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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.05.2022, RV/5101158/2017

Unwirksame Bescheidzustellung an den Vertretenen bei aufrechter Zustellvollmacht

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***RA***, ***RAadr1***, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid 2014 des ***FA*** vom mit dem der Antrag gem. § 299 BAO vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 vom abgewiesen wird, Steuernummer ***StNr*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 278 Abs. 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I.Verfahrensgang:

Vom Finanzamt wurde der Einkommensteuerbescheid 2014 am erlassen.

Die Antragstellerin (= Bf.) brachte mit Schriftsatz vom durch ihren ausgewiesenen Vertreter ***1*** ***2*** Rechtsanwälte, Dr. ***U*** unter Verweis auf die Vollmacht gem § 8 Abs 1 RAO einschließlich Zustellvollmacht den Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 beim Finanzamt ein, mit folgender Begründung:

"Die Antragstellerin stellt gemäß § 299 BAO binnen eines Jahres nach Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2014, der am erlassen wurde, fristgerecht den Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheide 2014 an das bescheiderlassende Finanzamt.
Der Einkommensteuerbescheid 2014 wird in der Folge als "angefochtener Bescheid" bezeichnet.
Die Antragstellerin führt dazu Folgendes aus:

"I. Sachverhalt:
Die Antragstellerin war seit dem Jahre 2004 durchgehend Mieterin einer Wohnung der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft "B" und war gleichzeitig Kaufanwärterin auf diese Wohnung gern § 15c des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes - WGG. Mit Kaufvertrag vom hat sie die gegenständliche Wohnung von der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft "B" ins Eigentum erworben. Kurz danach hat die Antragstellerin mit Kaufvertrag vom (kurz "Kaufvertrag") diese Wohnung - die Eigentumswohnung Top 16 auf der Liegenschaft EZ xxxx mit der Adresse L, bestehend aus der erwähnten Wohnung mit zwei PKW-Abstellplätzen - als Verkäuferin an Frau M. L. verkauft (in der Folge wird die gegenständliche [Eigentums]Wohnung kurz als "Wohnung" bezeichnet).

Bei der Selbstberechnung der ImmoESt wurde vom Vertreter der Antragstellerin (Notar Dr…) die Hauptwohnsitzbefreiung nicht in Anspruch genommen, da der Notar im Juli 2014 eine diesbezügliche Anfrage an das Finanzamt gestellt hatte, die abschlägig beantwortet wurde (in der Folge kurz"Anfragebeantwortung"). Nicht zuletzt wegen der in § 30c Abs. 3 S 3 EStG normierten Haftung, der die die Selbstberechnung vornehmenden Rechtsanwälte und Notare unterliegen, hat der Notar daher eine vorsichtige, den Erlässen und der Rechtsansicht des Finanzamtes folgende Betrachtungsweise vorgenommen.

Mit Antrag vom beantragte die damalige rechtsfreundliche Vertreterin der Antragstellerin (***BG*** Rechtsanwälte) eine Rückerstattung der vom erwähnten Vertreter der Antragstellerin (Notar Dr …) selbstberechneten ImmoESt iHv EUR 22.210,19.

Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde (dem Finanzamt Salzburg-Land) mit Bescheid vom abgewiesen. Die belangte Behörde stützte ihre Abweisung insbesondere auf die ablehnende Verwaltungsauffassung (EStR 2000,Rz 6642 EStG).

Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob die Antragstellerin fristgerecht Beschwerde (wobei auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet wurde). Diese Beschwerde wurde vom BFG -nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die am stattfand mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (in der Folge kurz "BFG") vom , GZ. RV1 abgewiesen. Mit der Begründung des BFG, die nach Ansicht der Antragstellerin unzutreffend ist, setzt sich die Antragstellerin in weiterer Folge ausführlich auseinander.

Gegen das erwähnte abweisende Erkenntnis des BFG hat die Antragstellerin fristgerecht ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0032, diese Revision abgewiesen. Die Abweisung erfolgte sozusagen aus formalen Gründen, da Gegenstand der Entscheidung des BFG der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Rückerstattung der Immobilienertragsteuer (in der Folge kurz "ImmoESt") war. Der Verwaltungsgerichtshof führte demgegenüber aus, dass über die Frage der richtigen Selbstberechnung der ImmoESt - und damit über die Frage der Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung - nicht im Immobilienertragsteuer-Rückerstattungsverfahren, sondern im Wege der Veranlagung und damit im Verfahren über die Festsetzung der Einkommensteuer zu entscheiden ist.

Daher wird mit dem gegenständlichen Antrag die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 begehrt.

Aus den oben genannten Gründen ist die Frage der Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung gemäß §30 Abs. 2 Z1 lit. b EStG aus inhaltlicher/materieller Sicht weiter offen. Daher wird im gegenständlichen Antrag (siehe insbesondere Abschnitt III.) auch eine Auseinandersetzung mit den Argumenten des BFG vorgenommen, die nach Ansicht der Antragstellerin unzutreffend sind.

II. Voraussetzungen für die Anwendung des § 299 BAO:

Voraussetzung der Aufhebung des Bescheides nach § 299 BAO ist, dass "der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist", also nicht der geltenden Rechtslage entspricht. Aus welchen Gründen die Unrichtigkeit als erwiesen anzunehmen ist (etwa bei der unrichtigen Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, bei Übersehen von Grundlagenbescheiden) ist für die Anwendbarkeit des § 299 BAO nicht ausschlaggebend (Ritz, BAO5, § 299, Tz 10; RV/0566-I/06; BMFErlass vom , GZ 05 2601/2-IV/5/02, Richtlinien zur Aufhebung gemäß § 299 BAO, Abschn. 3).

Da das Gesetz als Aufhebungsvoraussetzung verlangt, dass sich der Spruch des Bescheides als unrichtig "erweist" (Unterberger, SWK 9/2009, S 347), wird als Voraussetzung der Aufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit verlangt (; RV/0566-I/06; GZ/0424-1/09; , miterledigt RV/0646-L/05). Die bloße Möglichkeit der Rechtswidrigkeit reicht für die Aufhebung nicht aus,vielmehr darf die Behörde den Bescheid nur bei dessen erwiesener Unrichtigkeit aufheben (Ritz, BAO5, § 299, Rz 13 unter Hinweis auf Stoll, BAO 2888, Althuber,Rechtsschutz Rz 163).

Im gegenständlichen Fall liegt inhaltliche Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides 2014 - also des angefochtenen Bescheides - vor, und zwar insbesondere wegen der Nichtanwendung der Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 litb EStG. Darauf wird im folgenden Abschnitt III. ausführlich eingegangen.

Ergänzend sei noch auf folgenden Umstand hingewiesen: Die Antragstellerin hat in der Einkommensteuererklärung 2014 in Kennzahl 576 ausdrücklich beantragt, dass ihr die selbstberechnete Immobilienertragsteuer in Höhe von EUR 22.210,- rückerstattet wird. Damit hat die Antragstellerin auch die Veranlagungsoption ausgeübt. Über diesen Antrag auf Rückerstattung der ImmoESt wurde bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2014 - desangefochtenen Bescheides - gar nicht abgesprochen. Der angefochtene Bescheid ist daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.

Aus den beiden oben genannten Gründen ist auch hinreichend dargetan, dass die Gewissheit der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (zB ; 2012/170146) ist eine positive Ermessensübung - dh die Aufhebung eines rechtswidrigen Bescheides - im Rahmen des Ermessens der Abgabenbehörde dann geboten, "wenn die Behörde bei der Prüfung zu dem Schluss kommt, dass" (; 2012/17/0146)
(i) eine nicht bloß geringfügige Rechtswidrigkeit vorliegt oder
(ii) die wahrgenommene Rechtswidrigkeit keine wesentlichen Folgen nach sich
gezogen hat ().

Beide oben unter (i) und (ii) genannten Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt, da die ImmoESt - deren gänzliche Rückerstattung aufgrund der Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung im Wege der Einkommensteuerveranlagung begehrt wurde bzw. begehrt wird - EUR 22.210,19 betragen hat. Daher kann keineswegs von lediglich unwesentlichen Folgen gesprochen werden.

III. Inhaltliche Rechtswidrigkeit:

1. Inhaltliche Rechtswidrigkeit wegen Nichtanwendung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG:

a) Die Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG ist nach Wortlaut und Telos anwendbar:

Im gegenständlichen Fall war während des gesamten abgabenbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig, dass die Antragstellerin die gegenständliche Wohnung durchgehend seit mindestens fünf Jahren als Hauptwohnsitz genutzt hat. Sie war nämlich von 2004 bis 2014 Mieterin dieser Wohnung, und zwar durchgehend.

Allerdings lag diese Frist von fünf Jahren der Nutzung als Hauptwohnsitz - weitestgehend - VOR dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Eigentumserwerbs.

Die Problematik des gegenständlichen Falles liegt somit - nach Ansicht der Finanzverwaltung (EStR 2000 RZ 6642) im Allgemeinen und auch nach Ansicht der belangten Behörde sowie des BFG im Konkreten - in dem Umstand, dass die Antragstellerin in dem mindestens fünf Jahre zu betragenden Zeitraum der Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz noch nicht zivilrechtliche Eigentümerinwar; zumindest waren die Zeiten, in denen sie auch zivilrechtliche Eigentümerinwar, nur kurz: Die Antragstellerin hatte die Wohnung nur ca. zwei bis drei Monate im zivilrechtlichen Eigentum, da sie nach Erwerb des zivilrechtlichem Eigentums von der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft (am ) die Wohnungan Frau M. L. wieder weiterveräußert hat (am ).

Die Finanzverwaltung im Allgemeinen sowie die belangte Behörde im Besonderen vertreten die Ansicht, dass § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG - der für Begriff der "Eigentumswohnung" bzw. des "Eigenheimes" auf § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG verweist- sozusagen einen "gestreckten Tatbestand" bildet. Demnach müsse offenbar das zivilrechtliche Eigentum an der Eigentumswohnung und am Eigenheim während der gesamten 5-jährigen Nutzungsdauer, die in § 30 Abs. 2 ZI lit. b EStG zur Erlangung der Befreiung verlangt wird, gegeben sein. Oderanders gesagt; Erst Zeiträume NACH dem Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums können auf die 5-jährige Nutzungsdauer als Hauptwohnsitz anrechenbar sein, nicht VOR diesem Zeitpunkt liegende Zeiträume.

Das BFG vertritt darüber hinaus - wie noch zu zeigen sein wird - im Erkenntnis , GZ. RV1 eine im Vergleich noch restriktivere Rechtsansicht: Nach Ansicht des BFG müsse für die Erlangung der Befreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG sogar - obwohl dies im Wortlaut nicht vorgesehen ist - eine "Anschaffung" vorliegen. Nur Zeiträume ab der Anschaffung werden für die im Tatbestand verlangte 5-jährige Nutzungsdauer als Hauptwohnsitz berücksichtigt. Diese Ansicht des BFG hat nicht nur zur Konsequenz, dass das zivilrechtliche Eigentum vorhanden sein muss (da die Anschaffung, die auf die Verschaffung wirtschaftlichen Eigentums gerichtet ist, idR ja auch zivilrechtliches Eigentum verschafft), damit Zeiträume auf die 5-jährige Frist der Nutzung als Hauptwohnsitz anrechenbar sein können; sie hat vielmehr auch zur Konsequenz, dass die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG bei Erbschaften und Schenkungen generell ausgeschlossen ist (da eine "Anschaffung" ein entgeltlicher Vorgang ist und unentgeltliche Vorgänge somit ausschließt). Da auch die lit a des §30 Abs 2 Z 1 EStG eine Anschaffung voraussetzt, stünde somit generell im Fall einer vorangegangenen Erbschaft oder Schenkung keine Hauptwohnsitzbefreiung mehr zu (auf die Problematik dieser Auffassung des BFG wird unten noch ausführlich eingegangen).

Gegen diese Rechtsansichten der Finanzverwaltung, der belangten Behörde und des BFG, die die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG im gegenständlichen Fall ausschließen, da die 5-jährige Frist der Nutzung als Hauptwohnsitz erst NACH dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb (und damitNACH der - im konkreten Fall erfolgten - Anschaffung) liegen müsse, sprechen die folgenden Argumente:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG dem Wortlaut nach keine Anschaffung verlangt; es genügt daher, wenn der Wohnsitz unentgeltlich - durch Erbschaft oder Schenkung - erworben wurde (dies räumt auch die Finanzverwaltung ein: vgl EStR 2000 RZ 6639).

Da - im systematischen Vergleich zu lit. a des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG (der eine "Anschaffung" verlangt) - bei lit. b leg cit eine Anschaffung nicht erforderlich ist, ist es daher konsequenterweise auch ausreichend, wenn der Veräußerer den Hauptwohnsitz bereits zu einem Zeitpunkt begründet hat, zu dem er (noch) nicht zivilrechtlicher Eigentümer war (IdS zB Hammerl/Mayr, RdW 2012, 168; Perthold/Vaishor, Stabilitätsgesetz, SWK-Spezial 2012, 19). Konsequent weitergedacht, könnte der Veräußerer somit den Hauptwohnsitz beispielsweise auch als Mieter (im Falle eines Mietkaufs) oder im Rahmen eines Prekariums (Bittleihe) begründen und damit den Lauf der 5-Jahres-Frist auslösen (zB Urtz, ÖBA 2012, 687; Steckenbauer/Urtz in Urtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer - Update 2013 [2014], S. 89).

Die Finanzverwaltung hat sich dieser Ansicht in den aktuellen EStR 2000 zumindest teilweise angeschlossen; Bei unentgeltlichem Erwerb durch Erbschaft oder Schenkung zählen auch die Zeiten des Steuerpflichtigen vor dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb mit (EStR 2000 RZ 6642). Das Gleiche gilt nach EStR 2000 RZ 6642 für den Erwerb durch Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse bei Auflösung der Ehe oder Ehescheidung gern § 83 EheG (bzw. für vergleichbare Vorgänge für eingetragene Partner nach dem EPG). Der Grund liegt darin, dass es sich bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens bzw. der ehelichen Ersparnisse -wie bei Erbschaft und Schenkung - um einen steuerneutralen Vorgang handelt. In "allen anderen Fällen (z.B. Mietkauf)" soll der Steuerpflichtige hingegen gern EStR 2000 RZ 6642 die Zeiten vor dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb nicht berücksichtigen können. Die FinVerw will daher in allen Fällen, in denen das Eigenheim/die Eigentumswohnung VOR einer Anschaffung als Hauptwohnsitz genutzt wurde (wie zB Kauf einer Genossenschaftswohnung, die vor dem Kauf gemietet wurde), diese vor Anschaffung liegenden Nutzungszeiten für die 5- Jahres-Frist nicht berücksichtigen (der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass allerdings auch nach Auffassung der FinVerw - selbst im Rahmen der lit. b - die Besitzzeiten vor Eigentumserwerb dann zu berücksichtigen sind, wenn der Erwerb aufgrund eines Anwartschaftsvertrages als Wohnungseigentumsbewerber erfolgt; dies geht u.a. aus RZ 6640 sowie aus der erwähnten Anfragebeantwortung des Finanzamtes hervor).

Im Unterschied dazu sollen dann, wenn das Eigenheim/die Eigentumswohnung vor einem unentgeltlichen Erwerb (Erbschaft, Schenkung) genutzt wurde, die Zeiten der Nutzung sehr wohl zu berücksichtigen sein.

Als Zusammenfassung der Ansicht der Finanzverwaltung ist daher festzuhalten: Die Finanzverwaltung nimmt eine Differenzierung zwischen Fällen der Erbschaft/Schenkung auf der einen Seite und des Mietkaufs auf der anderen Seite vor.

Diese Einschränkung überzeugt ebenso wenig wie diese Differenzierung; § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG verlangt zwar einerseits keine Anschaffung, schließt aber andererseits auch Anschaffungsvorgänge nicht aus. Auch ergibt sich aus dem Begriff "Eigenheim" oder "Eigentumswohnung" keineswegs, dass Zeiten vor dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb nicht berücksichtigt werden dürfen.

Denn auch wenn gerade der Begriff "Eigentumswohnung" bereits dem Wortlaut nach zivilrechtliches Eigentum impliziert, so verlangt der Gesetzeswortlaut doch keineswegs, dass das zivilrechtliche Eigentum durch die gesamte 5-jährige Nutzungsdauer hinweg bestehen muss. Nach dem Wortlaut reicht es aus, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Veräußerung und damit vor Erfüllung des Grundtatbestandes des § 30 Abs 1 EStG zivilrechtliches Eigentum bestanden hat (aA aber Kanduth-Kristen in Jakom EStG8 §30 Rz32, die somit iE die Auffassung der FinVerw teilt; folgte man dieser Argumentation, wonach nur nach dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb liegende Zeiten berücksichtigt werden dürfen, könnten allerdings auch im Falle des unentgeltlichen Eigentumserwerbes durch Erbschaft oder Schenkung die Besitzzeiten vor Eigentumserwerb nicht berücksichtigt werden, was die FinVerw aber tut [insoweit ist die Argumentation von Kanduth-Kristen auch widersprüchlich, da sie ebenfalls die Besitzzeiten vor unentgeltlichem Eigentumserwerb berücksichtigen will: Rz32 und Rz33]). Im vorliegenden Fall sind daher - dem Wortlaut nach- die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG erfüllt, da die Antragstellerin vor der Veräußerung an M. L. - für die Dauer von ca zwei bis drei Monaten - zivilrechtliches Eigentum (und damit auch wirtschaftliches Eigentum) an der Wohnung hatte.

Als Fazit ist festzuhalten: Nach dem Wortlaut bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, die Besitzzeiten vor einem zivilrechtlichen Eigentumserwerb (der zu einem "Mietkauf' führt) nicht zu berücksichtigen (siehe nochmals Urtz, ÖBA2012, 687; Steckenbauer/Urtz in Urtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer - Update 2013,8.89).

Ergänzend ist festzuhalten, dass die von der Antragstellerin vertretene Auffassung - wonach es ausreichend ist, wenn die 5-jährige Nutzung als Hauptwohnsitz VOR zivilrechtlichem Eigentumserwerb und damit vor einer allfälligen Anschaffung liegt - nicht nur im Wortlaut Deckung findet, sondern auch gerade dem Sinn und Zweck der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG entspricht, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt: Der Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung liegt darin, dass der Veräußerungserlös "ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung" stehen (vgl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, 1680 BlgNR XXIV. GP). Dieser Zweck ist unabhängig davon erfüllt, ob die 5-jährige Nutzung als Hauptwohnsitz VOR dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb liegt oder - was Finanzverwaltung, belangte Behörde und BFG verlangen- NACH dem zivilrechtlichen Eigentumserwerb.

Der Begründung des BFG ist vor der oben dargestellten Rechtslage Folgendes zu entgegnen:

Auch das BFG anerkennt in der Begründung des Erkenntnisses vom , GZ. RV1 das Wortlautargument (S 17 des Erkenntnisses), wonach vom Wortlaut der lit b des § 30 Abs 2 Z 1 EStG im Gegensatz zur lit a leg cit gerade keine Anschaffung verlangt wird. Im Ergebnis vertritt das BFG allerdings dennoch die gegenteilige Ansicht; Das BFG verlangt auch bei lit b eine Anschaffung (S 17 f) und behandelt damit die lit a und lit b des § 30 Abs 2 Z 1 EStG genau gleich. Die dabei vom BFG verwendete Begründung,dass ja eine "Veräußerung" (die in lit b genauso wie in lit a leg cit) normiert wird,der korrespondierende Begriff zur Anschaffung sei -und somit jede"Veräußerung" sozusagen eine "Anschaffung" voraussetze (so S 17 desErkenntnisses vom , GZ. RV1) - ist als Argumentgeradezu absurd. Denn damit meint das BFG offenbar, dass nur "angeschaffte"Eigentumswohnungen oder Eigenheime in den Genuss derHauptwohnsitzbefreiung der lit b kommen. Würde man diese Argumentationkonsequent weiterdenken, hieße dies erstens, dass bei unentgeltlich erworbenen -dh geerbten oder geschenkten - Eigentumswohnungen/ Eigenheimen niemals eineHauptwohnsitzbefreiung zustünde: Denn auch die lit a, deren Tatbestand jaausdrücklich eine "Anschaffung" voraussetzt, schließt dieHauptwohnsitzbefreiung für unentgeltliche erworbene Objekte grundsätzlich aus(näher Steckenbauer/Urtz in Urtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer - Update2013, S 85 ff). Damit stünde für unentgeltlich erworbene Grundstücke keineHauptwohnsitzbefreiung zu, und zwar weder nach lit a noch nach lit b. Zweitenswürde vielmehr auch bedeuten, dass bei einer solchen Auslegung der gesamte§30 EStG -dessen Grundtatbestand in Abs 1 ja auch eine "Veräußerung"voraussetzt (zB Leitner/Urtz in Urtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer - Update2013, S 21 ff) - die Veräußerung von unentgeltlich erworbenen Grundstückennicht umfassen würde. Unentgeltlich erworbene Grundstücke wären demnach -mangels "Anschaffung" stets steuerfrei. Dass ein solches Auslegungsergebnis,wonach eine "Veräußerung" stets eine "Anschaffung" voraussetze, absurd ist,liegt somit auf der Hand.

Als Gegenargument zur Ansicht des BFG ist - wie bereits oben ausführlichdargestellt - daraufhinzuweisen, dass der Gesetzeswortlaut der litb des §30Abs. 2 Z 1 ganz klar keine Anschaffung verlangt. Aus dem systematischenVergleich der lit b zur lit a leg cit ergibt sich somit, dass auch kein "gestreckterTatbestand" vorliegt.

Außerdem hätte die Rechtsansicht des BFG weitreichende Folgen: Verlangte mannämlich bei beiden Hauptwohnsitzbefreiungen - sowohl nach lit a als auch nachlitb des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG - eine Anschaffung, dann würden - wie bereitsoben angedeutet -unentgeltlich erworbene (dh geerbte oder geschenkte)Eigentumswohnungen und Eigenheime niemals in den Genuss derHauptwohnsitzbefreiung kommen. Eine derart restriktive Ansicht (die übrigensauch nicht in Einklang mit der Rechtsansicht des BMF in EStR 2000 Rz 6642steht) widerspricht klar den Gesetzesmaterialien zum 1. Stabilitätsgesetz 2012,mit dem § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG eingeführt wurde (vgl die Erläuterungen zurRegierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, 1680 BlgNRXXIV. GP),1 nachdenen ja der Veräußerungserlös ungeschmälert zur Erlangung eines neuenHauptwohnsitzes zur Verfügung stehen soll (was wohl auch für unentgeltlicherworbene Veräußerungen gilt).
1…………

In diesem Zusammenhang sei noch auf ein zusätzliches Argument hingewiesen:
Bereits vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 galt die Hauptwohnsitzbefreiung
(damals nach Z 1, die erst mit dem 1. Stabilitätsgesetz zur lit a wurde; lit b wurdeüberhaupt erst mit dem 1. Stabilitätsgesetz eingeführt) auch für unentgeltlicherworbene Eigentumswohnungen und Eigenheime. Seit demSteuerreformgesetz 1993 und bis zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 galt nämlichgemäß den letzten beiden Sätzen des § 30 Abs 2 Z 1 EStG die folgende Regelung"Im Falle eines Enverbes von Todes wegen sind für die Fristenberechnung dieBesitzzeiten zusammenzurechnen. Im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes unterLebenden gilt dies nur dann, wenn der Erwerber und der Rechtsvorgängergemeinsam seit der Anschaffung ununterbrochen die Voraussetzung desHauptwohnsitzes erfüllen." (zur Rechtsentwicklung siehe Steckenbauer/Urtz inUrtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer - Update 2013, S. 86). Dass derGesetzgeber die Hauptwohnsitzbefreiung für unentgeltlich erworbeneEigentumswohnungen und Eigenheime - die vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012somit zulässig war - durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012 generell ausschließen unddaher in diesem Punkt eine Verschärfung der Rechtslage wollte, kann denGesetzesmaterialien in keiner Weise entnommen werden. Die Materialien weisenim Gegenteil darauf hin, dass der historische Gesetzgeber dieBefreiungsbestimmungen für als Hauptwohnsitz genutzte Eigentumswohnungenund Eigenheime ERWEITERN wollte (da ja durch das 1. Stabilitätsgesetz dieSpekulationsfrist für Grundstücke abgeschafft wurde). Damit sei abschließendfestgehalten, dass die sich aus der Rechtsansicht des BFG ergebende Konsequenz- dass nämlich die Hauptwohnsitzbefreiung für unentgeltlich erworbeneEigentumswohnungen oder Eigenheime generell ausgeschlossen ist - vomGesetzgeber sicherlich nicht gewünscht war. Die Rechtsansicht des BFG ist daherauch aus diesem Grund unrichtig.

Das BFG stützt sich in seiner Argumentation sehr stark darauf, dass der Begriffder "Eigentumswohnung" dem Wohnungseigentumsgesetzt (WEG) folgt unddamit zivilrechtlich orientiert sei (insbesondere S 15 f des Erkenntnisses vom, GZ. RV1). Dies ist zwar grundsätzlich richtig;dennoch sind aber zwei wesentliche Gegenargumente zu nennen; Erstens ist diezivilrechtliche Orientierung des Begriffs einschränkend zu sehen, was sich darausergibt, dass auch ausländische Wohnungen unter diesen Begriff fallen müssen(dies ergibt sich bereits aus den Grundfreiheiten des Unionsrechts), was wiederumzur Folge hat, dass die Definition nicht ausschließlich an das österreichischeWEG und damit nicht ausschließlich an das österreichische Zivilrecht anknüpfenkann (siehe Steckenbauer/Urtz in Urtz [Hrsg], Die neue Immobiliensteuer -Update 2013, S 71). Zweitens ist daraufhinzuweisen, dass im gegenständlichenFall ja unzweifelhaft zivilrechtliches Eigentum an der Wohnung vorgelegen hat,nur eben lediglich für einen kurzen Zeitraum (ca zwei bis drei Monate ab derAnschaffung von der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft bis zumgegenständlichen steuerpflichtigen Verkauf durch die Antragstellerin anFrau M. L.). Aus dem Argument der Anknüpfung des Begriffes der"Eigentumswohnung" an das Zivilrecht ergibt sich somit noch nicht, dass die 5-jährige Frist erst NACH Erlangung des zivilrechtlichen Eigentums zu laufenbeginnen kann.

Auch die Argumentation des BFG mit dem Hinweis auf die Gesetzesmaterialien(Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, 1680 BlgNRXXIV. GP) geht ins Leere: Der Hinweis in den Gesetzesmaterialien, dass dieBefreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG "aufgrund der unbegrenztenSteuerhängigkeit" von Grundstücken (gemeint: seit der Abschaffung derSpekulationsfrist durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012) eingeführt worden sei, waszur Folge habe, dass die in den Genuss der Befreiungsbestimmung kommendenGrundstücke im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers stehen müssten, trifftebenso wenig die Kernfrage des gegenständlichen Falles: Im gegenständlichenFall stand die veräußerte Wohnung ja unzweifelhaft im zivilrechtlichen Eigentumder Antragstellerin - und damit auch in ihrem wirtschaftlichen Eigentum, dakeine Anhaltspunkte für ein Auseinanderfallen von wirtschaftlichem undzivilrechtlichem Eigentum ab dem Kauf durch die Antragstellerin von dergemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft bestehen. Die Frage liegt vielmehrdarin, ob der Umstand ausreichend ist, dass das zivilrechtliche (undwirtschaftliche) Eigentum nur kurz währte, nämlich für ca zwei bis drei Monate.

Dass dieser Umstand problematisch sein und die Anwendung derBefreiungsbestimmung des
§ 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG ausschließen sollte, ist den
Gesetzesmaterialien allerdings nicht, und zwar nicht einmal ansatzweise zuentnehmen. Die umfangreichen Hinweise des BFG auf die Gesetzesmaterialien(S 12 ff und insbesondere S 16) gehen daher wie gesagt ins Leere.

Abschließend sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der Begriff"Altgrundstück", der vom BFG in Verbindung mit den Gesetzesmaterialienerwähnt wird (S 14 und S 16 unten), in den Gesetzesmaterialien im Kontext des§ 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG NICHT erwähnt wird. Dieser Begriff stammt offenbaraus einem Beitrag von Herzog, und hat daher für dieAuslegung keinerlei Bedeutung.

Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die von der Antragstellerinvertretene Auffassung - wonach es ausreichend ist, wenn die 5-jährige Nutzungals Hauptwohnsitz VOR dem zivilrechtlichem Eigentumserwerb und damit voreiner allfälligen Anschaffung liegt-gerade auch dem Sinn und Zweck derBefreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG entspricht, wie er in denGesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (der Veräußerungserlös solle"ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung"stehen; vgl die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz2012, 1680 BlgNR XXIV. GP).

b) Ergänzendes Argument - wirtschaftliches Eigentum genügt und ersetztsomit das zivilrechtliche Eigentum:
Ergänzend wird als Argument vorgebracht, dass bereits seit Miete der
gegenständlichen Wohnung im Jahr 2004 wirtschaftliches Eigentum vorlag. Diesergibt sich aus der der Antragstellerin im Mietvertrag (auf der Grundlage des§ 15b WGG) eingeräumten Kaufoption.Das BFG führt im Erkenntnis vom , GZ. RV1 (S 19 ff) demgegenüber aus, dass die gegenständlich im Mietvertrag zwischen derAntragstellerin und der gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft eingeräumteKaufoption (auf der Grundlage des
§ 15b WGG) noch kein wirtschaftliches
Eigentum verschaffe. Sie begründet dies im Wesentlichen damit, dass es sicheben um eine Option und um keine verbindliche Vereinbarung handle.

Dieses Argument des BFG ist nichtzutreffend:Im Einkommensteuerrecht kommtauch einer bloßen Kaufoption für die Verschaffung des wirtschaftlichenEigentums sehr wohl Bedeutung zu. Insbesondere bei Leasingverträge, spieltein Optionsrecht eine Rolle; dort führt nämlich das Optionsrecht zumwirtschaftlichen Eigentum des Leasingnehmers am Leasinggegenstand, wenn dieAusübung der Optionwahrscheinlich ist, weil "deren Nichtausübung gegenjede wirtschaftliche Vernunft verstoßen" würde (vgl zB 93/15/0107; ; und ; siehe zum Ganzen Laudacher in JakomEStG8, § 2 Rz 79 ff, insbesondere Rz 83).

Diese Voraussetzungen - dass nämlich die Nichtausübung der Kaufoption auf diegegenständliche Wohnung gegen jede wirtschaftliche Vernunft verstoßenwürde - liegen gegenständlich vor: Die Kaufoption wurde bereits im Mietvertragüber die gegenständliche Wohnung (Punkt 3 des Mietvertrages) eingeräumt (unterAnwendung des § 15c des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes - WGG [undnicht des WEG 2002, wie das BFG irrtümlich im Erkenntnis vom ,GZ. RV1 festgestellt hat]). Die Antragstellerin hatte nämlich diediesbezüglichen Voraussetzungen des WGG (insbesondere § 15b), dieinsbesondere in der Zahlung der entsprechenden Finanzierungsbeiträge an diegemeinnützige Siedlungsgenossenschaft "B" bestanden, erfüllt.

Dieser Umstand wurde vom Vertreter der Antragstellerin ausdrücklich in dermündlichen Verhandlung ausgeführt und vom BFG als unstrittig festgestellt.Auch der Umstand, dass die Nichtausübung der Option gegen jede wirtschaftlicheVernunft verstoßen würde, wurde vom Vertreter der Antragstellerin auch in dermündlichen Verhandlung vorgebracht und hätte vom BFG somit entsprechendfestgestellt werden können; Der Ankauf der gegenständlichen Wohnung von dergemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft durch die Antragstellerin erfolgtenämlich um EUR 135.806,-; der Weiterverkauf von der Antragstellerin an FrauM. L. erfolgte um EUR 230.000,-. Angesichts dieser Wertverhältnisse von knappEUR 100.000 (= rund 70% Wertsteigerung) ist klar, dass die Nichtausübung derKaufoption gegen jede wirtschaftliche Vernunft verstoßen hätte.

IV. Anträge:

Die Antragstellerin stellt somit die Anträge, das Finanzamt möge

-die Einkünfte aus der Veräußerung der gegenständlichen Wohnung (iHv88.840,76 €) aufgrund der geltend gemachten Veranlagungsoption in dieBemessungsgrundlage aufnehmen (sollte das Finanzamt wider Erwartender Ansicht sein, die Veranlagungsoption sei trotz des Antrages aufRückerstattung der ImmoESt in Höhe von EUR 22.210,19 in Kennzahl 576der Einkommensteuererklärung 2014 nicht beantragt worden, so wird dieshiermit nachgeholt);

-in weiterer Folge wird beantragt, aus den vorstehend in Abschnitt III.genannten Gründen der Antragstellerin die Hauptwohnsitzbefreiung gemäߧ 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG zu gewähren und damit die genannten Einkünftewiederum aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden;

-schließlich wird beantragt, im Zuge der Einkommensteuerveranlagung2014 die selbstberechnete ImmoESt in Höhe von EUR 22.210,19anzurechnen bzw rück zu erstatten.

Mit Abweisungsbescheid 2014 vom wurde der Antrag der Bf. vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom abgewiesen mit folgender Begründung:

"Die Hauptwohnsitzbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG ist nicht anzuwenden,da die Frist für die Inanspruchnahme dieser erst ab Abschluss des Wohnungseigentumsvertrages und erfolgter Parifizierung zu laufen beginnt und nicht bereits ab Nutzung der Wohnung aufgrund eines Mietvertrages, in dem eine Kaufoption eingeräumt wurde. Diese Kaufoption verschaffte Ihnen nicht die Rechtstellung eines Wohnungseigentumwerbers, da diese Rechtstellung nur demjenigen zukommt, dem die Einräumung von Wohnungseigentum vertraglich zugesichert wurde.Eine solche Zusage ist im Grundbuch nicht angemerkt".

Dieser Bescheid ist an die Bf. mit ihrer Wohnsitzadresse gerichtet bzw. adressiert. Der Bescheid (mit der Signatur Datum/Zeit 2016-07-06T01:20:07+02:00) wurde in die Databox elektronisch am zugestellt.

Mit Schriftsatz vom (eingelangt am beim FA) erhob die Bf. durch ihren ausgewiesenen Vertreter Dr. ***U*** als Rechtsanwalt bei der ***1*** ***2*** Rechtsanwälte unter Verweis auf "die Vollmacht gem § 8 Abs 1 RAO einschließlich Zustellvollmacht" gegen den Bescheid vom Beschwerde mit der die Mangelhaftigkeit des Verfahrens (Prozessvoraussetzungen-Fristwahrung) und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wurde:

"…
1. Prozessvoraussetzungen-Fristwahrung:

Der erwähnte Schriftsatz vom , mit dem ein Antrag gemäß § 299 BAO gestellt wurde, ist von ***2*** Rechtsanwälte als den rechtsfreundlichen Vertretern der Beschwerdeführerin eingebracht worden. Dabei ist im Schriftsatz auf die bestehende Vollmacht von ***2*** Rechtsanwälte ausdrücklich hingewiesen worden; dies genügt gemäß § 8 Abs. 1 RAO, damit die Vollmacht auch von der Abgabenbehörde anerkannt werden muss. Die von der Beschwerdeführerin an die ***2***Rechtsanwälte erteilte Vollmacht ist eine allgemeine und umfassende Vollmacht iSd § 103 BAO. Eine solche allgemeine Vollmacht umfasst auch die Zustellbevollmächtigung (Ritz, BAO-Kommentar § 9 ZustellG Rz 20 mwN). Aus § 9 Abs. 3 ZustellG ergibt sich, dass in der Zustellverfügung bzw. im angefochtenen Bescheid die rechtsfreundlichen Vertreter ***2***Rechtsanwälte als Empfänger hätten bezeichnet werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Der angefochtene Bescheid ("Abweisungsbescheid 2014" vom ) war lediglich an die Beschwerdeführerin gerichtet und wurde auch nur an die Beschwerdeführerin - offenbar über FinanzOnline - zugestellt. Eine solche Zustellung, die nur an die Beschwerdeführerin als Vertretene und nicht an den rechtsfreundlichen Vertreter erfolgt, ist aufgrund des § 9 Abs. 3 ZustellG jedoch unwirksam (Ritz, BAO-Kommentar5 § 9 ZustellG Rz 24).

In einem solchen Fall kommt nur eine Heilung gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz ZustellG in dem Zeitpunkt Betracht, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Dies war am der Fall, da Dr. Christoph ***U*** - als Rechtsanwalt bei ***2***Rechtsanwälte - den angefochtenen Bescheid per Mail erhalten hatte (siehe Beilage./1).
Die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO begann daher mit Zustellung am zu laufen und ist somit noch offen".

Ergänzend beantragte die Bf. darin gemäß § 262 Abs. 2 lit a BAO, dass eine Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben habe; auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung werde hiermit sozusagen verzichtet. In diesem Zusammenhang rege sie an, die belangte Behörde möge gemäß § 262 Abs. 2 lit b BAO die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Bundesfinanzgericht vorlegen.

Hinsichtlich der übrigen Ausführungen zum Sachverhalt, zu den Voraussetzungen für die Anwendung des § 299 BAO sowie zur Inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf den Schriftsatz vom (siehe oben) und den im Akt liegenden Beschwerdeschriftsatz vom verwiesen.

Der Beschwerde beigelegt war das Mail vom (Beilage ./1) und der Abweisungsbescheid 2014 vom .

Mit Bescheid/Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom wurde die Beschwerde der Bf. vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom als unbegründet abgewiesen, mit der Begründung, dass die Abweisung unter Hinweis auf das Erkenntnis des RV1 erfolgt sei.

Mit Schreiben (und mit Fax) vom stellte die Bf. durch ihren Vertreter Dr ***U*** , RA bei der ***1*** ***2*** Rechtsanwälte unter Verweis auf die erteilte Vollmacht gem § 8 Abs 1 RAO einschließlich umfassender Zustellvollmacht gemäß
§ 103 BAO, fristgerecht den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung mit der die Abweisung des Antrags gem. § 299 auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 erfolgte. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Auf die Ausführungen im - im Akt aufliegenden - Vorlageantrag wird verwiesen (diese decken sich im Wesentlichen mit den Ausführungen in der Beschwerde und im Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom ).

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vor.

Aus der Stellungnahme des Vorlageberichts vom geht hervor, dass die Abweisungen aufgrund der BFG-Entscheidung vom , in der inhaltlich über die HWS Befreiung bereits abgesprochen worden sei, erfolgt sei. Die Aufhebung durch den VwGH erfolgte nur aus formalen Gründen. Es werde daher beantragt, dieser Entscheidung zu folgen.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde wird ausgeführt, dass trotz der beantragten Zustellvollmacht im Aufhebungsantrag der Abweisungsbescheid an die Beschwerdeführerin zugestellt worden sei. Nach Angaben des zustellbevollmächtigten Vertreters habe dieser erst am von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt.

II. Sachverhalt:

Im gegenständlichen Verfahren ist als ausgewiesener Vertreter die ***1*** ***2*** Rechtsanwälte unter Verweis auf die "Vollmacht gem § 8 Abs 1 RAO einschließlich Zustellvollmacht" im gegenständlichen Verfahren gegenüber dem Finanzamt für die Beschwerdeführerin eingeschritten.

Dr ***U*** als Rechtsanwalt der ***1*** ***2*** Rechtsanwälte hat sowohl den Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 mit Schriftsatz vom , die Beschwerde mit Schriftsatz vom sowie den Vorlageantrag mit Schriftsatz vom verfasst und dem Finanzamt übermittelt. Die Beschwerde samt Beilagen langte am beim Finanzamt ein.

Das Finanzamt adressierte den Abweisungsbescheid 2014 vom an die Bf mit ihrer Wohnsitzadresse und hat den Bescheid in die Databox elektronisch mit zugestellt.

Die vorhandene Zustellvollmacht des rechtsanwaltlichen Vertreters wurde nicht berücksichtigt.

Laut glaubhaften Vorbringen des Rechtsanwaltes Dr. ***U***, RA bei der ***1*** ***2*** Rechtsanwälte in der Beschwerde vom hat er am den angefochtenen Bescheid per Mail erhalten. Dem Mail beigelegt war der (abgelichtete) Abweisungsbescheid. Aus dem E-Mail vom ergibt sich, dass die Unterlagen als Anhänge in Form von PDF Dateien mit übermittelt wurden.

III.Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Eingaben der rechtsanwaltlichen Vertretung und den im Akt liegenden Unterlagen und den glaubwürdigen Angaben des Vertreters in der Beschwerde.

Das Finanzamt hat zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde ausgeführt, dass trotz der beantragten Zustellvollmacht im Aufhebungsantrag der Abweisungsbescheid an die Beschwerdeführerin und nicht an den Vertreter zugestellt worden sei.

Die Feststellungen zur Bescheidadressierung und Zustellung des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus dem Akteninhalt. Die Feststellung von der Kenntnisnahme vom Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus den Angaben des anwaltlichen Vertreters in der Beschwerde, dem dazu vorgelegten E.-Mail vom und dem Abweisungsbescheid. Dass der Originalbescheid dem Vertreter tatsächlich zugekommen ist, wurde nicht behauptet.

IV.Rechtslage:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Gemäß § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Für einen berufsmäßigen Parteienvertreter genügt es somit, wenn er sich auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. ; ).

Eine allgemeine Vollmacht umfasst, soweit sich daraus nichts Gegenteiliges ableiten lässt, auch die Zustellungsbevollmächtigung (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; zB ; ; ; ; ). Dies gilt auch dann, wenn sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. ; ; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 20, 21). Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte (allgemeine) Vollmacht schließt auch eine Zustellungsvollmacht ein (vgl. zB ). Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 19, mwN).

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Zustellungen sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen.

Gemäß § 2 Z 1 ZustG bedeutet "Empfänger" im Sinne dieses Bundesgesetzes die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5 ZustG) namentlich als solcher bezeichnete Person.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten gemäß § 9 Abs. 1 ZustG andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen gemäß § 9 Abs. 3 ZustG als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO kann der Einzelrichter ungeachtet eines Antrages
(§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260 BAO).

V.Erwägungen:

Den Feststellungen des BFG zufolge hat laut Antrag der Bf. vom eine allgemeine Bevollmächtigung einschließlich Zustellvollmacht der rechtsanwaltlichen Vertretung bestanden, die somit auch im Zeitpunkt der Erlassung des angfochtenen Abweisungsbescheides 2014 vom aufrecht war. Im gegenständlichen Fall schloss die allgemeine Vollmacht des anwaltlichen Vertreters auch eine Zustellvollmacht ein ("… Vollmacht gem. § 8 Abs 1 RAO erteilt einschließlich Zustellvollmacht ….").

Dieser Abweisungsbescheid 2014 wurde an die Bf. gerichtet und - entgegen der bestehenden Zustellvollmacht - nicht dem ausgewiesenen rechtlichen Vertreter, sondern an die Wohnsitzadresse der Bf. adressiert und in die Databox am an die Bf zugestellt. Dies gab auch das FA im Vorlagebericht zu, dass trotz der beantragten Zustellvollmacht im Aufhebungsantrag der Abweisungsbescheid an die Beschwerdeführerin zugestellt worden ist.

Eine Adressierung und Zustellung einer Erledigung an den Vollmachtgeber, obwohl eine aufrechte Zustellvollmacht besteht, hat die Wirkung, dass die Zustellung rechtsunwirksam ist ().

Unterbleibt entgegen § 9 Abs. 3 ZustG die Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger und erfolgt die Zustellung an den Vertretenen, so ist sie unwirksam. Eine Sanierung ist nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG möglich (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 9 ZustG Tz 24).

Eine Heilung von Zustellmängeln nach den §§ 7 und 9 Abs. 3 ZustG setzt voraus, dass das Dokument dem Empfänger "tatsächlich zugekommen" ist. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes (im Original) kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnis vom Vorhandensein und vom Inhalt des Dokuments, etwa infolge der Empfangnahme einer Ablichtung, der eigenständigen Anfertigung einer Kopie oder durch Akteneinsicht (vgl. etwa ; ; ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 7 ZustG Tz 7, mwN).

Wie ausgeführt sind sowohl Ablichtungen, als auch Kopien als auch eingescannte und per Mail übermittelte Anhänge in Form von PDF Dateien nicht ausreichend, um einen Zustellmangel zu beseitigen (; , ).

Eine Sanierung des vorliegenden Zustellmangels ist im Beschwerdefall nicht erfolgt.

Im gegenständlichen Fall ist dem zustellbevollmächtigten anwaltlichen Vertreter der Originalbescheid nicht zugekommen, sondern er hat vom Inhalt des Bescheides dadurch Kenntnis erlangt, indem ihm die Bf. den abgelichteten Abweisungsbescheid 2014 per Mail übermittelte ("… den angefochtenen Bescheid per Mail erhalten hatte"…).

Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstückes (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa ; ). Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilung von Zustellmängeln; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (; 5).

Der angefochtene Bescheid konnten daher mangels rechtswirksamer Zustellung keine Rechtswirkung entfalten.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (zB ). Entsprechend zurückzuweisen ist auch eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid (vgl. ; ; ; vgl. auch Ritz/Koran, BAO7, § 260 Tz 8).

Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Von dieser konnte im Hinblick auf § 274 Abs. 3 Z 1 iVm Abs. 5 BAO abgesehen werden.

Die gegenständliche Beschwerde vom war daher - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mangels Rechtswirksamkeit des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind ( mwN).

Im gegenständlichen Fall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. die zu lösenden Rechtsfragen sind bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Z 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 RAO, Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.5101158.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at