicherstellungsauftrages) in Verwahrung, der aber erst im Zuge der Erledigung der Beschwerde auf die Abgabenschuld (Abgabenkonto der Bf) ausgebucht werde.
In der Folge entschied das Bundesfinanzgericht auf Grund dieser Sachlage, erklärte die Beschwerden hinsichtlich der Glücksspielabgaben für gegenstandslos und stellte das Beschwerdeverfahren mit Beschluss ein, .
Gleichermaßen wurde auch das Verfahren betreffend die Wett- und Rechtsgebühren bzw. Glücksspielabgaben die Jahre 2008 bis 2011 vom Bundesfinanzgericht eingestellt, .
Die Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Verfahren ergaben insbesondere durch die Eintragungen im Firmenbuch und die genannten Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes ein gleichartiges Bild.
Beim Finanzamt wurde aber am zusätzlich nachgefragt, ob sich eine Änderung der Vermögenslage in der Zwischenzeit ergeben hätte bzw. ob sonstige Gründe gegen eine Einstellung des gegenständlichen Verfahrens sprechen würden.
Das Finanzamt antwortete am dem Bundesfinanzgericht, dass sich nichts betreffend der Vermögenlage verändert hätte und daher nichts gegen eine Einstellung des Verfahrens spreche.
III. Rechtliche Beurteilung
§ 79 BAO idF BGBl. I Nr. 108/2022
Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.
§ 80 BAO idF BGBl. I Nr. 108/2022
(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.
(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.
§ 39 FBG idF BGBl. I Nr. 116/2022
(1) Jede in das Firmenbuch einzutragende Gesellschaft ist außer den in anderen Gesetzen genannten Fällen mit der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wird.
(2) Die Auflösung ist von Amts wegen in das Firmenbuch einzutragen.
§ 40 FBG idF BGBl. I Nr. 116/2022
(1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder eines Finanzamtes oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollzählig zum Firmenbuch eingereicht hat und seit dem Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss für das zweite Geschäftsjahr einzureichen gewesen wäre, mindestens sechs Monate vergangen sind.
(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und das Finanzamt zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.
(3) Gerichte und Finanzämter haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen.
Aus dem Firmenbuch konnte festgestellt werden, dass die Bf mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst wurde.
Am wurde die amtswegige Löschung der Bf gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch eingetragen. Als letzter handelsrechtlicher Geschäftsführer scheint Herr ***7*** auf, dessen Funktion infolge seines Rücktrittes mit Eintragung vom gelöscht wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat sich bereits öfters mit vergleichbaren Fällen befasst. (; ; ; ; ; ; , ).
Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also z.B. Abgaben noch festzusetzen - sind (Ritz/Koran, BAO7, § 79, Rz 10, 11; ; ).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher im Fall eines bestehenden Abwicklungsbedarfs grundsätzlich rechtswirksam (vgl. ; ; ; ).
Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter. In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator" (; , 92/15/0121; -K/06; - K/07; ). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.
Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft gemäß § 93 GmbHG durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler vertreten. Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Nach Beendigung der Liquidation sind Vertreter der aufgelösten GmbH die gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher auf sieben Jahre Verpflichteten (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 80, 232 unter Verweis auf ErläutRV 686 BlgNR 22. GP 36; und § 82, 245; zu den Folgen der Löschung: ; ; ; Kotschnigg, Der Bescheidadressat im Abgabenverfahren, ÖStZ 1994, 318). Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln (siehe dazu auch Ritz/Koran BAO 7 zu § 80 Rz 10f).
Keine Liquidation findet hingegen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft und im Falle der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs. 1 FBG statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube/ Ratka/Rauter, WK GmbHG § 89 Rz 11 f).
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. ).
Der Löschung im Firmenbuch kann durch das für die Abgabenerhebung zuständige Finanzamt gemäß § 160 Abs. 3 BAO die Zustimmung versagt werden (Löschungssperre).
Das Finanzamt kann sich auch gemäß § 40 Abs. 2 FBG gegen eine vom Firmenbuchgericht beabsichtigte amtswegige Löschung aussprechen.
Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (), jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können (vgl Knechtl/Mitterlehner/Panholzer, Die Kapitalgesellschaft in der Steuererklärung 2018, 31 m.w.N.).
Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (; ; ; ; u.a.).
Eine Entscheidung über die Beschwerde kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden.
Der steuerliche Vertreter, der namens der Bf die Beschwerden eingebracht hatte, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, besteht auf Grund der vorstehenden Ausführungen nicht.
Hinsichtlich der Frage, ob die Rechtspersönlichkeit der GmbH als fortdauernd anzusehen ist, ist zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Bf ergeben könnte.
Nach der Darstellung der Vermögenslage des Finanzamtes im Verfahren RV/2100573/2017 waren am Abgabenkonto 14.781.616,56 € fällig, davon sind 14.359.733,56 € von einer Aussetzung der Einhebung erfasst. Bei der Gesamtschuldnerin gäbe es in Summe einen Betrag von 339.585,73 € (aufgrund eines Sicherstellungsauftrages) in Verwahrung, der aber erst im Zuge der Erledigung der Beschwerde auf die Abgabenschuld (Abgabenkonto der Bf) ausgebucht würde.
Da im vorliegenden Verfahren insgesamt Abgaben in Höhe von 14.781.616,56 € bislang nicht entrichtet wurden, kann im Fall der Stattgabe der Beschwerde die gelöschte Bf (bzw. in weiterer Folge deren Gläubiger) kein Abgabenguthaben lukrieren, das einen positiven Saldo am Abgabenkonto bewirken könnte. Andererseits kann im Fall der Abweisung der Beschwerde das Finanzamt die dann rechtskräftige Forderung gegenüber der gelöschten GmbH mangels Vermögens nicht durchsetzen.
Die belangte Behörde hat auch im gegenständlichen Verfahren bestätigt, dass die Vermögenslage sich seit der Einstellung des Verfahrens betreffend die Glücksspielabgaben durch das Bundesfinanzgericht nicht verändert hat.
Die belangte Behörde sieht auch keinen Grund, der gegen eine Einstellung des Verfahrens sprechen würde.
Mangels abwickelbaren Vermögens in diesen Verfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit der gelöschten GmbH fortbesteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu entschieden, dass beim Erlöschen der Rechtssubjektivität einer GmbH das Beschwerdeverfahren einzustellen bzw. als gegenstandslos geworden zu erklären ist (; ) und führt dazu weiter sinngemäß aus:
- Der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH ist zu bejahen, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht.
- Im vorliegenden Fall bestünde Abwicklungsbedarf nur dann, wenn die für die Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz erforderliche Voraussetzung der Vermögenslosigkeit nicht erfüllt wäre oder die BFG-Entscheidung in der Beschwerdesache direkt oder indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten GmbH betreffe. Beides trifft im streitanhängigen Fall nicht zu, weil die Bf zum Zeitpunkt der Löschung im Firmenbuch unstrittig vermögenslos war und andererseits aufgrund der Nichtentrichtung der strittigen Abgaben durch eine BFG-Entscheidung in der Beschwerdesache selbst auch kein abwickelbares Vermögen entstünde.
- Auch wenn in den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung die "Einstellung des Beschwerdeverfahrens mit Beschluss" nicht vorgesehen ist, entspricht dies jenen Fällen des § 33 Abs. 1 VwGG, in denen es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei kommt. In diesen Fällen ist die Revision (Beschwerde) "als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
- Eine Zustellung an die Bf kann im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit unterbleiben. Sohin ist die alleinige Zustellung an die Amtspartei ausreichend.
Zur Vorschrift, die bei Vollbeendigung der GmbH nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß anzuwenden ist, verweist das oben zitierte Erkenntnis auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandslos zu erklären ist.
Da die Rechtssubjektivität der Bf durch die Löschung im Firmenbuch beendet wurde und mangels Abwicklungsbedarf auch über die Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität gegeben ist, war die gegenständliche Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Diese Einstellung durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen ().
Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf nur an die Amtspartei ().
In analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO iVm § 274 Abs. 3 Z 2 BAO obliegt die Gegenstandsloserklärung im gegenständlichen Fall dem Berichterstatter.
Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO iVm § 272 Abs. 5 BAO konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762).
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4, Abs 9 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG iVm § 25a VwGG ist gegen diesen Beschluss eine Revision nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz (§ 256 Abs. 3 BAO, siehe oben) ergibt.
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 und 9 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035 die Auffassung des Bundesfinanzgerichtes, dass bei einer wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöschten und damit als Rechtspersönlichkeit untergegangenen Gesellschaft die (noch offene) Beschwerde (gestützt auf § 278 Abs. 1 BAO) für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen ist, bestätigt.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Demzufolge ist die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103174.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at