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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2022, RV/1300006/2018

Keine Bestrafung des belangten Verbandes, da Mitarbeiter von Subunternehmen nicht als Mitarbeiter des auftragerteilenden belangten Verbandes zu sehen sind

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1300006/2018-RS1
Unter dem Aspekt der Verbandsverantwortlichkeit ist nicht von Bedeutung, welche (individuell bestimmte) natürliche Person, sondern dass ein Entscheidungsträger (§ 3 Abs 2 VbVG) oder Mitarbeiter (§ 3 Abs 3 VbVG) des belangten Verbandes die Anknüpfungstat (§ 3 Abs 1 VbVG) begangen hat (). Schon in den Erläuterungen zum ME war angemerkt, dass die Vergabe eines Auftrages an ein anderes Unternehmen (z.B. an Subunternehmer) nicht umfasst ist (Zeder, VbVG, Seite 55).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Feldkirch 3 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen die ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, Am Heumarkt 7, 1030 Wien, wegen des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 28a Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) durch Mitarbeiter des belangten Verbandes im Sinne des § 2 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) über die Beschwerden des Beschuldigten vom und des Amtsbeauftragten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim damaligen Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde als Organ des damaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 900***, in der Sitzung am in Anwesenheit der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde der ***Bf1*** wird stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates I beim damaligen Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 900, aufgehoben und das nunmehr beim Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde geführte Finanzstrafverfahren gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG eingestellt.

Die Beschwerde des Amtsbeauftragten wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim damaligen Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde als Organ des damaligen Zollamtes Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: 92, Strafnummer 900***, wurde die ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Schweiz, im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen, als belangter Verband schuldig erkannt, dafür verantwortlich zu sein, dass unter Verletzung von ihn treffenden Verpflichtungen durch seine Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 2 VbVG die Warensendung T1 MRN 17CH00000191081126 (Speditionsauftrag Nr. 00006285751 vom ), auf welcher Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt EUR 38.089,99 lasteten, durch Unterlassen der Gestellung an einer Bestimmungszollstelle und ohne Anmeldung zu einem weiterführenden Zollverfahren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sei.

Der beschuldigte Verband habe somit den Tatbestand des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 28a Abs. 2 Finanzstrafgesetz (FinStrG) verwirklicht, wobei die Tatbestandsverwirklichung durch Verletzung der seine Entscheidungsträger treffenden Sorgfaltspflichten ermöglicht oder wesentlich erleichtert worden sei und somit seine Verantwortlichkeit gem. § 3 Abs. 3 VbVG iVm § 28a FinStrG gegeben sei. Der Tatbestand sei dadurch verwirklicht worden, dass wesentliche technische, organisatorische und personelle Maßnahmen zur Verhinderung einer derartigen Tat unterlassen worden seien.

Die auf den Waren lastenden Eingangsabgaben (Nachforderungen), zugleich strafbestimmender Wertbetrag, habe insgesamt EUR 38.089,99 betragen.

Über den Verband werde gem. § 36 Abs. 3 FinStrG eine Verbandsgeldbuße von EUR 3.800,00 verhängt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei der Verband weiters schuldig, die Kosten des Finanzstrafverfahrens in Höhe von EUR 380,00 zu bezahlen.

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Am wurde die gegenständliche Warensendung, bestehend aus Traktoren, andere Mähmaschinen, Teile zu Maschinen, Apparaten und Geräten im Wert von EUR 189.622,00, für die in der Schweiz ein Versandschein T1 MRN 17CH00000191081126 (Speditionsauftrag Nr. 00006285751 vom ) ausgestellt wurde und auf welchen Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt EUR 38.089,99 lasteten, ohne Gestellung bei der Bestimmungszollstelle bzw. ohne weitere Überführung der Waren in ein Zollverfahren in das Wirtschaftsgebiet der Union verbracht. Als Hauptverpflichteter (Inhaber des Verfahrens gem. Art. 233 UZK) im Unionsversand-Verfahren war der beschuldigte Verband und als Bestimmungszollstelle das Zollamt Feldkirch Wolfurt genannt. Die Gestellungsfrist für diese Sendung von ***E***. AG (Schweiz) an die ***F*** GmbH (Österreich) endete am .

Da die Gestellungsformalitäten gem. Art. 139 UZK nicht eingehalten wurden, entstand die Zollschuld gem. Art. 79 UZK, da der Inhaber des Unionsversandverfahrens es verabsäumt hatte, die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu gestellen. Diese Pflichten treffen auch [arg. aus Art. 233 Abs. 3 UZK "ist ebenfalls verpflichtet"] den Beförderer und den Empfänger der Waren. Mit dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Union unterliegen Waren der zollamtlichen Überwachung, die nach der Zustimmung durch den Zoll mit dem Wechsel des zollrechtlichen Status endet. Wird der Zollbehörde - wenn auch nur vorübergehend - die Möglichkeit genommen auf die Waren zuzugreifen, liegt eine Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung vor. Die Zollschuld entsteht in der Folge wenn eine der in den Zollvorschriften genannten Verpflichtung betreffend Nicht-Unionswaren verletzt wird. Dadurch, dass die Ware ohne Beendigung des Zollverfahrens nach Ende der Gestellungsfrist so verwendet wurde, als befände sie sich im zollrechtlich freien Verkehr, galt sie als der zollamtlichen Überwachung entzogen, was die Entstehung der Zollschuld gem. Art. 79 Abs. 1 lit. a UZK bewirkte.

Durch die Einbringung eines Erstattungsantrages auf Grund fehlenden Vorsatzes (Täuschungsabsicht) wurden die Eingangsabgaben von EUR 60.972,30 auf EUR 38.089,99 reduziert.

Als Zollschuldner kommen allgemein gemäß Art. 79 Abs. 3 UZK der Inhaber des Verfahrens, der Vertreter des Verfahrensinhabers, der an der Nichterfüllung der Verpflichtung Beteiligte sowie derjenige, der die Waren erworben oder im Besitz hatte, in Frage.

Aus dem Internationalen Frachtbrief ist ersichtlich, dass als Frachtführer die ***A-GmbH*** in ***Adresse1*** (Schweiz) angegeben wurde und dass die "Verzollung bei ***H*** in Wolfurt vor Zustellung" zu erfolgen habe. Weiters findet sich auf dem Frachtbrief noch ein Stempel der ***D*** aus Slowenien.

Aus dem Ermittlungsakt des Zollamts Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde ist zu entnehmen, dass die ***A-GmbH*** diesen Auftrag an die B-GmbH unter Angabe der Daten wie im selbst erhaltenen Auftrag weiter gab. Der Fahrer der ***D*** in Slowenien, ***C*** habe auf dem Versandschein bei der Ausfuhr aus der Schweiz und bei der Einfuhr nach Österreich einen Stempel erhalten. Einer Selbstanzeige des Geschäftsführers der B-GmbH, die am beim Zollamt per E-Mail eintraf, ist zu entnehmen, dass der Fahrer nicht gewusst habe, dass er, nachdem er das Transitpapier abstempeln ließ, auch noch eine Zollabfertigung machen hätte lassen sollen. Der Fahrer ist am nach einem Herzinfarkt gestorben.

Dem Antrag auf Erstattung der Eingangsabgaben ist zu entnehmen, dass Mitarbeitern des beschuldigten Verbandes am letzten Tag der Gestellungsfrist aufgefallen ist, dass das Unionsversandverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Anstatt sich als Hauptverpflichteter direkt an die zuständige Zollbehörde zu wenden oder eine vorsorgliche Selbstanzeige ins Auge zu fassen, wurden die (Sub-)Frächter kontaktiert, bis man schließlich - weit nach Ende der Gestellungsfrist - zum Ergebnis kam, dass es der Fahrer der Sendung verabsäumte, die Waren bei der Bestimmungszollstelle zu gestellen und anschließend in den zollamtlich freien Verkehr zu überführen.

Aus der Stellungnahme vom ist zu erfahren, dass der Auftragnehmer (***A-GmbH***) von Mitarbeitern des beschuldigten Verbandes für den Schaden haftbar gemacht wurde und aufgefordert wurde mit einer Selbstanzeige die Nachforderung der Eingangsabgaben in die Wege zu leiten.

Wenn der beschuldigte Verband für sich ins Treffen führt, dass ihm die Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung nicht angelastet werden könne, da dem Frachtführer ***A-GmbH*** bekannt gegeben worden sei, dass er Zollgut transportiere und er dieses an der Bestimmungszollstelle zu gestellen habe und somit alle dem Verband obliegenden Sorgfaltspflichten erfüllt seien, vermag dies nicht zu überzeugen. Der Senat geht davon aus, dass der beschuldigte Verband nicht gegen seinen Willen im Versandschein T1 als Hauptverpflichteter und somit als Inhaber des Verfahrens angeführt ist. Der Hauptverpflichtete hat jederzeit Zugang zu den Daten und ist in der Lage abzufragen, ob ein Versandschein erledigt ist oder nicht. Weiters ist nicht nachvollziehbar, warum am letzten Tag der Frist für die Gestellung der Waren die Zollschuld nach Art. 79 UZK bereits entstanden sein soll. Die Gestellung ist auch am letzten Tag der Frist noch zeitgerecht. Es hätten zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Möglichkeiten bestanden, das Verfahren ordnungsgemäß zu beenden. So z.B. eine Kontaktaufnahme mit einem österreichischen Zollamt, dem die Situation erklärt wird. Ebenso die Vorführung der Ware am letzten Tag der Frist an einer Zolldienststelle in der Nähe des Empfängers, was auch der Empfänger (für alle Beteiligten) in die Wege leiten hätte können. Auch eine Verlängerung der Gestellungsfrist durch die Zollbehörde auf Antrag wäre denkbar gewesen.

Beim beschuldigten Verband handelt es sich um ein renommiertes 1930 als Transportunternehmen gegründetes Dienstleistungsunternehmen im Zollbereich. Von einem derartigen global tätigen Unternehmen, das sich laut Homepage zu den weltweit führenden Logistikern zählt, muss erwartet werden können, dass Zollverfahren eingehalten werden und dass erforderlichenfalls mit zu Gebote stehenden Maßnahmen zur Abhaltung drohender Konsequenzen vorgegangen wird. Vor dem Spruchsenat und aus den Ausführungen im Strafakt war nicht erkennbar, dass beim beschuldigten Verband ein Ablaufszenario definiert ist, das dazu geeignet ist, Fehler im Zusammenhang mit der Einhaltung vom Verpflichtungen im Versandverfahren zu verhindern oder auf Fehler so zu reagieren, dass finanzstrafrechtliche Konsequenzen vermieden werden.

Alleine sich auf die Weitergabe eigener Verpflichtungen an andere mit dem Zollrecht vertraute Personen zu berufen und dadurch die eigene Verantwortung auszuschließen, funktioniert im Zollrecht nicht, ist der Inhaber des Verfahrens doch jene Person, die auf Grund ihrer Stellung im Verfahren und auf Grund der übernommenen Gewähr für die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Verfahren immer haftbar bleibt. Auch wenn die Delegation der Pflichten auch auf andere Beteiligte rechtens ist, kann eine Weitergabe nicht mit einem Verlust der eigenen Position als Inhaber des Verfahrens gleichgesetzt werden.

Aus dem oben Angeführten ergibt sich somit, dass mit der Übergabe der Waren an den Empfänger ohne Abschluss des Versandverfahrens und ohne Beendigung eines daran anschließenden Zollverfahrens durch Erfüllungsgehilfen des Verfahrensinhabers bis zum Ende der Gestellungsfrist zollrechtliche Verpflichtungen nicht eingehalten wurden, woraus das gegenständliche Finanzstrafverfahren resultiert.

Insbesondere aus der Tatsache, dass die Mitarbeiter des beschuldigten Verbandes sich nicht dazu verstanden alles Notwendige zu unternehmen um eine Zollschuldentstehung nach Art. 79 UZK zu verhindern und sehenden Auges die Gestellungsfrist verstreichen ließen, ergibt sich die grobe Fahrlässigkeit bei der Verzollungsumgehung. Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen, wobei es insbesondere auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt (siehe und , 2001/20/0425). Da das Speditionsunternehmen mit sämtlichen Formalitäten und Zollverfahren vertraut zu sein hat, wird dem beschuldigten Verband in diesem Fehlverhalten auffallende Sorglosigkeit vorgeworfen und sein Handeln war nach den finanzstrafrechtlichen Grundsätzen als grob fahrlässig zu werten.

Der Maßstab eines allgemeinen Vertrauensgrundsatzes gegenüber beauftragten Unternehmern hat dort ihre Grenze, wo der Verfahrensinhaber erkennt, dass eine Verletzung von Verpflichtungen droht und trotzdem nicht entsprechend einschreitet. Die Überwachung von Fristen gehört zu den zentralen Aufgaben eines im Bereich des Zollwesens agierenden Wirtschaftsbeteiligten, der es gegen Entgelt übernommen hat, für seine Kunden diese Dienstleistung anzubieten.

Bei der Bemessung der Verbandsgeldbuße waren als strafmildernd die abgabenrechtliche Schadensgutmachung sowie die Tatsache, dass die Einfuhrumsatzsteuer nur vorübergehend verkürzt wurde, zu berücksichtigen. Erschwernisgründe lagen in Form einer finanzstrafrechtlichen Vormerkung vor. Betreffend der Geldbuße ist anzumerken, dass nach Ansicht des Spruchsenats I des Zollamts Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde die festgesetzte Geldbuße i.H.v. EUR 3.800,- (entspricht ca. 10 % der Höchststrafe - Maximal das Einfache der Eingangsabgaben = EUR 38.089,99 - und gleichzeitig der Mindeststrafe gem. § 23 Abs. 4 FinStrG) aus general- und spezialpräventiven Erwägungen als tat-, schuld- und täterangemessen angesehen wird. Bei der Bemessung der Geldbuße wurde auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht genommen, soweit diese der Behörde mitgeteilt worden ist. Der Kostenausspruch basiert auf der gesetzlichen Grundlage des § 185 FinStrG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten vom wird beantragt, das Erkenntnis ersatzlos aufzuheben. Die Beschwerde richtet sich sowohl gegen das schuldig sprechende Erkenntnis, § 36 Abs 1 iVm § 28a Abs 2 FinStrG verwirklicht zu haben, als auch gegen die Verhängung einer Verbandsgeldbuße iHv EUR 3.800,00 sowie Kostenersatz IHv EUR 380,00,

"A Begründung

Das Erkenntnis ist sowohl mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit als auch mit Rechtswidrigkeit wegen Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften belastet und damit aufzuheben.

Da von Mitarbeitern der ***Bf1*** das Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs 1 FinStrG nicht tatbestandsmäßig und rechtswidrig verwirklicht worden ist, kann die ***Bf1*** auch nicht dafür verantwortlich sein, dass unter Verletzung von sie treffenden Verpflichtungen durch seine Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs 2 VbVG die Warensendung T1 MRN 17CH00000191081126 durch Unterlassen der Gestellung an einer Bestimmungszollstelle und ohne Anmeldung zu einem weiterführenden Zollverfahren der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sei und somit den Tatbestand des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs 1 IVm § 28a Abs 2 FinStrG verwirklicht habe.

Dar Verzollungsumgehung nach § 36 Abs 1 FinStrG macht sich schuldig, wer grob fahrlässig eingangsabgabepflichtige Waren der zollamtlichen Überwachung entzieht. Gegenständlich ist es schon zu keiner, Mitarbeitern der ***Bf1*** anzulastenden Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung gekommen. Damit ist schon der objektive Tatbestand des § 36 Abs 1 FinStrG nicht erfüllt. Keinesfalls haben aber Mitarbeiter der ***Bf1*** grob fahrlässig gehandelt. Mangels tatbestandsmäßigem Handeln liegt somit schon kein Finanzvergehen vor, dass dem Verband ***Bf1*** zugerechnet werden könnte. Im Detail begründet sich dies wie folgt:

1 Keine unmittelbare Täterschaft

Unmittelbarer Täter kann nur der tatbestandsmäßig handelnde (Mit-) Gewahrsamsträger sein, da das Tatbestandsmerkmal "Entziehen" einer Ware begrifflich die Sachherrschaft über diese voraussetzt (Lässig, WKa, § 35 FinStrG, Rz 11). Da sich die Waren der Warensendung T1 MRN 17CH00000191081126 nicht in der Sachherrschaft der ***Bf1*** befanden, da mit dem Transport Dritte beauftragt waren, wäre im Erkenntnis auszufuhren gewesen, worin konkret ein strafbarer Tatbeitrag zu welchem Finanzvergehen eines unmittelbaren Täters zu erblicken ist. Da solche Ausführungen gänzlich fehlen, ist das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.

2 Kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung durch Mitarbeiter der ***Bf1***

Nach Art 134 Abs 1 erster Satz UZK unterliegen Waren ab dem Zeitpunkt ihres Eingangs in das Zollgebiet der Union der zollamtlichen Überwachung. Die Behörde muss ab diesem Zeitpunkt jederzeit Zugriff auf die Ware haben. Das "Entziehen" ist daher (ebenso wie das "Verbringen") ein Realakt, welcher der Behörde - wenn auch nur zeitweilig - die Möglichkeit nimmt, auf die Ware zuzugreifen; darauf, dass ein konkreter Zugriffsversuch tatsachlich gescheitert ist, kommt es somit nicht an. Demnach ist der Vollendungszeitpunkt genau jener, in dem die jeweilige Entzugshandlung gesetzt worden ist (Lässig, WK2, § 35 FinStrG, Rz 31).

Zu welchem Zeitpunkt eine solche Entzugshandlung von Mitarbeitern der ***Bf1*** gesetzt worden sein sollte, kann weder dem Spruch noch der Begründung des Erkenntnisses mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden.

Gem Erkenntnis soll der Tatbestand des § 36 Abs 1 FinStrG «... durch Unterlassen der Gestellung an einer Bestimmungszollstelle und ohne Anmeldung zu einem weiterführenden Zollverfahren der zollamtlichen Überwachung entzogen..." worden sein. Unklar ist, welche Entzugshandlung maßgeblich sein soll, die unterlassene Gestellung oder die unterlassene Anmeldung zu einem weiterführenden Zollverfahren.

Gem Erkenntnis wurde die gegenständliche Warensendung am "... ohne Gestellung bei der Bestimmungszollstelle bzw ohne weitere Überführung der Waren in ein Zollverfahren In das Wirtschaftsgebiet der Union verbracht." Dies trifft schon in objektiver Sicht nicht zu. Würde es kein Zollverfahren, konkret kein Versandverfahren, gegeben haben, hätte die ***Bf1*** nicht als Inhaber des Unionsversands zollschuldrechtlich in Anspruch genommen werden können. Wie selbst im Erkenntnis ausgeführt wird, war am die nach Art 297 Abs 1 UZK-IA eingeräumte Frist für die Vorlage bzw Gestellung auch noch nicht abgelaufen. Demnach befand sich die gegenständliche Ware zum besagten Zeitpunkt () noch unter zollamtlicher Überwachung und hätte bis zum Ende der Gestellungsfrist an jeder Zollstelle ordnungsgemäß gestellt werden können. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf Art 141 UZK, wonach unter anderem Art 139 UZK (Gestellung der Waren bei Verbringen der Ware in das Zollgebiet der Union) keine Anwendung findet, wenn sich die Waren beim Verbringen in das Zollgebiet der Union bereits im Versand befinden. Folglich wurde entgegen den Ausführungen im Erkenntnis am die eingeräumte Frist nicht verletzt. Daher ist der Vorwurf eines Finanzvergehens nach § 36 Abs 1 FinStrG mangels Erfüllung des objektiven Tatbestandes nicht zutreffend.

Gem Erkenntnis seien "... mit der Übergabe der Waren an den Empfänger ohne Abschluss des Versandverfahrens und ohne Beendigung eines daran anschließenden Zollverfahrens durch Erfüllungsgehilfen des Verfahrensinhabers bis zum Ende der Gestellungsfrist zollrechtliche Pflichten nicht eingehalten ..." worden. Demnach sind nach Ansicht des Spruchsenats offenbar bereits mit Übergabe der Waren an den Empfänger zollrechtliche Pflichten verletzt worden. Dazu Im Widerspruch wird an anderer Stelle ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar [ist], warum am letzten Tag der Frist für die Gestellung der Waren die Zollschuld nach Art 79 UZK bereits entstanden sein soll", obwohl noch kurz davor vom Spruchsenat begründet wird, dass eine Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung vorliegt, wenn der Zollbehörde - wenn auch nur vorübergehend - die Möglichkeit genommen [wird] auf die Waren zuzugreifen". Abweichend dazu wird im Erkenntnis festgehalten, dass die Ware ohne Beendigung des Zollverfahrens nach Ende der Gestellungsfrist so verwendet wurde, als befinde sie sich im zollrechtlich freien Verkehr, [dadurch] galt sie als der zollamtlichen Überwachung entzogen, was die Entstehung der Zollschuld gem Art 79 Abs 1 lit a UZK bewirkte".

3 Zwischenergebnis

Aus all diesen in sich widersprüchlichen Ausführungen kann nur geschlossen werden, dass sich der Spruchsenat nicht hinreichend mit den zollrechtlichen Fragestellungen, insbesondere aber nicht hinreichend mit dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt auseinandergesetzt hat. Zudem stehen die Ausführungen teils im Widerspruch zum Akteninhalt, ohne dass sich der Spruchsenat mit den Abweichungen in der Beweiswürdigung entsprechend auseinandergesetzt hätte. Damit ist das Erkenntnis mit inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Rechtswidrigkeit belastet und schon aus diesem Grund aufzuheben.

4 Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung ist ***Bf1*** finanzstrafrechtlich nicht vorzuwerfen

Zutreffend ist, dass die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen worden ist, dies aber ohne Zutun von ***Bf1***. Der im Erkenntnis zitierten Selbstanzeige des Geschäftsführers der B-GmbH, die am beim Zollamt per E-Mail eintraf, ist zu entnehmen, dass der Fahrer das Transitdokument zwar in Au und Wolfurt abstempeln ließ, er aber nicht wusste, dass er auch noch eine Zollabfertigung machen musste. Damit wird vom Geschäftsführer der B-GmbH die das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung auslösende zollrechtliche Pflichtverletzung des verstorbenen LKW-Fahrers ***C*** explizit eingestanden. Der LKW-Fahrer bzw dessen Pflichtverletzung kann aber der ***Bf1*** nicht im Rahmen des § 3 Abs 3 VbVG zugerechnet werden, weil dieser nicht Mitarbeiter iSd § 2 Abs 2 VbVG der ***Bf1*** ist.

Die dem Erkenntnis zu Grunde liegenden Akten enthalten zudem eine Stellungnahme der ***A-GmbH*** vom . Demnach hat der Fahrer der Firma B-GmbH "... ein T1 beim Kunden erhalten und hätte damit zur Firma ***H*** fahren sollen, um da die Verzollung zu machen. Stattdessen fuhr er zur Abladestelle und entlud das Fahrzeug mit der Ware." Nach Rechtsprechung des EuGH ( Rs C-222/01 British American Tobacco zur insoweit vergleichbaren alten Rechtslage zu Art 203 ZK) begründet auch die bloß zeitweilige Entfernung des Versandscheins T1 von der Ware eine Entziehung dieser Ware aus der zollamtlichen Überwachung, auch wenn die Zollverwaltung zu keinem Zeitpunkt die Vorlage des Versandscheins verlangt oder festgestellt hat, dass er ihr nicht ohne nennenswerte Verzögerung hatte vorgelegt werden können. Aus den Akten ist damit eindeutig ersichtlich, dass bei zutreffender Anwendung von EuGH-Rechtsprechung die Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung bereits im Zeitpunkt des Entladens des Fahrzeuges stattgefunden hat, somit vor Ablauf der Gestellungsfrist für das Versandverfahren am . Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem Akteninhalt, wonach gem E-Mail vom (***H*** an ***Bf1***) die Ware am bereits aus der zollamtlichen Überwachung entzogen war und Selbstanzeige erstellt werden soll. Auch im Erkenntnis wird ausgeführt, dass es der Fahrer der Versendung verabsäumte die Waren bei der Bestimmungszollstelle zu gestellen und anschließend in den zollamtlich freien Verkehr zu überführen" und dass der Hauptverpflichtete ***Bf1*** "eine vorsorgliche Selbstanzeige ins Auge fassen" hatte sollen. Auch in der Urteilsbegründung anlässlich der Verkündung des Erkenntnisses wurde von der Vorsitzenden vorgetragen, dass ***Bf1*** die Pflicht dadurch verletzt hat, weil keine Selbstanzeige erstattet wurde (warum sich diese Begründung nicht in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses findet, kann nicht nachvollzogen werden). Dadurch wird bestätigt, dass die für die Strafbarkelt nach § 36 Abs 1 FinStrG relevante Pflichtverletzung bereits vor Ablauf der Gestellungsfrist () stattgefunden hat.

Dass die gegenständliche Ware durch Pflichtverletzungen des Fahrers der zollamtlichen Überwachung entzogen wurde, ist der ***Bf1*** aber erst am zur Kenntnis gebracht worden (vgl E-Mail vom der ***H*** an die ***Bf1***). Bis zu diesem Zeitpunkt ist die ***Bf1*** davon ausgegangen, dass die Gestellungsfrist noch nicht abgelaufen ist bzw die zollrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt worden sind. Dass dem - wie sich herausgestellt hat - nicht so ist, kann aber den Mitarbeitern der ***Bf1*** nicht vorgeworfen und das Verhalten jener Personen, die die zollrechtlichen Pflichten verletzt haben, der ***Bf1*** nicht nach VbVG (vgl § 3 Abs 3 IVm § 2 Abs 2 VbVG) zugerechnet werden. Bedient sich der Hauptverpflichtete (Inhaber des Unionsverfahren) Personen, um Pflichten zu erfüllen, die er im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren übernommen hat, kann ihm ein betrügerisches oder offensichtlich fahrlässiges Verhalten solcher Personen, das zur Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung führt, auch schon aus zollrechtlicher Sicht nicht als betrügerisch oder grob fahrlässig zugerechnet werden (vgl British American Tobacco, Rn 73).

Die Ausführungen im Erkenntnis, wonach "Die Gestellung auch am letzten Tag der Frist noch zeitgerecht gewesen [wäre bzw «... zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Möglichkeiten bestanden, das Verfahren ordnungsgemäß zu beenden. So z.B. eine Kontaktaufnahme mit einem Österreichischen Zollamt, dem die Situation erklärt wird. Ebenso die Vorführung der Ware am letzten Tag der Frist an einer Zolldienststelle in der Nähe des Empfängers. Auch eine Verlängerung der Gestellungsfrist durch die Zollbehörde auf Antrag wäre denkbar gewesen." stehen einerseits im Widerspruch zu den übrigen Ausführungen (siehe im Detail bereits oben), können aber auch andererseits vor dem Hintergrund der EuGH-Rsp, wonach sicherzustellen ist, dass Zollbehörden für Waren, für die aufgrund eines früheren Tatbestands bereits eine Zollschuld entstanden ist, keine zweite Zollschuld entstehen lassen (, Döhler Neuenkirchen GmbH, Rn 47), nicht nachvollzogen werden. Mit anderen Worten konnte die bereits der zollamtlichen Überwachung entzogene Ware nicht nochmals der zollamtlichen Überwachung entzogen werden.

5 Kein grob fahrlässiges Handeln der Mitarbeiter der ***Bf1***

Nach Art 233 Abs 1 UZK hat der Inhaber des Unionsversands die Waren bei der Bestimmungszollstelle innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu gestellen, die zollrechtlichen Vorschriften des Verfahrens zu beachten und Sicherheit für den der Zollschuld entsprechenden Betrag zu leisten. Art 233 Abs 3 UZK legt fest, dass ein Beförderer oder Warenempfänger, der die Waren annimmt und weiß, dass sie im Unionsversandverfahren befördert werden, ebenfalls verpflichtet ist, sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist der Bestimmungszollstelle zu gestellen. Gegenständlich hatte vom Beförderer die Ware gestellt werden müssen. Das wird auch im Erkenntnis in dieser Form bestätigt, wenn ausgeführt wird, dass "[diese Pflichten [...] auch (arg aus Art 233 Abs 3 UZK "ist ebenfalls verpflichtet") den Beförderer und den Empfänger der Waren [treffen]."

Aufgrund der Beauftragung der ***A-GmbH*** mit der Beförderung der Ware und im Wissen um die Beförderung von Waren im Unionsversandverfahren, war es Aufgabe der ***A-GmbH***, die Waren fristgerecht zu gestellen. Die Delegation dieser grundsätzlich beim Inhaber des Unionsversands liegenden Verpflichtung führt aus finanzstrafrechtlicher Sicht dazu, dass die Erfüllungspflicht zu Auswahl- und Überwachungspflicht wird. Rechtlich unzutreffend bzw für finanzstrafrechtliche Zwecke irrelevant sind die Ausführungen im Erkenntnis, wonach Inhaber des Unionsverfahrens auf Grund ihrer Stellung im Verfahren und auf Grund der übernommenen Gewähr für die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Verfahren immer haftbar bleibe. Es wurde - entgegen den Ausführungen im Erkenntnis - auch nicht behauptet, dass mit der Pflichtendelegation ein Verlust der eigenen Position als Inhaber des Verfahrens einhergehe. Richtig ist vielmehr, dass der Inhaber des Unionsverfahrens bei Pflichtverstößen verschuldensunabhängig als Zollschuldner herangezogen werden kann (nur insoweit bleibt er "immer haftbar"), der Inhaber des Unionsverfahrens muss sich auf subjektiver Ebene aber weder zollrechtlich noch finanzstrafrechtlich ein Fehlverhalten Dritter zurechnen lassen (vgl auch C-222/Q1 British American Tobacco, Rn 73). Dies verkennt der Spruchsenat in seinen Ausführungen.

Finanzstrafrechtlich kann man Mitarbeitern der ***Bf1*** keinen Vorwurf machen, ***Bf1*** bediente sich einer sachkundigen, mit den zollrechtlichen Bestimmungen vertrauten Person (die ***A-GmbH***) und hat sich vor Ablauf der Frist über die Gestellung vergewissert. Die dazwischen liegende, von Dritter Seite bewirkte Pflichtverletzung war der ***Bf1*** nicht bekannt und für diese auch nicht vorhersehbar. Bei Beurteilung der objektiven Sorgfaltspflichten im Rahmen der Pflichterfüllung (somit auf Ebene des subjektiven Tatbestands des § 36 Abs 1 FinStrG) ist aber zu berücksichtigen, dass sich in der Praxis eine besondere Einschränkung der objektiven Sorgfaltspflichten insbesondere aus dem Vertrauensgrundsatz bei arbeitsteiligem Zusammenwirken mehrerer ergibt. Die an ein bestimmtes Verhalten zu stellenden objektiven Sorgfaltsanforderungen beschränken sich demnach auf jenes Maß, das unter der Annahme notwendig ist, dass sich alle anderen, die von diesem Verhalten berührt werden könnten, ebenfalls sorgfaltsgemäß verhalten (Leitner/Brandl/Kert, Handbuch Finanzstrafrecht4, Rz 270). Durch das arbeitsteilige Zusammenwirken wird auch die finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit des jeweiligen Pflichteninhabers berührt und kann allenfalls auch entfallen, sofern sie bei der Auswahl der Erfüllungsgehilfen die nötige Sorgfalt walten lassen (vgl Leitner/Brandl/Kert, Handbuch Finanzstrafrecht4, Rz 272). Die durch die zunehmende Komplexität der wirtschaftlichen Vorgänge auftretende Notwendigkeit des arbeitsteiligen Zusammenwirkens in wirtschaftlichen Systemen macht die Delegation per se auch noch nicht sorgfaltswidrig (vgl Leitner/Brandl/Kert, Handbuch Finanzstrafrecht, Rz 278). Demnach kann man der ***Bf1*** auch kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zum Vorwurf machen.

Sachverhaltsmäßig und rechtlich unzutreffend sind die Ausführungen im Erkenntnis, wonach sich "[i]nsbesondere aus der Tatsache, dass Mitarbeiter des beschuldigten Verbandes sich nicht dazu verstanden alles Notwendige zu unternehmen, um eine Zollschuldentstehung nach Art 79 UZK zu verhindern und sehenden Auges die Gestellungsfrist verstreichen ließen, [...] die grobe FahrIässigkeit bei der Verzollungsumgehung [ergibt]." Wie oben bereits im Detail ausgeführt war die Zollschuld bereits entstanden, als Mitarbeiter der ***Bf1*** Kenntnis von den Unregelmäßigkeiten erlangten. Ein potentielles Finanzvergehen wurde somit bereits mit der ersten als Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung zu qualifizierenden Pflichtverletzung bewirkt. Mit dieser Entzugshandlung war das Finanzvergehen auch vollendet (vgl Lässig, WKJ, § 35 FinStrG, Rz 31). Ein nach Vollendung des Finanzvergehens erfolgtes Kenntniserlangen kann aber zu keiner "rückwirkenden" Strafbarkeit von Mitarbeitern der ***Bf1*** führen. Der subjektive Tatbestand muss im Zeitpunkt der Tathandlung erfüllt sein. Die Pflichtverletzungen Dritter können weder den Mitarbeitern noch der ***Bf1*** angelastet werden.

Ein zweites Mai kann aber bei vorangegangener Pflichtverletzung die Zollschuld nicht entstehen (vgl , Döhler Neuenkirchen GmbH, Rn 47).

Unzutreffend, weil aktenwidrig und im Widerspruch zu den eigenen Ausführungen im Erkenntnis, ist auch, dass man die Gestellungsfrist sehenden Auges verstreichen habe lassen. Man hat am letzten Tag die aus Sicht der ***Bf1*** wegen der insoweit erfolgten Pflichtendelegation adäquaten Veranlassungen getroffen und den Frächter kontaktiert und diesen nochmals angewiesen, seinem Auftrag nachzukommen. Daher ist es auch unzutreffend, wenn im Erkenntnis implizit vorgeworfen wird, ***Bf1*** hätte die Überwachung von Fristen, welche zu den zentralen Aufgaben eines im Bereich des Zollwesens agierenden Wirtschaftsbeteiligten gehört, nicht durchgeführt. Im Erkenntnis selbst wird dazu ausgeführt, dass es am letzten Tag der Gestellungsfrist Mitarbeitern der ***Bf1*** aufgefallen ist, dass das Unionsversandverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Würde es bei ***Bf1*** keine Überwachung von Fristen geben, hätte es auch keine Kontaktaufnahme mit dem beauftragten Frachter gegeben.

Rechtlich verfehlt sind die Ausführungen des Spruchsenats im Erkenntnis, wonach aus dem Umstand, dass ein Speditionsunternehmen mit sämtlichen Formalitäten und Zollverfahren vertraut zu sein hat, ein Fehlverhalten als auffallend sorglos und nach finanzstrafrechtlichen Grundsätzen als grob fahrlässig zu werten ist. Damit wird vom Spruchsenat eine quasi unwiderlegbare Vermutung grober Fahrlässigkeit allein aus dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens unterstellt, was elementaren finanzstrafrechtlichen Grundsätzen widerspricht.

Im Ergebnis wurde der ***Bf1*** zu Unrecht eine Verbandsverantwortlichkeit gem § 36 Abs 1 IVm § 28a Abs 2 FinStrG angelastet. Das die Zollschuld auslösende und an die Strafbarkeit nach § 36 Abs 1 FinStrG anknüpfende Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung kann der ***Bf1*** nicht angelastet werden, weil die gegenständlich relevante Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung ohne Zutun der ***Bf1*** erfolgte, zu einem Zeitpunkt, in dem die Gestellungsfrist noch nicht abgelaufen war. Da der Vollendungszeitpunkt an die Entzugshandlung anknüpft (vgl Lässig, WK2, § 35 FinStrG, Rz 31), war somit das gegenständlich angelastete Finanzvergehen bereits verwirklicht. Eine nachträgliche Strafbarkeit an einem bereits - ohne Zutun der ***Bf1*** - verwirklichten Finanzvergehen ist nicht möglich und scheidet daher schon aus diesem Grund aus."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Amtsbeauftragten vom wird ergänzend zur Stellungnahme des Amtsbeauftragten zum Rechtsmittel wie folgt ausgeführt:

"Über den beschuldigten Verband wurde in dem bekämpften Erkenntnis eine Geldstrafe (gemeint: Geldbuße) i.H.v. EUR 3.800,- ausgesprochen. Die Verfahrenskosten wurden mit EUR 380,- ausgemessen.

Dem Zollamt Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde erscheint die Festsetzung der Geldstrafe (gemeint: Geldbuße) mit ca. 10% des strafbestimmenden Wertbetrages unverhältnismäßig.

Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, war dem beschuldigten Verband vor Ablauf der Gestellungsfrist bekannt, dass die Gestellung der Sendung bei der (Bestimmungs-)Zollstelle noch nicht erfolgt ist. Wenn der Verband dann in weiterer Folge seine Passivität trotz der Stellung als Hauptverpflichteter damit begründet, dass er die Ware nicht befördert und auch nicht in Gewahrsam gehabt habe und ihn somit nicht die Pflicht aus dem zollrechtlichen Versandverfahren treffe, so ist eine derartige Einstellung eines Verfahrensinhabers nicht die eines sorgfältigen Unternehmers im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes. Dem entsprechend wurden das Vergehen und die Handlungsweise des beschuldigten Transportunternehmens in der Begründung des Erkenntnisses sowie die Versäumnisse des Verbandes eindrücklich dargestellt.

In Anbetracht der Verfehlung jedoch, die sich die ***Bf1***, Schweiz, in dieser Angelegenheit geleistet hat, erscheint die festgesetzte Verbandsgeldbuße in Höhe von EUR knapp 10% der Höchstgeldstrafe als zu gering und somit als nicht tat-, schuld- und täterpersönlichkeitsgerecht. Dies insbesondere nachdem im Erkenntnis ausgesprochen wurde, dass bei Bemessung der Buße die Schadensgutmachung und die lediglich vorübergehende Verkürzung der EUSt als mildernd und eine nicht getilgte Bestrafung als erschwerend berücksichtigt wurden. Ein Ausspruch einer Strafe in dieser Höhe wird mit Sicherheit nicht dafür sorgen können, den Täter von weiteren Taten abzuhalten oder gar betriebsinterne Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Zuwiderhandlungen in die Wege zu leiten. Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund in § 23 Abs. 4 FinStrG eine Regelung betreffend Mindeststrafen getroffen. Eine Unterschreitung dieser Grenze bei Vorliegen von Erschwerungsgründen war mit Sicherheit nicht im Sinne dieses Gesetzgebers.

Als Amtsbeauftragter stelle ich somit den Antrag, die Verbandsgeldbuße in einer Höhe von ca. 1/4 der Höchststrafe auszumessen und der Strafe die im Gesetz geforderte Härte der Sanktion zu verleihen."

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass der laut Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes im Finanzstrafsenat Feldkirch 3 erstgereihte Senatsvorsitzende verhindert war, sodass der nächstgereihte Senatsvorsitzende als Vertreter zur Entscheidung befugt war.

Rechtslage:

§ 35 Abs. 1 FinStrG: Des Schmuggels macht sich schuldig, wer
a) eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht oder
b) ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig aus dem Zollgebiet der Union verbringt.

§ 36 Abs. 1 FinStrG: Der Verzollungsumgehung macht sich schuldig, wer die im § 35 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht.

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohte Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.

§ 2 Abs. 2 VbVG: Mitarbeiter im Sinne dieses Gesetzes ist, wer
Z. 1 auf Grund eines Arbeits-, Lehr- oder anderen Ausbildungsverhältnisses,
Z. 4 auf Grund eines Dienst- oder sonst eines besonderen öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses
Arbeitsleistungen für den Verband erbringt.

§ 3 Abs. 1 VbVG: Ein Verband ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.

§ 3 Abs. 2 VbVG: Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat.

§ 3 Abs. 3 VbVG: Für Straftaten von Mitarbeitern ist der Verband verantwortlich, wenn
1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer acht gelassen haben; und

2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.

Sachverhalt:

Aus dem Strafakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Firma ***Bf1*** hat einen Transportauftrag für an die A-GmbH als Subunternehmer übergeben. Darin war auch die Zollformalität beschrieben. Die A-GmbH hat am gleichen Tag den Transportauftrag an die Firma B-GmbH weitergeben mit den gleichen Angaben wie die ***Bf1*** an die ***A-GmbH*** gegeben hat.

Der Fahrer der Firma B-GmbH hatte dazu ein T1 beim Kunden erhalten und hätte damit zur Firma ***H*** fahren sollen, um da die Verzollung zu machen. Laut CMR-Beförderungsauftrag (AS 73) ist der Ladetermin mit bis 15.00 Uhr angegeben, Entladetermin sollte der sein (Zustellung FIX), wobei unter Bemerkungen/Hinweise zu Zollformalitäten zu lesen ist: Fahrer bekommt an der Ladestelle ein T1 Dokument Verzollung bei: ***H***, Wolfurt, LKW muss bis spätestens 16:30 Uhr bei ***H*** stehen.

Laut E-Mail vom der B-GmbH "ist der Fahrer ***C*** am über die Grenze gefahren, ohne eine Zollabfertigung zu machen, er hat nur ein abgestempeltes Transitdokument erhalten."

Laut Selbstanzeige der ***D*** D.O.O vom : "Am ist ***C*** mit einem abgestempelten Transitdokument über die Grenze gefahren. Er wusste nicht, dass er auch noch eine Zollabfertigung machen musste! Name unserer Firma ***D*** D.O.O., Slowenien. Der Fahrer hat am in Au und Wolfurt einen Zollstempel am Transitdokument bekommen!"

Im angefochtenen Erkenntnis ist der Sachverhalt zusammengefasst wie folgt:

Am wurde die gegenständliche Warensendung, bestehend aus Traktoren, andere Mähmaschinen, Teile zu Maschinen, Apparaten und Geräten im Wert von EUR 189.622,00, für die in der Schweiz ein Versandschein T1 MRN 17CH00000191081126 (Speditionsauftrag Nr. 00006285751 vom ) ausgestellt wurde und auf welchen Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt EUR 38.089,99 lasteten, ohne Gestellung bei der Bestimmungszollstelle bzw. ohne weitere Überführung der Waren in ein Zollverfahren in das Wirtschaftsgebiet der Union verbracht. Als Hauptverpflichteter (Inhaber des Verfahrens gem. Art. 233 UZK) im Unionsversand-Verfahren war der beschuldigte Verband und als Bestimmungszollstelle das Zollamt Feldkirch Wolfurt genannt. Die Gestellungsfrist für diese Sendung von ***E***. AG (Schweiz) an die ***F*** GmbH (Österreich) endete am .

Da die Gestellungsformalitäten gem. Art. 139 UZK nicht eingehalten wurden, entstand die Zollschuld gem. Art. 79 UZK, da der Inhaber des Unionsversandverfahrens es verabsäumt hatte, die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu gestellen.

Unbestritten wurden die Waren nicht - wie im CMR vorgesehen - bei der Bestimmungszollstelle gestellt, sodass sie durch Auslieferung und Überführung in den freien Verkehr am durch ***C*** der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden.

Soweit der Spruchsenat davon ausgeht, dass der beschuldigte Verband nicht gegen seinen Willen im Versandschein T1 als Hauptverpflichteter und somit als Inhaber des Verfahrens angeführt ist, der Hauptverpflichtete jederzeit Zugang zu den Daten hat und in der Lage ist abzufragen, ob ein Versandschein erledigt ist oder nicht, ist festzuhalten, dass gerade beim belangten Verband aufgrund der internen Überwachungsmaßnahmen aufgefallen ist, dass der Versandschein nicht korrekt innerhalb der Gestellungsfrist erledigt wurde.

Voraussetzung einer Verbandsverantwortlichkeit

Mitarbeiter ist, wer für den Verband Arbeitsleistungen erbringt und dies aufgrund eines Rechtsverhältnisses tut. Zur Umschreibung der Rechtsverhältnisse greift das Gesetz weitgehend auf das Arbeits- und Dienstrecht zurück (EBRV 994 BlgNR 22. GP 20). Die Liste der Rechtsverhältnisse ist taxativ zu verstehen: Wer unter keinen der Fälle subsumiert werden kann, ist folglich kein Mitarbeiter (Lehmkuhl/Zeder in Höpfel/Ratz, WK2 VbVG § 2 RZ 19).

Zum Inhalt des Begriffs verweisen die EBRV (994 BlgNR 22. GP 20) auf den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechts, wie er insb in § 1 Abs 1 DHG und in § 51 Abs 1 und 3 ASGG umschrieben ist. Zentrale Merkmale des Arbeitsvertrages (synonym Dienstvertrages) sind die für eine gewisse Zeit vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung, seine persönliche Abhängigkeit (Arbeitspflicht, Weisungs- und Kontrollunterworfenheit, Eingliederung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers) und das grundsätzlich unabhängig vom Arbeitserfolg zustehende Arbeitsentgelt (näher Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 32 ff; Pfeil in Schwimann, ABGB4 § 1151 Rz 4 ff).

Umfasst sind daher Arbeiter und Angestellte, aber auch etwa die in Sondergesetzen geregelten Guts- und Hausangestellten, Hausgehilfen, Privatkraftwagenführer, gewerbliche Hilfsarbeiter, Bergarbeiter, Land- und Forstarbeiter, Schauspieler und Journalisten (näher Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 141). In einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen auch die Vertragsbediensteten (VBG; Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 12; Pfeil in Schwimann, ABGB4 § 1151 Rz 6), wenngleich die EBRV (994 BlgNR 22. GP 20) sie unter Z 4 einordnen (Lehmkuhl/Zeder in Höpfel/Ratz, WK2 VbVG § 2 RZ 20).

Die Arbeitsleistung des Mitarbeiters wird jenem Verband zugerechnet, für den sie erbracht wird (ErlRV 994 BlgNR 22. GP 20). (Hilf/Zeder in WK 2 VbVG, § 2 Rz 26; Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinstrG, Band 1, 5. Aufl. (2018), § 28a, I. Kommentar zu § 28a [Rz 13]).

Daraus ergibt sich, dass insbesondere folgende Konstellationen nicht als Fall des Mitarbeiters iSv Abs 2 angesehen werden können: […]

• Vergabe von Aufträgen an wirtschaftlich unabhängige Unternehmen ("Subunternehmer"), wobei ein dem Abs 2 zu unterstellender Sachverhalt jedenfalls nicht vorliegt, wenn der Beauftragte selbst keine natürliche Person, sondern ein Verband ist (Lehmkuhl/Zeder in Höpfel/Ratz, WK2 VbVG § 2 RZ 26).

Schon in den Erläuterungen zum ME war angemerkt, dass die Vergabe eines Auftrages an ein anderes Unternehmen (z.B. an Subunternehmer) nicht umfasst ist (Zeder, VbVG, Seite 55).

Unter dem Aspekt der Verbandsverantwortlichkeit ist nicht von Bedeutung, welche (individuell bestimmte) natürliche Person, sondern dass ein Entscheidungsträger (§ 3 Abs 2 VbVG) oder Mitarbeiter (§ 3 Abs 3 VbVG) des belangten Verbandes die Anknüpfungstat (§ 3 Abs 1 VbVG) begangen hat ().

Damit ist zusammengefasst festzuhalten, dass die vom zwischenzeitig verstorbenen Lkw-Fahrer (der bei einem Subunternehmen angestellt war) bewirkte Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ohne Verzollung als Schmuggel im Sinne des § 35 Abs. 1 lit. a zweite Alternative FinStrG am nicht von einem Mitarbeiter der ***Bf1*** bewirkt wurde, der belangte Verband daher für ein am bewirktes Finanzvergehen nicht verantwortlich gemacht werden kann.

Bleibt zu prüfen, ob weitere Mitarbeiter der ***Bf1*** an diesem Schmuggel beteiligt gewesen sein können, die eine Verbandsverantwortlichkeit auslösen hätten können.

Laut Beschwerde ist der ***Bf1*** aber erst am zur Kenntnis gebracht worden (vgl. E-Mail vom der ***H*** an die ***Bf1***), dass die gegenständliche Ware durch Pflichtverletzungen des Fahrers der zollamtlichen Überwachung entzogen wurde.

Nachdem der Schmuggel schon am vollendet wurde, ist eine nachträgliche Beitragshandlung von Mitarbeitern der ***Bf1*** aus dem Akt nicht ersichtlich. Dass allenfalls nachträglich noch eine Gestellung innerhalb der Gestellungsfrist möglich gewesen wäre und mittels Selbstanzeige das Finanzvergehen des Schmuggels der Finanzstrafbehörde angezeigt werden hätte können ändert nichts am bereits vollendeten Schmuggel. Ein nachträglicher Tatbeitrag durch Mitarbeiter der ***Bf1*** ab dem zu einem bereits am vollendeten Schmuggel ist nicht feststellbar.

Mangels unmittelbarer Täterschaft oder einer Tatbeitragshandlung von Mitarbeitern der ***Bf1*** ist somit die objektive Tatseite für ein Einstehen des belangten Verbandes für ein Fehlverhalten ihrer (eigenen) Mitarbeiter (oder Entscheidungsträger) für diesen Schmuggel nicht gegeben.

Dass Mitarbeiter der ***Bf1*** die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer acht gelassen hätten, ist aus dem Akteninhalt nicht ableitbar, sodass auch eine subjektive Tatseite nicht feststellbar war.

Der Beschwerde des belangen Verbandes war daher stattzugeben, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und das Finanzstrafverfahren einzustellen.

Die Beschwerde des Amtsbeauftragten wird daher als unbegründet abgewiesen.

Ein Eingehen auf weitere Beschwerdepunkte war somit obsolet.

Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da das angefochtene Erkenntnis bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der Judikatur der Höchstgerichte ungelöste Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für diese Entscheidung lagen nicht vor.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verbandsverantwortlichkeit
Subunternehmer
Mitarbeiter
Verletzung der Gestellungsfrist
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.1300006.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at