Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2022, RV/7102017/2022

Keine Herabsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO, wenn die Databox von der zustellungsbevollmächtigten Rechtsanwältin nicht regelmäßig kontrolliert wird

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Frau Rechtsanwältin ***RA***, ***1***, über die Beschwerden
1.) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung eines ersten SäumniszuschlagesSäumniszuschlag 2021 und
2.) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit dem der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom auf Herabsetzung des Säumniszuschlages abgewiesen wurde,
beide zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf

Grunderwerbsteuerbescheid vom

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich (kurz FA) gegenüber Herrn ***Bf1*** (der nunmehrige Beschwerdeführer, kurz Bf.) Grunderwerbsteuer iHv € 53.445,00 fest. Der Bescheid enthält im Spruch die Anordnung, dass der Betrag am fällig wird. Die Zustellung des Bescheides an den Bf. erfolgte zu Handen Frau Rechtsanwältin ***RA*** (kurz RA) über Finanz-Online.

Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom

Nachdem bis zum Fälligkeitstag keine Entrichtung des Grunderwerbsteuerbetrages erfolgt war, setzte das FA mit Bescheid vom einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 1.068,90 (2% des offenen Betrages) fest. Die Zustellung dieses Bescheides an den Bf. erfolgte ebenfalls zu Handen der Rechtsanwältin über FinanzOnline.

Entrichtung

Am erfolgte eine Überrechnung vom Steuerkonto des Bf. bei der Dienststelle 03 iHv € 1.049,00 auf die gegenständliche Steuernummer bei der Dienststelle für Sonderzuständigkeiten (StNr ***BF1StNr1***) und wurde damit ein Teilbetrag mit Entrichtungstag entrichtet.

Am wurde ein Betrag iHv € 53,445,00 auf das Konto des Finanzamtes überwiesen (vom FA verbucht mit Entrichtungstag ) und ist damit die gegenständliche Grunderwerbsteuerschuld zur Gänze getilgt.

Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO vom

Am brachte die Rechtsanwältin namens der Bf. einen Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO beim FA ein, in dem einleitend mitgeteilt wurde, dass der Bf. der Rechtsanwältin Frau ***RA*** Vollmacht erteilt habe und wurde ersucht, ausschließlich in dieser Angelegenheit sämtliche Zustellungen nunmehr zu Händen der Rechtsvertretung vorzunehmen.

Der Antrag wurde wie folgt begründet:

"1.) Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer ***2***, setzte das Finanzamt Österreich die Grunderwerbsteuer mit EUR 53.445,00 fest. Der Grunderwerbsteuerbescheid wurde über Finanz-Online an Frau ***RA*** übermittelt. Der Beschwerdeführer selbst erhielt diesen Grunderwerbsteuerbescheid nicht.
Aufgrund Nichtzahlung der Grunderwerbsteuer setzte das Finanzamt Österreich am einen Säumniszuschlag 1 2021 in der Höhe von EUR 1.068,90 fest und informierte ausschließlich Frau ***RA*** mittels Buchungsmitteilung Nr. 1 2022 wiederum über Finanz-Online hievon. Der Säumniszuschlag sei zahlbar bis .
***RA*** rief am den Grunderwerbsteuerbescheid auf Finanz-Online erstmals ab.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen, soweit in der BAO nichts anderes bestimmt ist.

2.)

RA ***RA*** erstattete zwar mittels Finanz-Online am beim Finanzamt Österreich zu Erfassungsnummer ***2*** die Abgabenerklärung bezüglich des Kaufvertrages vom ; eine Zustellungsbevollmächtigung für den Beschwerdeführer gab RA ***RA*** jedoch explizit nicht bekannt

3.) Es dürfte offenbar behördenintern zu einem Versehen gekommen sein, welches sich wie folgt erklären lässt:Mit Fax vom wurde RA ***RA*** von der Finanzbehörde ersucht, die Höhe der Vertragserrichtungskosten bekanntzugeben. Derartige Vorhalte werden von der Finanzbehörde für gewöhnlich an die Parteienvertreter, nicht aber an die Parteien selbst zugestellt. Um eine derartige Zustellung im System bewirken zu können, werden, wie mittlerweile in Erfahrung gebracht werden konnte, die Parteienvertreter intern als Zustellbevollmächtigt markiert. Offensichtlich hat die zuständige Sachbearbeiterin nach Versenden des Faxes versehentlich vergessen, die Zustellbevollmächtigung intern wieder zu löschen.

Auch mit Antwortschreiben vom gab RA ***RA*** keine Zustellungsbevollmächtigung bekannt.

Das Finanzamt Österreich hat sodann, da behördenintem RA ***RA*** noch als Zustellungsbevollmächtigte markiert war, den Grunderwerbsteuerbescheid vom an RA ***RA*** per Finanz-Online gesandt. Der Beschwerdeführer selbst erhielt den Grunderwerbsteuerbescheid niemals. Er erlangte auch sonst bis zuletzt keine Kenntnis hiervon.

4.) Mangels rechtsgültiger Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheids vom ist der darin festgesetzte Betrag zum nicht fällig geworden, weshalb auch kein Säumniszuschlag aufgrund Nichtzahlung der Granderwerbsteuer zusteht.

5.) Die Rechtsvertreterin des Einschreiters gab zu keinem Zeitpunkt eine Zustellbevollmächtigung für den Einschreiter bekannt. Sie durfte und konnte darauf vertrauen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid ausschließlich dem Beschwerdeführer, aber nicht ihr mittels Finanz-Online zugestellt wird. RA ***RA*** ist keine steuerliche Vertreterin und war noch nie zustellbevollmächtigt für einen Mandanten. Sie ist daher auch nicht verpflichtet, regelmäßig Finanzonline-Post abzuholen. Ihre eigenen steuerlichen Angelegenheiten überwacht der Steuerberater.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Genau dies ist hier der Fall.

Weder der Beschwerdeführer noch seine rechtliche Vertreterin konnten damit rechnen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid nicht dem Beschwerdeführer selbst, sondern der rechtlichen Vertreterin mittels Finanz-Online zugestellt werde. Da der Grunderwerbsteuerbescheid erst nach Ende der Zahlungspflicht von der rechtlichen Vertreterin geöffnet wurde, trifft weder dem Beschwerdeführer noch der rechtlichen Vertreterin ein grobes Verschulden an der Säumnis.

Abgabenerklärung vom
Schreiben des Finanzamts vom
Schreiben an das Finanzamt vom
weitere Beweismittel vorbehalten"

Bescheid gemäß § 295a BAO vom

Mit Bescheid vom wurde der Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom gemäß § 295a BAO von Amts wegen abgeändert und der Säumniszuschlag auf € 1.047,92 gemindert.

Abweisungsbescheid vom zum Antrag gemäß § 217 Abs 7 BAO

Mit Bescheid vom wies das FA den Antrag auf Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs 7 BAO ab. Die Begründung lautet wie folgt:

"Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als Ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Seitens des Finanzamtes wurde der Bescheid ordnungsgemäß an den Vertreter Frau ***RA*** (It. Zustellvollmacht im Kaufvertrag) über FinanzOnline in die Databox zugestellt und es wären die erforderlichen Dispositionen zu treffen gewesen, um die rechtzeitige Entrichtung sicherzustellen.

Die in Ihrer Eingabe vom vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO (mangelndes grobes Verschulden an der Säumnis) aufzuzeigen.

Missverständnisse bei der Abgabenentrichtung und damit verbundenen Säumnisfolgen, bedingt durch die von Ihnen dargelegten Gründe, können seitens des Finanzamtes nicht bereinigt werden.

Ein Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ().

Daher konnte Ihrem Antrag nicht stattgegeben werden.

Hinweis: Gegenständlicher Säumniszuschlag wurde aufgrund einer Überrechnung von der Dienststelle 03 mit Bescheid vom gem. 295a BAO auf € 1.047,92 gemindert."

Beschwerde gegen den SZ-Bescheid vom

Am brachte der Bf. eine Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom ein.

Darin teilte der Bf. ebenfalls einleitend mit, Frau Rechtsanwältin ***RA*** Vollmacht erteilt zu haben und ersuchte er, ausschließlich in dieser Angelegenheit Zustellungen nunmehr zu Händen seiner Rechtsvertretung vorzunehmen.

Die Begründung entspricht im Wesentlichen dem Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO.

Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Antrages nach § 207 Abs 7 BAO

Am brachte der Bf. gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag nach § 207 Abs. 7 BAO abgewiesen worden war, Beschwerde ein und führte darin ua. aus wie folgt:

"Die belangte Behörde beruft sich für die ihrer Ansicht nach ordnungsgemäße Zustellung auf eine im Kaufvertrag erteilten Zustellvollmacht. Tatsächlich erteilte der Beschwerdeführer Frau RA ***RA*** in Punkt XIII. 3.) des Kaufvertrags vom nachstehende Vollmacht:

"Die Vertragsteile bevollmächtigen Rechtsanwältin ***RA*** darüber hinaus zur Vertretung vor den Finanzbehörden (insbesondere Durchführung der Selbstberechnung, Gebührenanzeige beim Finanzamt, Empfangnahme von Bescheiden des Finanzamtes)."

Eine Vollmachtserteilung zur Empfangnahme von Bescheiden darf aber nicht mit einer Bekanntgabe einer Zustellbevollmächtigung (noch dazu für Finanz-Online) verwechselt werden.

Es liegt jedoch grundsätzlich bei der Partei, ob sie gegenüber der Behörde selbst einschreiten oder sich vertreten lassen will. Der entsprechende Willensentschluss, sich vertreten zu lassen, erlangt erst durch Erklärung gegenüber der Behörde Bedeutung. Diese Erklärung umgrenzt die Ausübung des Rechtes der Partei, sich vertreten zu lassen. Die Behörde ist daher nicht berechtigt, außerhalb der von der Partei geübten Disposition mit Wirksamkeit für die Partei gegenüber einem Machthaber der Partei Verfahrenshandlungen zu setzen. Welche Angelegenheiten zu der betreffenden Sache gehören, für die gegenüber der Behörde der Gewalthaber genannt wurde, ist der betreffenden Erklärung gegenüber der Behörde zu entnehmen, die unter Umständen der Auslegung bedarf ().

Nochmals: Weder der Beschwerdeführer noch RA ***RA*** haben haben im Zuge der Erstattung der Abgabenerklärung der belangten Behörde gegenüber eine Zustellbevollmächtigung bekannt gegeben.

Eine entsprechende Erklärung gegenüber der belangten Behörde ist niemals erfolgt.

Eine Übermittlung im Postweg ist unterblieben. Der Beschwerdeführer selbst erhielt den Grunderwerbsteuerbescheid niemals. Er erlangte auch sonst bis zuletzt keine Kenntnis hiervon.

Allein die Tatsache, dass im Kaufvertrag eine Vollmacht erteilt wird, ersetzt nicht die notwendige Bekanntgabe der Zustellbevollmächtigung, noch dazu einer Zustellung über Finanzonline. Denn eine Vollmacht ohne Auftrag ist zahnlos, und ohne Bekanntgabe (welche einen entsprechenden Auftrag bzw. Willen des Bevollmächtigten voraussetzt) der Willenserklärung entfaltet diese auch keine Wirkung.

Weder der Beschwerdeführer noch seine rechtliche Vertreterin konnten oder mussten daher damit rechnen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid nicht dem Beschwerdeführer selbst, sondern der rechtlichen Vertreterin mittels Finanz-Online zugestellt werde.

Auch mit Antwortschreiben vom gab RA ***RA*** keine Zustellungsbevollmächtigung bekannt.

Es dürfte offenbar behördenintern zu einem Versehen gekommen sein, welches sich wie folgt erklären lässt:

Mit Fax (!) vom wurde RA ***RA*** von der Finanzbehörde ersucht, die Höhe der Vertragserrichtungskosten bekanntzugeben. Derartige Vorhalte werden von der Finanzbehörde für gewöhnlich an die Parteienvertreter, nicht aber an die Parteien selbst zugestellt. Um eine derartige Zustellung im System bewirken zu können, werden, wie mittlerweile in Erfahrung gebracht werden konnte, die Parteienvertreter intern als Zustellbevollmächtigt markiert. Offensichtlich hat die zuständige Sachbearbeiterin nach Versenden des Faxes versehentlich vergessen, die Zustellbevollmächtigung intern wieder zu löschen.

Das Finanzamt Österreich hat sodann, wohl da behördenintern RA ***RA*** noch als Zustellungsbevollmächtigte markiert war, den Grunderwerbsteuerbescheid vom an RA ***RA*** per Finanz-Online gesandt.

Diese Information erhielt der für die Beschwerdeführervertreterin tätige Substitut RA ***RA2*** in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Finanzamtes am . Der betreffende männliche Mitarbeiter erklärte, dass er im Akt keine Zustellvollmacht ersehe. Wäre eine solche bekanntgegeben worden, so wäre dies im Akt ersichtlich, da es vermerkt werde. Er hielt auch mit dem Team Rücksprache und diese habe mitgeteilt, dass offensichtlich tatsächlich eine Fehlzustellung erfolgt sei.

Beweis zu 1.) und 2.)

Abgabenerklärung vom
Schreiben des Finanzamts vom
Schreiben an das Finanzamt vom
RA ***RA2***, ***1***"

BVE vom betreffend Festsetzung des 1. Säumniszuschlages

Die gegen den Säumniszuschlagsbescheid eingebrachte Beschwerde wurde vom FA mit BVE vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen.

"Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gern. § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten. Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass für die Rechtsanwältin ***RA*** keine Zustellungsbevollmächtigung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Vorgelegen habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass im Punkt XIII. "Treuhänderin/Vollmacht" des Kaufvertrages vom vertraglich vereinbart wurde, dass Frau RA Dr. ***RA*** zur Vertretung vor den Finanzbehörden bevollmächtigt wurde, insbesondere zur Durchführung der Selbstberechnung, zur Gebührenanzeige und zur Empfangnahme von Bescheiden des Finanzamtes. Dadurch wurde Frau RA Dr. ***RA*** von den Parteien die uneingeschränkte Vertretungsvollmacht inklusive der Zustellungsbevollmächtigung für alle Bescheide zu diesem Kaufvertrag eingeräumt. Durch die Anzeige des Geschäftsfalles beim Finanzamt und die Übermittlung des Kaufvertrages wurde dies auch der Behörde am bekanntgegeben. Daher war der Grunderwerbsteuerbescheid an die Parteienvertreterin RA Dr. ***RA*** zuzustellen. Es liegt somit kein Irrtum durch die Behörde vor, sondern war auf Grund der vertraglichen Bevollmächtigung an die Parteienvertreterin zuzustellen. Es bedarf dazu keiner nochmaligen expliziten Bekanntgabe der Zustellvollmacht durch die Parteienvertreterin gegenüber dem Finanzamt, da durch die Anzeige und die Übermittlung des Kaufvertrages dies schon bekannt gegeben wurde. Der Grunderwerbsteuerbescheid wurde der Parteienvertreterin ordnungsgemäß in FinanzOnline zugstellt. Es liegt in der Sphäre der FinanzOnline Teilnehmer dafür Sorge zu tragen, dass sie rechtzeitig Kenntnis von Zustellungen in der Databox erlangen, wie etwa durch Einrichtung einer E-Mail-Verständigung oder regelmäßigem Abrufen der Databox. Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (zB ; , 2009/17/0125; , 2009/17/0132; , 2009/17/0125; , 2011/17/0140 bis 0141; ). Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Abgabenschuldigkeit und zwar unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (), ob die Festsetzung rechtskräftig ist () oder ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten worden ist (,0146). (Ritz, BAO, § 217 Tz 4) Der Säumniszuschlag setzt eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, ein Verschulden für die Verwirkung des Säumniszuschlages ist nicht vorausgesetzt (). Der Abgabenzahlungsanspruch ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten (vgl. etwa ; Ritz, BAO, §4 Tz 3). Die mit Bescheid vom vorgeschriebene Grunderwerbsteuer war am fällig und wurde nicht rechtzeitig entrichtet. Auf Grund der zwingenden Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO erfolgte die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages im Ausmaß von 2% der nicht zeitgerecht entrichteten Grunderwerbsteuer somit zu Recht und Ihrer Beschwerde war der Erfolg zu versagen."

BVE vom zum Antrag nach § 207 BAO

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA auch die Beschwerde zum Antrag nach § 207 BAO als unbegründet ab. Die Begründung lautet wie folgt:

"Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Grobes Verschulden liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt und die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt.

Das (grobe) Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (vgl zu § 308 BAO zB ; , 2000/14/0006-0008).

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass für die Rechtsanwältin ***RA*** keine Zustellungsbevollmächtigung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorgelegen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass im Punkt XIII. "Treuhänderin/Vollmacht" des Kaufvertrages vom vertraglich vereinbart wurde, dass Frau RA Dr. ***RA*** zur Vertretung vor den Finanzbehörden bevollmächtigt wurde, insbesondere zur Durchführung der Selbstberechnung, zur Gebührenanzeige und zur Empfangnahme von Bescheiden des Finanzamtes.

Dadurch wurde Frau RA Dr. ***RA*** von den Parteien die uneingeschränkte Vertretungsvollmacht inklusive der Zustellungsbevollmächtigung für alle Bescheide zu diesem Kaufvertrag eingeräumt.

Durch die Anzeige des Geschäftsfalles beim Finanzamt und die Übermittlung des Kaufvertrages wurde dies auch der Behörde am bekanntgegeben.

Daher war auch der Grunderwerbsteuerbescheid der Parteienvertreterin RA Dr. ***RA*** zuzustellen.

Es liegt somit kein Irrtum durch die Abgabenbehörde vor, sondern war auf Grund der vertraglichen Bevollmächtigung durch die Parteien der Parteienvertreterin zuzustellen. Es bedarf dazu keiner nochmaligen expliziten Bekanntgabe der Zustellvollmacht durch die Parteienvertreterin gegenüber dem Finanzamt, da durch die Anzeige und die Übermittlung des Kaufvertrages dies schon bekannt gegeben wurde.

Der Grunderwerbsteuerbescheid wurde der Parteienvertreterin ordnungsgemäß am in ihre Databox zugestellt. Es liegt in der Sphäre der FinanzOnline Teilnehmer dafür Sorge zu tragen, dass sie rechtzeitig Kenntnis von Zustellungen in der Databox erlangen, wie etwa durch Einrichtung einer E-Mail-Verständigung oder regelmäßigem Abrufen der Databox.

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gem. § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 98 Tz 4; ; ). Dies gilt auch, wenn die Daten am Freitag nach Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreters einlangen (; , RV/7103033/2018)). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 98 Tz 4; zB ).

Seitens des Finanzamtes wurde der Bescheid ordnungsgemäß zugestellt und es wären seitens des Beschwerdeführers bzw. in diesem Fall von seiner Vertreterin die erforderlichen Dispositionen zu treffen gewesen, um die rechtzeitige Entrichtung der Grunderwerbsteuer sicherzustellen.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO (mangelndes grobes Verschulden an der Säumnis) aufzuzeigen.

Es wurde Unterlassen die notwendigen Dispositionen für die rechtzeitige Entrichtung zu veranlassen, was im gegenständlichen Fall eine verspätete Entrichtung der Grunderwerbsteuer zur Folge hatte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Vorlageantrag betreffend Fessetzung des Säumniszuschlages

Am beantragte der Bf. die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages dem Bundesfinanzgericht vorzulegen Ein weiteres Vorbringen wurde darin nicht erstattet.

Vorlageantrag Antrag nach § 207 BAO

Ebenfalls am beantragte der Bf. die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Abweisung eines Antrags auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Auch darin wurde kein weiteres Vorbringen erstattet.

Vorlagen ans BFG

Mit Vorlageberichten vom wurde die beiden Beschwerden vom FA dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Beweisaufnahme durch das BFG

Von der Berichterstatterin des BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Aktenteile und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters wurden noch eine Abfrage im Abgabeninformationssystem des Bundes (kurz AIS) durchgeführt. Daraus ergibt sich, dass zur StNr ***BF1StNr1*** des Bf. bei der Dienststelle für Sonderzuständigkeiten die Rechtsanwältin ***RA*** seit als Zustellbevollmächtigte eintragen ist.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Abgabenerklärung über FinanzONline

Am brachte die Rechtsanwältin ***RA*** über FinanzOnline eine Grunderwerbsteuererklärung für einen zwischen der ***3*** als Veräußerer und Herrn ***Bf1*** als Erwerber am abgeschlossenen Kaufvertrag beim Finanzamt Österreich (kurz FA) ein. Diese Abgabenerklärung, in der als Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld der genannt wird, wurde beim FA unter ErfNr ***2*** erfasst. Im Zuge der Einreichung der Abgabenerklärung über FinanzOnline gab die Rechtsanwältin dem FA keine Zustellvollmacht bekannt.

Anfrage des FA an die Rechtsanwältin vom

Mit Telefax vom ersuchte das FA die Rechtsanwältin um Bekanntgabe der Höhe der Vertragserrichtungskosten.

Übersendung des Kauf- und Bauträgervertrages ans FA am

Mit Telefax vom übermittelte die Rechtsanwältin unter Bezugnahme auf die zu ErfNr. ***2*** abgegebene Abgabenerklärung den Kauf- und Bauträgervertrag vom , gab dem FA zusätzlich den Archivium-Zugriffscode bekannt und ersuchte um Erledigung.

Eine dezidierte Bekanntgabe über das Vorliegen einer Vollmacht erfolgte durch dieses Schreiben nicht.

Inhalt des den FA übermittelten Kauf- und Bauträgervertrages

Der angeschlossene Kauf- und Bauträgervertrages vom enthält ua folgende Vertragsbestimmungen:

Punkt II.2. des Vertrages

"Die Vertragsparteien beauftragen Frau ***RA***, Rechtsanwältin … mit der grundbücherlichen Durchführung sowie mit der Abwicklung der Zahlungen gemäß den Bestimmungen des BTVG.

Punkt III.1, letzter Absatz

Die Kosten der Errichtung, Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages sowie die damit verbundenen Gebühren und Steuern, insbesondere Grunderwerbsteuer und die gerichtliche Eingabe- und Eintragungsgebühr, sowie die Beglaubigungskosten des Notars, sowie Kosten für Sonderwünsche und dafür erforderliche Vereinbarungen sind in diesem Fixpreis nicht enthalten und vom Käufer zusätzlich zu bezahlen.

Punkt III.11. ff.

11) Der Käufer hat ebenfalls binnen 4 (vier) Wochen ab Kaufvertragsunterfertigung den Betrag in Höhe der voraussichtlich erwachsenden Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr von EUR 70.242,00 … auf das Sammelanderkonto … der Vertragserrichterin und Treuhänderin einzubezahlen, dies zum Zwecke der Durchführung der Selbstberechnung und Direktzahlung an das Finanzamt. Der Käufer hält die Verkäuferin hinsichtlich der Grunderwerbsteuervollkommen schad- und klaglos.

12.) Die Treuhänderin und Vertragserrichterin wird - einseitig unwiderruflich - zur Durchführung der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer beauftragt und ermächtigt, diesen Auftrag zu substituieren. Die Tätigkeit der Treuhänderin endet mit der Auszahlung des Kaufpreises und Durchführung der Selbstberechnung.

13.) Die Kosten der Errichtung, Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages einschließlich Treuhandschaft sowie die damit verbundenen Gebühren und Steuern, insbesondere Grunderwerbsteuer und gerichtliche Eingabe- und Eintragungsgebühr, sowie die Beglaubigungskosten des Notars sind in diesem Fixpreis nicht enthalten und vom Käufer zusätzlich zu bezahlen."

Punkt XIII. mit der Überschrift Treuhänderin/Vollmacht lautet wie folgt
(Anmerkung: Hervorhebung durch das BFG):

"1) Die Vertragsteile erteilen Frau RA Dr. Susanne Pertt, … Vollmacht, in ihrem Namen erforderlich oder nützlich erscheinende Vertragsergänzungen oder -änderungen vorzunehmen, z.B. Einverleibungsbewilligungen im Namen aller Vertragsteile zu verfassen und selbst kontrahierend zu unterfertigen, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, welche der Vollmachtnehmerin zur Besorgung dieses Rechtsgeschäftes notwendig, förderlich oder nützlich erscheinen, insbesondere Gebühren- und Grundverkehrsverfahren abzuführen und Anträge an das Grundbuchsgericht zu stellen bzw. zurückzuziehen oder Rechtsmittel zu erheben; von der Vollmacht ausdrücklich nicht umfasst sind jedoch solche Änderungen und/oder Ergänzungen, welche eine Veränderung des eigentlichen Kaufgegenstandes oder Kaufpreises zum Inhalt haben. Die Vollmachtnehmerin ist ermächtigt, bei Behörden im Namen der Vertragsteile Anträge zu stellen, Entscheidungen in Empfang zu nehmen, Rechtsmittel zu erheben oder zurückzuziehen, soweit diese Aktionen zur Vervollständigung dieses Rechtsgeschäftes dienlich erscheinen.

2) Der Käufer erteilt Frau RA ***RA*** Einzelvollmacht, Urkunden und Nachträge zum Wohnungseigentumsvertrag sowie Einreich-. Auswechslungs- und Bestandspläne, Bauanzeigen etc. zu unterfertigen, die im Zusammenhang mit dem Vertragsobjekt stehen. Auch wird die Vollmachtnehmerin ermächtigt, Urkunden über die Verschiebung der Miteigentumsanteile etc. zu unterfertigen. Es gilt als wohlverstanden, dass die Vollmachtnehmerin keine objektiven Verschlechterungen für den Käufer herbeiführen darf.

3) Die Vertragsteile bevollmächtigen Rechtsanwältin ***RA*** darüber hinaus zur Vertretung vor den Finanzbehörden (insbesondere Durchführung der Selbstberechnung, Gebührenanzeige beim Finanzamt, Empfangnahme von Bescheiden des Finanzamtes).

Diese Vollmacht und dieser Auftrag sind von Seiten der Vollmachtgeber unwiderruflich. Sie erlöschen auch nicht mit dem Tod der Vollmachtgeber. Käufer und Verkäuferin verrichten ausdrücklich darauf, im Tätigkeitsbereich der Treuhänderin Handlungen zu setzen, die denen der Treuhänderin widersprechen oder zuwiderlaufen.

XIV. Kosten/Gebtihren/Abgaben

Die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages entstehenden Kosten, Gebühren und Abgaben jedweder Art - ausgenommen eine abfällige Immobilienertragsteuer, die vorliegend aber nicht zum Tragen kommt-trägt der Käufer zur Gänze. Er hält die Verkäuferin diesbezüglich schad- und klaglos.

Der Käufer hält die Verkäuferin hinsichtlich einer allfülligen Nachforderung von Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr (insbesondere im Zusammenhang mit Zusatz-/Sonderwünschen) vollkommen schad- und klaglos.

Die mit einer etwaigen eigenen rechtsfreundlichen Beratung und Vertretung verbundenen Kosten trägt der Käufer alleine.

XVI. Sonstiges

6) … Weiters erklären die Vertragsteile ausdrücklich, die Vertragserrichterin nicht mit der Prüfung von steuerrechtlichen Fragen mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer beauftragt zu haben und verzichten diesbezüglich auf anfällige Haftungsansprüche gegenüber der Vertragserrichterin."

Beantwortung durch die Rechtsanwältin vom

Mit Telefax vom beantwortete die Rechtsanwältin die Anfrage des FA vom dahingehend, dass in diesem konkreten Fall keine Vertragserrichtungskosten, sondern lediglich die Barauslagen verrechnet worden seine. Insofern sei Vertragspunkt III., soweit es eine Honorierung ihrer Leistungen betrifft, obsolet.

Eine dezidierte Mitteilung an das FA über das Vorliegen einer Vollmacht enthält dieses Telefax nicht.

Teilnahme der Rechtsanwältin bei FinanzOnline

Die Rechtsanwältin ist Teilnehmerin des Verfahrens FinanzOnline. Über dieses System werden von der Rechtsanwältin als Parteienvertreterin im Auftrag ihrer Mandanten Selbstberechnungen der Grunderwerbsteuer durchgeführt sowie Grunderwerbsteuererklärungen beim FA eingereicht.

Die Rechtsanwältin überprüft ihre Databox nicht regelmäßig und hat sie keine Emailverständigung bei Einlangen von Dokumenten in der Databox eingerichtet.

Der für den Bf. bestimmte, zu Handen der Rechtsanwältin als Empfängerin adressierte Grunderwerbsteuerbescheid vom wurde in der Databox der Rechtsanwältin am zur Abholung zur Verfügung gestellt. Bis zum Ende der Zahlungsfrist am wurde das Dokument von der Rechtsanwältin nicht geöffnet. Erst am wurde der Grunderwerbsteuerbescheid erstmal von ihr auf Finanz-Online abgerufen.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des Bf in seinen Schriftsätzen und stehen im Einklang mit den vom BFG eingesehenen Unterlagen (elektronisch vom FA vorgelegte Aktenteile sowie Abfrage im AIS).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Anzeigeverpflichtung - Selbstberechnungsbefugnis bei grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgängen

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld grundsätzlich, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Nach § 10 Abs. 1 GrEStG sind der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerbsvorgänge bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Monats, in dem die Steuerschuld entstanden ist, mit einer Abgabenerklärung beim Finanzamt anzuzeigen.

Nach § 11 Abs. 1 GrEStG sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung erfolgt.

Das Grunderwerbsteuergesetz sieht nur für den Fall, dass von der Befugnis zur Selbstberechnung Gebrauch gemacht wird, in § 13 Abs. 1 GrEStG eine besondere Regelung für die Fälligkeit der Abgabe vor. Im Fall der Anzeige des Erwerbsvorganges mittels Abgabenerklärung wird hingen die Grunderwerbsteuer nach der Regel des § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch idR den Zeitpunkt der Fälligkeit zu enthalten. Der im Bescheid angegebenen Fälligkeitstag ist auch dann maßgebend, wenn er von dem Tag abweicht, der sich aus § 210 Abs. 1 BAO ergeben würde (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, Rz 2 zu § 210 BAO).

Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Grunderwerbsteuerschuld mit Abschluss des Kauf- und Bauträgervertrages am entstanden ist (dieses Datum wird auch in der Abgabenerklärung als Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld genannt) und wäre somit der Erwerbsvorgang bis zum beim FA anzuzeigen gewesen bzw hat bis zum die Befugnis bestanden, eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer durchzuführen.

Für den gegenständlichen Erwerbsvorgang wurde bis zum von der Möglichkeit der Selbstberechnung nicht Gebrauch gemacht, sondern wurde der Vertrag beim FA - verspätet - angezeigt und ist die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer daher nach § 210 Abs. 1 BAO ein Monat ab Wirksamwerden des Grunderwerbsteuerbescheides eingetreten.

Vorliegen einer Zustellvollmacht

Gemäß 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

Hat eine Partei mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung gemäß § 9 Abs. 4 2. Satz ZustG als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich gemäß § 83 Abs 2 BAO nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 83 Abs 2 von Amts wegen zu veranlassen.

§ 103 BAO bestimmt Folgendes:

"(1) Ungeachtet einer Zustellungsbevollmächtigung sind Vorladungen (§ 91) dem Vorgeladenen zuzustellen. Im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen können aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden.

(2) Eine Zustellungsbevollmächtigung ist Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten gegenüber unwirksam, wenn sie

a) ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen, oder

b) ausdrücklich auf nur einige jener Abgaben eingeschränkt ist, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird.

(3) Ungeachtet einer Zustellungsbevollmächtigung sind Vorabinformationen betreffend die Entrichtung von Abgaben im Wege der Einziehung (§ 211 Abs. 1 Z 2) dem Vollmachtgeber zuzustellen."

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat, bestehen für bestimmte Berufsgruppen wie zB Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder.

8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung lautet:

"Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis."

Ausreichend ist auf einer Eingabe etwa der Vermerk "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen". Die Worte "Namens und auftrags meiner Mandantschaft" genügen (Ritz, BAO6, § 83 Tz 10 mit Hinweis auf ).

Eine allgemeine Vollmacht umfasst nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Zustellungsbevollmächtigung (Ritz/Koran, a.a.O., § 9 ZustellG, Tz 20 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Dies gilt auch dann, wenn sich ein Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (Ritz/Koran, a.a.O., § 9 ZustellG, Tz 21 mit Hinweis auf ).

Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden. Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (vgl. ua. mwN).

Die gesetzliche Bevollmächtigung von Notaren und Rechtsanwälten gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG betrifft nur die Vornahme der Selbstberechnung an sich, umfasst aber nicht eine Vertretungsmacht im Verfahren betreffend die Erlassung eines Grunderwerbsteuerbescheides (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall hat sich die Rechtsanwältin vor der Bescheiderlassung nicht in Anwendung der Bestimmung des 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung auf die an sie erteilte Vollmacht berufen.

Allerdings hat sie dem FA den Kauf- und Bauträgervertrag übersandt, in dem unter Punkt III. eine Vollmachtserteilung an die Rechtsanwältin gerade für die Vertretung vor den Finanzbehörden beurkundet ist. Nach dem Inhalt der schriftlichen Vollmacht umfasst die Vollmacht nicht nur die Durchführung der Selbstberechnung und die Einreichung der Grunderwerbsteuererklärung, sondern wird auch die Empfangnahme von Bescheiden des Finanzamtes dort dezidiert genannt.

In dem das FA im Zuge der Bearbeitung den gesamten Inhalt des Kauf- und Bauträgervertrages durchgelesen hat, hat es davon Kenntnis erlangt, dass der Bf. eine - schriftliche - Vollmacht an die Rechtsanwältin erteilt hat. Es kann für das gegenständliche Verfahren dahin gestellt bleiben, ob das FA verpflichtet war, den Vertrag dahingehend zu untersuchen, ob in einem Vertragspunkt auch eine das Grunderwerbsteuerverfahren relevante Vollmacht enthalten ist. Tatsache ist, dass das FA vom Vorliegen der Vollmacht Kenntnis erlangt hat. Die insofern schriftliche Vollmacht enthält ihrem Inhalt nach keine Einschränkung iSd § 103 Abs. 2 BAO auf nur einzelne Erledigungen des Grunderwerbsteuerverfahrens und wird der Umfang der Vertretungsbefugnis der Bevollmächtigten so umschrieben, dass das FA zu Recht keine Veranlassung für die Durchführung einer Mängelbehebung unter sinngemäßer der Bestimmung des § 83 Abs 2 BAO sah, sondern vom Vorliegen einer Vollmacht für das Grunderwerbsteuerverfahren inklusive Zustellvollmacht ausging und daher die Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides zu Handen der Rechtsanwältin vornahm.

Im weiteren Verfahren wurde im Übrigen auch gar nicht bestritten, dass die Rechtsanwältin stet über eine Zustellvollmacht für das Grunderwerbsteuerverfahren verfügte, sondern wurde nur die fehlende Mitteilung ans FA angesprochen.

Bemerkt wird, dass die Vermutung, dass die Rechtsanwältin im AIS nur wegen der am erfolgten Anfrage über die Höhe der Vertragserrichtungskosten als Zustellungsbevollmächtigte gesetzt worden sei, im gegenständlichen Fall nicht zutrifft (das diese Vorgehensweise bei einem Telefongespräch von einem Mitarbeiter des FA angesprochen wurde, wird nicht in Frage gestellt und erübrigt sich daher die Befragung von Herrn RA ***RA2*** als Zeugen), weil die Zustellvollmacht für die Rechtsanwältin ***RA*** erst am - und damit nach Erhalt der Kauf- und Bauträgervertrages - im AIS zur StNr ***BF1StNr1*** des Bf. eintragen wurde.

Entscheidend ist, dass die Rechtsanwältin tatsächlich über eine für das Grunderwerbsteuerverfahren relevante Zustellvollmacht des Bf. verfügte und ist der Grunderwerbsteuerbescheid vom entsprechend der Bestimmung des § 9 Abs. 4 2. Satz ZustG mit der Zustellung an die Rechtsanwältin wirksam geworden.

Zeitpunkt der Zustellung bei Zustellung über FinanzOnline

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt
a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

§ 97 Abs. 3 BAO bestimmt wie folgt:

"An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, daß sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß."

§ 98 BAO lautet:

"(1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).

(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

Die FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 122/2020 (kurz FOnV 2006) lautet auszugsweise wie folgt (Hervorhebung durch das BFG):

§ 1 Abs. 1 FOnV 2006.

(1) Diese Verordnung regelt automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO), elektronische Akteneinsicht (§ 90a BAO) und Entrichtung von Abgaben im Wege der Überweisung (§ 211 Abs. 3 BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

§ 2 FOnV 2006

"(1) Teilnahmeberechtigt sind Abgabepflichtige und, wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen (§ 191 Abs. 1 und 2 BAO).

(2) Als Parteienvertreter teilnahmeberechtigt sind:

4. die in die Liste der Rechtsanwälte und in die Liste der Rechtsanwalts-Gesellschaften eingetragenen Rechtsanwaltschaften, die in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragenen europäischen Rechtsanwälte (§§ 9 ff des Europäischen Rechtsanwaltsgesetzes - EIRAG, BGBl. I Nr. 27/2000) sowie dienstleistende europäische Rechtsanwälte (§§ 2 ff EIRAG). Die Rechtsanwaltskammern haben dem Bundesminister für Finanzen Änderungen bei den für die Teilnahme erforderlichen Daten (insbesondere jedes Erlöschen im Sinn des § 34 Abs. 1 der Rechtsanwaltsordnung - RAO, RGBl. Nr. 96/1868) tunlichst innerhalb einer Woche ab der Änderung zu übermitteln.

…"

§ 5b FOnV 2006

"(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.

(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.

(3a) Ein in FinanzOnline abgegebener Verzicht auf die elektronische Zustellung verliert für Teilnehmer, die gemäß Abs. 3 erster Satz zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, seine Wirksamkeit.

(4) Vor dem erteilte Zustimmungen zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 bleiben bis zu einem allfälligen Verzicht nach Abs. 3 zweiter Satz wirksam, wobei Abs. 3 dritter Satz nicht anzuwenden ist.

(5) Wurde vor dem keine Zustimmung zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 erteilt, darf eine elektronische Zustellung an die in Abs. 3 zweiter Satz genannten Teilnehmer nicht vor dem in Abs. 3 dritter Satz genannten Zeitpunkt erfolgen.

(6) Abweichend von Abs. 1 kann die Abgabenbehörde von der elektronischen Form der Zustellung an einen Teilnehmer, dessen Verzicht auf die elektronische Zustellung seine Wirksamkeit gemäß Abs. 3a verloren hat, so lange absehen, bis der Teilnehmer vom Wirksamwerden der Verpflichtung zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung unmittelbar nach einem erfolgreichen Login in das Portal FinanzOnline in Kenntnis gesetzt wurde."

Der Zeitpunkt, an dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 98 Anm. 8). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an (vgl. ua ).

Diese Auslegung ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes () aus den Erläuternden Bemerkungen des Nationalrates zu § 98 Abs. 2 BAO (270 BlgNR 23.GP 13).

Es ist notorisch, dass die elektronische Zustellung mit FinanzOnline durch Einbringen in die DataBox üblicherweise binnen einer Stunde ab der auf der letzten Seite des Bescheides ersichtlichen elektronischen Amtssignatur erfolgt (vgl. ).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es für die Zustellung nicht an (vgl , , , bzw. Ritz/Koran, BAO7 § 98 Tz 4).

Im gegenständlichen Fall weist die Amtssignatur folgendes Datum und folgende Zeit aus:

"2021-11-15T22:03:22+01:00".

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid noch am in die Databox der Rechtsanwältin elektronisch zugestellt wurde, der Grunderwerbsteuerbescheid damit für den Bf. wirksam wurde und somit der Betrag iHv € 53.445,00 wie im Bescheid angeführt am fällig wurde.

Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.

§ 217 Abs 1 BAO stellt nicht eine Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus einer verspäteten Abgabenentrichtung dar. Die Regelung bezweckt vielmehr die im Interesse einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung unabdingbare Sicherstellung der pünktlichen Tilgung von Abgabenschulden (vgl. ua. ).

Die Säumniszuschlagsverpflichtung hat Formalschuldcharakter. Für das Entstehen der Säumniszuschlagspflicht ist allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Es wird eine formelle Abgabenzahlungsschuld vorausgesetzt und es ist weder die Rechtskraft des Stammabgabenbescheides noch die sachliche Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenfestsetzung nötig.

Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl ua. )

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom enthält im Spruch als Angabe über die Fälligkeit den , weshalb die Grunderwerbsteuer iHv € 53.445,00 bis zu diesem Tag zu entrichten gewesen wäre. Bis zu diesem Tag ist nur hinsichtlich eines Teilbetrages iHv € 1.049,00 eine Entrichtung durch Überrechnung vom Steuerkonto des Bf. erfolgt, weshalb hinsichtlich des Restbetrages iHv € 52.3960,00 eine Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages im Ausmaß von 2%, das sind € 1.047,92, besteht. Auf diesen Betrag wurde vom FA der Säumniszuschlag gemäß §295a BAO mit dem Bescheid vom herabgesetzt.

Die Festsetzung des ersten Säumniszuschlages - in der gemäß § 295a BAO abgeänderten Form - ist daher zu Recht erfolgt und ist die Beschwerde gegen den Bescheid vom als unbegründet abzuweisen.

Antrag auf Herabsetzung gemäß § 217 Abs 7 BAO

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ua. ).

Ein Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Das gilt nicht nur für Parteienvertreter selbst, sondern auch für Organe juristischer Personen, die zur Vertretung der Gesellschaft berufen sind (vgl. ).

Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand. Ein der­artiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl ua ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung, ob den Abgabepflichtigen an der Säumnis grobes Verschulden trifft, auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden fehlt demnach, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche, und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Büroorganisation dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation zu entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind (vgl. ).

Nach der Judikatur des BFG liegt kein minderes Verschulden vor, wenn die Databox nicht kontrolliert wird (; ).

Die Rechtsanwältin ist Teilnehmerin des Verfahrens FinanzOnline und führt sie über FinanzOnline Selbstberechnungen der Grunderwerbsteuer durch bzw zeigt sie über dieses System Grunderwerbsteuererklärungen beim FA an.

Der Hinweis der Rechtsanwältin, dass sie sich in ihren eigenen Angelegenheiten von einem Steuerberater vertreten lässt, ist für das gegenständliche Verfahren ohne Relevanz, da für elektronische Zustelllungen eine Differenzierung dahingehend besteht, ob es sich um Zustellungen in eigenen Angelegenheiten oder um Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter handelt (siehe dazu die Bestimmung des § 5b Abs. 3 FOnV).

Es wäre der Rechtsanwältin möglich und zumutbar gewesen, entsprechende Dispositionen zwecks Feststellung von Zustellungen in der Databox zu treffen, wie etwa die Einrichtung einer E-Mail-Verständigung in FinanzOnline oder die regelmäßige Prüfung der Databox auf Eingänge. Nach den eigenen Angaben des Bf. wurde der Grunderwerbsteuerbescheid vom von der Rechtsanwältin erst am - das heißt rund 2 Monate nach der Zustellung in die Databox - erstmals abgerufen und wird dadurch deutlich, dass keine regelmäßige Überprüfung der Databox durch die Rechtsanwältin erfolgt ist.

Da das Verschulden der Parteienvertreterin dem Verschulden des Abgabepflichtigne gleichzuhalten ist, liegen hier die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht vor.

Der Antrag vom wurde daher vom FA mit dem Bescheid vom zu Recht abgewiesen und erweist sich daher die dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision war als unzulässig zu erklären, da keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die bestehende und in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Die Frage, ob im Einzelfall ein Verschulden an der Säumnis vorliegt,

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102017.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at