Rückforderung von Ausgleichszahlung, weil Leistungsempfänger in Österreich und in Ungarn (nur) eine Pension (Rente) bezieht?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7100077/2023-RS1 | Eine Person, die in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, hat Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften beider dieser Mitgliedstaaten (, DN). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2*** ***3***, ***4*** ***5***, ***6***, Ungarn, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , OB ***7***, mit welchem zu Unrecht bezogene Beträge an Ausgleichszahlung gemäß VO 883/2004 (8.488,08 €) und Kinderabsetzbetrag (2.029,04 €), insgesamt 10.517,12 €, für den im Jänner 1980 geborenen ***8*** ***3*** für den Zeitraum September 2016 bis Dezember 2019 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Antrag vom
Am langte beim Finanzamt Österreich ein mittels des Formulars Beih 38 gestellter Antrag auf Gewährung einer Differenzzahlung ein (OZ 1 des elektronisch vorgelegten Verwaltungsakts).
Antragsteller sei der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** ***3***, ungarischer Staatsbürger, geboren 1953, wohnhaft ***4*** ***5***, ***6***, Ungarn. Derzeitiger Dienstgeber sei ein näher bezeichneter Gartenbaubetrieb im Burgenland und zwar seit März 2006.
Partnerin sei ***1*** ***2a*** ***3***, ungarische Staatsbürgerin.
Beantragt werde Differenzzahlung für den Zeitraum von bis sowie für den Zeitraum von bis für den im Jänner 1980 geborenen ***8*** ***3***, Kind des Bf und bei diesem wohnhaft.
Ferner wurde mit dem Formular Beih 3 die Gewährung des Erhöhungsbetrags zur Familienbeihilfe für ***8*** ***3*** ab Jänner 2020 wegen psychomotorischer Retardierung ab Geburt beantragt.
Mit eigener Erklärung vom verzichtete ***1*** ***2a*** ***3*** "auf die mir gemäß § 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 vorrangig zustehende Ausgleichszahlung" zugunsten des Bf ***1*** ***3***.
Mit Formular E 401 bestätigte Bezirksbehörde von Győr-Moson-Sopron (Győr-Moson-Sopron Megyei Kormányhivatal) am den gemeinsamen Familienwohnsitz in ***4*** ***5***, ***6***, Ungarn.
Ein nicht bestätigtes Formular Beih E 411 ist aktenkundig.
Eine Erledigung des Antrags lässt sich dem elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt nicht entnehmen.
Rückforderungsbescheid
Mit Bescheid vom , OB ***7***, "Rückforderungsbescheid Einzahlung" forderte das Finanzamt Österreich vom Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Ausgleichszahlung gemäß VO 883/2004 (8.488,08 €) und Kinderabsetzbetrag (2.029,04 €), insgesamt 10.517,12 €, für den im Jänner 1980 geborenen ***8*** ***3*** für den Zeitraum September 2016 bis Dezember 2019 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück und gab zur Begründung an (OZ 2):
Gem. der Verordnung (EG) Nr.883/2004 in der ab gültigen Fassung bzw gem. der VO 1408/71 in der bis April 2010 gültigen Fassung hat ein Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des "Beschäftigungslandes" Anspruch auf Familienleistungen dieses Staates auch für Kinder, die sich ständig in einem anderen EU-Staat aufhalten.
Sind beide Elternteile jeweils in einem EU-Land beschäftigt, so besteht It. VO im Wohnland der Kinder vorrangig Anspruch auf Familienleistungen, im Beschäftigungsland gegebenenfalls auf Ausgleichszahlung.
Bei Personen, die zugleich mehrere Beschäftigungen in mehreren Mitgliedstaaten ausüben, ist grundsätzlich nur ein Mitgliedstaat zuständig, und zwar der Wohnortstaat.
Laut hieramtlichen Unterlagen beziehen Sie seit September 2016 in Ungarn eine Pension.
Ein Zustellnachweis ist nicht aktenkundig.
Beschwerde
Mit am zur Post gegebenem und mit datiertem Schreiben erhob der Bf als Berufung bezeichnete Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid (OZ 3):
Sehr geehrtes Finanzamt!
Ich habe von Ihnen einen Rückforderungsbescheid bekommen.
Ich musste die Familienbeihilfe von September 2016 - bis Dezember 2019 zurückzahlen, da ich in Ungarn auch Pensionist bin. In diesem Zeitraum habe ich die Familienbeihilfe öfters beantragt. Ich habe immer alle Papiere eingereicht. Telefonisch habe ich immer erkundigt, ob alles in Ordnung ist, Ich habe das auch bekanntgegeben, dass ich Pensionist bin: in Ungarn und Österreich auch.
Ich habe seit 1997 in Österreich gearbeitet.
Meine Alterspension ist in Österreich 205,11 EUR. Aus Ungarn erhalte ich 129 830,- HUF, das ist ca. 370 EUR. Meine Ehefrau bekommt Österreichische Pension in Summe 264,54,- EUR. Mein Sohn ist sehr stark behindert. Er braucht ständige Hilfe im Alltag, er bekommt eine Unterstützung von der ungarische Staat in Höhe von 20 300 HUF, das ist ca 58,- EUR. Alle Einkommenbestätigung lege ich bei.
Das ist alles, was wir haben: 897,65 EUR pro Monat. Von dieser geringen Summe müssen wir zu Dritt auskommen. Warum haben Sie die Familienbeihilfe gewährt, falls es nicht zugeständen ist? Wie sollen wir von diesen Einkommen den 10 517,12 EUR zurückzahlen?
Bitte, planen Sie sich in meine Stelle. Ich bin schon ein alter Mann. Ich möchte mein Haus nicht verlieren. Es müsste unsere österreichische Pension doppelt so hoch sein, aber leider unsere Arbeitgeber in Österreich haben uns nie richtig angemeldet. Überhaupt am Anfang als wir noch Arbeitserlaubnis benötigt haben.
Gleichzeitig ersuche ich um Aussetzung der Einhebung gem. §212 A Bundesabgabenordnung des fälligen Betrages von 10 517,12 EUR bis zur Erledigung der Berufung. Bitte nehmen Sie alle Zustände im Absicht und wegen Gerechtigkeit bitte lassen Sie unser Schuld hinfällig.
Der Beschwerde beigefügt (OZ 4, "Beilagen zur Beschwerde") war laut Finanzamt der ungarische Pensionsbescheid, das Formular E 401 vom sowie eine Auskunft aus der Sozialversicherungsdatenbank, wonach der Bf seit dem Jahr 2015 in Österreich eine Alterspension bezieht (Pensionshöhe nicht ersichtlich, offensichtlich wurde diese Auskunft nicht vom Bf der Beschwerde als Beilage beigefügt, sondern vom Finanzamt am eingeholt).
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:
Gemäß Art. 67 der Verordnung (EG) 883/2004 in der ab gültigen Fassung sind Familienleistungen für Kinder von Rentnern grundsätzlich von dem Staat zu gewähren, der zur Zahlung einer Rente verpflichtet ist.
Nach Art. 11 der VO(EG) 883/2004 ist nur ein Staat zur Zahlung von Familienleistungen zuständig. Werden daher Renten aufgrund von Rechtsvorschriften verschiedener Staaten bezogen, bestimmt Art. 68 Abs. 1 lit. b der VO(EG) 883/2004 welche Rechtsvorschriften Vorrang haben. Dies sind primär die Rechtsvorschriften jenes Staates, in dem die Kinder wohnen, vorausgesetzt dass aus diesem Staat eine Rente bezogen wird.
Nur in Fällen, in denen sich der Wohnort der Kinder in einem Staat befindet, aus dem keine Rente bezogen wird, ist subsidiär die Länge der Versicherungs- oder Wohnzelten entscheidend.
Sie erhalten in Ungarn ab und in Österreich ab einen Pensionsbezug. Sie wohnen gemeinsam mit Ihrem Sohn und Ihrer Ehefrau in Ungarn. Ungarn ist somit alleine für die Auszahlung der Familienbeihilfe ab September 2016 zuständig.
Sie haben in Ungarn aufgrund der vorgelegten Bestätigung Versicherungszeiten von 29 Jahren und 23 Tagen und in Österreich 14 Jahre und 212 Tage angesammelt. Würde keines dieser beiden Länder das Wohnland des Kindes sein, wäre ebenfalls Ungarn aufgrund der längeren Versicherungszeiten für die Auszahlung der Familienleistungen zuständig.
Ihre Ehegattin hat ebenfalls seit Jänner 2019 einen Pensionsbezug in Österreich. Da sie zur gleichen Zeit in Ungarn einer Beschäftigung nachgegangen ist, besteht für diesen Zeitraum ebenfalls nur in Ungarn Anspruch auf die Familienbeihilfe, denn bei gleichzeitiger Beschäftigung und Pension einer Person zieht immer die nichtselbständige Tätigkeit vor und der In Österreich besteht daher kein Anspruch auf die Auszahlung der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe.
Sie geben in Ihrer Beschwerde bekannt, dass Sie immer alle Papiere ordnungsgemäß eingereicht haben. Dem muss leider widersprochen werden. Sie haben im Antrag vom als Dienstgeber die Firma Gartenbau ***9*** und nicht die Pensionsstellen bekanntgegeben.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom , Postaufgabe , stellte der Bf Vorlageantrag:
Sehr geehrtes Finanzamt!
Ich habe von Ihnen einen Rückforderungsbescheid bekommen.
Ich musste die Familienbeihilfe von September 2016 - bis Dezember 2019 zurückzahlen, da ich in Ungarn auch Pensionist bin. In diesem Zeitraum habe ich die Familienbeihilfe öfters beantragt. Ich habe seit 1997 in Österreich gearbeitet.
Meine Alterspension ist in Österreich 208 EUR. Aus Ungarn erhalte ich 129 830 HUF, das ist ca. 317,- EUR. Meine Ehefrau bekommt Österreichische Pension in Summe 265 EUR. In Ungarn bekommt meine Frau 80 000,-HUF, das ist ca 195,-€. Mein Sohn ist sehr stark behindert. Er braucht ständige Hilfe im Alltag, er bekommt eine Unterstützung von der ungarische Staat in Höhe von 20 300,- HUF, das ist ca 49,- EUR. Alle Einkommenbestätigung lege ich bei.
Das ist alles, was wir haben: 1034 EUR pro Monat. Von dieser geringen Summe müssen wir zu Dritt auskommen. Warum haben Sie die Familienbeihilfe gewährt, falls es nicht zugestanden ist? Wie sollen wir von diesen Einkommen den 10 734,66 EUR zurückzahlen? Wir haben unser Haus isolieren lassen und Dach getauscht, dass wir in unserem Alten alles In Ordnung wird, überhaut bei solcher Energiepreise. Mein Frau geht jetzt auf Hüftenoperation. Wir sind nicht in der Lage noch deshalb irgendwo arbeiten.
Bitte, planen Sie sich in meine, unsere Stelle. Ich bin schon ein alter Mann. Ich möchte mein Haus nicht verlieren. Es müsste unsere österreichische Pension doppelt so hoch sein, aber leider unsere Arbeitgeber in Österreich haben uns nie richtig angemeldet. Überhaupt am Anfang als wir noch Arbeitserlaubnis benötigt haben.
Gleichzeitig ersuche ich um Aussetzung der Einhebung gem §212 A Bundesabgabenordnung des fälligen Betrages von 10 734, 66 EUR bis zur Erledigung der Berufung. Bitte nehmen Sie alle Zustände im Absicht und wegen Gerechtigkeit bitte lassen Sie unser Schuld hinfällig.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Bezughabende Normen
FLAG 1967, EU VO 883/2004 Art. 68 Abs. 1 lit.b
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Im Zuge des am gestellten Beih 38 Antrages wurde bei der Sachverhaltsüberprüfung festgestellt, dass der Antragsteller neben der seit in aus Österreich bezogenen Pension ebenso seit eine Pension aus Ungarn erhält, die nicht angegeben wurde.
Beweismittel:
Siehe beigefügte Unterlagen!
Stellungnahme:
Lt. EU VO 883/2004 Art.68 Abs.1 lit. b ist Ungarn daher ab September 2016 für die Auszahlung der Familienbeihilfe zuständig und war diese daher in Österreich zurückzufordern.
Aufgrund des Corona-bedingten temporären Rückforderungsstopps erfolgte diese daher erst am .
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der im Jahr 1953 geborene Bf ***1*** ***2*** ***3*** ist in Ungarn wohnhaft und ungarischer Staatsbürger. Er hat in Österreich gearbeitet und bezieht seit Oktober 2015 eine Pension aus Österreich und seit August 2016 eine Pension aus Ungarn.
Er hat Ausgleichszahlung gemäß VO 883/2004 (8.488,08 €) und Kinderabsetzbetrag (2.029,04 €), insgesamt 10.517,12 €, für den im Jänner 1980 geborenen ***8*** ***3*** für den Zeitraum September 2016 bis Dezember 2019 bezogen.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind nicht strittig.
Rechtsgrundlagen
Unionsrecht
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.
Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.
Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Buchstabe i Nummer 1 Ziffer i VO 883/2004 "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Buchstabe i Nummer 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.
"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).
"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).
Art. 1 VO 883/2004 lautet auszugsweise:
Artikel 1 Definitionen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
a) "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;
b) "selbstständige Erwerbstätigkeit" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;
...
i) "Familienangehöriger":
1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;
ii) ...;
2. unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen;
3. wird nach den gemäß Nummern 1 und 2 anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird;
j) "Wohnort" den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;
k) "Aufenthalt" den vorübergehenden Aufenthalt;
…
w) "Renten" nicht nur Renten im engeren Sinn, sondern auch Kapitalabfindungen, die an deren Stelle treten können, und Beitragserstattungen sowie, soweit Titel III nichts anderes bestimmt, Anpassungsbeträge und Zulagen;
x) "Vorruhestandsleistungen" alle anderen Geldleistungen als Leistungen bei Arbeitslosigkeit und vorgezogene Leistungen wegen Alters, die ab einem bestimmten Lebensalter Arbeitnehmern, die ihre berufliche Tätigkeit eingeschränkt oder beendet haben oder ihr vorübergehend nicht mehr nachgehen, bis zu dem Lebensalter gewährt werden, in dem sie Anspruch auf Altersrente oder auf vorzeitiges Altersruhegeld geltend machen können, und deren Bezug nicht davon abhängig ist, dass sie der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates zur Verfügung stehen; eine "vorgezogene Leistung wegen Alters" ist eine Leistung, die vor dem Erreichen des Lebensalters, ab dem üblicherweise Anspruch auf Rente entsteht, gewährt und nach Erreichen dieses Lebensalters weiterhin gewährt oder durch eine andere Leistung bei Alter abgelöst wird;
...
z) "Familienleistungen" alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I.
Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates:
Artikel 4 Gleichbehandlung
Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.
Art. 5 VO 883/2004 lautet:
Artikel 5 Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen
Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
a) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.
b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.
Art. 7 VO 883/2004 lautet:
Artikel 7 Aufhebung der Wohnortklauseln
Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.
Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.
Art. 11 VO 883/2004 lautet:
Artikel 11 Allgemeine Regelung
(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;
c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.
(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.
(5) Eine Tätigkeit, die ein Flug- oder Kabinenbesatzungsmitglied in Form von Leistungen im Zusammenhang mit Fluggästen oder Luftfracht ausübt, gilt als in dem Mitgliedstaat ausgeübte Tätigkeit, in dem sich die "Heimatbasis" im Sinne von Anhang III der Verordnung (EWG) Nr 3922/91 befindet.
Artikel 13 VO 883/2004 lautet:
Artikel 13 Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten
(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.
(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.
(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.
(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.
(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.
Art. 16 VO 883/2004 lautet:
Artikel 16 Ausnahmen von den Artikeln 11 bis 15
(1) Zwei oder mehr Mitgliedstaaten, die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten oder die von diesen Behörden bezeichneten Einrichtungen können im gemeinsamen Einvernehmen Ausnahmen von den Artikeln 11 bis 15 im Interesse bestimmter Personen oder Personengruppen vorsehen.
(2) Wohnt eine Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erhält, in einem anderen Mitgliedstaat, so kann sie auf Antrag von der Anwendung der Rechtsvorschriften des letzteren Staates freigestellt werden, sofern sie diesen Rechtsvorschriften nicht aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit unterliegt.
Art. 67 VO 883/2004 lautet:
Artikel 67 Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats
Art. 68 VO 883/2004 lautet:
Artikel 68 Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen
(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;
ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;
iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.
(3) Wird nach Artikel 67 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt, so gilt Folgendes:
a) Dieser Träger leitet den Antrag unverzüglich an den zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Absatz 2 genannten Unterschiedsbetrag;
b) der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften vorrangig gelten, bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.
Art. 76 VO 883/2004 lautet:
Artikel 76 Zusammenarbeit
(1) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unterrichten einander über:
a) alle zur Anwendung dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen;
b) alle Änderungen ihrer Rechtsvorschriften, die die Anwendung dieser Verordnung berühren können.
(2) Für die Zwecke dieser Verordnung unterstützen sich die Behörden und Träger der Mitgliedstaaten, als handelte es sich um die Anwendung ihrer eigenen Rechtsvorschriften. Die gegenseitige Amtshilfe dieser Behörden und Träger ist grundsätzlich kostenfrei. Die Verwaltungskommission legt jedoch die Art der erstattungsfähigen Ausgaben und die Schwellen für die Erstattung dieser Ausgaben fest.
(3) Die Behörden und Träger der Mitgliedstaaten können für die Zwecke dieser Verordnung miteinander sowie mit den betroffenen Personen oder deren Vertretern unmittelbar in Verbindung treten.
(4) Die Träger und Personen, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, sind zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit verpflichtet, um die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung zu gewährleisten.
Die Träger beantworten gemäß dem Grundsatz der guten Verwaltungspraxis alle Anfragen binnen einer angemessenen Frist und übermitteln den betroffenen Personen in diesem Zusammenhang alle erforderlichen Angaben, damit diese die ihnen durch diese Verordnung eingeräumten Rechte ausüben können.
Die betroffenen Personen müssen die Träger des zuständigen Mitgliedstaats und des Wohnmitgliedstaats so bald wie möglich über jede Änderung ihrer persönlichen oder familiären Situation unterrichten, die sich auf ihre Leistungsansprüche nach dieser Verordnung auswirkt.
(5) Die Verletzung der Informationspflicht gemäß Absatz 4 Unterabsatz 3 kann angemessene Maßnahmen nach dem nationalen Recht nach sich ziehen. Diese Maßnahmen müssen jedoch denjenigen entsprechen, die für vergleichbare Tatbestände der nationalen Rechtsordnung gelten, und dürfen die Ausübung der den Antragstellern durch diese Verordnung eingeräumten Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.
(6) Werden durch Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung dieser Verordnung die Rechte einer Person im Geltungsbereich der Verordnung in Frage gestellt, so setzt sich der Träger des zuständigen Mitgliedstaats oder des Wohnmitgliedstaats der betreffenden Person mit dem Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder den Trägern der anderen betroffenen Mitgliedstaaten in Verbindung. Wird binnen einer angemessenen Frist keine Lösung gefunden, so können die betreffenden Behörden die Verwaltungskommission befassen.
(7) Die Behörden, Träger und Gerichte eines Mitgliedstaats dürfen die bei ihnen eingereichten Anträge oder sonstigen Schriftstücke nicht deshalb zurückweisen, weil sie in einer Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats abgefasst sind, die gemäß Artikel 290 des Vertrags als Amtssprache der Organe der Gemeinschaft anerkannt ist.
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Die Verordnung enthält Durchführungsbestimmungen zur VO 883/2004.
Art. 5 VO 987/2009 lautet:
Artikel 5 Rechtswirkung der in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente und Belege
(1) Vom Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Dokumente, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung bescheinigt wird, sowie Belege, auf deren Grundlage die Dokumente ausgestellt wurden, sind für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden.
(2) Bei Zweifeln an der Gültigkeit eines Dokuments oder der Richtigkeit des Sachverhalts, der den im Dokument enthaltenen Angaben zugrunde liegt, wendet sich der Träger des Mitgliedstaats, der das Dokument erhält, an den Träger, der das Dokument ausgestellt hat, und ersucht diesen um die notwendige Klarstellung oder gegebenenfalls um den Widerruf dieses Dokuments. Der Träger, der das Dokument ausgestellt hat, überprüft die Gründe für die Ausstellung und widerruft das Dokument gegebenenfalls.
(3) Bei Zweifeln an den Angaben der betreffenden Personen, der Gültigkeit eines Dokuments oder der Belege oder der Richtigkeit des Sachverhalts, der den darin enthaltenen Angaben zugrunde liegt, nimmt der Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts, soweit dies möglich ist, nach Absatz 2 auf Verlangen des zuständigen Trägers die nötige Überprüfung dieser Angaben oder dieses Dokuments vor.
(4) Erzielen die betreffenden Träger keine Einigung, so können die zuständigen Behörden frühestens einen Monat nach dem Zeitpunkt, zu dem der Träger, der das Dokument erhalten hat, sein Ersuchen vorgebracht hat, die Verwaltungskommission anrufen. Die Verwaltungskommission bemüht sich binnen sechs Monaten nach ihrer Befassung um eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte.
Art. 6 VO 987/2009 lautet:
Artikel 6 Vorläufige Anwendung der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und vorläufige Gewährung von Leistungen
(1) Besteht zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eine Meinungsverschiedenheit darüber, welche Rechtsvorschriften anzuwenden sind, so unterliegt die betreffende Person vorläufig den Rechtsvorschriften eines dieser Mitgliedstaaten, sofern in der Durchführungsverordnung nichts anderes bestimmt ist, wobei die Rangfolge wie folgt festgelegt wird:
a) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Person ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich nachgeht, wenn die Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit in nur einem Mitgliedstaat ausgeübt wird;
b) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern die betreffende Person einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten nachgeht und einen Teil ihrer Tätigkeit(en) in dem Wohnmitgliedstaat ausübt, oder sofern die betreffende Person weder beschäftigt ist noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt;
c) in allen anderen Fällen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, deren Anwendung zuerst beantragt wurde, wenn die Person eine Erwerbstätigkeit oder mehrere Erwerbstätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.
(2) Besteht zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eine Meinungsverschiedenheit darüber, welcher Träger die Geld- oder Sachleistungen zu gewähren hat, so erhält die betreffende Person, die Anspruch auf diese Leistungen hätte, wenn es diese Meinungsverschiedenheit nicht gäbe, vorläufig Leistungen nach den vom Träger des Wohnorts anzuwendenden Rechtsvorschriften oder - falls die betreffende Person nicht im Hoheitsgebiet eines der betreffenden Mitgliedstaaten wohnt - Leistungen nach den Rechtsvorschriften, die der Träger anwendet, bei dem der Antrag zuerst gestellt wurde.
(3) Erzielen die betreffenden Träger oder Behörden keine Einigung, so können die zuständigen Behörden frühestens einen Monat nach dem Tag, an dem die Meinungsverschiedenheit im Sinne von Absatz 1 oder Absatz 2 aufgetreten ist, die Verwaltungskommission anrufen. Die Verwaltungskommission bemüht sich nach ihrer Befassung binnen sechs Monaten um eine Annäherung der Standpunkte.
(4) Steht entweder fest, dass nicht die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden sind, die für die betreffende Person vorläufig angewendet worden sind, oder dass der Träger, der die Leistungen vorläufig gewährt hat, nicht der zuständige Träger ist, so gilt der als zuständig ermittelte Träger rückwirkend als zuständig, als hätte die Meinungsverschiedenheit nicht bestanden, und zwar spätestens entweder ab dem Tag der vorläufigen Anwendung oder ab der ersten vorläufigen Gewährung der betreffenden Leistungen.
(5) Falls erforderlich, regeln der als zuständig ermittelte Träger und der Träger, der die Geldleistungen vorläufig gezahlt oder Beiträge vorläufig erhalten hat, die finanzielle Situation der betreffenden Person in Bezug auf vorläufig gezahlte Beiträge und Geldleistungen gegebenenfalls nach Maßgabe von Titel IV Kapitel III der Durchführungsverordnung.
Sachleistungen, die von einem Träger nach Absatz 2 vorläufig gewährt wurden, werden von dem zuständigen Träger nach Titel IV der Durchführungsverordnung erstattet.
Art. 58 VO 987/2009 lautet:
Artikel 58 Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen
Ermöglicht der Wohnort der Kinder bei Anwendung des Artikels 68 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern i und ii der Grundverordnung keine Bestimmung der Rangfolge, so berechnet jeder betroffene Mitgliedstaat den Leistungsbetrag unter Einschluss der Kinder, die nicht in seinem Hoheitsgebiet wohnen. Im Falle der Anwendung von Artikel 68 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i zahlt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften den höheren Leistungsbetrag vorsehen, diesen ganzen Betrag aus. Der zuständige Träger des anderen Mitgliedstaats erstattet ihm die Hälfte dieses Betrags, wobei der nach den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats vorgesehene Leistungssatz die obere Grenze bildet.
Art. 59 VO 987/2009 lautet:
Artikel 59 Regelungen für den Fall, in dem sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ändern
(1) Ändern sich zwischen den Mitgliedstaaten während eines Kalendermonats die Rechtsvorschriften und/oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen, so setzt der Träger, der die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gezahlt hat, nach denen die Leistungen zu Beginn dieses Monats gewährt wurden, unabhängig von den in den Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten für die Gewährung von Familienleistungen vorgesehenen Zahlungsfristen die Zahlungen bis zum Ende des laufenden Monats fort.
(2) Er unterrichtet den Träger des anderen betroffenen Mitgliedstaats oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten von dem Zeitpunkt, zu dem er die Zahlung dieser Familienleistungen einstellt. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen der andere betroffene Mitgliedstaat oder die anderen betroffenen Mitgliedstaaten die Zahlung der Leistungen.
Art. 60 VO 987/2009 lautet:
Artikel 60 Verfahren bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung
(1) Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.
(2) Der nach Absatz 1 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen.
Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften.
Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Artikel 68 Absatz 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden.
(3) Kommt der Träger, bei dem der Antrag gestellt wurde, zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften zwar anwendbar, aber nach Artikel 68 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung nicht prioritär anwendbar sind, so trifft er unverzüglich eine vorläufige Entscheidung über die anzuwendenden Prioritätsregeln, leitet den Antrag nach Artikel 68 Absatz 3 der Grundverordnung an den Träger des anderen Mitgliedstaats weiter und informiert auch den Antragsteller darüber. Dieser Träger nimmt innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu der vorläufigen Entscheidung Stellung.
Falls der Träger, an den der Antrag weitergeleitet wurde, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags Stellung nimmt, wird die oben genannte vorläufige Entscheidung anwendbar und zahlt dieser Träger die in seinen Rechtsvorschriften vorgesehenen Leistungen und informiert den Träger, an den der Antrag gerichtet war, über die Höhe der gezahlten Leistungen.
(4) Sind sich die betreffenden Träger nicht einig, welche Rechtsvorschriften prioritär anwendbar sind, so gilt Artikel 6 Absätze 2 bis 5 der Durchführungsverordnung. Zu diesem Zweck ist der in Artikel 6 Absatz 2 der Durchführungsverordnung genannte Träger des Wohnorts der Träger des Wohnorts des Kindes oder der Kinder.
(5) Der Träger, der eine vorläufige Leistungszahlung vorgenommen hat, die höher ist als der letztlich zu seinen Lasten gehende Betrag, kann den zu viel gezahlten Betrag nach dem Verfahren des Artikels 73 der Durchführungsverordnung vom vorrangig zuständigen Träger zurückfordern.
Österreichisches Recht
Familienlastenausgleichsgesetz 1967
§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 3 FLAG 1967 lautet:
§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.
§ 4 FLAG 1967 lautet:
§ 4. (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 oder gemäß § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs. 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.
(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.
(4) Die Ausgleichszahlung ist jährlich nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn aber der Anspruch auf die gleichartige ausländische Beihilfe früher erlischt, nach Erlöschen dieses Anspruches über Antrag zu gewähren.
(5) Die in ausländischer Währung gezahlten gleichartigen ausländischen Beihilfen sind nach den vom Bundesministerium für Finanzen auf Grund des § 4 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972, in der "Wiener Zeitung" kundgemachten jeweiligen Durchschnittskursen in inländische Währung umzurechnen.
(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.
(7) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung geht auf die Kinder, für die sie zu gewähren ist, über, wenn der Anspruchsberechtigte vor rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruches gestorben ist. Sind mehrere anspruchsberechtigte Kinder vorhanden, ist die Ausgleichszahlung durch die Anzahl der anspruchsberechtigten Kinder zu teilen.
§ 5 FLAG 1967 lautet:
§ 5. (1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,
d) Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.
e) Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.
(2) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.
(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
(4) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, für die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe besteht. Die Gewährung einer Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2) wird dadurch nicht ausgeschlossen.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 11 FLAG 1967 lautet:
§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.
(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.
(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.
§ 12 FLAG 1967 lautet:
§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.
§ 13 FLAG 1967 lautet:
§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
§ 26 FLAG 1967 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 53 FLAG 1967 lautet:
§ 53. (1) Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
(2) Die Gleichstellung im Sinne des Abs. 1 gilt auch im Bereich der Amtssitzabkommen sowie Privilegienabkommen, soweit diese für Angestellte internationaler Einrichtungen und haushaltszugehörige Familienmitglieder nicht österreichischer Staatsbürgerschaft einen Leistungsausschluss aus dem Familienlastenausgleich vorsehen.
(3) § 41 ist im Rahmen der Koordinierung der sozialen Sicherheit im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Dienstnehmer im Bundesgebiet als beschäftigt gilt, wenn er den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt.
(4) Abs. 1 zweiter Satz findet in Bezug auf § 8a Abs. 1 bis 3 keine Anwendung.
(5) § 26 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, findet in Bezug auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz bis Anwendung. Ab ist für Leistungen nach diesem Bundesgesetz § 26 Abs. 3 BAO nur für Personen mit Dienstort im Ausland, die im Auftrag einer Gebietskörperschaft tätig werden, sowie für deren Ehegatten und Kinder anwendbar.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3)
1.Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro (Anm. 1) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
2.Der Kinderabsetzbetrag ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG zu vervielfachen. Der Vervielfachung ist der im vorangegangenen Kalenderjahr geltende Betrag zugrunde zu legen. Der vervielfachte Betrag ist kaufmännisch auf eine Dezimalstelle zu runden. Der Bundesminister für Finanzen hat den für das folgende Kalenderjahr geltenden Betrag bis spätestens 15. November jeden Jahres zu ermitteln und mit Verordnung kundzumachen
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).
Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl etwa oder ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; ; ). Zu dem zu § 31 Abs. 2 KBGG ergangenen Erkenntnis ua ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof eine Rückforderungsvorschrift, die wie § 26 Abs. 1 FLAG 1967 lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt, als in der österreichischen Rechtsordnung nicht ungewöhnlich angesehen hat und dass anders als beim Kinderbetreuungsgeld mit dem Bezug von Familienbeihilfe durch einen Elternteil keine irreversible Disposition über dessen Berufstätigkeit verbunden ist. Im Geltungsbereich des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist daher weiterhin das Risiko einer irrtümlich gezahlten Leistung trotz fehlender Erkennbarkeit des Behördenfehlers vom Leistungsempfänger zu tragen (vgl. ).
Es ist daher zu prüfen, ob der Bf im Beschwerdezeitraum zu Unrecht Ausgleichszahlung (Unterschiedzahlung) und Kinderabsetzbetrag erhalten hat.
Streitpunkt Pensionen aus zwei Mitgliedstaaten
Das Finanzamt sieht den Grund für die Rückforderung ausschließlich darin, dass ihm bekannt geworden sei, dass der Bf seit August 2016 nur mehr Pensionen aus zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezieht, seine Ehegattin ebenso, und daher (nur) die ungarischen Rechtsvorschriften als Wohnmitgliedstaat der Kinder (und der Eltern) gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Unterbuchst. ii VO 883/2004 anzuwenden seien.
Die früher unterschiedliche Entscheidungspraxis in Bezug auf eine Sachverhaltskonstellation wie der gegenständlichen hat das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis ausführlich dargestellt.
Zur gegenständlichen Rechtsfrage hat das BFG (betreffend einen in Slowenien wohnhaften Pensionsbezieher) unter anderem ausgeführt (siehe dazu Lenneis, Differenzzahlung bei Bezug von zwei Renten aus zwei Mitgliedstaaten, BFGjournal 2022, 60):
Dem Finanzamt ist beizupflichten, dass Personen, für die die Verordnung 883/2004 gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004). Dies schließt aber im Bereich der Familienleistungen nicht aus, dass Ansprüche auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind (Art. 68 VO 883/2004).
Art. 68 Abs. 1 VO 883/2004 spricht einleitend von Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten für denselben Zeitraum und dieselben Familienangehörigen und regelt in Buchstabe a den Fall, dass Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren sind, und in Buchstabe b den Fall, dass Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren sind.
Bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten regelt Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004, welcher Mitgliedstaat vorrangig und welcher Mitgliedstaat nachrangig zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Ist ein Mitgliedstaat vorrangig verpflichtet, entbindet dies den nachrangig verpflichteten Mitgliedstaat aber nicht gänzlich von seiner Leistungspflicht, sondern deckelt diese nur insoweit, dass die anspruchsberechtigte Person insgesamt eine Leistung erhält, die der höchsten für die in Betracht kommende Familienleistung der leistungspflichtigen Mitgliedstaaten entspricht.
Art. 68 VO 883/2004 schränkt lediglich die Möglichkeit einer Kumulierung von Beihilfen ein (vgl. , Kracht, Rn 15 zu Art. 76 VO 1408/71). Das Unionsrecht verlangt, dass dann, wenn der Betrag der vom Wohnstaat gezahlten Leistungen unter dem der von dem anderen verpflichteten Staat gewährten Leistungen liegt, dem Arbeitnehmer der höhere Betrag erhalten bleibt und er vom zuständigen Träger des letztgenannten Staates eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen den beiden Beträgen erhält (, Laterza Rn 9 zu Art. 77 VO 1408/71 sowie , Gravina; , Patteri; , Baldi; , Athanasopoulos; , Bastos Moriana).
Die Antikumulierungsvorschriften des Art. 68 der VO 883/2004 finden Anwendung, wenn mehrere Ansprüche aufgrund unterschiedlicher Rechtsordnungen geschuldet werden (vgl. , Moser, und zu Art. 73 VO 1408/71 , Schwemmer).
Art. 68 VO 883/2004 ist auch dann anwendbar, wenn einer einzigen Person Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedgliedstaaten zu gewähren sind. Es ist keineswegs erforderlich, dass zwei Personen, etwa Mutter und Vater, Familienleistungen zu gewähren sind, um die vorrangige oder nachrangige Leistungsverpflichtung eines Mitgliedstaats auszulösen.
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 regelt, dass unionsrechtlich immer nur ein Mitgliedstaat vorrangig zu einer Leistungserbringung verpflichtet sein kann, es also hinsichtlich einer Person nicht gleichzeitig zwei Mitgliedstaaten geben kann, die vorrangig zu Familienleistungen verpflichtet sind.
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 normiert aber keineswegs, dass ein Mitgliedstaat in Bezug auf Familienleistungen vollkommen leistungsfrei wäre, nur weil eine Person nach den Regelungen der Art. 11 ff. VO 883/2004 unter die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats fällt (siehe auch die von zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Die Ansicht des Finanzamts (und der diese Auffassung teilenden, oben angeführten Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichts), würde dem erklärten Zweck der VO 883/2004, im Rahmen des freien Personenverkehrs zur Verbesserung des Lebensstandards und der Arbeitsbedingungen beizutragen (Erwägungsgrund 1 zur Verordnung) und Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, sowie ihren Angehörigen und Hinterbliebenen die Wahrung erworbener Ansprüche und Vorteile sowie der Anwartschaften zu ermöglichen (Erwägungsgrund 13), diametral entgegenstehen.
Die Vorschriften zum Schutz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union und des EWR (vgl. Art. 28 Abs. 2 EWR-Abkommen, der, wie Art. 45 Abs. 2 AEUV, jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen verbietet), stützen sich, so Generalanwalt Jean Richard de la Tour in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache EuGH C-328/20 (Europäische Kommission gegen Republik Österreich betreffend Indexierung von Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Familienbonus Plus, Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag und Unterhaltsabsetzbetrag - Indexation des prestations familiales, Rn 143) auf ein Gesamtsystem, in dem zum einen im Bereich der sozialen Sicherheit allgemein die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden sind, in dem die betreffende Person eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt (vgl. 17. Erwägungsgrund zu VO 883/2004), und zum anderen Wanderarbeitnehmer mit den Sozialbeiträgen und Abgaben, die sie im Aufnahmemitgliedstaat aufgrund der dort von ihnen ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten, zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen des Aufnahmemitgliedstaats beitragen (vgl. , Bragança Linares Verruga u. a., Rn. 49 und 50).
Die österreichische Familienbeihilfe wird durch Beiträge der Arbeitgeber finanziert, die auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Arbeitnehmerlöhne berechnet werden. Ein Wanderarbeitnehmer ist dadurch an der Festsetzung der Höhe der von seinem Arbeitgeber gezahlten Beträge in gleicher Weise wie ein inländischer Arbeitnehmer beteiligt (vgl. Schlussanträge Generalanwalt Jean Richard de la Tour in der Rechtssache EuGH C-328/20, Rn 144).
Es widerspräche den Grundsätzen der Union, dem Unionsrecht einen Inhalt zuzusinnen, der einen Wanderarbeitnehmer von Leistungen der sozialen Sicherheit in einem Mitgliedstaat auszunimmt, dessen Sozialsystem der Wanderarbeitnehmer durch seine Beiträge mitfinanziert hat. Das Gegenteil ist der Fall.
[…]
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 unterwirft Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats, um eine Kumulierung anzuwendender nationaler Rechtsvorschriften und die sich daraus möglicherweise ergebenden Komplikationen zu vermeiden (Erwägungsgrund 15). Zur Vermeidung ungerechtfertigter Doppelleistungen sieht Art. 68 VO 883/2004 für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats mit Ansprüchen auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats der Familienangehörigen Prioritätsregeln vor (vgl. Erwägungsgrund 35).
Ein Anspruch auf Familienleistungen durch einen anderen Mitgliedstaat im Anwendungsbereich der VO 883/2004 führt dazu, dass ein österreichischer Familienbeihilfenanspruch nach den Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 zu beurteilen ist (vgl. ). Die Prioritätsregeln des Art. 68 VO 883/2004 setzen bei Zusammentreffen von Ansprüchen die Gebührlichkeit von Familienleistungen in mehreren Mitgliedstaaten voraus und normieren eine Rangfolge dieser Leistungen untereinander (vgl. ).
Zahlen zwei Mitgliedstaaten,[…], eine Rente, bestehen Ansprüche des Rentenempfängers gegen beide Mitgliedstaaten. Der Rentenempfänger hat nicht Anspruch auf Familienleistungen beider Rentenstaaten zusammen, sondern gemäß Art. 68 VO 883/2004 insgesamt auf jene Familienleistung, die höher ist - sei es auf die höhere Leistung des vorrangig zuständigen Staats, sei es auf die höhere Leistung des nachrangig zuständigen Staates abzüglich der niedrigeren Leistung des vorrangig zuständigen Staates. Der Rentenempfänger muss sich aber nicht mit den niedrigeren bzw. gar nicht gegebenen Familienleistungen Sloweniens begnügen, weil die slowenischen Rechtsvorschriften gemäß Art. 11 VO 883/2004 anzuwenden sind.
Die Antikumulierungsvorschriften sollen dem Empfänger (nicht "den Empfängern") der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag an Leistungen garantieren, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht (vgl. , Romano; , Wagener; , Moser).
[…]
Unter Zugrundelegung der anzuwendenden Wohnortfiktion nach Art. 5 VO 883/2004 und Art 67 VO 883/2004 (vgl. , Dodl und Oberhollenzer, Rn 45; , Trapkowski, Rn 35 sowie , Moser, Rn 37 und 38; , Caisse d'assurance retraite et de la santé au travail d'Alsace-Moselle, Rn 42 bis 44) hat ein in Slowenien wohnhafter slowenischer Staatsbürger, der eine Rente sowohl von Slowenien als auch von Österreich bezieht, für sein in Slowenien wohnhaftes minderjähriges oder in Berufsausbildung befindliches Kind Anspruch auf österreichische Familienleistungen gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 bzw. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Nach nationalem Recht ist es für die Familienbeihilfe unerheblich, ob der Anspruchsberechtigte erwerbstätig ist oder nicht; die Anspruchsvoraussetzungen des Wohnorts (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967) und des Mittelpunkts der Lebensinteressen des Antragstellers (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) sowie des nicht ständigen Auslandsaufenthalts des Kindes (§ 5 Abs. 3 FLAG 1967) sind unionsrechtlich in Bezug auf die Union gegeben.
[…]
Die belangte Behörde hat eine österreichische Leistungspflicht lediglich damit bestritten, dass der Bf unionsrechtlich unter die slowenischen Rechtsvorschriften falle.
Wie ausgeführt, die die belangte Behörde mit dieser Auffassung im Unrecht.
Der Bf hat daher im Beschwerdezeitraum - im Einklang mit ; ; und sowie Gebhart in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 53 Rz 302 ff - Anspruch auf österreichische Familienleistungen.
Österreich ist, wie ausgeführt, nachrangig zu einer Familienleistung verpflichtet, also zur Leistung des Unterschiedsbetrags zwischen österreichischer Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag einerseits und allfälligen slowenischen Familienleistungen andererseits.
, DN
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit , DN auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens (/2019) unter anderem für Recht erkannt (siehe dazu auch Gebhart, Zur Zuständigkeit des ehemaligen Beschäftigungsstaates für Familienleistungen bei Rentenbezug und Anerkennung von Rechtfertigungsgründen bei Rückforderungen, BFGjournal 2022, 365):
Art. 67 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
ist dahin auszulegen, dass
eine Person, die in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften beider dieser Mitgliedstaaten hat. Ist der Bezug solcher Leistungen in einem dieser Mitgliedstaaten nach den nationalen Rechtsvorschriften ausgeschlossen, kommen die Prioritätsregeln nach Art. 68 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 883/2004 nicht zur Anwendung.
Im Detail hat der Gerichtshof dazu ausgeführt:
26 Mit den ersten drei Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, wie Art. 67 Satz 2 und Art. 68 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 883/2004 auszulegen sind, um für den Fall, dass eine Person in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, zu bestimmen, nach den Rechtsvorschriften welches dieser beiden Mitgliedstaaten diese Person gegebenenfalls vorrangig Anspruch auf Familienleistungen hat.
27 Zunächst ist festzustellen, dass eine Person wie DN in den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fällt, die nach ihrem Art. 2 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats mit Wohnort in einem Mitgliedstaat gilt, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
28 Außerdem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass es sich bei den in Rede stehenden Familienleistungen um "Familienleistungen" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der Verordnung Nr. 883/2004 handelt.
29 Art. 67 dieser Verordnung betrifft, wie sich schon aus seiner Überschrift ergibt, die Gewährung von Familienleistungen u. a. für den Fall, dass "Familienangehörige … in einem anderen Mitgliedstaat wohnen". Art. 67 Satz 2 enthält hierzu eine Sonderregelung, wonach ein Rentner in einem solchen Fall "Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats [hat]" (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Würker, C-32/13, EU:C:2014:107, Rn. 49).
30 Was den im Sinne des genannten Satzes für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaat betrifft, ergibt sich aus Art. 1 Buchst. s der Verordnung Nr. 883/2004, dass für die Zwecke dieser Verordnung der Begriff "zuständiger Mitgliedstaat" den Mitgliedstaat bezeichnet, in dem der zuständige Träger seinen Sitz hat, wobei der zuständige Träger in Art. 1 Buchst. q insbesondere als der Träger definiert wird, bei dem die betreffende Person zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Leistungen versichert ist oder jener, gegenüber dem die betreffende Person einen Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie selbst oder ihr Familienangehöriger bzw. ihre Familienangehörigen in dem Mitgliedstaat wohnen würden, in dem dieser Träger seinen Sitz hat.
31 Daher kann der Begriff "zuständiger Mitgliedstaat" für die Anwendung von Art. 67 Satz 2 der Verordnung Nr. 883/2004 nicht auf den Mitgliedstaat beschränkt werden, der zur Leistung einer Rente an den Betroffenen verpflichtet ist, weil dieser in der Vergangenheit im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats sein Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgeübt hat.
32 Im Ausgangsverfahren bezieht DN sowohl von der Republik Polen als auch von der Republik Österreich Rentenzahlungen, da er in beiden Mitgliedstaaten Versicherungszeiten erworben hat. Folglich ist im Sinne der in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmung im Fall von DN jeder dieser Mitgliedstaaten als "für die Rentengewährung zuständig" anzusehen, so dass er nach den Rechtsvorschriften beider Mitgliedstaaten Anspruch auf Familienleistungen hat.
33 Werden aufgrund unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen mehrere Ansprüche geschuldet, müssen die Antikumulierungsvorschriften des Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 Anwendung finden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Moser, C-32/18, EU:C:2019:752, Rn. 40).
34 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Annahme, dass in einem bestimmten Fall eine solche Kumulierung vorliegt, nicht genügt, dass Familienleistungen in einem Mitgliedstaat geschuldet werden und zugleich in anderen Mitgliedstaaten lediglich potenziell gezahlt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Trapkowski, C-378/14, EU:C:2015:720, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass Familienleistungen nur dann als nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet gelten können, wenn das Recht dieses Staates dem betroffenen Familienangehörigen einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen verleiht. Der Betroffene muss folglich alle in den Rechtsvorschriften dieses Staates aufgestellten - formellen und materiellen - Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Schwemmer, C-16/09, EU:C:2010:605, Rn. 53).
36 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass weder DN noch seine geschiedene Ehefrau in Polen aufgrund der Unterhaltslast für ihre Tochter, die in diesem Mitgliedstaat wohnt, Familienleistungen beziehen konnten, da die Höhe der von DN in Österreich bezogenen Rente die Einkommensobergrenze überstieg, die nach polnischem Recht für einen Anspruch auf solche Leistungen besteht.
37 Da weder DN noch seine frühere Ehefrau in Polen Anspruch auf Familienleistungen haben, kommen die Prioritätsregeln von Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden daher nicht zur Anwendung.
38 Folglich ist auf die ersten drei Fragen zu antworten, dass Art. 67 Satz 2 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass eine Person, die in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften beider dieser Mitgliedstaaten hat. Ist der Bezug solcher Leistungen in einem dieser Mitgliedstaaten nach den nationalen Rechtsvorschriften ausgeschlossen, kommen die Prioritätsregeln nach Art. 68 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 883/2004 nicht zur Anwendung.
Anspruch auf Unterschiedszahlung
Die Rechtslage ist spätestens mit dem , DN eindeutig geklärt:
Eine Person, die in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, hat Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften beider dieser Mitgliedstaaten.
Anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall (Satz 2 von Spruchpunkt I des Urteils) hatte der Bf offenkundig Anspruch auf ungarische Familienleistungen, sodass seitens des Finanzamts nur der als Ausgleichszahlung bezeichnete Differenzbetrag (Unterschiedsbetrag) zwischen den ungarischen und den österreichischen Familienleistungen geleistet und später rückgefordert wurde (zur Terminologie siehe etwa Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 3 Rz 182l).
Der Bf, der in der Vergangenheit sein Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgeübt und in Österreich gearbeitet hat, worauf seine österreichische Pension (Rente) zurückzuführen ist, hat daher im Rückforderungszeitraum Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen den vorrangigen ungarischen Familienleistungen und den nachrangigen österreichischen Familienleistungen.
Die Rückforderung ist daher zu Unrecht erfolgt.
Bemerkt wird, dass dies auch für den Antrag vom gilt, dessen Erledigung sich dem elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt nicht entnehmen lässt.
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.
Revisionsnichtzulassung
Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da die Frage, ob eine Person, die eine Rente aus zwei Mitgliedstaaten der Union bezieht, einen nachrangigen Anspruch auf Familienleistungen in jenem Mitgliedstaat, in dem sie nicht wohnhaft ist, mit entschieden wurde, ohne dass Zweifel hinsichtlich der Anwendung dieses Urteils bestehen.
Die Revision ist daher nicht zuzulassen.
Bemerkt wird, dass gemäß § 34 Abs. 1a VwGG der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 4 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 5 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 7 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 67 Satz 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 |
Verweise | /2019 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100077.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at