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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2022, RV/3100667/2020

Bemessungsgrundlage GrESt: Schuldenübernahme als Gegenleistung; bloße Sachhaftung vs. privative Schuldenübernahme

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: FA Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer 2019 Steuernummer Bf_StNr zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Grunderwerbsteuer wird im Beschwerdefall mit € 10.101,95, ausgehend von einer Gegenleistung iHv € 288.627,00 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. 2019 wurde beim Beschwerdeführer (Bf) eine Außenprüfung zum Kaufvertrag vom , Erf.Nr. xxx, durchgeführt.

Aufgrund der in der Außenprüfung getroffenen Feststellung, wonach die Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG nicht € 10.000,00, wie in der am erfolgten Selbstberechnung angegeben, sondern insgesamt € 1.440.000,00 betragen habe, wurde die Grunderwerbsteuer für den Vorgang mit Bescheid vom mit € 50.400,00 festgesetzt.

2. In der Beschwerde vom wurde eingangs der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid abzuändern und die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang mit der Erfassungsnummer xxx mit restlich € 7.000,00 festzusetzen.

Im Weiteren wurde die Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass davon auszugehen sei, dass das auf der erworbenen Liegenschaft lastende Pfandrecht iHv (anteilig) € 1.430.000,00 gänzlich forderungsentkleidet sei. Demgemäß seien weder im Verlassenschaftsverfahren des vorherigen Liegenschaftseigentümers noch seither gegenüber dem Bf Ansprüche seitens der Pfandgläubigerin geltend gemacht worden. Es sei überdies davon auszugehen, dass die Pfandgläubigerin bereits im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs nicht mehr existent gewesen sei.

Mit dem Kauf seien vom Bf außerdem nicht, wie die Behörde laut Außenprüfungsbericht angenommen habe, die pfandrechtlich sichergestellten Schulden, sondern lediglich eine Sachhaftung übernommen worden.

Weder zur tatsächlichen Höhe der zum Kaufzeitpunkt aushaftenden Außenstände noch zur Frage, ob die Pfandgläubigerin zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch existiert habe, habe die Behörde entgegen der sie treffenden Obliegenheiten Ermittlungen durchgeführt.

Der Verkehrswert der gesamten Liegenschaft sei laut Gutachten mit € 420.000,00 anzusetzen. Ausgehend vom Wert des im Beschwerdefall erworbenen Hälfteanteils sei somit ein Restbetrag an Grunderwerbsteuer von € 7.000,00 zu zahlen.

3. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom verwies die Abgabenbehörde auf Pt. V. des Kaufvertrages, wonach der Bf als Käufer die angeführten Lasten übernommen habe. Dass die Pfandgläubigerin J Ltd. am ihre Auflösung beschlossen habe, sei kein Hinweis darauf, dass auf die aushaftenden Forderungen verzichtet worden sei.

4. Im Vorlageantrag vom erfolgte kein weiteres Vorbringen.

II. Sachverhalt

1. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf einen Hälfteanteil der Liegenschaft in EZ_KG, Gde_T, von der Verlassenschaft nach A G, vertreten durch den Verlassenschaftskurator RA_K.

Eigentümerin des zweiten Hälfteanteils war zu diesem Zeitpunkt B G, die Witwe von A G.

Unter Pt. III. des Kaufvertrages wurde zwischen den Vertragsparteien ein Kaufpreis von € 10.000,00 vereinbart.

Pt. V. des Kaufvertrages lautet:
"Die Verkäuferin leistet dafür Gewähr, dass mit Ausnahme der zu C-LNR 3 einverleibten Dienstbarkeit und des zu C-LNR 7 einverleibten Pfandrechtes das Grundstück keine bücherlichen Lasten aufweist. Die angeführten Lasten werden vom Käufer übernommen. (…)"

Eine (privative) Übernahme der der Hypothek zugrundeliegenden Verbindlichkeiten iSd § 1408 ABGB ist nicht erfolgt.

2. Unter Pt. I. des Kaufvertrages wurde der Grundbuchstand dargestellt; im Lastenblatt war - und ist nach wie vor - unter LNr. 7 eine Höchstbetragshypothek iHv € 2.860,000 für die J Ltd. ausgewiesen. Der Höchstbetragshypothek liegt die am von einem Land_F Notar beglaubigte Pfandurkunde zugrunde, mit welcher B und A G die jeweils in ihrem Hälfteeigentum stehende Liegenschaft verpfändeten (vgl. Grundbuchsauszug zum Stichtag , BFG-Akt S.168; Pfandurkunde, BFG-Akt S. 52).

Unter Pt. 2) Besicherte Forderungen ist Folgendes festgehalten: "Die Verpfändung dient zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrag von € 2.860.000,00, die der J Ltd. als Kreditgeber gegen B und A G aus einem mit vereinbarten und bereits gewährten Darlehen erwachsen sind und noch erwachsen werden."

3. Betreffend die Pfandgläubigerin J Ltd. wurde am deren Abwicklung, sog. "creditors´ winding up" gemäß 21. Teil, Kapitel 4 J_Gesetz, beschlossen. Als Liquidatoren wurden L_1 und L_2 von der Kanzlei C Limited, ebenfalls situiert auf J_Land, bestellt.

Zum Liquidationsbeschluss der Limited wurde ein statement of affairs (Auflistung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft) zum Stichtag erstellt. Unter loans receivable (Ausleihungen, Forderungen) wurden Forderungen gegenüber A G iHv rd. 5 Mio. $ als uneinbringlich ausgewiesen. Forderungen gegen das Ehepaar B und A G iHv insgesamt rd. 4,7 Mio. $ wurden als voraussichtlich einbringlich ausgewiesen.

Die Abwicklung der J Ltd. ist mittlerweile erfolgt; die Gesellschaft wurde am aufgelöst (vgl. Handelsregisterauszug zum Stichtag , BFG-Akt S. 86).

4. Nicht festgestellt werden konnte, dass die im Lastenblatt einverleibte und vom Bf übernommene Höchstbetragshypothek im Zeitpunkt des Erwerbs des Liegenschaftsanteils durch den Bf forderungsentkleidet war.

5. Der gemeine Wert der gesamten Liegenschaft betrug zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Bf € 557.254,00, für den Hälfteanteil sohin € 278.627,00.

III. Beweiswürdigung

1. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt und den Ergebnissen des vom Bundesfinanzgericht geführten Vorhalte- bzw. Ermittlungsverfahrens, sowie aufgrund der im Weiteren dargestellten Beweiswürdigung.

2. Der Bf stützt sich in seinem Vorbringen darauf, dass die eingetragene Höchstbetragshypothek bereits im Zeitpunkt des Erwerbs des Liegenschaftsanteils forderungsentkleidet gewesen sei. Dies begründete er damit, dass die Hypothek nur aus dem Grund eingetragen worden sei, um die Liegenschaft vor dem Zugriff allfälliger Gläubiger von A G zu schützen, da A G, CEO der D_Inv, zu der auch die Hypothekargläubigerin gehört habe, 2007 im Vorfeld der Pfandrechtsbegründung mit Vorwürfen des Betrugs und finanzieller Unregelmäßigkeiten iZm dem sog. "E_Projekt" konfrontiert worden sei. Auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes, dass er in dieser Hinsicht lediglich Vermutungen geäußert habe, verwies der Bf auf eine dahingehende Mitteilung von B G, und legte eine Aktennotiz über ein darüber mit Frau G geführtes Telefonat vom vor. Dieser Aktennotiz zufolge habe Frau G eine Klage eingereicht, da es sich nur um ein Scheinpfandrecht handle. (vgl. Schreiben vom u. Aktennotiz, BFG-Akt S. 75 u. 76)

Ein Nachweis, dass es sich bei der im Lastenblatt einverleibten Höchstbetragshypothek tatsächlich lediglich um ein Scheinpfandrecht handelt, kann in der vorgelegten Aktennotiz nicht erblickt werden. So räumt schon der Bf selbst ein, dass die Behauptung von Frau G für ihn nicht verifizierbar gewesen sei.

Außerdem wurde vorgebracht, dass die Pfandgläubigerin bereits im Jänner 2014 ihre Liquidation beschlossen habe. Es daher davon auszugehen, dass sie im Zeitpunkt des Liegenschaftskaufs durch den Bf nicht mehr existent gewesen sei.

Dieser Umstand konnte jedoch im Zeitpunkt des Kaufs keinesfalls als gesichert angenommen werden. Internetrecherchen sowohl des Bundesfinanzgerichtes als auch des IWD (Anm.: Interne Rechercheplattform der Finanzverwaltung) haben 2020 ergeben, dass der Status der Limited nach wie vor "aktiv" war. Eine Auflösung und Löschung hatte somit jedenfalls 2020 noch nicht stattgefunden, was dem Bf auch vorgehalten wurde (vgl. Abfrage www.J_Landfsc.org, BFG-Akt S. 57; Rechercheauftrag u. Antwort IWD, BFG-Akt S. 58ff). Tatsächlich wurde die Limited erst am aus dem Handelsregister J_Land gelöscht (vgl. die vom Liquidator übermittelte Handelsregisterabfrage, BFG-Akt S. 86).

Der Verlassenschaftskurator hat in seinen Berichten vom und vom das Pfandrecht der J Ltd. jeweils ausdrücklich angeführt, und in Anbetracht der im Land_F Verlassenschaftsverfahren nach A G angemeldeten Forderungen, sowie der im anlässlich des Liquidationsbeschlusses der Limited vom erstellten Statusbericht aufgeführten Forderungen gegen A G und das Ehepaar G die Aushaftung der Hypothek im verbücherten Ausmaß ausdrücklich angenommen. (vgl. Berichte des Verlassenschaftskurators v. und v. , BFG-Akt S. 175f u. 16f; Status Ltd. zum , BFG-Akt S. 53)

Die konkrete Frage des Bundesfinanzgerichtes an den ehemaligen Liquidator der J Ltd., L_1, zum Bestand der dem Pfandrecht zugrunde gelegten Forderungen der Limited blieb unbeantwortet. Es wurde lediglich die Auflösung der Limited im September 2021 nachgewiesen (vgl. Mail v. , BFG-Akt S. 82). Daraus, dass eine Befriedigung aus der Pfandsache seitens der Liquidatoren der Hypothekargläubigerin unterblieben ist, kann aber nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass die Forderung tatsächlich nicht existierte.

Es ist außerdem nicht nachvollziehbar, weshalb der Liegenschaftsanteil, welcher lt. Kurzgutachten vom jedenfalls € 210.000,00 bzw. nach den Angaben gegenüber dem Finanzamt während der Außenprüfung bis zu € 300.000,00 betragen hat, im tatsächlich - wie behauptet - unbelasteten Zustand um nur € 10.000,00 veräußert werden hätte sollen. Auch hier wurde vom Verlassenschaftskurator im Übrigen ausdrücklich auf die Schuldenübernahme durch den Bf als Erwerber des Liegenschaftsanteils verwiesen. (vgl. Kurzgutachten v. , BFG-Akt S. 15R; BP-Bericht v. , BFG-Akt S. 8R)

3. Die Übernahme der Verpflichtung zur Tilgung der der Höchstbetragshypothek zugrundeliegenden Verbindlichkeiten hat der Bf im gesamten Verfahrensverlauf bestritten und wiederholt geltend gemacht, er habe mit dem Kauf der mit der Hypothek belasteten Liegenschaft lediglich die mit dem Wert der Liegenschaft begrenzte Sachhaftung übernommen (vgl. BP-Bericht v. , BFG-Akt S. 8, Beschwerde v. , BFG-Akt S. 23, Vorlageantrag v. , BFG-Akt S. 40R, Stellungnahme v. , BFG-Akt S. 75).

Dieses Vorbringen ist plausibel. Ungeachtet der Undeutlichkeit der Formulierung im Kaufvertrag ("Übernahme der angeführten Lasten") entspräche es nicht der Lebenserfahrung, dass der Bf Verbindlichkeiten in Höhe von möglicherweise € 1.430.000,00 übernehmen sollte, um eine Liegenschaft mit einem Wert von knapp € 300.000,00 zu bekommen. Eine solche Vorgehensweise würde nur Sinn ergeben, wenn der Bf seinerseits die Absicht gehabt hätte, ein Darlehen der Hypothekargläubigerin in Anspruch zu nehmen. Diesfalls hätte eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Höchstbetragshypothek in Form einer Vertragsübernahme stattfinden müssen, was im Beschwerdefall schon deshalb unmöglich war, weil die Hypothekargläubigerin im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs zwar noch existent, aber zahlungsunfähig und nicht mehr operativ tätig war (vgl. Liquidationsbeschluss v. , BFG-Akt S. 25ff). Der Formulierung im Kaufvertrag kann somit gegenständlich nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass der Bf auch die der "Last", also dem Pfandrecht, zugrundeliegenden Verbindlichkeiten (vgl. Pfandurkunde v. , BFG-Akt S. 52), übernehmen werde.

Der niedrige Kaufpreis von € 10.000,00 erklärt sich schon damit, dass der Bf tatsächlich die Reallast, und zwar in Höhe des Wertes des Liegenschaftsanteils übernehmen musste, und, wie oben dargestellt, zum Zeitpunkt des Erwerbs damit zu rechnen war, dass die Pfandgläubigerin - bzw. deren Liquidatoren - ihre Befriedigung aus der Pfandsache begehren werde.

IV. Rechtslage und Erwägungen

1. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 in der im Beschwerdefall geltenden Fassung BGBl. I 36/2014 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

2. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1. GrEStG 1987 stellt bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen die Gegenleistung dar.

Grundsätzlich gehören auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung.
Zur Gegenleistung gehört auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkt. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistungen gehören neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung nach dem GrEStG.
(Fellner in Fellner [Hrsg], Grunderwerbsteuer [15. Lfg 2016], § 5 Rz 69 mwN)

Übernimmt bei Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber ein auf dieser Liegenschaft haftendes Pfandrecht, so ist dies gemäß § 1408 ABGB im Zweifel als Schuldübernahme zu verstehen. Die Bestimmung ordnet an, dass die zwischen Veräußerer und Erwerber einer Liegenschaft getroffene Vereinbarung über die Übernahme der Hypothek im Zweifel (auch) als privative Schuldübernahme zu verstehen ist und verfolgt den Zweck, die Personalschuld und die Hypothekarschuld zusammenzuhalten, oder doch bei Vermögensverschiebungen das Verhältnis beider möglichst rasch klarzustellen. Daher wird der Übergang der Schuld auf den Erwerber der Liegenschaft gefördert. (Lukas in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 1408, rdb.at, mwN)

Beim Pfandrecht handelt es sich um das einem Gläubiger an einer Sache eingeräumte gegen jedermann wirkende (= absolute) und dingliche Recht, sich bei Nichterfüllung der damit gesicherten Forderung aus der Sache vorzugsweise zu befriedigen. Der Eigentümer der Pfandsache (Realschuldner) muss nicht notwendigerweise mit dem persönlich haftenden Schuldner ident sein. Es gehört zur Natur des Pfandrechts, dass der (bloße) Pfandschuldner nur mit der Pfandsache und nicht mit seinem Vermögen haftet (§ 447 ABGB). Rassi, Grundbuchsrecht3 4. Kapitel (Stand , rdb.at)

Der Bf hat eine Übernahme der dem Pfandrecht zugrundeliegenden Verbindlichkeiten bestritten. Er führte dazu aus, dass es von seiner Seite nie eine Geschäftsbeziehung mit der Limited gegeben habe und daher zu keiner privatrechtlichen Haftungsübernahme gekommen sei (vgl. Stellungnahme v. , BFG-Akt S. 75).

Die Abgabenbehörde legte der Grunderwerbsteuer im angefochtenen Bescheid als Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 den Kaufpreis von € 10.000,00 zuzüglich der pfandrechtlich sichergestellten Schulden iHv € 1.430,000,00, sohin € 1.440.000,00, zugrunde, und stützte sich dabei auf Pt. V. des Kaufvertrages vom , wonach der Bf als Käufer die (im Lastenblatt des Grundbuchs) angeführten Lasten übernehme, sowie den Bericht des Verlassenschaftskurators vom , der darauf verweise, dass der Bf als Käufer die verbücherte Belastung zu übernehmen habe. Im weiteren Verfahren wurde von der Abgabenbehörde unter Berufung auf §§ 1404, 1405 und 1408 ABGB sowie höchstgerichtliche Rechtsprechung ausgeführt, dass auch die unvollständige, der Einwilligung des Gläubigers ermangelnde Schuld- im Sinne einer Belastungsübernahme, als die im Zweifel die Übernahme einer Hypothek durch den Liegenschaftskäufer zu verstehen sei, eine Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 darstelle, sofern sich der Übernehmer über die reine Sachhaftung hinaus verpflichte, die Schuld durch Rückzahlung zu tilgen (vgl. Vorlagebericht v. , BFG-Akt S. 2, Stellungnahme v. , BFG-Akt S. 108a f, unter Zitat von ).

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Erwerber einer Liegenschaft die persönliche, oder lediglich dingliche Haftung übernommen hat, ist das Innenverhältnis zwischen den Vertragsteilen (zB ). Es ist also zu beurteilen, ob der Parteiwille darauf gerichtet war, dass der Erwerber nicht nur die mit dem Wert der Pfandsache begrenzte Sachhaftung übernehmen soll, sondern auch die Begleichung der dem Pfandrecht zugrundeliegenden Verbindlichkeit im Sinne einer Schuldübernahme gem. § 1405 ABGB.

Eine lebensnahe Beurteilung des Parteiwillens, insbesondere des Käuferwillens, führt dazu, dass dem Kaufvertrag vom eine über die reine Sachhaftung hinausgehende Verpflichtung des Bf, die dem Pfandrecht zugrundeliegenden Verbindlichkeiten gegenüber der J Ltd. durch Rückzahlung zu tilgen, nicht entnommen werden (vgl. oben Pt. III.3. dieses Erkenntnisses) kann. Der Beschwerdefall unterscheidet sich hier insofern vom Sachverhalt, der dem von der Abgabenbehörde zitierten VwGH-Erkenntnis zugrunde lag, als dort von der Erwerberin im Kaufvertrag ausdrücklich erklärt wurde, in Ansehung der übernommenen Lasten für deren pünktliche Bezahlung vorzusorgen. Es fehlt im Beschwerdefall jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Bf die Verkäuferin, wie vom VwGH mehrfach geäußert, "schad- und klaglos" hätte halten sollen ( mwN).

Die Gegenleistung iSd § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 bestand daher im Beschwerdefall im Kaufpreis iHv € 10.000,00 zuzüglich der übernommenen Lasten in Höhe des gemeinen Wertes des Liegenschaftsanteils iHv € 278.627,00. Dessen Ermittlung wird im Weiteren dargestellt.

3. Gemäß § 10 Abs. 2 BewG 1955 wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinträchtigen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Der gemeine Wert ist kein subjektiver, sondern ein objektiver Wert, weshalb bei seiner Feststellung zu beachten ist, dass sich ein objektiver, möglichst allgemein gültiger Wert ergibt.
Der gemeine Wert ergibt sich im Wesentlichen aus Angebot und Nachfrage im Wirtschaftsverkehr. Unter "gewöhnlichem Geschäftsverkehr" ist der Handel zu verstehen, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vollzieht und bei dem jeder Vertragspartner ohne jeden Zwang und nicht aus Not oder besonderen Rücksichten, sondern freiwillig in Wahrung seiner eigenen Interessen zu handeln in der Lage ist (Twaroch/Wittmann/Frühwald [Hrsg], Bewertungsgesetz, 30. Lfg. Juli 2022, § 10 Tz 17f mwN).

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Auch die Feststellung des gemeinen Wertes kann erforderlichenfalls durch Schätzung gemäß § 184 BAO erfolgen. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen geben kann bzw. wenn er keine geeigneten Unterlagen für die Bewertung beigebracht hat oder nicht in der Lage ist, geeignete Unterlagen beizubringen (Twaroch/Wittmann/Frühwald [Hrsg], Bewertungsgesetz, 30. Lfg. Juli 2022, § 10 Tz 23).

Zum Verkehrswert der Liegenschaft wurden vom Bf bereits im Verfahren vor dem Finanzamt ein Kurzgutachten der I GmbH, erstellt am , vorgelegt. Neben allgemeinen Informationen, wie Grundstücksgröße, Flächenwidmung, Verkehrslage und Belastungen lt. Lastenblatt wird im Kurzgutachten insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Das Ende der 1960er Jahre auf Gst. Nr. 610/3 errichtete Einfamilienhaus vermittelt von außen einen altersgemäß durchschnittlichen Zustand, diverse Sanierungsmaßnahmen dürften während der nächsten Jahre anstehen. Eine Begehung der Liegenschaft ist nicht erfolgt. (…)
Dies vorausgeschickt beurteilen wir aufgrund unserer Markterfahrung den aktuell erzielbaren Verkehrswert der fiktiv lediglich mit der angeführten Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens belasteten Liegenschaft
EZ_KG Gde_T mit ca. EUR 420.000,00."

Das Kurzgutachten entspricht damit in keinster Weise den Anforderungen an ein Bewertungsgutachten iSd §§ 9 und 10 LBG und könnte daher allenfalls im Wege der freien Beweiswürdigung Beachtung finden.

Dieser Umstand wurde dem Bf im Vorhalt vom mitgeteilt. Im Rahmen seiner Stellungnahme vom legte der Bf Ausdrucke ("IMMOmapping") mit Vergleichspreisen zu fünf Grundstücks- bzw. Hauskäufen in Gde_T im Zeitraum 2014 bis 2016 vor, aus welchen jedoch lediglich die Grundstücksgröße und der Kaufpreis zweifelsfrei zu ersehen waren

Der Bf legte außerdem einen Auszug (S. 150 und 151 - "Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser 600-800 m2") aus dem Immobilienpreisspiegel 2016 der WKO vor. Er kam in seiner Vorhaltsbeantwortung aufgrund der genannten Unterlagen im Wesentlichen zu dem Schluss, dass für die Bewertung der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft ein Mittelwert der in den vorgelegten Unterlagen aufgeführten Quadratmeterpreise von € 300,00 /m2 anwendbar sei, was einen Wert des gesamten Grundstücks von € 405.000,00, und damit € 202.500,00 des Hälfteanteils ergebe.

Konkrete Angaben darüber, mit welchem Wert das Gebäude auf der Liegenschaft zu erfassen sei, sind unterblieben. Aus den mit der Stellungnahme vom vorgelegten Rechnungen (Gebäudereinigung, Sanierungen im Außenbereich, Ölbrennerservice) lässt sich nicht erkennen, dass der Bf nach dem Erwerb der Liegenschaft zur Durchführung umfangreicherer Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gezwungen gewesen wäre.

Vom Finanzamt wurden im gesamten Verfahrensverlauf keine Angaben zum gemeinen Wert gemacht.

Der gemeine Wert der Liegenschaft wurde daher vom Bundesfinanzgericht im Schätzungsweg wie folgt ermittelt:

Laut der vom Bf vorgelegten Pläne beträgt die Wohnnutzfläche des Gebäudes rd. 237 m2.

Laut Immobilienpreisspiegel der WKO betrug der Durchschnittspreis für Einfamilienhäuser im Bezirk K 2015 in guter Wohnlage € 2.433,30 bei sehr gutem Wohnwert.

Laut Immobilienpreisspiegel der Statistik Austria ist die Liegenschaft der Größenkategorie C (mehr als 810 m2) zuzuordnen. Aufgrund der Wohnfläche von mehr als 146 m2 ergäbe sich somit ein Wert von € 2.170,00 pro m2.

Von A und B G wurde die Liegenschaft 2002 lt. vom Bf vorgelegtem Kaufvertrag um rd. € 409.000,00 (ohne Inventar) erworben. Der Wohnimmobilienpreisindex der Österreichischen Nationalbank betrug für Einfamilienhäuser im Jahr 2002 98,8, im Jahr 2015 140,3 (Index 2000 = 100; betr. Österreich ohne Wien), was einer Wertsteigerung von Einfamilienhäusern von 42 % entspricht.

Über den tatsächlichen Zustand des Gebäudes zum Zeitpunkt des beschwerdegegenständlichen Erwerbs wurden weder vom Bf selbst noch im bereits erwähnten Kurzgutachten detaillierte, nachvollziehbare Angaben gemacht. Aus den vom Bf mit seiner Stellungnahme vom vorgelegten Rechnungen ist allenfalls ersichtlich, dass keine gravierenden Instandhaltungsarbeiten durchgeführt wurden bzw. werden mussten. Aufgrund der Größe des Gebäudes und seiner Ausstattung (großzügiger Wellnessbereich im Kellergeschoß, großes Wohnzimmer mit offenem Kamin, zwei Badezimmer) wird von einem sehr guten Wohnwert ausgegangen.

Es ergeben sich daher folgende Werte:
- Immobilienpreisspiegel WKO: 237 m2 * 2.433,30 = € 576.692,10
- Immobilienpreisspiegel Statistik Austria 237 m2 * 2.170,00 = € 514.290,00
- Wertsteigerung lt. Index OeNB € 409.000,00 * 1,42 = € 580.780,00

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde geäußert, dass die Liegenschaft höchstens einen Wert von € 600.000,00 haben könne. Auch wenn auf nunmehrige Nachfrage nicht mehr begründet wurde, woher diese Zahl stammt, liegt sie dennoch im Bereich der im Schätzungsweg ermittelten Werte.

Der Mittelwert aus den ermittelten Werten beträgt € 557.254,00, für den Hälfteanteil sohin € 278.627,00.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall waren im Wesentlichen Tatfragen zu beurteilen; im Übrigen folgt das Erkenntnis der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100667.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at